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Europäische Idee LXXXII

Hello, Freunde der europäischen Idee LXXXII,

Doch, es muss geputscht werden. Aber mit richtigen Mitteln. Wie lange wollen wir noch warten, bis wir die elitären Rohrkrepierer in den unverdienten Ruhestand schicken?

Sie können es nicht. Sie können es nicht. Sie können es nicht.

Führende Bosse ruinieren Natur, Menschen – und sich selbst. Dann suchen sie Erleuchtung in der Natur bei jenen, die von der Natur leben können, ohne sie zu zerstören. Das Motto ihrer neuen, im Urwald erworbenen Weisheit: Von den Urvölkern lernen heißt führen lernen.

Nicht lernen, mit der Natur zu leben. Nicht lernen, Menschen als Menschen anzuerkennen. Sondern lernen, den verderblichen Kurs mit neuer Kraft fortzusetzen und zu verstärken. Diese aussichtslose Verstocktheit, dieser Hass auf jene, denen sie wertvolle Erkenntnisse verdanken: das nennen sie Lernen.

„Es ist die plötzliche Ruhe, die den Managern Angst macht. Sie hören das Rauschen des Windes, riechen den Geruch der Bäume. Allein. Überwältigt. „Und dann, dann beginnen sie, sich fürchterlich zu langweilen.“ Genau das ist es, was Göran Gennvi erreichen will: Die schmerzliche Langeweile, die alle Sinne seiner Kunden öffnet. Natur, Einsamkeit, Ursprünglichkeit – immer mehr Manager begeben sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. Sie wünschen sich Erdung und Erkenntnis. Urvölker, ob im Dschungel des Amazonas oder in den Weiten der Savanne, werden den Managern dann zu natürlichen Verbündeten. Sie haben das, was vielen Führungskräften längst verloren gegangen ist: Verbindung zur Natur, zu den Mitmenschen, zu sich selbst. Und also pilgern die Damen und Herren aus den Chefetagen in das Land der Sámi oder ans Lagerfeuer von Indianerhäuptlingen. Sie verbringen mit afrikanischen Medizinmännern Nächte in der Wüste oder ziehen mit den Inuit und ihren Schlittenhunden durch das ewige Eis. Bestärkt werden sie auf ihren Ausflügen von

aktuellen Management-Theorien. Der Tenor: Von den Urvölkern lernen heißt führen lernen.“ (WELT.de)

Und was haben sie gelernt?

„Georg Kofler, den Ex-Chef der Fernsehsender ProSieben und Premiere, hat Felicitas von Peter ebenfalls zu den Inuit geführt. In einem Dokumentarfilm schwärmt der Medienmanager von der „spektakulären“ und doch „so verletzlichen“ Natur. Man müsse sich einfach darüber Gedanken machen, wie man diese Natur erhalten könne. Passenderweise hat Kofler dafür auch gleich eine Reihe von Geschäftsideen, die er mit seiner eigenen Firma Kofler Energies AG verwirklichen will.“

Hat man sich Gedanken gemacht, muss es auch wieder gut sein. Ökologische Politik? Unterstützung der NGOs rund um den Erdball? Man wird seine kostbaren Gedanken doch nicht mit Taten beflecken.

Wenn alle Eliten lügen und betrügen, warum nicht auch diejenigen, die just in diesem Moment die „ökologische Frage“ selbst erfunden und entdeckt haben?

Was denn nun: entdeckten oder erfanden? Kein Problem für Moderne, die alles, was sie in der unerkennbaren oder möglicherweise gar nicht vorhandenen, wenn aber vorhandenen, dann nicht beweisbaren Wirklichkeit selbst erfanden, was sie gerade entdeckten. Hätten sie es entdeckt, wären sie abhängig von etwas, was sie nicht selber sind. Das vertragen weder Philosophen der unerkennbaren Realität – also fast alle deutschen „Idealisten“ und englischen „Skeptiker“ – und schon gar nicht die sich ständig neu erfindenden Führer der Wirtschaft, die die Natur gar nicht zerstören können, weil dieses seltsame „Ding an sich“ unerkennbar oder gar nicht nachweisbar ist. Wie kann man etwas eliminieren, das es vermutlich gar nicht gibt?

Für deutsche Idealisten ist Realität, was sie selber herstellen. Realität ist Werk ihrer Ideen wie die Schöpfung, die dem göttlichen Wort entsprang. Wenn sie sich schon im unerkennbaren oder nicht existenten Universum zu Tode ängstigen und langweilen, müssen sie selbst erfinden und herstellen, damit es etwas gibt, woran sie sich festklammern können.

Nein, solipsistisches Männlein, du bist nicht mutterseelen-allein im Sein – wenn du das Sein selbst produzierst. Es gibt nur das Reelle, das man selber erfunden hat. Da weiß man, was man hat, wenn man sich mit Blech, Plastik und energiegeladenen Maschinen umgeben kann. Bald ist die ominöse Wirklichkeit, deren menschen-unabhängiges Vorhandensein dem Menschen ein ewiges Rätsel und Skandalon ist, so sehr mit Plastik, Schrott und Müll übersät, dass der Mensch überall in der Welt sich zu Hause fühlen kann. Denn sie ist eine selbst hergestellte Schrott- und Müllwelt.

Ist das Meer von Plastik zugemüllt, fühlen wir uns heimisch: die bedrohliche Mutter Natur haben wir domestiziert und unsichtbar gemacht. Nicht sie hat uns geboren, wir haben sie mit Dreck und Ingenium ins Sein geschleudert, auf dass wir nicht mehr einsam und alleine im Universum wären.

Nicht das Weib ist die Quelle des Lebens, der Mann ist der schöpferische Macher aller Nichtigkeiten aus dem eigenen Kopf. Was das solipsistische Männlein ins unendliche All schleudern kann, kann es auch wieder vernichten. Kreieren und destruieren sind für ihn das Gleiche. Erst muss die objektive Natur aus dem Weg geräumt werden, damit Männlein-Ich sich gottähnlich fühlen kann. Außerhalb Seiner gibt es nichts, was sich ein Bildnis oder Gleichnis Seiner Einzigartigkeit machen könnte. Das Individuum ist unvergleichlich – und identisch mit dem Männlein, dem allmächtigen Gott und Schöpfer aller Dinge.

Warum drängen die Männlein ins Weltall? Weil sie dort sehen, was sie bislang kaum glauben konnten. Die Erde, der blaue Planet, die Wirklichkeit an sich und für sich: sie zeigt sich den Kosmonauten, wenn sie durchs Fenster ihrer Weltraumstation schauen. Erst vom Weltraum aus, sagte die Physikerin & Kanzlerin, kann man erkennen, dass die Welt verlässlich ist. Auf Erden kann man das nicht. Da fehlt die fruchtbare Distanz.

Also müssen alle Männlein ins Weltall geschossen werden, damit sie erleuchtet in der kasachischen Wüste niedergehen können: Natur, du bist, Menschheit, dich gibt es tatsächlich. Von oben habe ich dich zwar nicht gesehen, aber immer deine dauererleuchteten Städte, deine rußgeschwärzten Wolken, deine ausgelaugten und maroden Äcker, deine verrotteten Meere, gletscherfreien Berge und allmählich versiegenden Flüsse. Gelegentlich sahen wir Flüchtlingsmassen wie einen bunten Fleck durch die Wüste irren. Ach, unser blauer Planet ist zu schön und anheimelnd, als dass er von uns nicht erfunden sein könnte.

Dies ist die goldene Leiter des Seins:

Ich denke, also bin ich.

Ich denke, also bin ich – und du. Du bist meine Erfindung, sagte Männlein zu seinem Weib, dessen natürliche Unabhängigkeit er nicht ertragen konnte.

Ich denke, also schreibe ich dem Ding an sich – oder der Wirklichkeit – vor, wie es zu sein hat. Wäre noch schöner, wenn Männlein mit einer Realität vorlieb nehmen müsste, die von Seinem Machtspruch unabhängig wäre. Das wäre wie Eva, die nicht aus der Rippe des Männleins produziert worden wäre. Das Weib ist das erste Produkt des alles herstellenden Männleins. Aus Rippe bist du gemacht, zur Rippe sollst du wieder werden, sagt Männlein zur weiblichen Natur, weshalb er nicht rastet und ruht, bis er den schönen blauen Planeten zum Rippengestell entbeint hat.

Doch keine Sorge, nur keine Sorge, ihr Kleingläubigen. Das Alte und Weibliche muss entsorgt werden, damit dem Neuen und Vollkommenen Platz geschaffen werden kann. Warum sind alle Männlein so aggressiv und mordslustig? Weil sie kreativ sind. Kreieren ist die Vorderseite allen Eliminierens. Kreare ist Schöpfen aus dem Nichts – und beileibe kein Gebären aus dem Weib. Also muss alles Weibliche gelöscht werden, damit das Kreieren aus dem Nichts nicht dabei ertappt wird, wie es still und leise das Natürliche und Weibliche in Anspruch nehmen muss.

Kreieren aus Nichts und Killen ins Nichts – das ist die unendlich bunte und amüsante Geschichte des Männleins auf der weiblichen Erde. Und weil die Geschichte im Heil endet, reden wir von Heilsgeschichte. Ohne kreatives Männlein keine Schöpfungsgeschichte, ohne messianisches Männlein keine Erlösung, ohne apokalyptisches Männlein keine Remedur des Seins in der Zeit, der Voraussetzung aller Seligkeit und Verdammnis in Ewigkeit, Amen.

Luthers dreifaches Allein, allein durch das Wort, allein durch die Gnade, allein durch die Schrift, können wir in genialer Einfachheit – identisch mit dem Unfassbar-Komplexen – zusammenfassen: allein durchs Männlein.

Ich denke und produziere, also ist das Sein allein mein Produkt und nichts außerdem.

Ich denke und erfinde mich selbst, also bin ich, das Männlein, mein eigener Schöpfer und zugleich Schöpfer aller Dinge. Ich, Männlein, bin das A und O, das Alpha und Omega aller Dinge.

Nein, Männlein sind nicht perfekt, sie sind so herrlich unvollkommen. Auch ihnen unterläuft Irriges und sie müssen Fehler bereuen. Als aber Männlein sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse, reute es das Männlein. Und Männlein sprach: ich will alles, was ich geschaffen habe – vor allem das Weib und seine überflüssige Brut – vom Erdboden vertilgen. Dazu das Vieh, die kriechenden Tiere und die Vögel des Himmels, denn es reut mich, dass ich sie kreiert habe.

Und wenn man Männlein nicht gestoppt hat, wütet es noch heute und killt alles, was nicht seinem eigenen Kopf entsprang. Also alles.

Männlein muss aus dem Verkehr gezogen werden. Das geht nicht ohne Putsch all derer, die es leid sind, dem Affentheater – pardon, liebe Affen – des Männleins zuzuschauen. Aber doch nicht mit Männleins Waffen, den Schießgewehren und Kanonen, die die Machenschaften der Männlein nur noch bestärken. Sondern mit weiblichem Grips. Sollte es diesen noch nicht geben – was eine vermaledeite Schmähung wäre –, müsste er subito erfunden werden. Mensch und Erde ächzen – was selbst im Weltraum zu hören ist. Die Tage des Männleins sind gezählt.

Man schaue sich an, was Männleins Glanzleistungen auf Erden sind:

»Ökologisches Roulette« – das ist die vernichtende Bezeichnung, die Wissenschaftlern zum Umgang der Menschen mit den Ökosystemen einfällt. Im Fachjournal „Science“ rechneten sie in dieser Woche vor, dass auf 58 Prozent der Landflächen der Erde der Artenschwund mittlerweile so groß ist, dass die Ökosysteme dort ihre Funktionen und Dienstleistungen für den Menschen nicht mehr erbringen können. Die Belastungsgrenzen seien damit fast erreicht. Werden sie überschritten, dann könnte sich die Natur so verändern, dass der Mensch nicht mehr so leicht auf der Erde leben kann wie bisher. Bislang definieren Forscher die Belastungsgrenze als den Zustand eines Ökosystems, wo 20 Prozent der Arten verloren gehen und die Anzahl der Individuen um zehn Prozent sinkt.“ (WELT.de)

Regelmäßig lesen wir, wie Männlein die Erde ruiniert – und keine Kanzlerin macht einen Mucks. Womit bewiesen, dass auch sie ein Männlein ist. Nicht anders als die anderen mächtigen Frauen der Welt, die entweder Pastorentöchter oder Schlimmeres sind: fromme Weiblein, die die Sache des Männleins betreiben.

Die erste Generation Frauen, die Männlein vom Thron stoßen, sind selbst noch Männlein. Das ist das Gesetz des kriechenden Schnecke, das nicht übersprungen werden kann. Was nicht bedeutet, Schnecken könnten gegen Männlein nicht putschieren. Sie müssen es nur weiblich tun.

Wo man hinschaut, sieht man gehirnlose Männlein, die die elitären Klassen Englands ausmachen.

„Über die neue Premierministerin Theresa May sagt A.L. Kennedy, die wichtigste Schriftstellerin der Insel: „Ich glaube, die haben einfach Flaschendrehen gespielt. So: Du bist dran! Politischer Aktivismus – sagt sie – ist die Miete, die man für Frieden zahlt. Und den sieht sie gefährdet. Durch das britische Establishment. Durch die 500 Leute, die alles unter sich ausmachen, wie sie sagt. „Als Künstlerin wirst Du manchmal auf ihre Partys eingeladen, um diese zu schmücken. Wenig erbaulich. Es ist entsetzlich, wie dumm diese Leute sind. Aber sie haben den richtigen Akzent und waren auf der richtigen Schule.“ Dass David Cameron und Boris Johnson beide auf dem Eliteinternat Eton waren und schon zu Unizeiten konkurriert haben, sei kein lustiger Zufall, so Kennedy. Das habe System. Das obere Prozent bestimmt, geschützt von Geld und Klüngelei.“ (DasErste.de)

In Deutschland nicht anders. Seit 100en von Jahren werden die Deutschen von den immergleichen Familien beherrscht. Die ganze Welt wird von EINPROZENT an der Nase herumgeführt. Ohne Hilfe der Männlein-Medien wäre das unmöglich. Um ihre Männlein – und sich – zu schützen, schlagen sie auf Leute ein, die an die Pforte klopfen. Die Medien bläuen den Menschen den Wahn ein, nicht die Mächtigen seien schuld am Debakel der globalen Krise, sondern jene, die ihr Maul aufreißen und am Spiel gar nicht eingreifen konnten.

Wenn Scharlatane das Blaue vom Himmel versprechen, um gewählt zu werden, sind sie noch harmlos, verglichen mit jenen, die die Macht innehaben und versprachen, dass sie die Macht nie abgeben und die Malaise, die sie anrichteten, nie beenden werden. Gottes Gesetz sei, dass die Erde ein Jammertal und Lazarett bleiben müsse.

Der Putsch gegen die Männlein gelänge nur, wenn die Menschen jene Türken zum Vorbild nähmen, die mit blanken Händen die Panzer der Männlein aufhielten. Im Eifer des Gefechts vergaßen sie lediglich, die autoritären Waffen der Despoten ebenfalls zu Fall zu bringen. Die Männlein, sie können es nicht.

Es gibt Menschen, die die wachsende Ungleichheit zwischen den Klassen leugnen. Dabei erscheinen regelmäßig Berichte über den wachsenden Reichtum der Reichen und die sinkenden Einnahmen des Plebs, zu dem der abstürzende Mittelstand gezählt werden muss.

Während die Einführung des BGE als Sakrileg gegen das Arbeitsethos der Christen gilt, gibt es eine wachsende Schicht von Rentiers, die von ihrem Kapital vergnügt in den Tag leben. Das eherne Leistungsprinzip ab einer bestimmten Eigentumsgrenze wurde ersatzlos gestrichen. Da passt es wie die Faust aufs Auge, dass SPD-Nahles nicht Besseres einfällt, als die Lebensarbeitszeit der Malocher zu verlängern. Wenn schon Ungleichheit der Klassen, dann aber mit Schmackes.

„Eine wachsende Zahl von Bundesbürgern kann von Kapitalerträgen wie Zinsen und Mieten gut leben. Gerade in den vergangenen fünf Jahren wuchs die Zahl der deutschen Rentiers stark.“ (WELT.de)

In welchem Ausmaß die Ungleichheit der Gesellschaft wächst, zeigt ein Artikel von Marcel Fratzscher in der ZEIT.

„Schaut man sich unter diesem Gesichtspunkt die vergangenen 70 Jahre an, dann ist die Einkommensungleichheit in Deutschland sogar stark gestiegen ist. Bei den unter 40-Jährigen ist sie heute doppelt so groß wie in den 1970er Jahren.“

Ausgerechnet die Befürworter neoliberaler Ungleichheit leugnen vehement die wachsende Schere zwischen Oben und Unten. Sollten Ungleichheiten die Menschen zur maximalen Leistung anfeuern, müsste Deutschland die USA mit überschießenden Exporten bald überholen.

Waren die Deutschen noch vor wenigen Jahrzehnten stolz auf ihren homogenen völkischen Brei, bewegen sie sich momentan auf dem dialektischen Antitrip. Alles, was Klassen gegeneinander aufbringt, erhöht Merkels ökonomische Lieblingszahlen.

Dabei hat Ökonom Fratzscher die eklatanteste Ungleichheit noch gar nicht bemerkt: die Kluft zwischen den Kulturen der Oberen, die sich gebildet wähnen, und der Kultur der Unteren, die sich mit TV-Tand und Helene Fischer abspeisen lassen.

Kennedy hält die obersten Briten für gehirnamputiert. Wer erfand die absurde Behauptung, man müsse gebildet sein, um zu den krachend Dummen aufzusteigen? Eine lebendige Demokratie lebt von der potentiellen Begegnung jedes Citoyens mit jedem. Nur das erzeugt jenen elektrisch geladenen Agon, der eine Aufführung von Euripides zum Volksereignis macht – wie es in Athen beste Tradition war. Sokrates lebte auf dem Marktplatz und dozierte keinen Feuilletonistenquark für Erwählte. Wäre es zum Gerichtsereignis mit Todesstrafe gekommen, wenn er die Volksseele nicht in Wallung gebracht hätte?

Einen Selbstdenker, der den Eliten gefährlich war, hat Deutschland nie besessen. Kant, der große Zermalmer, wagte nicht die geringste Auseinandersetzung mit der Obrigkeit. Heute sind Philosophen ein unbekanntes Geschlecht.

Besonders bei öffentlichen Festen fällt die Spaltung der Gesellschaft in Klassen auf. Wer nicht zusammen feiern kann, kann auch nicht zusammen streiten oder etwas politisch bewegen. Dass die Kaste der Industriellen und Tycoons sich durch politischen Analphabetismus auszeichnen, fällt niemandem mehr auf, denn niemand erwartet etwas anderes.

Die italienische Renaissance war die letzte Epoche der abendländischen Entwicklung, in der das ganze Volk sich auf der Piazza begegnen konnte. Jakob Burckhardt schreibt in seiner „Kultur der Renaissance in Italien“:

„Die kunstvolle Pracht, welche das Italien der Renaissance an den Tag legt, wurde nur erreicht durch das Zusammenleben aller Stände, welches auch die Grundlage der italienischen Gesellschaft ausmacht. Im Norden Europas hatten die Klöster, die Höfe und die Bürgerschaften ihre besonderen Feste und Aufführungen wie in Italien. Dort waren dieselben nach Stil und Inhalt getrennt, hier dagegen durch eine allgemeine Bildung und Kunst zu einer gemeinsamen Höhe entwickelt.“

Niemanden bekümmert es, dass seit jener Epoche die Nationen auseinanderfallen. Hohe Kunst und Bildung gehören zum eitlen Eigentum jener, die die Nähe zum Volk nicht ertragen. Was weiß das Volk von Goethe, Fichte, Nietzsche? Den Namen Beethoven hörten sie mal von weitem.

Der nahe liegende Umkehrschluss, die Eliten wären gebildet, ginge in die Irre. Die höheren Klassen sind an Unbildung nicht mehr zu übertreffen. Sie verstehen es nur besser, bei Wagner verzückt die Augen zu rollen. Bildung wurde zum Wissen aller Tricks, wie man Zaster und Macht am besten akkumuliert.

Man höre sich die Fragen einer Quizsendung an. Wer begriffen hat, was BILDs Liebling Günter Jauch unter Bildung versteht, der wundert sich nicht mehr, warum Deutschlands Eliten keinen einwandfreien Satz mehr zusammenbringen.

Das betrifft auch die instrumentelle Vernunft. BER und Stuttgart 21 sind kein Einzelfall. Hätten die Deutschen den Gotthard-Tunnel bauen müssen, würde er in diesem Jahrhundert nicht mehr vollendet werden.

Das Theater gefällt sich, mit immer schrilleren Inszenierungskünsten aufzufallen. Der Inhalt der Stücke ist gleichgültig geworden. Zur Bewältigung aktueller Probleme geben die Künste keine lebendigen Anstöße: weder aus den Konzertsälen noch aus der Flut der Literatur, die Wert darauf legt, keine Moral zu haben, dringen die Impulse ins öffentliche Leben.

Wer die Realität gründlich analysiert, hat auch schon die Moral beschrieben. Als Dekalog muss sie nicht gepredigt werden. Zwischen autoritärer Moral und moral-gesteuerter Sensibilität können sie nicht unterscheiden. Zur Rechtfertigung ihrer Sterilitäten hört man die Jämmerlichkeit, man habe keine fertige Lösung.

Was wir brauchen, sind Gedanken. Lösungen ergeben sich, wenn belastbare Gedanken aufeinanderprallen. Dann gibt es einen guten Klang.

Eine Nation, die Politik durch Kunst ersetzte, muss Bildung zelebrieren wie Kardinal Marx Jovialität. Wozu Bildung, wenn Merkels Wirtschaftslokomotive alle Fragen des Lebens beantwortet, indem sie sie erstickt?

In der ZEIT hat Adam Soboczynski die Amoral der gegenwärtigen Eliten unter die Lupe genommen:

„Das Politische folgt der Eigenlogik reinsten Machtstrebens und ist dem Überlebenskampf des Adels am Hof nachempfunden, wie ihn im 17. Jahrhundert unter anderem Baltasar Grácian skizziert hatte. Man geht mit größter Selbstverständlichkeit von einer düsteren Anthropologie aus: Ethische Prinzipien und das Verantwortungsgefühl gegenüber der Partei, einem Land oder einem Herrscherhaus werden zwar lebhaft bekundet, aber natürlich weiß noch der naivste Fernsehzuschauer, dass der Mensch ein Schwein ist und nur an sein kleines, mickriges Fortkommen denkt, was Charisma keineswegs ausschließt. Er kennt sich ja selbst.“ (ZEIT.de)

Sollte diese Analyse nicht falsch sein – sie ist richtig –, müsste die Jagd der Eliten auf konkurrierende Populisten als hinterfotzige Ablenkung bezeichnet werden.

Es sind dieselben Edelschreiber, die amerikanische Serien mit famosen Intrigen und Hinterhältigkeiten rühmen – und jene Außenseiter zu Hauptschurken der Politik ernennen, die außerhalb der Stadttore noch gar keine Gelegenheit hatten, die Angelegenheiten des Staates mit Lug und Trug in den Sand zu setzen.

Welche Gazette traute sich, die lange Liste der Merkel‘schen Lügen, Wortbrüche, Launen, Widersprüche, Feigheiten gegenüber Despoten, Heimlichtuerei, intellektuelle Dumpfheit und merkwürdige Gesinnungsumbrüche Punkt für Punkt zu dokumentieren?

Das beginnt mit ihrer Befürwortung des Irakkrieges und endet nicht mit ihrer wetterwendischen Flüchtlingspolitik. War es vor kurzem eine Sünde wider den Geist, alle Grenzen des Helfenwollens zu leugnen, haut es heute niemanden um, wenn Hannelore Kraft sich öffentlich erleichtert zeigt, dass die Grenzen gegen Flüchtlinge hermetisch verschlossen bleiben. Merkel wird alles verziehen, solange sie nicht vergisst, ihr Volk in Sanftmut zu narkotisieren. Merkel ist keinen Deut weniger intrigant, wortbrüchtig und machtgeil als die Protagonisten von „House of Cards“. Sie kann es nur in perfekter Demut einer Magd Gottes zelebrieren.

„Nun hoffen alle, dass mit Theresa May das Allzumenschliche der Politik zumindest wieder so perfekt, so merkelhaft verschleiert wird, wie es sich in einer modernen Demokratie gehört.“ (Soboczynski)

Rolf-Dieter Krause hat einen krassen Fall Merkel‘schen Wortbruchs in der ARD heftig gerügt.

„Der Fall aber lag anders, weil sich Merkel selbst für Juncker als Spitzenkandidat der Christdemokraten eingesetzt hatte. Nach der Wahl fühlte sie sich daran nicht mehr gebunden. Das war der offene Bruch eines Versprechens. Mich machte das fassungslos. Im Fall Juncker aber konnte ich die Politik an ihren eigenen Ansprüchen messen. Das war das Wunderbare.“ (Berliner-Zeitung.de)

Bekam Krause Ärger wegen seines Angriffs auf Muttern? Nicht die Bohne. Das liegt nicht an der Toleranz und Liberalität unserer Politiker. Das liegt an der Bedeutungslosigkeit jedweder Kritik an Merkel. Angela ist die Unberührbare, an der alle Attacken spurenlos abprallen. Solange Gott nicht gegen sie putscht, wird sie weder wanken noch weichen.

In der Demokratie geht alle Gewalt vom Volke aus. Wird sie vom Volk wieder eingezogen, kommt es zum friedlichen Putsch. Warum müssen die Eliten gehen?

Sie können es nicht. Sie können es nicht. Sie können es nicht.

 

Fortsetzung folgt.