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Die ERDE und wir. VIII

Tagesmail vom 30.08.2024

Die ERDE und wir. VIII,

„Die Firma des Investors Warren Buffett hat als erstes US-Unternehmen außerhalb der Techbranche die Marke von einer Billion Dollar Börsenwert geknackt.“ (SPIEGEL.de)

Warren Buffett gilt als Philanthrop, gern verteilt er Almosen unter den Bedürftigen.

Solange solche Pecunia-Gierigen mit dem falschesten Etikett und dem gütigsten Patriarchengesicht auf dem Erdenrund herumstolzieren, hat die Menschheit keine Chancen.

„In jeder Art seid ihr verloren;
Die Elemente sind mit uns verschworen
Und auf Vernichtung läuft`s hinaus.“
(Goethe, klassischer Held der Deutschen)

Herbert Gruhl, ökologischer Tiefendenker der Deutschen, hat keine Hemmung, die naturfressende Gier der Menschen zu kommentieren:

„Der Erdkreis quillt erstmalig an Menschen über, die Grenzen der natürlichen Räume, der Grundstoffvorräte und der Belastbarkeit der Natur sind infolge der Menschenmassen weit überschritten. Der Rest der Tragödie ist nur noch eine Frage der Zeit, in der jetzt alle Vorgänge eskalieren. Welle auf Welle neuer Probleme brandet heran, jede höher als die vorhergehende.“ (Himmelfahrt ins Nichts, 1992)

Die Deutschen kennen nicht die Aussagen ihrer Vorfahren. Da müssten sie sich ja umdrehen und zur Kenntnis nehmen, was ihre Ahnen ihnen ins Buch schrieben. Und dennoch heißt es, sie würden sich stets an der Vergangenheit orientieren.

Was für ein Schmarrn. Sie schauen nach Amerika und kopieren blindlings, was jenseits der See getrieben wird. Seitdem sie ihre 1000-jährige Totalorientierung verloren haben, haben sie keine Orientierung mehr, höchstens die des Beyond, des Jenseits aller Dinge.

Das Beyond ist die Hauptrichtung der amerikanischen Politik. Nicht eine starre und endlose Richtung in die Zukunft ist das Ziel der Amerikaner, die gar kein klares Ziel haben dürfen, sondern das unbestimmte, nicht deutlich zu benennende „Dahin, wo wir nicht sind“.

Streng genommen orientieren sie sich noch immer an Kolumbus, dessen Lieblingsprophet der Prophet Jesaja war:

„Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Der Seeweg nach Indien war keineswegs seine letzte Vision. Nachdem er Christus in die Neue Welt getragen hatte, wollte er das Heilige Land befreien, (will er heute noch immer), Jerusalem und ein neues Zion weiterreichten. Sein mystisch-milleniaristischer Glaube gab der Menschheit noch 150 Jahre Zeit bis zum Weltuntergang. Bis dahin musste das Evangelium verwirklicht sein.“

Diese eschatologische Zeitrechnung kennt man im aufgeklärten Europa so gut wie nicht mehr. Hier gibt es keine Zeitrechnung, außer dem Fortschritt ins Endlose.

„In Herman Melvilles Moby Dick ist das Leben an Land ein trügerisches Unterfangen. Sichere Häfen gibt es nicht, man muss in Bewegung bleiben, nur die See ist heilig, denn in ihrer Uferlosigkeit ist sie unendlich wie Gott.“

Unendliche Bewegung, das war die Erfindung eines veritablen Philosophen namens Emerson, der einen „transzendentalen Anarchismus“ predigte. Emerson, ein wenig von Kant beflügelt, misstraute der irdischen Wirklichkeit.

„Er fühlte sich wohler im unbegrenzten Raum des Potentiellen. Nach seiner Meinung befand sich alles Leben im Stadium des Übergangs. Stabile Beziehungen konnte es unter dieser Voraussetzung nicht geben.“

Transzendental war nicht transzendent. Es zielte zwar in Richtung Jenseits, blieb aber ein Produkt des Diesseits.

Ein „spiritueller Telegraph“ sollte mit Klopfzeichen die Kommunikation mit dem Jenseits herstellen. In Buckminster Fullers superrevolutionärer Utopie herrscht auf dem „Raumschiff“ Erde völlige Bewegungsfreiheit für den Einzelnen, der auf mysteriöse Weise die Interessen seiner Mitmenschen niemals tangiert. Ziele, die erreichbar sind, sind schal. Daher gilt es, einen überhistorischen Zustand herbeizuführen, keinem System mehr anzugehören. »Move beyond life« heißt die Parole aller Futuristen, und im nordamerikanischen Kulturkreis erhielt das Wörtchen „beyond“ eine magische Faszination.

Großunternehmer – „die schon alles haben“ – brauchen etwas, das sie nicht langweilt. Denn Langweile ist die größte Gefahr aller „Ich-will-mehr-als-alles-Haben“. Zu den Traumberufen gehören Hochseesegler, Bomberpiloten, Bergsteiger, Marathonläufer, Kapitäne, Entdecker, Kreuzzügler, Kavalleriegenerale.

„Die letzte Befriedigung des amerikanischen Geschäftsmanns liegt nicht in der Gewinnmaximierung oder im materiellen Komfort, sondern jenseits davon. Geld erstreben sie nicht um des Geldes willen, sondern weil Geld die beste Garantie ist für „absolute Freiheit, Mobilität, Privatheit“.“

Howard Hughes war dermaßen reich, dass er es sich erlauben konnte, auf eine „großartige, brillante und unerreichbare Weise unsozial“ zu sein.

Heute gehören zu den Traumberufen auch Raketenbesitzer und zukünftige Marsbewohner.

Wer superreich ist, hat vor allem das Privileg, alte Dinge nach Belieben zu vernichten. „Sich von materiellen Werten und vertrauten Dingen zu lösen, gehört zu den Grunderfordernissen des amerikanischen Lebensstils.“

Das Kapitel Umweltzerstörung ist dort eines „der fürchterlichsten und destruktivsten, das in der langen Geschichte jemals geschrieben wurde.“

Zum Abfall gehören nach Belieben „Freunde, Kumpane und sonstige Bezugspersonen“, die man geschäftlich nicht mehr nötig hat. Als Kissinger gefragt wurde: Henry, erinnerst du dich nicht an deine alten Freunde? antwortete der Ex-Deutsche kess: „Das Geheimnis meines Erfolgs ist, meine alten Freunde zu vergessen.“

Arbeitslose sind Abschaum: man brauche solche Leute nicht, sondern sei überzeugt, dass sie menschlicher Abfall sind – In Großstädten werden regelmäßig die Flaschen gesammelt, die Betrunkenen lässt man liegen.

Die Vorliebe für riesige Entfernungen gehört zur Selbstdefinition des Amerikaners. „Ich habe den Traum, dass sich eines Tages kleine Gruppen und Privatiers über das gesamte Sonnensystem ausbreiten und darüber hinaus.“ Hören wir hier nicht schon die Stimme von Elon Musk?

Amerikaner wollen stets unterwegs sein. Ein Fünftel aller Bewohner zieht jährlich um. Der amerikanische Exzeptionalismus ist sehr lebendig. Die Yankees halten sich im Grund doch für das beste Volk auf Erden.

„Der Amerikanische Exzeptionalismus ist eine nationalistische Ideologie, die auf dem Postulat basiert, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Nationen einnehmen. Noam Chomsky weist darauf hin, dass bereits 1630 John Winthrop in seiner Predigt die den Evangelien entlehnte Formulierung „Stadt auf dem Hügel“ verwandte, als er die Zukunft einer neuen, „von Gott bestimmten“ Nation entwarf.“

„Wir müssen davon ausgehen, dass wir wie eine Stadt auf einem Hügel sein sollen. Die Blicke aller Menschen richten sich auf uns. Über die Doktrin des Manifest Destiny („offensichtliche Bestimmung“) des 19. Jahrhunderts habe sich das Sendungsbewusstsein für Christentum, Demokratie und Menschenrechte nach amerikanischer Prägung entwickelt, das der Rechtfertigung eines skrupellosen Imperialismus diene.

Wegen ihrer Einzigartigkeit seien die USA an völkerrechtliche Vereinbarungen grundsätzlich nur insoweit gebunden, wie es ihnen nützt. Dick Cheney, der in seiner Zeit als Vizepräsident der USA den Irak-Krieg mit herbeiführte und Folter als Verhörmethode rechtfertigte, veröffentlichte 2015 gemeinsam mit seiner Tochter Liz ein Buch, in dem sie aus der einzigartigen Rolle, die die USA im Zweiten Weltkrieg spielten, eine Pflicht zur Verteidigung der Freiheit in aller Welt ableiteten und dass Amerika “the most powerful, good, and honorable nation in the history of mankind, the exceptional nation” (deutsch: „die machtvollste, beste und ehrenwerteste Nation in der Geschichte der Menschheit, die Ausnahme-Nation“) sei.“

Womit klar ist, dass der amerikanische Universalismus nur eine Utopie für die Welt ist, nicht aber für die „Erfinder“ dieses Ideals.

Dieser gepredigte Universalismus, der nur für die anderen Völker gilt, aber nicht für Amerika, ist der Grund aller kriegerischen Scharmützel der Gegenwart.

Während Europa diese doppelte Moral ihrer Anführer mit Grummeln akzeptiert, ist die Dritte Welt voller Empörung über die Bigotterie des Westens. Auch Israel spielt die moralische Doppelrolle Amerikas problemlos.

Ihre religiöse Sonderrolle als privilegierte Kinder Jahwes ist beiden Staaten derart selbstverständlich, dass sie heute nicht mehr verstehen (wollen), warum die Welt ihre Sonderrolle nicht akzeptieren kann.

Die religiöse Sonderrolle der beiden auserwählten Staaten ist der Grund der permanenten Streitigkeiten über selbsternannte Privilegien der Kinder Gottes.

Einerseits legen die USA eminenten Wert auf die Gleichheit der Völker, andererseits ist es selbstverständlich, dass sie selbst in Konfliktfällen tun können, was sie wollen.

„Das Völkerrecht (Lehnübersetzung zu lateinisch ius gentium ‚Recht der Völker‘) ist eine überstaatliche, aus Prinzipien und Regeln bestehende Rechtsordnung. Es regelt die Beziehungen zwischen den Völkerrechtssubjekten (meist Staaten) auf der Grundlage der Gleichrangigkeit.“

Für Dabbelju Bush und seine Neokonservativen ist gleichberechtigtes Völkerrecht nur ein Instrument, um die eigene Herrschaft über die Welt zu festigen.

Wenn Washington dringend einen Militäreinsatz benötigte, um seine Weltstellung zu unterstreichen, wurde strenges Völkerrecht für die Erwählten zum bloßen Haschen nach Wind. (Dieselbe Doppelmoral spielt Netanjahu perfekt.)

So ist eine globale Doppelmoral entstanden, deren brutale Selbstermächtigung die Welt in zwei Bereiche spaltet.

Ist Dabbelju der Bösewicht, schimpft der Osten zusammen mit dem Rest der Welt, ist Putin der Bösewicht, schimpft der bigotte Westen.

Da der demokratische Westen nichts wissen will über die Doppelmoral seiner Weltpolitik, gibt es so gut wie nie eine Erklärung der Gründe der weltpolitischen Konflikte.

Die meisten Probleme der gegenwärtigen Wahlen in Deutschland hängen mit den unaufgearbeiteten Polittraditionen von Ost und West zusammen. Während die Ossis sich mehr dem Osten verbunden fühlen, die Wessis aber mit dem westlichen Universalismus, kann es nur einen Grund geben, sich zu versöhnen: beide Seiten müssten die Einseitigkeit ihrer Sympathien korrigieren und sich auf einen wirklich universellen Universalismus einigen.

Das gilt auch für die ganze Menschheit, die sich gemeinsam eine Weltmoral erarbeiten müsste, um im selben humanen Geiste die bestehenden Natur- und Völkerprobleme zu lösen.

Mit Heraklit könnte man sich einigen:

„Weisheit besteht darin, das Wahre zu sagen und zu tun in Übereinstimmung mit der Natur, im Hinhorchen.“

Doch lassen wir uns von dem italienischen Geschichtsphilosophen Vico vor allem Überfluss und aller Verschwendung warnen:

„Zuerst fühlen die Menschen das Notwendige, dann achten sie auf das Nützliche, darauf bemerken sie das Bequeme, … später verdirbt sie der Luxus, schließlich werden sie toll und zerstören sie ihr Erbe.“

Fortsetzung folgt.