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Montag, 18. März 2013 – Die Militanz der Rotschuhe

Hello, Freunde des Friedens,

die neue Regierung in Jerusalem werde zu einer verstärkten Ansiedlung in Judäa und Samaria führen. Alle wichtigen Ministerien gingen an Politiker, die dem Ausbau der Siedlungen zustimmen. Nur Zipi Livni, die das Justizministerium erhält, ist die Ausnahme von der Regel, wird ihre abweichende Meinung aber nicht durchsetzen können. Livni will die demokratischen Werte im heiligen Land stärken. Ob sie es schaffen wird, ist eine andere Frage.

Haaretz sieht das so: „die Orgie der antidemokratischen Gesetzentwürfe ist noch nicht vorbei. In der letzten Regierungsperiode wurde der umstrittene Treueschwur auf Israel als „demokratischer und jüdischer Staat“ verabschiedet sowie das Verbot, die „Nakba“, den Beginn des palästinensischen Flüchtlingsproblems, zu feiern.“ Die Flut rassistischer Reformvorschläge werde andauern, meint die linke Zeitung. Die neue Regierung wolle den jüdischen Staat stärken, nicht den demokratischen. Öffentliche Gelder sollen zum Wohl der jüdischen Mehrheit umverteilt werden, möglicherweise solle die arabische Sprache als Landessprache abgeschafft werden. (Susanne Knaul in der TAZ)

 

Weil Jesus sein Blut für die Sünder vergossen hat, tragen die Päpste rote Schuhe – bis gestern. Denn Franz von Argentinien verschmäht die schönen Schuhe und bevorzugt schlichtes Schwarz. Ob er sie auch selber putzt, hat BILD noch nicht eruiert.

Der schlichte Mann warnt vor der Verweltlichung der Kirche. „Wenn wir uns nicht zu Jesus Christus bekennen, bekennen wir uns zur Diesseitigkeit des Teufels„, predigte er in der Sixtinischen Kapelle. Alles, was nicht glaubt, ist

diesseitig-teuflisch, sagt der bescheidene und vorbildliche Brückenbauer.

Die Kirche ist sehr empfindsam beim Einstecken von Kritik, Spott und Satire und schreit schnell nach dem Kadi. Im Austeilen kennt sie kein Pardon, die ganze Welt erklärt sie ungerührt zum Revier des Teufels, wenn sie sich dem Regiment der roten Schuhe nicht beugt.

Welcher Staatsanwalt ermittelt wegen Volksverhetzung, Verteufelung und Diskriminierung der schönen Welt gegen den Vater aller Christen? Hier müsste Den Haag eingreifen und den sanftmütigen Giftspritzer mal vorladen.

Die Menschheit wird von Unfehlbaren nicht rassistisch selektiert, sondern fideistisch – also glaubensmäßig. Die Kirchen sind das größte Hindernis beim Aufbau einer Menschheit, die sich gegenseitig als gleichwertig anerkennt. Rechtgläubige Christen, Juden und Muslime kennen keine Menschheit, sondern Erwählte und Verworfene.

Orthodoxe Juden unterscheiden zwischen den Kindern Israels – auch nicht allen, sondern den Erwählten unter den Erwählten: dem heiligen Rest – und den Gojim, den heidnischen Völkern. Die Christen proklamierten es als großen Fortschritt, den national-religiösen Dünkel der Juden überwunden und das Heil aller Welt gebracht zu haben. Allein, sie setzen den Schnitt zwischen Gottes Lieblingen und Feinden nur anders. Das Prinzip der Trennung in Himmel- und Höllenbewohner ist gleich geblieben. Viele sind berufen, fast niemand auserwählt.

Demokratie ist ohne Gleichheit unmöglich. Die Erlösungsreligionen sind Feinde der Demokratie, sie respektieren nicht die Gleichheit der Menschen. Äußerlich akzeptieren sie die Spielregeln der Demokratie, infiltrieren mit ihrem Selektionsbazillus vor aller Augen den Geist der Demokratie.

Die Wirtschaft akzeptiert nur in juristischen Dingen die Gleichheit aller Menschen, der Lebenswirklichkeit nach sind die Wirtschaftler Feudalisten und Hierarchen. Wer sich nicht „selbständig“ ernähren kann und dem „Staat“ auf der Tasche liegt, ist minderwertigen Charakters. Das Hartz4-System hat Werner Götz als „offenen Strafvollzug“ bezeichnet.

Die Wertigkeit eines Menschen hängt von seiner Fähigkeit ab, den arbeitenden Nachbarn ihren gerechten Anteil abzufuggern. Alles legal. Immerhin bestimmen die Reichen schon jahrhundertelang die entsprechenden Gesetze. Der Kapitalismus ist amoralisch, aber legal. Der Westen hat es geschafft, die Demokratie in ein legales Raub- und Plünderungssystem zu transsubtantiieren.

Das Recht wird von der Moral getrennt. Die Starken definieren als Freiheit, wenn sie Schwache nach Belieben niedertrampeln dürfen. Bei uns herrscht noch immer der Geist des rechtlichen Positivismus, der auch von den Nationalsozialisten praktiziert wurde: Recht ist, was als Recht gilt. Ein überwölbendes Moralsystem existiert nicht. Rechtsphilosophen wie der Amerikaner Dworkin, der Moral und Recht als Einheit denken will, gelten hierzulande als blauäugige Idealisten.

Die beiden weltbestimmenden Institutionen, die Kirche und der Kapitalismus, unterhöhlen täglich das demokratische Gleichheitsprinzip. Sie werden nicht eher ruhen, bis sie ein rassistisch-fideistisch-pekuniäres Zweiklassen- oder Zweischichtenmodell errichtet haben. Faktisch besteht dieses Schwarz-Weiß-Modell schon lange und unterhöhlt permanent die Fundamente der Demokratie.

Der Zukunftsstaat des Westens wird aus einer führenden Schicht von Priestern & Ökonomen und einer gelenkten Schicht Überflüssiger bestehen. Auf dieses Ziel steuern wir zu. Zu den Reichen gehören die Gebildeten, die den Starken ihre Feder leihen, um deren Regiment als Obrigkeit Gottes oder der Evolution selig zu preisen.

Warum werden die Kinder der unteren Schichten nicht in gleichem Maß gebildet wie die Bälger der besseren Schichten – obgleich alle Politiker seit Adam und Eva das Gegenteil fordern? Weil es niemand will. Die Unteren sollen durch mangelnde Bildung in ihrem Selbstbewusstsein so beschädigt bleiben, dass sie nicht auf die Idee kommen, das ideologische Lügengespinst der Oberen zu zerreißen und ihnen ihre erbeuteten Privilegien abzujagen.

Warum kommt es nicht zur Revolution? Weil die Menschen sich nicht trauen, ihre Forderungen zu stellen und die Sprüche der Gewaltigen zu zermörsern. Es ist wie beim Verhältnis zwischen Frauen und Priestern. Wenn Priester der Meinung sind, Frauen sind minderwertiger als Männer, denken die Frauen: die Gottesmänner haben Recht, wir sind tatsächlich minderwertig.

So denkt auch der ungebildete Pöbel. Wenn die massa perditionis (die Masse der Verlorenen) den Namen Hayek nicht buchstabieren kann – was die Eliten auch nicht können, nur, niemand merkt es –, halten sie sich selbst für Fehlausgaben der Schöpfung und tyrannisieren lieber ihre Kleinfamilie als den Eliten auf die Pelle zu rücken.

Als es noch keinen funktionierenden Kapitalismus gab, waren die Priester die Dompteure des Staates – die ihren Schafen ganz kapitalistisch die Petersgroschen aus der Tasche zogen. Natürlich nur, um Gottes Regiment willen, das zufällig identisch war mit dem Regiment der Popen. Seitdem es „ausdifferenzierte“ Geld- und Blutsauger gibt, haben sie sich mit dem Klerus verbündet, um Römer 13 fortzuentwickeln: es gibt keine kapitalistische Obrigkeit, die nicht von Gott wäre.

Vergessen wir nicht, der allmächtige Kapitalist ist Gott. Ihm gehört die ganze Schöpfung. Seine kleinen Stellvertreterchen auf Erden sind nur seine Marionetten, die in seinem Auftrag dem Rivalen, dem Teufel, die verloren gegangene Welt wieder abjagen.

Wie der Teufel es geschafft hat, dem Allmächtigen in einer Nacht- und Nebelaktion in einer feindlichen Übernahme die Welt abzujagen, bleibt ein düsteres Geheimnis, worüber die Gottesgelehrten nicht so recht sprechen wollen. Hatte Gott grade gepennt? War er bei einer Betriebsfeier mit seinen Engeln so besäuselt, dass der Teufel ihm per Hacken das ganze Weltkonto räumen konnte? Wir wissen es nicht und werden es nie wissen.

Die ganze Heilsgeschichte ist nichts anderes als ein universelles Dallas, eine Familienfehde ums Erbe des Patriarchen. Der erste Sohn ist böse und schnappt dem Vater die Welt weg. Muss der zweite, brave Sohn kommen, der sich ein Duell mit dem ersten liefert, ihn besiegt, indem er sich listigerweise geschlagen gibt. Die Letzten werden die Ersten sein, das weiß der dumme Teufel nicht. Am Ende ist das ganze Familiensilber wieder in den Händen der Guten. Der Böse und seine verkommene Crew müssen wegen Putschversuchs gegen den Allmächtigen für immer in die Kammern des Heulens und Zähneklapperns. Ende gut, alles gut – außer für die Bösen.

Übrigens haben sich alle Romanschriftsteller schon längst jedes Happy End verboten, um Gott nicht hybrid zu übertreffen. Das Gegenteil, die Apokalypse, ist auch nicht mehr so taufrisch. Was bleibt den Literaten anderes übrig als das Ende ihrer Großen Erzählungen penetrant offen zu halten? Auch der neue Papst ist ein notorischer Geschichtenerzähler: Ich erzähle euch eine Geschichte. Das waren noch Zeiten, als knorrige Großväter knurrten: erzähl mir keine Räuber-Geschichten. Wenn‘s an der Logik hapert, wird man schnell narr-ativ.

Es gibt keine Zukunftssymbiose aus weltverachtender Religion, Ausbeutungswirtschaft und demokratischer Gleichberechtigung. Diese Menage à trois führt in die Hollywood-Utopie der Erwählten hinter hermetischen Mauern, die per überlegener Technik die Massen vor den Toren entweder benutzen oder füsilieren.

In Deutschland gilt es inzwischen als Auszeichnung de luxe, wenn praktizierende Politiker im Nebenberuf Mitglieder des Zentralrats der Katholen sind. Kein Interview mit vatikanophilen Medien, das nicht mit der Glaubensfrage endete, die über das ordinäre Politikerleben den alles beruhigenden Heiligenschein wirft. Wenn die Thierses und Kretschmänner mit ihrem frommen Augenaufschlag kommen, wissen wir die Politik in besten Händen. Mely Kiyak hat sich in der BLZ deutlich dazu geäußert.

Im ihrem Bewusstsein vor Gott vergessen sie völlig ihr Bewusstsein vor den Menschen. Was ist schon ein ordinäres Menschlein im Vergleich mit dem Herrn der Heerscharen? „Wer nicht zu Gott betet, betet zum Teufel“, sagt der schlichte einfache Schwarzschuh auf dem Thron Petri. Selbst die WELT wird an dieser Stelle nervös. (Richard Herzinger)

Mit welchen Kanonen die Überweltlichen die Welt im Dauerclinch niederkartätschen, das grenzt an Vernichtungswillen. Die deutschen Ökologen – meistens sehr fromm – wollen nicht sehen, dass sie mit links retten, was sie mit rechts dem Teufel übergeben. Warum wollen sie die Schöpfung bewahren? Damit sie nicht sehen, dass sie die Welt zusammenschlagen.

Ist die Schöpfung nun die Welt? Wie kann man dann vor Ver-weltlichung warnen? Drehen wir den Spieß um und warnen vor der Transzendierung oder Sakralisierung der Welt, die mit Nachnamen Natur heißt. Gehet hin in alle Welt und verweltlicht die Überweltlichen, die keine Hemmungen haben, die Welt durch den Fleischwolf zu drehen. Sie haben 2000 Jahre Zeit gehabt, ihre Barmherzigkeit allen Menschen zuteil werden zu lassen. Wenn immer sie die Allmacht hatten, haben sie die Welt in eine Schlachtplatte verwandelt.

Abtreten und für immer, ihr Heiligen der letzten Tage! Mit oder ohne rote Lackschuhe. Wenn ihr großes Vorbild sich ausnahmsweise wie ein normaler Mensch verhält, wird seine Normalität gleich zur Heilandsqualität erhoben. Oho, er hat guten Appetit gesagt, welche globale Umwälzung im Katholizismus. Oho, er hat nur eine Zweizimmerwohnung: wieviel päpstliche Qualitäten müssen dann erst Hartz4-Leute haben! Wenn er demütig die Menschen für sich beten lässt, hat der Papst vom „Ende der Welt“ nicht nur den Katholizismus, sondern gleich die ganze Welt verändert. So im Spiritusrausch die SZ (Matthias Drobinski):

„Er hat das Verhältnis der Kontinente zueinander verschoben. Die Welt außerhalb Europas ist nicht mehr bloß der Adressat europäischen Handelns, Bewertens, Unterstützens und Kontrollierens; sondern einer von dort sitzt jetzt an der Spitze. Er zeigt in seinen ersten Handlungen, dass er mit vielen Gewohnheiten dieses alten Europas brechen möchte. Es ist ein Globalisierungsschub in der katholischen Kirche mit unbekannten Auswirkungen; es ist ein Abenteuer.“

Geht’s noch bombastischer? Welche Gewohnheiten des alten Europas? In Griechenland kippen die Schüler um, weil sie nichts zu essen haben. Die Jugendarbeitslosigkeit ist überdimensional, die jungen Menschen fühlen sich abgehängt.

Europa besteht nicht aus Möchtegernpäpsten. Der Vatikan ist nicht Mittelpunkt der Welt. Der Welt schon gar nicht. Vielleicht der Überwelt oder der Unterwelt, wenn man liest, wie die Vatikanbank Mafiagelder säubert und zuständige Kardinäle mit dem Ferrari vorfahren.

Das ist nicht Europa, das ist Herrschaft der Priester, die mal wieder einen Kategorienwechsel durchführen, damit die Leute sich nicht gelangweilt abwenden. Für die einen den ecclesia-triumphans-Stil, für die anderen den ecclesia-patiens-Stil. Es ist wie das Auftreten des guten und bösen Kommissars in schlechten Krimis.

Wieder einmal wird das Kostüm gewechselt. Im Land der Clowns – Verzeihung, Italiener – schlägt die Stunde des heiligen Hofnarren. „Es gibt dabei zwei Traditionsstränge: einerseits der Salós, der seine Narrheit in missionarischer und selbstverleugnender Absicht lediglich spielt, andererseits der Typ des einfältigen Narren mit der heiligen Einfachheit z.B. eines Franziskus von Assisi oder auch der tatsächlich Kranke, der gerade durch seine Krankheit zur Erfahrung des Göttlichen prädestiniert ist.“

Haben wir es mit einem Salós zu tun, einem besonders geschickten Franziskus-Darsteller? Ein Mensch, der einer Milliarde Menschen den Weg in die Seligkeit vorschreiben will, der soll ein schlichter und einfacher Mann sein? Der die Frauen comme il faut verachtet, der soll ein normaler Mann sein? Weil einer sich als Freund der Armen ausgibt, soll es den Armen besser gehen? Wer für die Armen sein will und den Reichen nicht die Faust zeigt, sollte das Geschwätz mit den Armen einstellen. Der Talmi-Franz wird nichts gegen den Kapitalismus tun außer beten – also gar nichts.

„Franziskus‘ Pontifikat kann scheitern. Es kann scheitern an der Macht der Bewahrung in der katholischen Kirche. Natürlich wird die Kurie in der Hand der Italiener und Europäer bleiben, und wer das Erschrecken der Kurialen angesichts der ersten Formbrüche des neuen Papstes sieht, kann ahnen, wie viel Widerstand ihn da erwartet“. So die SZ, die vor lauter Geifer nicht mehr aus den Augen schauen kann.

Der Neue kann nicht scheitern, er wird mit Bestimmtheit scheitern. Das wissen alle. Doch alle machen das Hoffnungs- und Aufbruchsgetue mit. Scheitern heißt theologisch: in Sünde verharren. Die Kirche wird ihr Wechselspiel aus trügerischen Hoffnungen und voraussehbarem Scheitern so lange spielen, bis der Herr kommt und ihr ein paar Watschen verpasst.

Auch Zollitsch, der sein Freiburger Palais mit Sicherheit nicht verlassen wird, warnt vor allzu vielen Erwartungen. Wie war es mit den zwei Priestern, die sich auf der Straße begegnen? Sie grinsen sich verstohlen zu.

„Doch auch wer der katholischen Kirche fernsteht, sollte ihm wünschen, dass dieses Pontifikat gelingt; sollte wünschen, dass Franziskus, bei all seinen Grenzen, Kirche und Welt verändert. Da lebt einer einen anderen Stil in einer Zeit, in der Lebensstilfragen zu Lebensfragen werden. Da hält einer die Tür zur anderen Wirklichkeit offen und stört den Gang der Dinge – ein alter Mann in Weiß, der sich demütig vor den Menschen verbeugt.“

Lebensstilfragen sind Lebensfragen? Da ist einer zu lang Ministrant gewesen. Man weiß, dass alle deutschen TV-Spaßmacher katholische Messdiener waren. Was man den Menschen in einer unbekannten Sprache und mit Weihrauchschwaden vorgaukelt, das ist die wahre Realität. Jetzt kommt die prophylaktische Entschuldigung fürs Scheitern des demütigen alten Mannes: er ist zu gut für die Welt, zu gut für den maroden Katholizismus. Den haben die Milliarden gar nicht verdient. Wetten, dass sie ihn ans Kreuz schlagen oder ihn frühzeitig in Pension schicken?

Nun predigt er Barmherzigkeit, wer hätte so was von einem Papst erwartet? Woher nur hat er dieses seltsame Wort, das bei deutschen Katholiken verschollen war? Was ist Barmherzigkeit? „Zunächst und zuerst ist Barmherzigkeit keine natürliche Eigenschaft des Menschen oder keine Forderung an den Menschen, sondern eine Eigenschaft Gottes.“ So stehts bei der himmlisch autorisierten Wikipedia. Womit klar ist, dass von ordinären Weltlichen nichts erwartet wird, sondern nur von Gläubigen, die das Barmherzigsein als Gabe von Oben erhalten.

Wer für Erbarmen eintritt, tritt gleichzeitig für die Erhaltung einer Welt ein, die Erbarmen nötig hat. Keine Veränderung der Welt bitte, sonst könnte die Nachfrage nach Barmherzigkeit allzuschnell nachlassen. Was machen wir dann mit den vielen arbeitslosen alten barmherzigen Männern – in Weiß?

An Zynismus, pardon, an Glauben, nicht zu überbieten ist der Kommentar von Matthias Matussek im SPIEGEL.

Kostprobe: „Als ich hörte, dass der neue Papst Léon Bloy zitierte, den glühenden Katholiken und französischen Sprachkrieger, wusste ich, dass dieses Pontifikat in guten Händen ist. «Wer das Diesseits anbetet, betet den Teufel an.» So ähnlich schrieb Bloy. Radikaler kann man gegen die Kultur des Relativismus und der hedonistischen Moderne nicht anformulieren.“

Noch einmal zum Mitschreiben: Wer das Diesseits anbetet, betet den Teufel an. An Weltverachtung und Hass gegen die Natur sind solche Äußerungen nicht zu überbieten. Alles, was der Welt schadet, nützt Antiwelt-Terroristen à la Matussek und seinem neuen Papst.

Weil er für die Armen eintritt, ist es aus mit der „lächelnden Vernunfthelligkeit“ seines Vorgängers. Nun kommt ein „radikaler Gluthauch in die Weltkirche“. Schon beginnen die deutschen Gläubigen sich zu fürchten, wenn die Gefahr besteht, der Buchstabe des Evangeliums könnte einmal ernst genommen werden.

Das lieben die Deutschen nicht, die am liebsten Bücher über Jesus lesen, um ihre Frömmigkeit unter Beweis zu stellen. Franziskus II ist schon jetzt „zum Fürchten“. Mit „all diesem Zeug mit der Armut“. Dabei hält er von der Befreiungstheologie gar nichts. Praktische Barmherzigkeit genügt nicht. Das kann eine NGO auch. Moral kann jeder normale Mensch. Dazu brauchts doch keine Kirche. „Wenn die Kirche nur eine sozialrelevante Wohlfahrtsorganisation wäre, müsse man sie nicht erhalten, denn darum kümmern sich andere auch. Nein, diese Kirche muss den Glauben in das Zentrum ihrer Tätigkeit rücken, muss, um das Wort Benedikts aufzugreifen, zur „ecclesia militans“ werden.“

Hier schlägt das Herz des militanten Katholiken: die Kirche muss die teuflische Welt angreifen und sie prophylaktisch in der Hölle versenken.

Die Zeichen der Kirche stehen auf Militanz. Barmherzigkeit, Schlichtheit und Narrheit sind ihre besten Waffen.