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Tagesmail

Freitag, 17.05.2013 – Franziskus von Rom

Hello, Freunde des Papstes,

gute Nachricht aus Rom. Der Vatikan hat den Kapitalismus entdeckt und für schlecht befunden. Papst Franziskus hat ganze „neue Götzen der Menschheit“ entdeckt: „den Geldfetischismus und die Diktatur einer Wirtschaft ohne Gesicht und ohne menschliche Ziele.“ Die Menschen würden auf einziges Bedürfnis reduziert: den Konsum. „«Und schlimmer noch, der Mensch selbst wird sogar als Konsumgut angesehen, das man benutzen und dann wegwerfen kann», rügte der Papst.“

Dass die katholische Kirche Seligkeit gegen Kirchensteuer anbietet und eine der reichsten Institutionen der abendländischen Geschichte ist, darüber schwieg der lautere Argentinier. (Wer Mitglied der katholischen Kirche sein will, muss Kirchensteuer zahlen, sonst wird er exkommuniziert.)

Wenn der Kapitalismus den Menschen auf den Konsum reduzierte, wie kann es passieren, dass Kinder im weltweiten Kapitalismus unaufhörlich dahinsiechen? Weil sie zu viel konsumieren?

Konsum ist den Tycoons nur das Anreizsystem, das Leckerli, um die Massen zu bestechen, damit sie ihre Strafarbeit verrichten, deren Gewinn die Tycoons einstreichen. Das Ziel des Kapitalismus ist Zerstörung der Demokratie durch Etablierung ungewählter Machteliten. Es herrsche „eine Ideologie der totalen Marktfreiheit und Finanzspekulation, die dem Staat das Recht auf Kontrolle entzieht“, so Franziskus. (DER SPIEGEL)

Das Gerede vom Staat lenkt davon ab, dass es um die Schwächung der Demokratie geht. Der Staat als Bürokratie hat den Willen des Volkes zu respektieren und durchzuführen. Von wem wird der Staat gelenkt? Von

Wirtschafstlobbyisten oder vom Volkswillen? Der Staat ist bloßes Instrument, kein eigenständiges Subjekt und muss dem Volk Rechenschaft über sein Tun ablegen. Kommt das Volk seiner Prüf-Funktion nicht nach, erhält es den Staat, den es verdient.

Die Kirche ist wie die Wirtschaft: sie will den Staat zum hörigen Subjekt degradieren. Als geistliches Schwert will sie das weltliche Schwert nach Belieben herumkommandieren. Die Wirtschaft hat das Erbe des geistlichen Schwertes angetreten. Sie will die unverfälschte Stimme des Universums, der Evolution oder des Himmels sein.

Da der Kapitalismus dem calvinistischen Protestantismus entstammt, ist er zum Pendant der katholischen Kirche im nicht-katholischen Christentum geworden. Oeconomia locuta, causa finita: hat der Mammon gesprochen, ist die Chose erledigt. Die Wirtschaftsführer sind die neuen Heilsbesitzer. Wer ihnen die Gefolgschaft verweigert, wird in die Finsternis geworfen. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

Rechtzeitig hat die Kirche bemerkt, dass der Wind umgeschlagen hat. Nun schnell „das Neue“ entdeckt und an die Spitze der Bewegung gesetzt. Der Papst des Neoliberalismus – ein zu Recht vergessener deutscher Theologe – hat während der Hochzeit des Neoliberalismus belanglose Erbauungsbücher über Jesus geschrieben.

Um ein leuchtendes Vorbild zu sein, will Franziskus den Petersdom mitsamt der Sixtinischen Kapelle bei Sotheby’s versteigern lassen und in ein schlichtes Verwaltungsgebäude mitten im Armenviertel von Rom ziehen. Amerikanische Milliardäre aus Las Vegas haben ihr Interesse an den geistlichen Gebäuden bekundet. Sie seien trefflich zum allseitigen Glücksspiel geeignet.

Ex-Bischöfin Käßmann tingelt unterdessen durchs Land, um vor Bankern die Zehn Gebote zu erklären. Den Schutz der Reichen habe der Herr beileibe nicht vergessen: Du sollst nicht begehren der Villa deines Nächsten, auch nicht der Zweitwohnung in New York. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib – sie ist ohnehin zu schön für dich –, seiner abhängigen Arbeitssklaven, seines Maserati oder irgendetwas, was dem Nächsten gehört.

Damit kann Käßmann sich direkt auf John Locke berufen. Der Dekalog, so Locke, stellt Leben, Eigentum und guten Ruf des Menschen unter göttlichen Schutz. Locke, Mitbegründer des modernen Kapitalismus, beruft sich ständig auf das Naturrecht – das er nicht der Natur, auch nicht der natürlichen Vernunft entnimmt, sondern der Bibel. (Soviel zur Verschandelung des Naturrechts in der Moderne.) Auch der Reiche soll als Nächster geliebt werden.

Die Banker atmeten auf, als sie hörten, dass der Begriff des Besitzes von höchster Instanz autorisiert und abgesegnet ist. (Soviel zur kapitalismus-stärkenden Rolle der Kirche im Allgemeinen und der Frau Käßmann im Besonderen. Ob das Honorar der Frau Käßmann höher war als des Herrn Steinbrück, wollten die Banker nicht rausrücken.)

Der Herr – sein Name sei gepriesen – hat es in seiner großen Gnade für richtig gehalten, die ganze Erde als sein Eigentum zu deklarieren – damit sie nicht herrenlos und einsam durch die Zeiten torkelt. Dazu das auserwählte Volk als Spezialeigentum. „Und nun, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, so sollt ihr vor allen Völkern mein Eigentum sein, denn mein ist die ganze Erde.“ ( Altes Testament > 2. Mose 19.5 / http://www.way2god.org/de/bibel/2_mose/19/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/2_mose/19/“>2.Mose 19,5)

Das ist Inbesitznahme auf die fesche Western-Art. Wer zuerst neues Land betritt und seine Lanze, Fahne, Familienwimpel, im Boden versenkt, dem gehört das Land. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Bislang gab‘s nur zwei Möglichkeiten, um zu Besitz zu gelangen: a) durch Okkupation besitzfreien Landes oder b) durch Arbeit.

Das behauptete John Locke, der noch in Zeiten lebte, als es noch viel terra incognita gab. Genauer, wo der weiße Mann die Besitzrechte etwaiger Eingeborener ignorierte und tat, als habe seine Wagenkolonne als erste die Prärie gefunden und entjungfert.

Wer die Frau entjungferte, dem gehörte sie. Deshalb das Jus primae noctis, das Recht der ersten Nacht. Das war kein sexuelles Lusterlebnis, sondern Eigentumsübernahme. Alle Frauen gehörten dem Fürsten, der sie leihweise seinen Untertanen zurückgab, damit sie Nachwuchs für die Obrigkeit zeugen konnten.

Das materielle Eigentumsrecht ist auch ein Jus primae noctis. Wer zuerst eine Methode entdeckt, um Anleger mit hinterfotzigen Papieren zu betrügen, dem soll der Profit des Betrugs gehören. Dass man als Reicher mit guten Taten viel verdienen kann, beweist gerade Bill Gates, der mit Charity den ersten Rang unter den Reichen der Welt zurückeroberte. Geben ist seliger, denn nehmen. Das hat der junge Bill in der weißen Sonntagskirche oft gehört. Also wusste er, dass in „Gott investieren“ die größten Gewinne abwerfen wird. (DER SPIEGEL)

Was die Angelsachsen unter Gleichheit verstehen, kann man bei Locke studieren. Auch hier bezieht er sich nicht auf die Vernunft, sondern auf die biblische Schöpfungsgeschichte. Dort wird die Frau aber als Gehilfin des Mannes vorgestellt. Das hat sich bis heute durchgesetzt. Die Frau soll den Mann in allen Dingen unterstützen – sofern der Mann alleine nicht zurecht kommt. Kommt er zurecht, kann die Frau zu Hause bleiben.

Momentan braucht die Wirtschaft dringend neue Arbeitskräfte. Also muss die Frau als treue Gehilfin dem Mann zu Hilfe eilen und die deutsche Wirtschaft vor dem Niedergang bewahren, indem sie an der Seite des Mannes – pardon, unter seinem Kommando – ihre Lebenserfüllung findet. Wird sie nicht mehr gebraucht, fliegt sie als erste und darf wieder den kostbaren Beruf der Mutter und Hausfrau übernehmen.

Auch Freiheit ist nach Locke von Natur aus grenzenlos – mit Ausnahme der Unfreiheit der Sklaven, die voll berechtigt wäre, weil die Afrikaner einen gerechten Kolonialkrieg verloren hätten. Sie sollten froh sein, dass der Weiße Mann sie nicht gleich geköpft, sondern nur versklavt hätte. Historiker sehen in Locke, dem illustren Gründer der modernen Demokratie „den letzten großen Philosophen, der die absolute und immerwährende Sklaverei zu rechtfertigen versucht“.

Bekannt ist, dass Locke für bedingungslose Toleranz und Religionsfreiheit eingetreten ist – mit Ausnahme der Katholiken und der Gottlosen. Was die Atheisten betrifft, führen sie in den USA nicht das angenehmste Leben. Kein Gottloser kann Präsident werden. Mit sonstigen Karrierechancen ist es auch nicht aufs Beste bestellt.

Locke hielt den biblischen Gott für den Inbegriff der Vernunft. Da ist Ratzinger zu spät gekommen, um diese Vernunftschändung als seine Erfindung zu verkaufen. Die Grundrechte des Menschen sind nach Locke Freiheit, Gleichheit, die Unverletzlichkeit von Person und Eigentum. Dies erklärt die amerikanische Allergie gegen das Steuernzahlen. Der Staat vergreift sich mit Zwangssteuern am Eigentum seiner Untertanen. Mit anderen Worten: Steuern erheben ist ein Raubzug des Staates an seinen schutzlosen Untertanen.

Der neoliberale Hass auf Staat, Steuern und Sozialabgaben ruht auf den biblischen Grundlagen der Demokratie Lockes, der in der Schrift ein Dokument der reinen Vernunft sah. Wer also das berüchtigte System ändern will, sollte mal mit der Lektüre der heiligen Schriften beginnen, damit er lernt, wie das System im christlichen Bekenntnisunterricht schon den Kleinen eingetrichtert wird.

Auf diesem Ohr sind die Linken noch tauber als die CSU und die Grünen. Nach Marx ist die Kritik der Religion mit seinem Zeitgenossen Feuerbach abgeschlossen. So kann man sich irren, auch wenn man Prophet des Reichs der Freiheit sein will. Feuerbach hat nur die Erfinder der Religion ausgetauscht – es war der Mensch, der Gott erfand, nicht Gott, der den Menschen erfand –, der Inhalt der Religion blieb fast gleich. Der Inhalt der christlichen Lehre sei nichts als Liebe und auf Liebe könne niemand verzichten, auch wenn der Mensch sie erfunden habe.

„Wenn die Religion sagt, Gott liebe den Menschen, so bedeute das: „Das Höchste ist die Liebe des Menschen“. „Das Geheimnis des leidenden Gottes“ besagt: „Leiden für andere ist göttlich.“ Wenn Gott Spiegel des Menschen ist und sein Wesen in der Bibel niedergelegt wurde, so enthält die Bibel den Inbegriff des menschlichen Wesens: die Liebe.

Wie Locke die Vernunft, so identifizierte Feuerbach die Liebe mit der Bibel. Die ketzerischen Erkenntnisse moderner Philosophen werden nach wie vor auf die Bibel gestützt, anstatt sie kritisch auseinander zu nehmen. Auf diesem Terrain leben wir noch heute. Die Deutschen haben viel Kritik am Heiligen, reduzieren sie aber auf die Kritik an der Kirche – um das geliebte Urevangelium zu retten.

Als Marx die Religionskritik mit Feuerbach für abgeschlossen erklärte, musste er nicht darüber nachdenken, in welchem Maß seine eigene Wirtschaftsgeschichte religiös kontaminiert war. Lockes Grundrechte, Feuerbachs Liebe wurden der Bibel entnommen, die nicht zur Brust genommen wurde.

Da waren die gottlosen Franzosen schon weiter. Doch die Deutschen sind in dieser Frage ihren angelsächsischen Cousins näher als den laizistischen Franzosen – die sich inzwischen auch wieder dem rechten Glauben zuwenden.

Die Kirchen werden es doch schaffen, die Vision des Novalis in die Tat umzusetzen: „Christenheit und Europa“ waren im Mittelalter eine selige Einheit. Dorthin müssen wir zurückkehren, wenn wir politisch und geistig gesunden wollen.

Warum rebellieren die Amerikaner so gewaltig gegen Obamas Gesundheitsprogramm? Ist es nicht dämlich, sich selbst zu schädigen, weil man kein Geld zum Arztbesuch hat? (Die Brustamputation der Angelina Jolie können sich nur reiche Frauen leisten, soviel zur Vorbildfunktion schöner Hollywood-Diven.) Der Grund liegt bei Locke, den kein Amerikaner mehr kennt.

Um das Überleben zu sichern, braucht der Mensch – nach Locke – die Rechte auf Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum. Da alle Grundrechte Geschenke Gottes sind, kann der heidnisch empfundene Staat nicht daherkommen und seine frommen Untertanen zur Gesundheit nötigen. Das ist Blasphemie. Ebenso, wenn Untertanen erklärten, sie hätten die Freiheit erstritten wie die Franzosen. Nein, Freiheit wurde den neuen Amerikanern aus dem Himmel gereicht. Amerika war Gottes eigenes Land, das biblische Palästina in Neuausgabe. Mit der Heimkunft ins verheißene Land, war ein wichtiger Schritt gemacht, um die Wiederkehr des Messias mit politischen Taten vorzubereiten.

Die Endzeit war angebrochen. Der eschatologische Wettstreit zwischen den auserwählten westlichen Nationen war die Haupttriebfeder für ihre Bruderkriege. Zu welcher Nation würde Gott zeigen und sagen: Du bist mein geliebter Sohn? Die Plätze im Himmelreich sind knapp. Wer am schnellsten das Ziel erreicht und seine Rivalen außer Gefecht setzt, wird zur Rechten des Vaters sitzen, um zu richten die Lebendigen und die Toten. Die gesamte Erde wird dann den Rechtgläubigen als Eigentum vermacht:

„Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch von Grundlegung der Welt an bereitet hat.“ ( Neues Testament > Matthäus 25,34 / http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/25/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/25/“>Matth. 25,34) Der Gesamtbesitz der Welt war den Gläubigen von Anfang der Weltgeschichte zugesagt. Was im Verborgenen immer gleich war, wird am Ende der Zeiten sichtbar werden.

(Es ist eine der katastrophalsten Heucheleien der westlichen Christennationen, mit Hilfe gefälschter „Protokolle der Weisen von Zion“ den Juden die Sucht nach Weltherrschaft in die Schuhe zu schieben. Damit projizierten sie ihre eigenen Endsieg-Phantasien auf die Schwächsten unter ihnen und lenkten geschickt von eigenen Machtphantasien ab. Ein Blick in ihre Heilige Schrift hätte sie über die finalen Absichten aller drei Erlösungsreligionen hinreichend unterrichten können. Der Antisemitismus der Christen ist zumeist eine den Juden angehängte Selbstkritik der Jesuaner, die sie bei sich verdrängen. Mangelnde Selbstkritik führt zum Hass auf jene, die einem am ähnlichsten scheinen.)

Wie kommen wir nun von Locke auf die kapitalistische Geldpolitik? Locke zeigt uns selbst den Weg und nimmt uns an die Hand. Natur im unbearbeiteten Zustand ist für ihn wertlos. Erst die Arbeit des Menschen durch Pflügen, Säen und Ernten macht sie zu einem Goldschatz. Die Produkte der Arbeit sind zu 80% das Verdienst des ingeniösen Menschen, nur zu 20% das der Natur. Erst durch Bearbeitetwerden kommt Natur zu sich. Menschenarbeit erlöst die Natur vom Fluch der Wertlosigkeit.

Nicht selten war die von Eingeborenen unbearbeitete Natur der Anlass für imperiale Priester, das vernachlässigte Land den Urbewohnern in einem gerechten Krieg entreißen zu lassen.

Betritt nun der Mensch jungfräulichen Boden, darf er so viele Früchte pflücken und ernten, wie er zum Selbsterhalt nötig hat. Doch keinen Apfel mehr, den er verderben lassen müsste, da er ihn nicht selbst verzehren könnte:

So viel, als ein jeder zu irgendwelchem Vorteil für sein Leben nutzen kann, bevor es verdirbt, darf er sich zu seinem Eigentum machen. Was darüber hinausgeht, ist mehr als ihm zusteht, und gehört den anderen. Nichts wurde von Gott geschaffen, um zerstört zu werden.

Was der Mensch nicht verzehrt hat und der Natur zurückgegeben wird, muss in den Augen Gottes als zerstört gelten. Die Konsequenz wäre, die Früchte der Natur komplett zu vertilgen, ja die ganze Natur bis zum Äußersten auszubeuten. Alles andere wäre vor dem Himmel unverantwortlich. Das ist die Übersetzung des Befehls: Macht euch die Erde untertan. Erst wenn die ganze Erde der Herrschaft des Menschen unterliegt, alle Völker der Erde die Frohe Botschaft gehört haben, ist es Zeit, dem Herrn entgegenzugehen.

Jetzt kommt der geniale Dreh, der uns in die Geldwirtschaft katapultiert. Verderbliche Früchte zu tauschen in weniger verderbliche: das ist ausdrücklich erlaubt. Da Geld unverderblich ist, kann man Naturalien in Gold- und Silbertaler eintauschen. Aus dem Motiv, nichts verderben zu lassen, erwächst der Gedanke der Geldwirtschaft – mit deren Hilfe man ganze Völker ins Verderben reißen kann. Ein kleines Problem wird gelöst, indem man ein schier unlösbares Riesenproblem an seine Stelle setzt. Geld kann man bis ins Unendliche horten. Aus einer begrenzten Naturalwirtschaft wurde eine unbegrenzte Geldwirtschaft:

„Gab er dann auch Nüsse für ein Stück Metall, dessen Farbe ihm gefiel, tauschte er seine Schafe gegen Muscheln ein oder Wolle gegen einen funkelnden Kiesel oder Diamanten, um sie sein ganzes Leben bei sich zu tragen zu können, so griff er nicht in die Rechte anderer ein, mochte er von diesen beständigen Dingen auch so viel anhäufen wie er wollte.“

Mit bloßer Naturalwirtschaft hätten die Calvinisten sich ihre Erwählung nicht beweisen können. Erst durch unbegrenzte Quantifizierung konnte der himmlische Wettlauf präzis gemessen werden. Der Kontostand wurde zur Schätzgrundlage der eigenen Prädestination. Je mehr Mammon ein Mensch horten konnte, je wahrscheinlicher waren seine Chancen, die Seligkeit zu erringen. Dies war logisch und plausibel, denn am Ende der Tage wurde der Erwählte ohnehin zum Miterben der Welt. Sein privates Eigentum war nur eine kleine Vorausbezahlung, ein Vorabkredit auf die unermessliche Endsumme.

Franz von Assisi wollte sein Leben in Armut verbringen. Die Kirche erlaubte es ihm letztlich nicht. Die Oberpriester fürchteten um ihre eigenen Pfründe, wenn die Gläubigen sie mit dem Vorbild des Bettelmönches unter Druck hätten setzen können. Zudem wussten die Kleriker, dass Reichtum im Neuen Testament gar nicht verboten war. Die Reichen sollten mit ihrem Geld nur verantwortlich und caritativ umgehen:

„Den Reichen in der jetzigen Welt gebiete, dass sie nicht hochmütig seien, noch ihre Hoffnung auf den unsichern Mammon setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet zum Genuss, dass sie Gutes tun, reich seien an guten Werken, freigebig seien, gern mitteilend, wodurch sie für sich selbst einen guten Schatz beiseite legen auf die Zukunft hin, damit sie das wahre Leben erlangen.“ ( Neues Testament > 1. Timotheus 6,17 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/1_timotheus/6/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_timotheus/6/“>1.Tim. 6,17 ff)

Der neue Papst ist nicht mal bereit, ein Leben als Bettelmönch zu führen. Geschweige, die Schätze der Kirche aufzulösen, die so dringend benötigt werden, um ins wahre Leben zu erlangen. Im Kapitalismus werde der Mensch, so der sympathische Franziskus, nur als Konsumgut angesehen, das man „benutzen und wegwerfen kann“. Just so, wie der Schöpfer die ganze Welt und die Majorität der Menschen traktiert.

Wenn Natur und Mensch nichts taugen, müssen sie vom Erdboden verschwinden oder in die Hölle fahren. Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen. Er wirkt das Gute, er wirkt das Böse. Er schafft und zerstört: „Und er sprach: Ich will die Menschen, die ich gemacht habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis auf das Vieh und bis auf das Gewürm und bis auf die Vögel unter dem Himmel; denn es reut mich, daß ich sie gemacht habe.“

Gott ist der Konsument seiner Schöpfung. Schnell aus dem Nichts erschaffen – und schnell ins Nichts verschwinden lassen.