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Donnerstag, 15. August 2013 – Postmoderne und zeitlose Wahrheit

Hello, Freunde der Volksherrschaft,

selbst das Wort Volk ist beschädigt. Der Nationalsozialismus wollte eine Art Superdemokratie sein, eine Symbiose aus Volk und Führer. „Wie ihr in mir seid, so bin ich in euch“, rief der Führer, der kein Despot sein wollte, in johanneischen Worten seinem Volke zu. Wie Gott-Vater mit Gott-Sohn eine Einheit war, so der erwählte Führer mit seinem erwählten Volk.

Die Deutschen hassen Konflikte und Auseinandersetzungen. Zu lange waren sie kein einig Volk von Brüdern, sondern zerrissen in viele kleine Deutschländer. Als sie sich endlich kleindeutsch in den Armen lagen  mit Ausschluss der Österreicher , sollten Harmonie und Ordnung im Hause herrschen. Für sie heißt Konflikt Zerwürfnis und Trennung. Also müssen sie sich mit zusammengebissenen Zähnen in den Armen liegen, obgleich sie sich am liebsten Gift geben würden.

Das ist doch keine Demokratie, empören sich viele Deutsche, wenn sie viele konfliktuöse Baustellen und moralische Defizite erkennen. Sind sie, wie der Amerikaner Eric T. Hansen meint, schlechte Demokraten, die den Faktor Mensch in seiner schmutzigen, ungerechten korrumpierbaren Realität nicht sehen wollen und vielleicht schon wieder von einem disziplinierten, sauberen Zucht-und-Ordnung-Faschismus träumen?  (Eric T. Hansen in der ZEIT)

Solche Gefahren sind bei Deutschen nicht auszuschließen. Nie haben sie aus eigener Kraft demokratische Verhältnisse geschaffen. Zweimal wurde ihnen nach verlorenen Kriegen die Volksherrschaft auf die Nase gedrückt. (Beim ersten Mal mit Unterstützung linker Kräfte, die ganze intellektuelle Elite

war gegen die Weimarer Republik.)

Wenn Nörgeldeutsche sich nicht selbst bemühen, aus einer schlechten eine gute Demokratie zu machen, bleibt ihnen nur die Utopie eines Starken Mannes, der mit eisernem Besen den Stall ausmistet. Dennoch bleibt die Frage: ab welch desolatem Gesamtzustand hört eine Demokratie auf, eine Demokratie zu sein?

Womit wir bei den Amerikanern wären. Hansen hält Demokratie für das Fahrgestell eines Autos, das man mit verschiedenen Karosserien fahren kann:

„Was wir oben drauf montieren, ist unser Problem. Wenn wir die schicken Berlusconi-Ledersessel, eine unkaputtbare Putin-Außenpanzerung, die volle Dröhnung Obama’schen Marketings und alles mit Hilfe einer Merkel’schen Schmerzlos-Finanzierung haben wollen, bekommen wir es auch. Und wer dennoch behauptet, „Das hier ist keine Demokratie“, ist einfach zu faul, mal selber eine Zündkerze auszutauschen.“

Ist Putin’sche Außenpanzerung noch Demokratie? Könnte man auf das Gestell auch einen Leopard-Panzer montieren  und das Vehikel wäre noch immer eine lupenreine Demokratie? Dann wäre das Fahrgestell mit jedem Mordsgerät vereinbar und das demokratische Fahrgestell unkaputtbar. Der deutsche Fehler besteht in Übertreibung undemokratischer Entartung, der amerikanische in optimistischer Untertreibung: gleichgültig, was passiert, Demokratie ist unvergänglich.

Beide Fehler sind komplementär und gefährden von verschiedenen Seiten aus die Demokratie. Die Deutschen sind übermäßig pessimistisch und erwarten das Lichtlein von irgendwoher, die Amerikaner sind unverwüstlich gutgläubig und übersehen die Gefahr, dass ein Gemeinwesen auf dem Papier demokratisch, in Wirklichkeit aber schon faschistisch ist. Alles, was nicht demokratisch ist, ist faschistisch, despotisch, diktatorisch oder totalitär.

Hier wird nicht scharf abgegrenzt. Die Moderne liebt schillernde Waberwörter, zu denen auch „Postdemokratie“ gehört. Gemäß herrschender Zeitphilosophie werden Zeitangaben gemacht, anstatt Inhalte präzis anzugeben oder zu de-finieren, was auf Deutsch ab-grenzen heißt.

Ein Schimmel ist ein Pferd (Gattung), das eine weiße Farbe hat (spezifische Differenz). Post bedeutet „danach, darauf“ und ist inhaltsleer. Was nach einer Sache kommt, wird von Kalenderangaben nicht erfasst. Hier muss Butter bei die Fisch. Kein Wunder, dass eine denkfaule Gegenwart das leere Wörtchen „post“ benützt, um ihren Standpunkt in alle Winde zu zerstäuben.

Postmoderne ist sogar ein doppeltes post. Schon das Wort „Moderne“ war ein reiner Zeitbegriff: jene Epoche, die dem Alten folgt und etwas Neues beginnt. Was auch immer dies sein mag. Modern und Veraltet können mit jedem Inhalt gefüllt werden. Die postmoderne Epoche müsste demnach mit Postpost-Epoche übersetzt werden.

Seit Einführung der Heilsgeschichte bemisst sich alles nach der Entfernung zur Wiederkehr des Messias. Moderne war jene Zeit, die eine alte Zeit abgelöst hatte und der Wiederkunft des Herrn wesentlich näher sein musste als die verflossene Epoche der Alten. Genaue Distanzzeiten konnte man nicht angeben, denn: „ihr wisset weder den Tag noch die Stunde“.

Die Zeitangaben der Heilsgeschichte kennen nur die Begriffe: näher oder ferner  zum Ende aller Zeiten. Alles, was vorbei ist, muss nach Adam Riese ferner, alles, was dem Vergangenen folgt, muss dem Finale näher sein.

Die Sach-Inhalte der Epoche spielen keine Rolle. Ihre Bewertung unterliegt allein der Ferne- oder Nähedistanz zum finalen Heiligen, das sich als Wahrheit der Zeit offenbart. Von daher ist alles entweder Vorher oder Nachher, entweder Prä oder Post. Ein Drittes gibt es nicht. Es wäre als „zeitlose“ Wahrheit eine Erfindung sündiger Heiden.

Auch heute ist die Benutzung des Wörtchens „zeitlos“ eine der schlimmsten Peinlichkeiten und Verstöße gegen prä- und postmoderne Augenblicksverwehungen. Mit Augenblick hat der Däne Kierkegaard den neuzeitlichen Zeitbegriff am genauesten de-finiert, nein, temporalisiert, eschatologisiert. Definieren ist platonisch-zeitlos und dem Zusammenhang mit der Heilsgeschichte entzogen.

Wiki bemüht sich, den zeitlosen Sinn der Zeit, des Augenblicks zu erfassen. Vergebens:

„Kierkegaards Denken in Sätzen zu beschreiben ist schwierig, denn was er zur Geltung bringen wollte, war gerade, dass Wahrheit nicht in Sätzen gelehrt werden könne, sondern eine Bewegung des Menschen in der Zeit sei. In diesen Zusammenhang gehören seine Kategorien „Augenblick“, „Wiederholung“ und „Sprung“ sowie sein pseudonymer, provokanter und paradoxer Stil. Das Wesentliche am Christentum war ihm, dass die Wahrheit in der Zeit (in Christus) gekommen sei und der Mensch nur ein Verhältnis zu ihm haben könne, indem er ihm gleichzeitig werde.“

Zwei und zwei sind zeitlos vier. Jetzt kommen gleich die neunmalklugen Astrophysiker und protestieren: aber nicht in den Schwarzen Löchern oder kurz nach dem Großen Knall. Da sollen auch normale Naturgesetze nicht mehr gelten. Solange wir nicht in Schwarzen Löchern hausen oder an den Anfang der Zeit zurückkatapultiert werden, gelten für uns zeitlose Naturwahrheiten.

„Zeitlos“ ist ein ungenauer Begriff, der nur in polemischer Absicht als minderwertiger Gegenbegriff gegen zeitliche Heilswahrheiten gebildet wurde. Da wir alle in der Zeit leben, kann es Zeitloses nicht geben. Solche Trivialitäten hätte man keinem Griechen erklären müssen.

Zeit der Natur ist aber nicht Zeit der Heilsgeschichte. Natur kennt keine Heilsgeschichte. Sie kennt nur den kausalen Verlauf ihrer gesetzmäßigen Evolution. Moderne Physiker, die ihre Wissenschaft benutzen, um Gott zu suchen und immer öfter zu finden, legen den größten Wert darauf, die Ungesetzlichkeit und Zufälligkeit des Kosmos zu entdecken. Lasset sie noch eine Generation suchen, dann werden sie Gott mit Bart direkt hinter der Venus gefunden haben.

(Der lustige ZDF-Physiker Lesch ist ein bekennender Protestant, der Physik nur betreibt, um  mit Luther zu sprechen  einen gnädigen Gott zu kriegen. Die amerikanischen Creationisten färben zusehends nach Deutschland ab. Schon längst gibt es für ehrgeizige Wahrheitssucher nur zwei Möglichkeiten: entweder Gott suchen oder sich der politisch beherrschten Wirtschaft zu unterwerfen. Immer mehr Wissenschaftler sehen beide Möglichkeiten als Einheit. Gott ist Allmacht; Wissen ist Macht. Also ist Wissenschaft die Suche nach der Allmacht. Also muss man seine naturwissenschaftlichen Bemühungen der NSA zur Verfügung stellen. Wetten, dass die meisten Algorhitmiker der Oberschnüffler wiedererweckte Jesuaner sind?)

Wahrheit war bei Griechen eine unvergängliche oder zeitlose Einsicht. Musste sie geändert werden, war sie eben nicht zeitlos gewesen. Alles, was sich ändert, ist noch nicht in voller Wahrheit erkannt. Platons perfekter Staat war unveränderbar, denn er war zeitlos wahr. Hätte etwas verändert werden müssen, hätte es seine bisherige Unwahrheit enthüllt.

Natur war zeitlos wahr, sie veränderte sich nicht. Die Zeit konnte manche Wahrheiten nach und nach ans Licht bringen. Doch sie selbst war abhängig von der Wahrheit, die sich niemals ändert. Postmodernisten, Literaten und Feuilletonisten bekommen Bauchkrämpfe, wenn sie solchen Unsinn von gestern lesen. Schrott von gestern  auch das ist eine Zeitangabe. Genau genommen müssten sie von Postschrott reden. Ihre Begründung ist selbst eine bloße Zeitangabe. Weil etwas vorbei sein soll, muss es auch falsch sein.

Ein Gespräch zwischen Post-Offenbarern und zeitlosen Wahrheitsverfechtern ist  streng genommen  nicht möglich. Diktatorisch bestimmen die Zeit- oder Augenblicksdenker, in welcher Epoche wir leben und welche Wahrheiten allein durch Altersangabe in Unwahrheiten umgekippt sind. Wahrheiten sind wie leicht verderbliche Lebensmittel. Liegen sie allzu lange unter der Sonne, fangen sie an zu stinken.

Man könnte von einem Generationenkonflikt im Bereich der Wahrheit sprechen. Kann man einer Wahrheit ins Gesicht schleudern: Hey, Alte, ist sie allein durch Altersangabe desavouiert und sollte sich freiwillig ins Grab legen. Wahrheiten müssen immer frisch und neu erfunden werden, sonst sind sie nicht mehr sexy und appetitlich genug.

Zeitlos-Denker und Zeitdenker können sich nicht verständigen, denn sie sprechen zwei unverträgliche Sprachen. Noch mehr, nicht mal Zeitdenker können unter sich ihre Differenzen ausräumen. Sie müssten sich zeitloser Argumente bedienen, die sie ja ablehnen.

Schaut man auf die Spielwiesen der Zeitdenker, also in die Feuilletons, wundert man sich über die Abwesenheit fulminanter Kontroversen. Kunststück: wenn die Logik der Heilsgeschichte gilt, kann es gar keine Kontroversen geben, die sich nicht wie von selbst im Laufe der Zeit in Wohlgefallen auflösen würden. Zumeist erklärt ein Hohepriester der schnell vergänglichen Zeit seinem Gegner: das sei ja wohl Schnee von gestern. Pardauz, das ist der Stoß ins Herz und der Kontrahent zerfällt erbleichend in CO2 und H2O.

Augenblicks- oder Zeitdenker sind nicht mal Denker  denn sie müssten unabhängig von Zeit und Sein ihren Kopf anstrengen , sondern Augenblicks-Offenbarungs-Empfänger. Wahre Denker sind immer zeitlose Denker. Wer auf die ewig wandelbare Zeit setzt, setzt auf Gott den Herrn und ist ein Glaubender. 

Womit wir von der Philosophie zur Theologie gewechselt wären. Heilszeit und Augenblick sind die Wahrheitsbegriffe der Theologie, die sich Gott als willkürlich dosierenden Wahrheitsoffenbarer im Medium der Zeit vorstellen. Er tröpfelt seine guten Gaben nach Lust und Laune durch die nach unten offenen Zeitlöcher hernieder auf die durstige und ausgedörrte Erde.

Da die Griechen zeitlose Naturdenker sind, konnten sie zeitlose Wahrheiten wie Naturrecht, Menschenrechte und Demokratie erfinden. Es ist verwunderlich, dass Postmodernisten nie auf die Idee kommen, ihren Fündlein die Frage zu stellen: seid ihr morgen noch wahr oder sollen wir anderer Wahrheiten warten? Ist Demokratie eine zeitlose Wahrheit oder eine vorübereilende Modetorheit, die morgen ihren Geist ausgehaucht hat?

Die typische Frage der Post-Modernisten lautet: Was kommt auf uns zu? Sie gerieren sich alle als Propheten und Gurus dessen, der da kommen soll. Sie fragen nicht: Was müssen wir tun, um drohende Gefahren abzuweisen. Sie dräuen, munkeln und wispern in der Geheimloge der Zukunftsseher: Oh, ich sehe Silicon-Mekka, oh, ich sehe denkene Kühlschränke, oh, ich sehe Postdemokratie. Oh, ich sehe Elysium.

Fast alle Intellektuellen haben sich zu Sehern und Propheten gemausert, gleich, ob sie sich als Christen oder Atheisten definieren. Wie lang ist’s her, dass Popper gegen alle Richter und Propheten anrannte?

Die wichtigsten Medienhirsche wie Diekmann und Schirrmacher, der eine aus ordinärem, der andere aus bürgerlichem Haus, liegen vereint am Boden, um die göttlichen Hufschläge der Zukunft auf uns zugaloppieren zu hören. Kein Interview in Print und Ton ohne die obligate Frage an den Experten: Was bringt uns die Zukunft? Im Alten Testament waren die Propheten noch die Außenseiter des Volkes, im neuheiligen Germanien gibt es nur noch Propheten und Kaffeesatz-leser, Warner und Mahner.

Nur nüchterne Moralisten und selbstbewusste Politiker, die etwas zu sagen hätten, werden als Post-Hinterwäldler aus dem Allerheiligsten der Offenbarungsempfänger ausgeschlossen.

Strikt genommen müsste man sagen: alle Postmodernisten und Zeitoffenbarer sind Verfassungsfeinde. Demokratie und Menschenrechte halten sie für leicht verderbliche Augenblicksware. Ihre Bekenntnisse zu Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit stehen alle unter Vergänglichskeitsvorbehalt, noch schlimmer als unter Kauders Finanzierungsvorbehalt.

Jeder Vorbehalt ist Fleisch vom verwesungsfreundlichen Augenblicksvorbehalt der Offenbarer, die allesamt vom Verfassungsschutz unter Prismenobservierung genommen werden müssten. Denn der Satz: Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt wahrheitsgemäß: die Würde des Menschen ist zeitlos gültig und gilt bis zur Verglühung der ganzen Milchstraße.

Wie kann eine zeitlos gültige Würde von Zeitgeist-Anbetern gewahrt werden, für die der ganze Demokratenschmuh eh schon zu lange dauert? Öfter mal was Neues, heißt die ökonomisch-theologische Devise. Schon gibt’s die Postmoderne, danach die Postpostmoderne und so weiter bis zum Pochen des Bräutigams an der Pforte der Bräute.

Das Grundgesetz hat eine Ewigkeitsgarantie. Ist diese Garantie von führenden Postschrott-Erfindern abgesegnet worden? Sie langweilen sich gern, die Eliten, und benötigen tägliche Neuigkeitsdrogen. Made in Christenland. Siehe, er macht alles neu. Da dürfen seine Eleven doch nicht zu heidnischer Zeitlosigkeit überlaufen.

Wenn ein Mann mit Pfeil und Bogen durch den Urwald schleicht, kann er kein Mensch mehr sein. Denn er hatte kein Deo und fuhr keinen Ferrari im Dschungel. Seltsam nur, dass Wissenschaftler die ältesten Knochen noch zur Gattung homo erectus zählen, wo es in jener Zeit gar keine Menschen gegeben haben kann. So lang ist das schon her.

Hegel ist der Klassiker der Zeitphilosophie  genau genommen ist klassisch und zeitlich-vergänglich auch unvereinbar , weshalb er gerne ein schwäbisches Sprichwort zitiert: Das ist schon so lange her, das kann doch gar nicht mehr wahr sein.

Man höre und staune: dieser ketzerische Satz bezog sich auf die „Heilswahrheiten“ des christlichen Glaubens. In der Tat hätten postmoderne Christen sich schon längst von den Großen Taten Gottes in der Heilsgeschichte wie Leben, Tod und Auferstehung des Herrn verabschieden müssen. Die sind alle schon so lange her, dass sie gar nicht mehr wahr sein können.

Postmoderne Philosophie ist ein Plagiat der Heilsgeschichte. Indem sie Wahrheit unter Erneuerungs- und Vergänglichkeitszwamg stellt, ruiniert sie die zeitlose Wahrheit der Demokratie und der Menschenrechte. Alles hat sein Zeit: Volksherrschaft und Emanzipation des Menschen, Würde, Freiheit und Selbstbestimmung. Doch das Gegenteil hat auch seine Zeit: Kurzweil mit den Herren Kurzweil und Keith Alexander, die Beendigung der Privatsphäre durch Google, die aufregende Klimaveränderung.

Diese ewig gleiche zyklische Wiederholung der Jahreszeiten ist unerträglich für anspruchsvolle Gourmets des Zeitgeistamüsements. Besonders das veränderte Klima ist ein heißer Renner im Unterhaltungsrepertoire, das unsere gesammelte Faszination verdient. Da gibt’s Knaller, bei denen wir mit der Zunge schnalzen: Überschwemmung Hollands und gigantische Tsunamis über New York, Feuerstürme in Asien, ausgedörrte Landstriche in Afrika. Roboter- und Drohnenkriege um knappe Ressourcen und um die Vorherrschaft in der Welt. Absterben des Meeres durch endlose Vermüllung der Wasseroberfläche: für Highligths in der Umweltszenerie ist schon jetzt gesorgt. Viel Stoff für unsere sensationsappetenten Medien, die ihren alten Spruch endlich verstehen werden: nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten und füllen die Kassen. 

Was wir aus unserer Demokratie machen, hängt allein von uns selbst ab. Insoweit hat Hansen recht. Sofern er Demokratie unter allen Umständen für unverwundbar hält, liegt er daneben. Er kann keine Kriterien benennen, unter denen Demokratie in ihr Gegenteil umkippt.

Vollends irrt er, wenn er Volksherrschaft zu einem fahrenden Lazarett lernunfähiger und amoralischer Schmutzfinken macht. Demokratie ist keine moralunabhängige Maschine, sondern ein tugendhaftes Gemeinschaftsunternehmen, in dem Menschen zum Menschsein animiert werden sollen. Je schärfer die Probleme werden, die wir uns international einbrocken, je tugendhafter müssen wir werden, um sie aufzulösen.

Tugend ist keine freudlose Disziplinierung, sondern Lernen von Freude und Gelassenheit. Moral ist nicht der Ukas eines Gottes, der uns drangsaliert und knechtet. Sie ist Spurenleserin zu einer Menschheit, die bei sich angekommen wäre.