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Dienstag, 19. März 2013 – Irdische Politik und überirdische Agape

Hello, Freunde der Wissenschaft,

wegen falscher Wissenschaftsinformationen hat der Bundestag dem Beschneidungsgesetz zugestimmt. Das behaupten 37 Autoren aus 17 Nationen. Eine Kritik dieser Fachleute an den Empfehlungen des amerikanischen Kinderärzteverbandes wurde offensichtlich torpediert. Amerikanische Ärzte profitieren von der hohen Beschneidungsrate, ihr Votum war gelenkte Wissenschaft.

Wolfram Hartmann, Präsident der deutschen Kinderärzte, durfte bei einer Anhörung im Bundestag nicht en detail aus der kritischen Stellungnahme an den amerikanischen Ärzten zitieren(!). Hartmann: „Der Gesetzgeber hat das Kindeswohl dem Erziehungsrecht untergeordnet. Eltern bestimmen letztendlich, was Kindeswohl ist.“ Hartmann und seine Kollegen appellieren daher an die Eltern, „zu warten, bis ihre Jungen alt genug sind, um selber über eine etwaige Beschneidung zu entscheiden“.

Man könnte das Gebot zitieren: „Du sollst kein falsches Zeugnis reden, auch nicht in der Wissenschaft“, um anzuprangern, wie die Frommen aller Erlöserreligionen gegen ihren eigenen Moralkodex verstoßen.

Das wäre falsch. Nach Meinung der Gottesgelehrten sind Gebote nur für Heiden da – um ihnen ihre Sündhaftigkeit zu demonstrieren –, nicht für Erwählte, die über dem Gesetz stehen und kindische Gebote nicht benötigen. Sie haben die rechte Gesinnung und stehen über dem Gesetz.

Christliche und jüdische Theologen sprechen von Antinomismus, wörtlich: gegen das Gesetz. Gottes Gläubige sind an kein Gesetz gebunden. Da sie im

heiligen Geist ruhen, gilt für sie: glaube – und tu, was du willst. Die Moral der Gläubigen ist offizieller Amoralismus.

Es ist derselbe Amoralismus, der als Doktrin des Neoliberalismus auftritt. Man könnte sagen, wer an der Macht Gottes Anteil hat, bestimmt seine Moral nach Belieben. Eine beliebige Moral ist aber keine. In der Beschneidungsdebatte hat sich der Antinomismus biblischer Fundamentalisten durchgesetzt. (Raphael Kirchner in der ZEIT)

 

Eine grausame Fehlleistung Brüssels, die den Geist der Mächtigen verrät. Die Kleinsparer sollten an der Rettung Zyperns durch partielle Enteignung beteiligt werden. Was haben Kleinsparer mit der Eurokrise zu tun?

In einer spontanen Telefonkonferenz haben die Regierungschefs die Plünderungen am Sparbuch zwar zurückgenommen, doch das Vertrauen in Garantieerklärungen von Merkel & Co ist schwer beschädigt.

Merkel unterlässt nichts, um den Rest Europas gegen sich aufzubringen. Als Pastorentochter ist sie immer auf der sicheren Seite der Geschichte, die von ihrem himmlischen Vater gelenkt und geleitet wird. (Christian Rickens im SPIEGEL)

 

Schon bei der Einführung der Hartz4-Maßnahmen war die Atmosphäre der Roten und Grünen eindeutig: die Kleinen müssen für die Schiebereien der Großen bluten. Sie wurden an den Pranger gestellt, als seien sie die Parasiten vom Dienst und hätten arglistig die Finanzkrise ausgelöst.

Die politischen Eliten sitzen mit den wirtschaftlichen und medialen in einem Boot. Inzwischen ändert sich gelegentlich der Ton bei Intellektuellen, die während des neoliberalen Einbruchs offensichtlich gepennt haben und nun entsetzt über die Abschaffung der sozialen Marktwirtschaft sind.

Dazu gehört Klaus Harpprecht, ehemaliger Redenschreiber Willy Brandts, der sich in der ZEIT selbstkritisch fragt, warum er Fakten und Daten der letzten Jahre zwar gehört, aber nicht mit Bewusstsein zur Kenntnis genommen habe. (Klaus Harpprecht in der ZEIT)

Was ist passiert in den letzten Jahren der BRD? Waren nach dem Krieg nicht alle Parteien einig, eine Klassengesellschaft mit allen Mitteln zu verhindern? Wollten alle Polit-Kräfte nicht unisono eine „soziale Marktwirtschaft“? Warum sind die Pläne gescheitert?

Warum haben Gewerkschaften, die mit ihren Vertretern in allen Vorständen sitzen, den ungeheuren Verdienstzuwachs der Manager nicht verhindert? Mit ihrem gesetzlich garantierten Einfluss hätten sie den Größenwahnsinn stoppen können. Warum gibt es in den Medien keine Kritik am Verrat der Genossen an den Genossen? Just die Gewerkschaften und die SPD-Karrieristen haben sich als bedingungslose Parvenüs und Unterstützer der Magnaten betätigt. Kritiklos schlüpfen die Gewerkschaften überall durch.

Auch die Grünen mit evangelischen Vorzeigedamen wie Göring-Eckardt haben bedenkenlos den Zeitgeist aus den angelsächsischen Ländern unterstützt. Lag es etwa am Umzug vom „behäbigen und miefigen“ Bonn ins wilhelminische Berlin, wie sich Harpprecht fragt?

Der Wilhelminismus war eine großspurige Weltmachtangeberei mit Flottenattitüden, aber kein deregulierter Kapitalismus. Bismarcks Sozialgesetzgebung war führend in der Welt. Er führte sie nicht aus sozialen Motiven ein, sondern um die marxistischen Proleten von der Revolution abzuhalten.

Harpprechts Selbstkritik ist ehrenwert – und in der ganzen Medienlandschaft singulär –, aber seine Analyse bleibt zu sehr auf Europa konzentriert. Europa ist noch immer im Bann der Wallstreet und Washingtons.

Es war eine richtige Entscheidung Schröders, sich am Irakkrieg des Texaners Dabbelju nicht zu beteiligen. (Bei 9/11 sprach er von bedingungsloser Solidarität, ich wiederhole: von bedingungsloser Solidarität. So sprach Merkel in der Knesseth. Mit anderen Worten: das eigene Denken wird in Berlin eingestellt, deutsche Politik wird in Washington und Jerusalem von einigen Praktikanten erledigt. In diesem Punkt haben Schröder und Merkel gegen ihren Amtseid verstoßen: die deutschen Interessen in der Welt zu vertreten. Zwar in Solidarität mit befreundeten Staaten, aber nicht in blinder Solidarität.)

Es genügt nicht, sich auf die Schulter zu klopfen, was in Bonn alles richtig gelaufen und wie Berlin – nach Harpprechts politischen Zeiten – degeneriert sei. Kaum nachzuvollziehen, dass er die ganze Zeit annehmen konnte, Hessels „Empört euch“ sei nicht für Deutsche geschrieben, sondern für Franzosen und andere Loser-Staaten. Den Begriff Neoliberalismus sucht man in seinem Artikel vergebens.

 

Die BILD wird in große Schwierigkeiten geraten, wenn sie linke Forderungen weiterhin als hohle Phrasen dengelt, die hohlen Phrasen des weltbewegenden Papstes aber als Offenbarungen in den Himmel heben muss. Angela Merkel will den Kleinen und Schwachen in Europa die Socken ausziehen. Doch von ihrer Romreise wird sie zurückkehren mit dem Eindruck: welch weiser Mann auf Petri Stuhl. Wie schlicht, menschlich und armenfreundlich.

Er liebt die Armen, schon jetzt hat er mit simplen Gesten die Kontinente bewegt – wie die SZ hemmungslos in Zungen redet, dass man sagen muss: Was soll das bedeuten? Andere aber spotteten und sagten: die SZ ist voll süßen Weines.

Was ist der Unterschied zwischen staatlicher Sozialpolitik und den Prinzipien christlicher Nächstenliebe? Sind die beiden Grundsätze miteinander vereinbar? Wie unterscheiden sich Staat und Kirche?

Die Kirche empfindet sich als wahren Staat, als Staat Gottes, in dem das Jenseits vorweggenommen ist. Nicht im offiziellen Status, sondern als „unsichtbare“ Kirche, an die man glauben muss.  

Sichtbar ist der Staat, der, sei es als teuflische Natur, sei es als göttliche Obrigkeit, so lange polizeiliche Hilfsfunktionen in der Welt ausübt, bis der Herr kommt und das Regiment offiziell übernimmt. Solange ist der Staat ein Hilfsinstrument, um die unsichtbare Kirche durch die Zeiten zu begleiten und aufzupassen, dass die Spenden der Gläubigen nicht geklaut und die Kirchen nicht eingeäschert werden.

Im Christentum gibt’s nichts ohne Widersprüche, das macht die Religion unschlagbar. Je nach Herausforderung kann sie das passende Register ziehen und der Kritik der Heiden Paroli bieten. Ist die Kirche mächtig, kann sie der „irdischen Räuberhorde“ – so Augustin über den Staat – als triumphierende Kirche entgegentreten und ihn auffordern, ihre moralischen Machtansprüche in den Gesetzen des Staates zu verankern. Ist sie bedeutungslos, spielt sie das Spiel: durch Kreuz durch Krone.

Ist sie oben angekommen, wird der Staat zum Knecht des Klerus erniedrigt. So auf dem Höhepunkt des Mittelalters, als der Vatikan ganz Europa beherrschte, weil er den deutschen Kaiser zum Vasall seiner Ansprüche degradieren konnte. In Canossa beugte der Kaiser seine Knie vor dem Vater aller Christen, das Trauma ihrer ganzen Geschichte, das die Deutschen nie vergaßen. Nach Canossa gehen wir nicht, sagte noch Bismarck in seinem Kulturkampf gegen Rom – den er auch nicht gewann.

Die deutschen Katholiken bewährten sich im Streitfall als gehorsame Kolonnen des Papstes gegen die eigene Obrigkeit. Die Katholiken taten, was stets den Juden vorgeworfen wurde: sie verhielten sich illoyal gegen den eigenen Staat und gehorchten der Stimme Roms. Da der Staat minderwertig war, galten alle staatlichen Maßnahmen ebenfalls als minderwertig – verglichen mit dem hohen Moralgesäusel der Kirchen.

Das gilt bis heute. Nächstenliebe, Barmherzigkeit sind allen kalten und abstrakten Staatsmaßnahmen so überlegen wie der Himmel der Erde überlegen ist. Kalt und abstrakt deshalb, weil der Staat allgemeine Gesetze erlässt und niemanden persönlich bevorzugen oder benachteiligen will. Wer bestimmte Bedingungen erfüllt, fällt unter das Gesetz – oder nicht.

Gott erlässt keine allgemeinen Gesetze, er schaut sich die Menschen persönlich an und behandelt jeden individuell, was man auch beliebig nennen kann. Der eine erhält ein Almosen, der andere – obgleich in derselben schwierigen Lage – geht leer aus. Es ist wie in der Urszenerie bei Kain und Abel. Abel gefällt Jahwe und wird von ihm bevorzugt – Gründe: keine. Kain fällt durchs willkürliche Raster. Gründe: keine.

Gottes Barmherzigkeits- und Gnadenprinzip folgt keiner Logik, ist nicht einklagbar. Er tut, was er tut. Wie der Töpfer, der ein Gefäß erhält und das andere zerdeppert.

Bei Staatsgesetzen kann jeder klagen, der sich für benachteiligt hält. Erfüllt er die genau definierten Voraussetzungen, hat er den gleichen Anspruch auf Unterstützung wie sein Nachbar. Hier kann argumentiert, hier können logische Schlüsse gezogen werden. Jeder Bürger hat das Recht, vom staatlichen Gesetz gleich behandelt zu werden.

Nicht so im Gnaden- und Barmherzigkeitsbereich der unsichtbaren Kirche, die einem Herrn gehorcht, der auf menschliche Logik pfeift. Bei ihm hat kein Mensch ein einklagbares Recht. „Also erbarmt er sich nun, wessen er will, verhärtet aber, wen er will.“ Gottes Selektionsmaschinerie ist eine Orgie an irrationaler Willkür, ein Staat hingegen hat Gerechtigkeit gegen jedermann walten zu lassen.

Weil im staatlichen System jeder Bürger die gleichen Rechte besitzt, gilt es als unpersönlich, abstrakt und kalt. Weil bei Gott jeder Bürger – ob berechtigt oder nicht – eine winzige Chance auf Seligkeit besitzt, fühlt jeder sich persönlich angesprochen: Bei mir wird der Herr eine Ausnahme machen. Mir wird er das große Los zuschanzen, obgleich mein Nachbar schon viel länger Lotto spielt als ich.

Noch heute gilt das Liebes- und Willkürprinzip als persönlicher und humaner, verglichen mit den kalten logischen Prinzipien eines funktionierenden Rechtsstaats. Peter Sloterdijk will seine Steuern lieber persönlich an Auserwählte verteilen als vom Staat nach Methode Din A 4 ausgesaugt zu werden.

Ist eine persönliche Liebesgabe nicht humaner als eine maschinelle Gleichbehandlung der Bürger. Auf den ersten Blick kann in der Tat eine persönliche Transaktion wärmer und einfühlsamer sein als ein Nullachtfuffzehnbrief aus dem Finanzamt. Aber: die Nachteile überwiegen die Vorteile:

a) Jeder persönliche Akt ist abhängig vom psychischen Zustand des Gebenden, er kann einfühlsamer, aber auch erniedrigender sein als eine automatische Gleichbehandlung. Der Schwache ist abhängig vom Gemütszustand des Starken.

b) Jede Gabe kann benutzt werden, um den Nehmenden zu demütigen. Das muss nicht bewusst sein. Doch die Schwachen sind empfindlich und wollen weder von der Laune der Starken abhängen noch zur unterwürfigen Dankbarkeit verpflichtet werden. Zumeist sind sie nicht schuld an ihrem Status, warum sollten sie ein schlechtes Gewissen haben? Warum sollte es für sie ein Gnadenakt sein, ein stolzes und selbstbewusstes Leben zu führen? Persönliche Abhängigkeiten führen zumeist zu Über- und Unterordnungsbeziehungen, die das Fundament demokratischer Gleichheit im Ansatz zertrümmern.

Der Staat muss sich für alle sorgen, er muss für die Stabilität der Polis eintreten. Die Kirche übernimmt keine Verantwortung für die Stabilität der sündigen und heidnischen Polis. Morgen schon kann der Herr vor der Türe stehen, dann ist‘s aus mit Polis und Welt. Keine Kirche fühlt sich haftbar für ein kontinuierliches und lebenswertes Leben der Menschheit auf Erden unter gerechten Bedingungen.

Unter Gerechtigkeit Gottes versteht die Kirche die Absegnung des Willkürverhaltens des Schöpfers. Gott ist gerecht, weil er sein Tun in Vollmacht des Geistes und der Kraft als gerecht definiert. Basta und punktum. Im Jüngsten Gericht werden keine Debatten über die Gerechtigkeit Gottes geführt. „Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? das sei ferne. Somit kommt es nun nicht auf den an, der will, noch auf den, der läuft, sondern auf Gott, der sich erbarmt. Denn die Schrift sagt zum Pharao: Eben dazu habe ich dich auftreten lassen, dass ich an dir meine Macht erweise und dass mein Name auf der ganzen Welt verkündigt wird.“ ( Neues Testament > Römer 9,14 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/9/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/roemer/9/“>Röm. 9,14 ff)

Hier sind wir am Zentrum des Gnadenverhaltens Gottes. Mit unverdienter Gnade will er seine Allmacht erweisen, damit sein Name auf der ganzen Welt verkündet werde. Das Gnaden- und Barmherzigkeitsprinzip ist ein Machtprinzip. Gott will der Welt zeigen, dass niemand ihm Vorschriften machen kann, wie er den Menschen zu behandelt habe. Er macht, was er will. Er steht über allen Gesetzen – der Moral und der Vernunft.

Er ist Gott eines allmächtigen Willens (Voluntarismus). Dieser allmächtige Wille kann Liebe, Hass, Verfluchung und Erlösung sein. Hier hat niemand dem Herrn dreinzureden. Bei den einen ist er langmütig, bei den andern schlägt er zu. Gründe? Keine. Deus lo volt und also ist es gut.

Die Kirche will keinen dauerhaften Staat, keine solide Polis, keine funktionierende Gemeinschaft, keine stabile Gesellschaft. Sie rechnet mit dem Ende der Welt. Jeden Augenblick kann das Ende eintreten. Also wachet und rechnet damit, dass in der nächsten Sekunde der ganze irdische Spuk vorbei ist.

Jeder Glaube ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Was man glaubt, das stellt man her. Die Gläubigen tun, als ob sie Schöpfung bewahren wollten. Dabei müssen sie damit rechnen, dass Gott die sündige Natur erdrosseln, das Alte vernichten und einen neuen Himmel und eine neue Erde aus seinem Ärmel zaubern wird. Auf diese Erneuerung der Welt durch eine Urkatastrophe warten die christlichen Kirchen. Der Vatikan am wenigsten, er hat sich in der sündigen Welt ein hübsches Weltreich zusammengepuzzelt. Wenn der Herr kommen wird, ist‘s aus mit der Macht des Vatikan.

Die Priester leben gut von den Wunden der Welt. Sie bringen das Kunststück fertig, sich als bessere Variante zum Staat anzupreisen, ohne diese PR-Parolen jemals einlösen zu müssen. Ihre Ideale kann die Kirche als Glanzgemälde an den Horizont malen, einlösen muss sie ihre Selbstanpreisungen nicht. Ihre hohe Bergpredigtmoral ist nicht dazu da, realisiert zu werden. Das Gesetz Gottes soll den Menschen zertrümmern, ihm zeigen, dass er nie in der Lage sein wird, die hohen Anforderungen zu erfüllen.

Das Gesetz hat zwei Funktionen – Luther spricht vom duplex usus legis, vom zweifachen Gebrauch des Gesetzes: a) den Menschen in seiner moralischen Kompetenz als Versager darzustellen und b) ihn zu Christus zu führen, der stellvertretend für ihn das Gesetz erfüllt.

Gottes Gesetz ist keine Ermunterung an den Menschen, ein stets bessres Wesen zu werden und sich moralisch zu perfektionieren. Im Gegenteil. Der Mensch soll Bankrott anmelden und seine Seligkeit in die Hände des Messias legen. Die Bibel kennt keine Moral, die der Mensch lernen könnte. Sie zeigt ihm unmissverständlich, dass er ein moralischer Rohrkrepierer ist. Will es der göttliche Zufall, wird er gerettet, will er nicht, fährt er zur Hölle.

Je unmoralischer und ungerechter der Staat, umso mehr kann die Kirche im illusionären Kontrast glänzen. Nachweisen muss sie ihre bombastische Überlegenheit über die schnöde Politik nie. Die Schlussprüfung wird im Jüngsten Gericht sein. Da wird Gott seine Allmacht kundtun.

Christliche Apologeten nennen die antike Demokratie eine Welt ohne Liebe (Uhlhorn, Die christliche Liebestätigkeit), obgleich sie zugeben müssen, dass eine funktionierende Demokratie für alle Bürger sorgt. Doch all dies sei Politik von Ungläubigen und werde demnächst untergehen.

Nur die willkürlichen und zufälligen Liebestaten der Christen werden in den Büchern des Gerichts festgehalten und für immer Bestand haben. Polis, Staat, Gesetze sind zum Untergang bestimmt, nur die guten Werke der Gläubigen sind vermerkt in den Büchern der Ewigkeit.

Eine gerechte Politik sorgt sich um alle Menschen. Die Kirche kümmert sich nur um ihre Erwählten und hat kein Interesse an stabilen Strukturen der Welt. „Ihr Abtrünnigen, wisst ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft wider Gott ist?“ ( Neues Testament > Jakobus 4,4 / http://www.way2god.org/de/bibel/jakobus/4/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/jakobus/4/“>Jak. 4,4)

Die sozialen Maßnahmen der Kirche beruhen auf der – geschickt kaschierten oder offen proklamierten – Feindschaft gegen die Welt. Der humane Staat will Freundschaft mit allen Menschen.

Gnade und Barmherzigkeit wollen ein ewiges Leben im Jenseits. Politische Gerechtigkeit will ein frohgemutes Dasein im Diesseits. Beide Prinzipien sind unvereinbar. Ein Drittes gibt es nicht.