Kategorien
Tagesmail

Donnerstag, 18. April 2013 – Etwas Besonderes

Hello, Freunde der Eieruhren,

per Eieruhren entzündet! Das Grauen nimmt kein Ende. Medien liegen auf den Knien und danken ihrem Schöpfer für unerschöpfliche Verbrechen. Für jeden Bombensplitter eine Sondernotiz, im Stundentakt werden Artikel auf den Markt geworfen. Das Ausbeuten des Grauens ist verhöhnungsfest.

In der Katastrophe zeigt die Gesellschaft ihre ersehnte Utopie, die im gesättigten Leben verboten ist: Menschen kümmern und sorgen sich umeinander. Verordnete Rivalität ist suspendiert. Not und Elend erlauben den Menschen, sich als Menschen zu zeigen; gewohntes Leben nötigt sie zum Hauen und Stechen. Freiheit der Wenigen ist der Zwang, sich zu zeigen, wie man nicht ist.

Wie schnell zieht menschenfreundliche Not vorüber. Schon lauert das Grauen der Normalität. Schaffen wir massenhaft Not und Verderben, damit wir menschlich werden dürfen.

(DER SPIEGEL)

Das Wir entscheidet – ist es totalitär? Das Ich entscheidet – ist es individuell? Ist „Gemeinnutz vor Eigennutz“ totalitär? Ist „Eigennutz vor Gemeinnutz“ individuell? Eine Gesellschaft besteht aus vielen Ichs, die ein Wir sind – ist Gesellschaft also totalitär? Es gibt gar keine Gesellschaft, sagte Lady M. Wie wollen wir nennen,

worin wir täglich leben, was es nicht geben soll?

Gibt es keine Gesellschaft, worüber herrschte Lady M? Wer hat sie gewählt?

Viele Ichs ergeben ein Wir. Wenn ein Ich individuell ist, können viele Ichs totalitär sein?

Wenn das Wir entscheidet, in welcher Staatsform befinden wir uns? In einer totalitären?

Wir befinden uns in einer Demokratie. In Demokratien entscheiden Mehrheiten und Mehrheiten sind immer Wirs.

Wenn ein Ich entscheidet, befinden wir uns in einer Despotie – können Despotien individuell sein?

War es nicht Lady M., die mit Brachialgewalt den Gemeinnutz umdefinierte: ab jetzt solle er dem Eigennutz dienen?

Gäb‘s nur Ichs und deren Eigennutz, gäb‘s auch keinen Eigennutz: es gäbe nur Chaos und Bürgerkrieg. Jeder Einzelne wäre von jedem Einzelnen bedroht. Einzelnutz gibt es nur, wenn Gemeinnutz dies zulässt und befördert. Um Eigennutz zu garantieren, muss Gemeinnutz vorangehen, der dem Eigennutz Vorrang einräumt.

Solange es gesetzliche Gemeinschaften gibt – bekannt unter dem Begriff Demokratie –, entscheidet das Wir. Denn eine Mehrheit ist das Wir. Entscheidet in einer Gesellschaft das einzelne Ich, ist sie Despotie. Das Ich des Despoten entscheidet über das Wir von Mehrheiten und Minderheiten.

„Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ wurde von einer totalitären Despotie benutzt – um den Eigennutz des Despoten-Ich zu begründen. Zu Unrecht. Der Eigennutz des Despoten war mitnichten Gemeinnutz, sondern das Gegenteil: der absolute Schaden der Gemeinschaft. Der Slogan war eine verführerische Attrappe, um den Eigennutz des Despoten-Ich zu kaschieren.

In der Demokratie entscheidet das Wir am Ende der Entscheidungskette. Da jedes Wir aus Ichs besteht, entscheidet am Anfang jedes Ich. Viele Ichs entscheiden als Mehrheit über die Politik des Gemeinwesens.

Das Wir ist nicht das Gegenteil des Ich. Ein Ich entscheidet nur, wenn es ich-stark ist. Ist es nicht ich-stark, wird über das Ich entschieden. In einer Despotie vom Giganto-Ich des Despoten. In einer schlechten Demokratie von einem anonymen Wir, hinter dem sich wenige Ichs verstecken: den Machteliten.

Wenn ein kräftiges Wir viele kräftige Ichs voraussetzt, können Wir und Ich keine Gegensätze bilden. Im Gegenteil. Eine starke Demokratie besteht aus kräftigen Ichs, die als kräftiges Wir die Geschicke der Gesellschaft entscheiden.

Gerade in einer Demokratie geht Gemeinnutz vor Eigennutz, um Eigennutz zu fördern, der wiederum weiß, dass seine Unterstützung des Gemeinnutzens ihm selber nützt. Vom guten Gemeinnutz profitiert jeder Eigennutz. Miserabler Gemeinnutz schädigt jeden Eigennutzen. Ohne polizeilichen Gemeinnutz ist der Eigennutz eines Milliardärs die Beute des nächsten Kriminellen.

Das Wir wird gern totalisiert, um vom totalitären Potential des Ich abzulenken. Hitler und Stalin waren keine Wirs, sondern Ichs. Mächtige Ichs, die ganze Gesellschaften finanziell in den Abgrund stoßen, sind totalitäre Ichs. Totalitär ist jenes Maß an Macht, das über Gemeinschaften entscheiden kann.

Tatsächlich gibt es auch totalitäre Wirs: wenn Mehrheiten Minderheiten unterdrücken. Das war in Deutschland der Fall. Seine Demokratie schaffte sich selbst ab, um die Herrschaft weniger Ichs zu schaffen.

Gemeinschaft muss nicht das Gegenteil von Gesellschaft sein. Wenn eine Gemeinschaft entschiede, mit sich in Frieden zu leben, könnte kein Ich einer Lady M. entscheiden, gegen den Wunsch der Mehrheit eine Haudraufgesellschaft zu installieren. Auch Lady M. war kein einsames Ich, sondern Sprachrohr eines elitären Wir, das sich zusammenschloss, um das Pöbel-Wir niederzumachen.

Ob eine Gesellschaft eine Darwin-Gesellschaft oder eine solidarische Gemeinschaft sein will, entscheidet nicht das Ich eines Hayek, der Demokratie nur akzeptiert, solange sie sich in Wirtschaftsfragen nicht einmischt. Wenn‘s anders wäre, wäre Hayeks Ich ein totalitäres Ich.

Alles Undemokratische ist totalitär. Eine totalitäre Gesellschaft ist keine Wir-Gesellschaft, sondern die Herrschaft weniger Ichs über viele Wirs – auch dann, wenn die Wirs die Herrschaft für richtig hielten, die aus ich-schwachen Ichs bestünde, die weder autonom, noch entscheidungsfähig wären, sondern sich von totalitären Ichs bestimmen ließen.

Kurz: Götz Aly nutzt jede Gelegenheit, das demokratische Wir zu einem totalitären zu verfälschen, um davon abzulenken, dass der Kapitalismus die totalitäre Macht weniger Ichs über das legal gewählte Wir einer funktionierenden Demokratie ist.

(Götz Aly in der BLZ)

 

Wenn die USA eine gegnerische Macht im Mark treffen wollen, drohen sie mit ihrer gigantischen Vernichtungsmaschinerie. Sie selbst fühlen sich schon bedroht beim geringsten Nadelstich. Selbst 9/11 war Peanuts im Vergleich mit dem Krieg gegen Irak oder Afghanistan. Der Boston-Terror, so Eric T. Hansen in der ZEIT, „hat es verstanden, Amerika zu treffen.“

Die Empfindlichkeit Amerikas ist keine reale Gefährdung des Riesenkontinents, sondern eine symbolisch gefühlte. Das Gefühl muss so stark sein, dass die Nation nicht mehr in der Lage ist, die reale Nicht-Gefährdung nüchtern einzuschätzen und gelassen zu bleiben. Lässigkeit ist eine Tugend von Westernhelden, nicht ihrer Nachfahren. Gottes Land ist nervös und dünnhäutig geworden.

Das wäre kein Nachteil, wenn Überempfindlichkeit und Empfindsamkeit identisch wären. Das Gegenteil ist der Fall. Der Unterschied zwischen beiden Empfindungsarten liegt auf der Hand: Empfindsamkeit ist Sensibilität für mich und andere, Empfindlichkeit nur Sensibilität für mich. Wie es anderen ergeht, wird mit Desinteresse, ja mit Rücksichtslosigkeit übergangen.

Die unmittelbar Betroffenen in Boston verdienen jede Empathie. Allein hier handelt es sich um medial erzwungene, politisch korrekte Empathie, die in keinem Verhältnis steht zur Empathie mit den vielen Opfern auf der ganzen Welt, über die in unseren einseitigen Gazetten gar nicht oder nur marginal berichtet wird. Bei so vielem Elend in der Welt kommt unser Gefühlsleben, auch wenn es neoliberal noch nicht völlig verdorrt ist, in die Gefahr irreversiblen Abstumpfens.

Im Falle Boston, so die subkutane Botschaft der Medien, handelt es sich nicht um alltägliche Drittewelt-Malaise. Hier ist eine auserwählte Nation ins Herz getroffen. Amerikaner stehen uns näher als Iraker, Afghanen und Pakistani, die in viel größerer Zahl zu Tode kommen, als Amerikaner im eigenen Lande.

A) Die Nähe zwischen Deutschen und Amerikanern ist nachzuvollziehen. Amerika hat die Deutschen von einem schrecklichen Regime befreit, wofür wir dankbar sind oder dankbar sein sollten.

B) Die Nähe zwischen Deutschland und Amerika ist nicht mehr nachzuvollziehen, denn die Welt ist inzwischen zusammengewachsen. Die nichtwestliche Welt fühlt sich zweitrangig, wenn der Westen sich als privilegierten Teil des Planeten präsentiert, der seine Empathien nach Auserwähltheit und Nichtauserwähltheit ungleichmäßig verteilt.

Haben wir Mitgefühl mit verletzten Menschen? Oder mit verletzten Amerikanern, von deren militärischer Unterstützung unser eigenes Wohl abhängt? Wenn letzteres, hätten wir keine spontanen Gefühle, sondern politisch erwünschte Gefühle – die durch die propagandistische Berichterstattung unserer amerikahörigen Medien gewollt sind. An dieser Stelle verbirgt sich die theologische Urquelle des westlichen Rassismus, der genau genommen ein Fideismus ist (fides = Glaube) und sich bei den Nazis als Biologismus tarnte.

(Übrigens wurde der Bundesrepublik von einem UN-Ausschuss Rassismus vorgeworfen. Im Falle Sarrazins hätte die Staatsanwaltschaft versagt, die den liebreizenden SPDler wegen rassistischer Diskriminierung hätte anklagen müssen. Wie viele gewichtige Parteigenossen haben den Buchautor in Schutz genommen? Folgende Sätze, sagten sie vollmundig, müsste man doch mal sagen dürfen: „Türken und Türkinnen sind weder fähig noch willens, sich hier zu integrieren. Mittels höherer Geburtsraten wollen sie Deutschland erobern. Wenn Juden mit höherem IQ dasselbe täten, wäre das erwünscht.“ Andreas Zumach in der TAZ)

Der verleugnete Kern der westlichen Gesamtideologie lautet: höherwertige Religion führt zu höherwertiger Rasse. Oder: höherwertige Rasse besitzt automatisch eine höhere Religion. Da der Begriff Rassismus durch die Nationalsozialisten verbrannt ist, begnügt man sich, von höherwertiger Religion zu reden. Alle jüdisch-christlichen Nationen haben eine höherwertige Religion, also sind sie auserwählte Rassen. Rasse und Religion sind austauschbare Selbsterhöhungen des demütigen Westens.

Für Hansen gibt es erhebliche Unterschiede zwischen 9/11 und Boston. Die Zerstörung der Wolkenkratzer sei ein Angriff auf Symbole nationaler Macht gewesen, Boston hingegen sei die Herzensangelegenheit des Volkes. „Der Bostoner Marathon hat einen besonderen Platz im Herzen des amerikanischen Volkes. Es ist ein zutiefst amerikanisches Symbol.“ Dies habe mit dem Volk zu tun, „auf eine Art und Weise, die einmalig ist“. Marathon habe nichts mit Sport zu tun. Es ginge auch nicht darum, den Lauf zu gewinnen.

Hoppla, seit wann muss der Amerikaner nicht mehr der Erste sein? Schon der Zweite sei ein Verlierer, wie das Familienmotto der Kennedys lautet? Haben die Amerikaner Abschied genommen vom Wettbewerb aller gegen alle? Sind sie bescheidener geworden, weil sie gerade dabei sind, von der Nummer 1 der Weltnationen zur Nummer 2 abzufallen?

Oder geht es einfach darum, dass ohnehin kein Weißer eine Chance hat, im Marathon gegen Afrikaner zu gewinnen? Verräterisch Hansens Bemerkung, die er in eine Klammer setzt: („schnell, ohne nachzuschauen! Können sie einen Namen eines Marathongewinners nennen?“) Natürlich kann kein Amerikaner den Namen eines dahergelaufenen Äthiopiers nennen. Genügt es nicht, einen halbschwarzen Präsidenten zu haben, dessen Vorfahren aus Kenia kommen?

Amerika scheint in seinem Siegeswillen nachzulassen: Dabeisein ist alles, der Sieg ist nichts. Doch der Schein trügt. Der Sieg wird nur an eine andere Stelle verpflanzt. Für den wahren Marathonläufer gebe es nur einen Lohn: „Er weiß im Herzen, dass er etwas Großartiges geschafft hat – durchzuhalten.“ Deutsche kennen das Gefälle vom Endsieg zu propagandistischen Durchhalteparolen.

„Das ist das Herz Amerikas. Amerika ist dazu da, damit jeder hergelaufene Joe Blow die Chance hat, einmal etwas Großes zu vollbringen. Er kann Hollywood-Star werden, er kann als erster seinen Fuß auf die Oberfläche des Mondes setzen, er kann als erster Schwarzer ins Weiße Haus einziehen – oder er kann all das lassen, nichts davon erreichen, ein Durchschnittstyp bleiben, aber wenigstens einmal im Leben einen Marathon laufen. Mit Tausenden anderer, die sich anstrengen für ein Ziel, das eigentlich sinnlos ist, das eigentlich nichts bringt außer kaputten Knien, das aber beweist, dass auch ich, eine Chemielehrerin, eine Friseurin, ein Autoverkäufer, ein Computerprogrammierer auch irgendwas Besonderes bin.“

Hier betreten wir heiligen amerikanischen Boden. Der ganze Lebenswettlauf bringt – außer Selbstbeschädigungen – nichts, dennoch soll man sich durch den sinnlosen Lauf bestätigen, dass man als Amerikaner etwas Besonderes ist. Mit Leistungen kann Amerika nicht mehr beweisen, dass es etwas Besonderes ist. Die Geschichte ihrer rasanten Eroberungs- und Imponierpolitik ist vorbei.

Ab jetzt wachsen die Rivalen über das weiße und rechtgläubige Amerika. Ab jetzt muss geglaubt werden, dass Gods own country noch immer die irdische Ankunftsrampe des Herrn der Heerscharen ist. Die Wiederkehr des Herrn wird in Amerika stattfinden. Jeder ist eingeladen, am Wettlauf des Lebens teilzunehmen, um seine Besonderheit zu beweisen. Selbst die durchschnittlichsten Typen. Viele sind berufen. Nur Amerikaner sind auserwählt, selbst wenn man es ihnen nicht ansieht.

Was immer der Bombenleger beabsichtigt hatte: er wird es nicht erreichen. Nie werden die Amerikaner klein beigeben. Amerika ist nicht nur unbesiegbar, es will auch unverletzbar sein. Diese Unüberwindbarkeit muss sich nun beweisen. Je heftiger Amerika angegriffen wird, umso stärker wird es reagieren: „Ich merke es schon jetzt in mir aufsteigen, ein Widerstand, ein Trotz, der sich gegen den Terrorakt richtet: Du kriegst mich nicht runter, und du kriegst uns nicht runter.“

Wird Amerika vom Feind gezüchtigt, fühlt es sich von Gott geliebt. Wen Gott liebt, den züchtigt er. Der Anschlag hat die Amerikaner noch amerikanischer gemacht: „Ich nehme alles zurück: Der oder die Bombenleger hat nicht verstanden, was es bedeutet, Amerikaner zu sein. Sonst hätte er kein Ziel ausgesucht, das die Amerikaner darin bestärkt, Amerikaner zu bleiben.“

Wie könnte man Amerika bestrafen? Indem man es nicht mehr beachtete, weder liebte noch hasste, sondern erstaunt fragte: Amerika, was war das noch mal?

Doch was bedeutet es, ein Amerikaner zu sein? „Es ist seltsam, aber ich fühlte mich niemals amerikanischer als nach den Anschlägen vom 11. September. Als die Tage nach dem ersten Schock vergingen, dachte ich immer mehr darüber nach, was es bedeutet, Amerikaner zu sein. Bedeutet es, ein rassistischer, korrupter, kapitalistischer Imperialist, ein großer Satan zu sein, wie manche behaupten? Oder bedeutet es, jemand zu sein, der ein eigenes, besonderes Leben sucht, seine eigene Art von Glück, und sei es nur, weil er mal den Marathon gelaufen ist? Es war merkwürdig, aber jene Terroranschläge und auch alle, die danach kamen, haben mich nicht in meinen inneren Werten erschüttert, sondern nur gefestigt.“

(Eric T. Hansen in der ZEIT)

Das ist das Merkwürdige an Amerika: jeder Einzelne macht dasselbe – und doch fühlt jeder Einzelne sich als etwas Besonderes. Gewiss, die Lebensentwürfe können vielfältig sein, doch jeder muss nach demselben Ziel streben: der Besonderheit. Es kommt nicht darauf an, was du tust, wenn du nur den Glauben hast, dich von andern zu unterscheiden. Alle Menschen leben das gleiche Leben. Die einen aber hat Gott erwählt, die anderen werden verworfen.

Je uniformer die Gesellschaft, je mehr muss sie an ihre Individualität glauben. Glauben heißt Fürwahrhalten, was man nicht sieht. Calvins Vorherbestimmungsglaube hat Amerika geprägt. In ihren Tätigkeiten sind die Menschen kaum zu unterscheiden. Aber für die Augen Gottes sind sie unterschieden wie Geschöpfe des Lichts und Geschöpfe der Nacht.

Erwählte können tun, was sie wollen, Gott macht aus ihren Trivialitäten immer etwas Außergewöhnliches: „Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind; denn alle, die er im voraus erkannt hat, hat er auch im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben.“ Tu, was du willst, wenn du nur einzigartig bist. In keinem Hollywoodfilm fehlt der Satz: Du bist etwas Besonderes.

Der Marathonlauf ist das Symbol für den Lauf des Christen um die ewige Seligkeit. Bei Paulus muss man den Sieg erringen, sonst erlangt man nicht den Preis. Hansen scheint zu glauben, dass die Amerikaner den Preis schon längst in der Tasche haben. Also genügt bloßes Mitmachen: „Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, zwar alle laufen, doch nur einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt.“

In seinem berühmten Song: My Way singt Frank Sinatra:

Zu denken, dass ich das alles geschafft hab
und ich kann wohl sagen – auf eine nicht sehr scheue Art und Weise.
Nein, oh nein, nicht ich,
ich habs auf meine Art geschafft.

Also was ist ein Mann, was hat er?
Wenn nicht sich selbst, dann hat er nichts.
Zu sagen was er wirklich fühlt
und nicht die Worte eines Knienden.
Das Aufgenommene zeigt,
dass ich viel eingesteckt habe –
und dass ichs auf meine Art geschafft habe!“

Es gab Zeiten, da hatten die Amerikaner Minderwertigkeitsgefühle, dass sie – im Gegensatz zu gegerbten Europäern – kein unverwechselbares Gesicht hätten. Jeder fühlte sich wie ein Plagiat seines gesichtslosen Nachbarn. Nun ist die Scharte ausgewetzt. Die gleichförmigste Gesellschaft der Welt hat das Geheimnis der Individualität gefunden. Der ganzen Welt zwingt sie das uniforme Gesetz des Neoliberalismus auf.

Nur sie kennt das Geheimnis, vor Gott etwas Besonderes zu sein: man muss an die eigene Unvergleichlichkeit glauben. An Amerika glaubt die Welt immer weniger.