Kategorien
Tagesmail

Von vorne LXXXVIII

Von vorne LXXXVIII,

Eine menschenfreundliche Utopie ist die erste Überlebenspflicht.  

Pflicht ist nicht das Gegenteil von Recht, sondern die Aufforderung, das Rechte in freier Selbstbestimmung zu vollbringen.

Nur eine geläuterte Menschheit kann die Probleme ihres Überlebens lösen.

Läuterung ist die Bearbeitung und Korrektur aller menschenfeindlichen Bestandteile der Gattungsgeschichte.

Es muss ausgeschlossen werden, dass nur Wenige die Klimakatastrophe per Macht, List oder Zufall an jenen Orten überleben, an denen der Mensch zukünftig noch leben kann.

Die Realisierung der Utopie kann keine gewalttätige Revolution sein, die unzähligen Menschen das Leben kosten könnte.

Sie muss eine Revolution des Herzens und der Vernunft sein, die den Eindruck widerlegt, der Mensch sei eine Missgeburt der Evolution.

Ein gelungenes Leben ist ein Leben, an dessen Ende der Mensch befriedet und ohne Angst vor dem Tode Abschied nehmen kann.

Gewaltfreie Revolution muss ein Abschied sein von jeder Feindschaft gegen Natur, eine Hinwendung zur Übereinstimmung mit Mensch und Kosmos.

Da sich die Gefahren drängen, muss auch der Wandel der Menschheit in wohlüberlegter Beschleunigung stattfinden.

Nicht in gehetzter Beschleunigung eines uferlosen technischen Fortschritts, sondern in erdumspannender Kooperation im Dienste eines humanen Fortschritts.

Die Politik der Gegenwart ist ein desaströses Rennen auf dem Kurs in ein unendliches Nichts.

Die Welt ist begrenzt. Eine Welt jenseits der Welt muss als Illusion betrachtet werden. Technischer Fortschritt ist der Versuch des Menschen, eine illusorische 

 Welt jenseits der Welt herzustellen. Der KI-Rausch der Gegenwart, der den Menschen überflüssig machen will, ist ein ultimativer Fortschritt in den Untergang.

Technik und Wissenschaft in Europa begannen im Dienste des Menschen. Inzwischen sind sie zu Despoten der Menschheit aufgestiegen, die das gesamte Leben auf dem Planeten bestimmen. Knechte wurden zu Herren, die im Wahn leben, Alleinbestimmer des menschlichen Schicksals und Vollender der Evolution zu sein.

Die Lösung der Klimakatastrophe kann nur im kompletten Wandel der menschlichen Kultur bestehen. Eine Zukunft des Menschen kann es nur in Übereinstimmung mit der Natur geben.

Alles Technische wird nur im Einklang mit natürlichen Gesetzen erlaubt werden. Alles muss verboten werden, das die natürlichen Ressourcen zerstört.

Der Kreislauf des menschlichen Lebens im Nehmen und Geben mit der Natur muss ausgeglichen sein. Was der Mensch nimmt, muss er in gleichwertiger Form zurückgeben.

Das ist das Lebensprinzip aller Tiere und Pflanzen, die ihr Zusammenleben noch immer ins Gleichgewicht bringen konnten. Dem Menschen, der sich als Krone der Schöpfung ausgibt, sind sie in dieser Hinsicht grundlegend überlegen.

Nur jene Völker, die seit undenklichen Zeiten einträchtig mit der Natur zusammenleben, können es mit Tieren und Pflanzen aufnehmen.

Die Abendländer legten sich eine Religion zu, in der die Natur entmachtet wurde zugunsten einer maskulinen Übernatur, die sich anmaßt, die Natur erschaffen zu haben, um sie eines Tages nach Belieben wieder zu zerstören.

Es war ein Zeichen der Ohnmacht, sich ein Jenseits auszudenken, zu dem sich Menschen in ihren Nöten wenden konnten, um ihrer Hilflosigkeit durch übernatürliche Eingriffe zu entkommen. Ab diesem Moment unlösbar scheinender Probleme verzweifelten sie an ihrer Vernunft und begannen, auf wunderhafte Weise Erlösung zu erhoffen.

Lösung gegen Erlösung: der Kampf zwischen irdischer Problemlösung und überirdischer Erlösung ist das Zentrum der abendländischen Geschichte, die, durch imperiale Machterweiterung, zur Geschichte der ganzen Menschheit wurde.

Die religiöse Übernatur erteilt ihrer Schöpfung nur eine begrenzte Geschichtszeit, um sich als minderwertige Natur ausbeuten zu lassen. Eines unbestimmten Tages wird die Geduld des Himmels ein Ende haben. Dann wird die unheilbare, alte Schöpfung vernichtet – eine neue, vollkommene tritt an ihre Stelle. Die Menschen werden auf ewig gespalten in Erwählte und Verdammte.

Die finale Spaltung der Menschheit wird im Verlauf der Geschichte selbsterfüllend vorweggenommen durch Trennung in Reiche und Arme, Erfolgreiche und Verlierer, Mächtige und Ohnmächtige, Begabte und Törichte, fortschrittliche und stagnierende Kulturen.

Die Spaltungsfaktoren nennen sie a) kapitalistische Wirtschaft, b) ungleiche Begabung, c) Fähigkeit, Risiken einzugehen und sich ständig neu zu erfinden, d) das Bedürfnis, andere zu überragen und zu beherrschen, kurz: in eigenständiger Macht die Verheißungen des Himmels zu verwirklichen.

Himmel und Hölle, die finalen Ziele der Geschichte, werden als Gegensätze zwischen Völkern und Menschen schon hier zur konfliktreichen Realität.

Die Geschichte der Menschheit wird für die Mehrheit zur Unheils-, für eine winzige Minderheit zur Heilsgeschichte.

Durch Spaltung der Menschheitsgeschichte in Welt und Überwelt werden die Kräfte der Menschen unversöhnbar auseinanderdividiert.

Als conditio sine qua non des Überlebens müsste sich die Menschheit von der religiösen Trennung in Gute und Böse verabschieden.

Die Umwandlung der Menschheit kann nur gelingen, wenn die inhumanen Elemente der Gattung abgestoßen werden.

Naturfeindlichkeit ist der Glaube, dass Natur eine minderwertige oder gefallene Schöpfung ist, die nach Belieben zur Beute gemacht und durch technische Kreativität perfektioniert – oder vernichtet werden kann.

Menschenfeindlich ist der Glaube, weil homo sapiens, der weise Mensch, als lernunfähiges, amoralisches und auf ewig verkommenes Krüppelwesen dargestellt wird.

Natur- und menschenfeindlich ist der Glaube, da Mensch und Natur einer Geschichte unterworfen werden, dessen Verlauf sie in keinem Deut mitbestimmen können. Stets überrollt eine allmächtige Zukunft eine hilflose Menschheit.

Die Menschheit muss bestimmen, welche Form von Geschichte, Fortschritt und endloser Entwicklung sie haben will.

Eliten als dominierende Subjekte der Geschichte, die ihre Herrschaft durch die Mär einer automatischen Geschichte unangreifbar machen, müssen abgesetzt werden.

Demokratie ist die Überzeugung, dass alle Menschen gleichwertig an der Lenkung ihres Schicksals teilnehmen dürfen.

Die bestehenden Volksherrschaften, dem Schein nach auf der Gleichwertigkeit der Menschen beruhend, wurden von der Ungleichheit in Reichtum und Macht weitgehend entdemokratisiert und in Regime der Wenigen, Besten, Reichen und Erwählten verfälscht.

Freiheit, die von den Starken zur Beherrschung der Schwachen missbraucht wurde, muss in eine gerechte Freiheit gleichwertiger Mitbestimmung verwandelt werden.

Wirtschaft, die durch Profitbildung ihre Pflicht vernachlässigte, die Menschheit zu ernähren, darf keine andere Funktion mehr haben, als den Menschen zu dienen.

Kinder und Jugendliche, die durch Schulzwang abgerichtet werden, den Unheilskurs der Erwachsenen kritiklos fortzusetzen, müssen die Freiheit erhalten, den „Bildungsvorstellungen“ ihrer Autoritäten in zweifelnder Distanz zu begegnen und ihre Lebensvorstellungen in eigener Spurensuche zu entwickeln. Schulen dürfen keine Kadettenanstalten für Mitläufer und Aufsteiger sein.

Die gegenwärtige Revolte der Jugend beweist, dass der festgefahrene, suizidale Kurs der Erwachsenen vollständig unglaubwürdig wurde.

Erschreckend die Unfähigkeit der Machtträger, ihre Nachkommen zu verstehen und sinnvolle Dialoge zu führen. Stattdessen werden die Kinder zu Zerrfiguren aus dem Gruselkabinett dämonisiert.

Die Reaktion der Alten zeigt die unterdrückten Schuld- und Versagensgefühle ihrer Erzeuger, die sich bereits als Sieger der Geschichte fühlten und allmählich zu ahnen beginnen, dass sie die Menschheit zum gigantischen Fehlversuch der Evolution verurteilen.

Zuerst muss die Menschheit gemeinsam ihre utopische Leitvorstellung entwickeln.

Das klingt nach einer unlösbaren Aufgabe. Doch jeder Tag zunehmender Empörung in der Welt zeigt, wie die Völker bereits zusammengewachsen sind. Was sie verbindet, ist das Einfache: sie wollen ein selbstbestimmtes Leben ohne Mangel und Not in Übereinstimmung mit der Natur führen.

Noch sind sie dabei, ihre instinktiven Vorstellungen in politische Begriffe zu übersetzen – was die Eliten schamlos ausnutzen, ihnen triebgesteuerte Dummheit zu bescheinigen.

Was wiederum den Unwillen und die Unfähigkeit der Starken bescheinigt, sich von ihrer zusammengeraubten Übermacht zu verabschieden.

Erst nach Einigung über ein utopisches Ziel können konkrete Schritte eingeleitet werden. Ohne Ziel keine Stückwerkpolitik – die sich nur selbst ad absurdum führen würde, wenn sie sich nicht auf einen fernen Endpunkt einigen könnte. Kopflose Alltagspolitik ist Herumirren im Nebel.

Das Entwerfen und Debattieren einer Utopie ist ein kategorischer Imperativ.

Von Kant, dem einzigen Philosophen der Deutschen, der zur heutigen Lage der Menschheit Entscheidendes beitragen kann, stammt der Begriff des Kategorischen.

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Das sind zwei unübertrefflich formulierte Versionen einer Ethik, die von den Mächtigen und Intellektuellen der deutschen Gegenwart zum Bildungsgut degradiert und auf den Müll der Geschichte geworfen wurde.

Die Deutschen bewundern ihre Vergangenheit als Geschichte einmütiger Geistesriesen. Wer Kant sagt, wird nicht zögern, auch Fichte, Hegel und Marx zu nennen – als wären alle einhellig der Meinung gewesen: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Heutige Amoralisten vermitteln den Eindruck, als ob Deutsche vor allem moralische Spießer gewesen wären. Anstand und Moral geziemten nur dem Pöbel, die Oberklassen gefielen sich in der gottähnlichen Pose: Alles ist möglich, wenn wir es wollen.

Die gesamte nachkantische Geschichte verherrlichte den Krieg und vertrat einen militanten Messianismus – in gestanzten Edelbegriffen wie Metaphysik, absoluter Geist, Dialektik, Substanz, Ontologie, Willen zur Macht, deutsches Wesen. Was nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass diese Begriffe jede demokratische und friedfertige Autonomie ausschlossen.

Kants kategorischer Imperativ ist die einzig vertretbare Ethik, die als effektive Überlebensethik dienen kann. Um es kurz zu machen: jede ökologische Maßnahme muss sich daran messen lassen, dass sie allen Menschen dieser Erde ein humanes Leben ermöglichen kann.

Ingo Arzt gebührt das Verdienst, diesen Gedanken einer allgemein verbindlichen, für alle Völker geltenden Umweltpolitik in der TAZ eindringlich formuliert zu haben:

„Mit Glück wird die Menschheit die Ökowende schaffen. Aber, bleibt sie bei ihrer gegenwärtigen Ignoranz, wird das Entscheidende vergessen: Die zu retten, für deren Rettung es kein Businessmodell gibt. Die soziale Spaltung wird durch den Klimawandel verschlimmert werden, ach was, sie wird potenziert. Weil die herrschende Wirtschaftsordnung Ökotechnologien genauso monopolisieren wird wie Daten und Öl und nirgends zu sehen ist, dass die Menschheit ihre Ungleichheit zwischen Ländern und Schichten überwindet. Dafür bräuchte es eine aus heutiger Sicht unvorstellbare Zärtlichkeit zwischen den Völkern. Eine bisher nie dagewesene Umverteilung zugunsten der am schlimmsten vom Klimawandel Betroffenen. Ganze 13 Leute kümmern sich in der Task Force on Displacement im Auftrag des Klimasekretariats der Vereinten Nationen darum, was mit Menschen passiert, die wegen des Klimawandels ihre Heimat verlieren. 13 Menschen für einen ganzen Globus. Das ist kein Versagen der UN, sondern der Weltgemeinschaft. Man will es nicht wissen: Der Mensch zerstört Böden, durch Dünger, Beton, Bergbau oder Rodung, das verschlimmert den Klimawandel, der wiederum Böden zerstört. Dieser Teufelskreis wird bis zum Jahr 2050 fünfzig bis siebenhundert Millionen Menschen zwingen, ihre Heimat zu verlassen, schreibt der Weltbiodiversitätsrat, auch eine UN-Organisation. Da sind die Flüchtlinge wegen steigender Meeresspiegel und Hitzewellen noch nicht drin. Auf UN-Ebene muss ein Rechtsanspruch aller Erdenbürger verankert werden, an einem sicheren Ort zu leben. Die reichen Staaten müssen zulassen, dass jeder Mensch das Recht erhält, die Mittel zum Überleben der Klimakrise bei Staaten und Unternehmen in den Industrieländern einklagen zu können.“ (TAZ.de)

Nicht nur die deutsche Regierung versagt auf der ganzen Linie. Sydney wird von gigantischen Feuern bedroht, Venedig versinkt in salzigem Meerwasser, Trockenheit und Wassermangel plagen die Menschheit rund um den Planeten – und worüber streiten die Regierungen? Um Aufrüstung ihrer Armeen, um hirnrissiges Wachstum der Wirtschaft, um endlose Steigerung der Wettbewerbsfähigkeiten zur Kaltstellung gefährlicher Rivalen.

Selbst Robert Habeck, der grüne Alphamann, kann sich keine Wirtschaft ohne Wettbewerb vorstellen. Dabei dient Wettbewerb nur der Eitelkeit mächtiger Nationen und dem Drang, die Welt dem eigenen Willen zu unterwerfen.

Ein kleiner Blick in die Schriften maßgebender Ökonomen kann uns belehren:

„Unter Wettbewerb ist das Streben von zwei oder mehr Personen oder Gruppen nach einem Ziel zu verstehen, wobei der höhere Zielerreichungsgrad des einen i.d.R. einen geringeren Zielerreichungsgrad des(r) anderen bedingt. … Existenz von Märkten mit mindestens zwei Anbietern oder Nachfragern, die sich antagonistisch (im Gegenteil zu kooperativ) verhalten.“ (Gabler Wirtschaftslexikon)

Wettbewerbsfähigkeit soll „zu Lasten anderer Wirtschaftssubjekte“ verbessert werden. Seit Jahrhunderten sei das antagonistische Element ein theoretisches und ethisches Problem. Gerade deshalb müsse die ethische Begründung des Wettbewerbs betont werden.

„Er hält alle Akteure zu Kreativität und Disziplin an und garantiert so, dass eine Allgemeinheit sehr schnell in den Genuss der relativ besten Problemlösungen gelangt. Wettbewerb ist nach F. Böhm „das großartigste und genialste Entmachtungsinstrument der Geschichte.“ (ebenda)

Vor allem darf das „freie Spiel der Kräfte nicht gestört werden und die Achtung der Spielregeln durch die Wirtschaftssubjekte gewährleisten“.

Demokraten sind nichts als Wirtschaftssubjekte, Spielregeln der Demokratie werden nicht durch BürgerInnen bestimmt, sondern durch Akteure, die es am besten verstehen, ihre Rivalen auszuschalten. Demokratie überhaupt ist etwas Lästiges, das sich aus dem ökonomischen Spiel um Alles oder Nichts – das kein Spiel, sondern ein Äquivalent des Krieges mit scheinbar friedlichen Mitteln ist – heraushalten soll.

Ist China noch ein, wenn auch kapitalistisch aufgemotzter, Kommunismus – oder ein Kapitalismus in höchster Vollendung, der seine Untertanen vollständig überwacht und zensiert und nun dabei ist, dank überlegener Wettbewerbsfähigkeit die Welt an die Leine zu nehmen? Je mehr Amerika in seine biblizistischen Anfänge regrediert, Europa seine einstige Mustergültigkeit demontiert, wird China zum Idol aller Konkurrenzanbeter und machthungrigen Alleinherrscher.

„Postdemokratische“ Ideologen scheuen sich längst nicht mehr, Demokratie als überholten Moralismus zu empfinden. Zu ihnen gehört der amerikanische Präsident, den sich deutsche Amoralisten zum Vorbild genommen haben.

„Trump hasst den Universalismus und Moralismus und die Selbstgerechtigkeit der Deutschen, die immer so perfekt sein wollen. Er hasst ihn genauso, wie ihn manche Osteuropäer ablehnen. Sich um die Menschenrechte anderer kümmern, die so weit weg sind? Alles nur Lügen und Heuchelei und auch naiv.“ (SPIEGEL.de)

Dabei sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen: Kapitalismus begann nicht als hemmungslose Konkurrenz. Sondern, im Gegenteil, als Harmoniebeweis einer unsichtbaren Hand. Oder im Glauben an eine göttliche Instanz, die die Fehlhandlungen rücksichtsloser Marktbeherrscher wie durch ein Wunder in Wohlwollen auflösen musste.

Der klassische Kapitalismus beruhte auch nicht auf endlosem Wachstum oder Zerstörung des Bewährten. Man höre und staune: jener Kapitalismus war ein Gleichgewichtsmodell. Wann ist dieses Gleichgewicht der Märkte abhandengekommen?

Wenn Wettbewerb am besten Probleme lösen kann: wie kam es, dass die Konkurrenz-Wirtschaft am rücksichtslosesten die Natur demontierte und die Menschheit gefährdete?

In der Aufklärung sprach man vom wohlverstandenen Eigeninteresse, das eigene und fremde Interessen zum Ausgleich bringen sollte. Wie konnte es passieren, dass diese prästabilierte Harmonie im Kapitalismus nie wahrgenommen wurde?

Die goldene Regel aller Völker besagt: Egoismus und Altruismus sollten im Einklang stehen. Auch Jesus beruft sich auf die goldene Regel, und hat trotzdem keine Probleme, seinen Gläubigen einzubläuen, sie sollen alle Heiden übertreffen und ihre Feinde mehr lieben als sich selbst. Das war in Wahrheit die höchste Form der Eigenliebe und des Menschenhasses. Diese Selbstlosigkeit sollte egoistisch das eigene Seelenheil erwirken.

Globaler Wettbewerb wird von der deutschen Kanzlerin als egoistischer Altruismus propagiert, der allen Beteiligten zugute käme. Woher kommt dann die desolate Lage vieler Völker, die durch die Naturfeindlichkeit des Welthandels an den Rand des Ruins getrieben wurden?

Günther Jauch gilt bei den Deutschen als klügster Mann des Landes. Bei Maischberger sagte er den unübertrefflichen Satz:

„Obwohl das Klima ganz, ganz wichtig ist, ist es im Moment ein Modethema.“

Und schon war das Problem aller Probleme in den medialen Schreddermaschinen verschwunden. Schon waren die Deutschen wieder dabei, sich mit Industrie und Wettbewerb an die Spitze der Nationen zu hieven. Dank eines Mars-Eskapisten namens Musk, der in Brandenburg einen prächtigen Wald plattmachen will, um sein absurdes Superauto zu produzieren.

Die TAZ wundert sich über die Freude der Grünen, die über Nacht alle ökologischen Blütenträume verwelken ließen:

„Warum frohlocken Berlins Grüne eigentlich so laut, wenn Tesla kommt? Das Unternehmen steht mit seinen Produkten wahrlich nicht für die Ökowende. Grundsätzlich gilt, was der Mobilitätsexperte Wolfgang Lohbeck unlängst in einem Interview mit der SZ sagte: „Was Tesla herstellt, ist die dümmste und obszönste Variante der Elektromobilität. Einen Drei-Tonnen-Wagen zu bewegen, noch dazu mit extremen Beschleunigungswerten, das kann nicht ökologisch sein und auch nicht sozial.“ Und: „Auch Ökostrom ist weder ,sauber‘ noch umsonst, er ist sogar besonders kostbar.“ (TAZ.de)

Der Financial Times blieb es vorbehalten, die Deutschen an gewisse Eigentümlichkeiten des Elon Musk zu erinnern: „Das Blatt erinnert an zahlreiche spektakuläre Ankündigungen von Tesla-Chef Elon Musk. Zum einen bedeute „Gigafactory“ lediglich, dass es sich um ein normales Werk handle – nur, dass dieses eben den Segen von Musk habe. Für die Arbeiter werde es auf jeden Fall Probleme geben, weil sich Tesla bisher hartnäckig geweigert habe, Gewerkschaften zuzulassen. Arbeitervertreter im Aufsichtsrat seien in den USA eher Randfiguren, es sei nicht zu erwarten, dass Tesla seine Kultur in dieser Hinsicht ändern werde.“ (Berliner-Zeitung.de)

Dem SPD-Ministerpräsidenten Woidke blieb die freudige Pflicht, den Ruhm der Deutschen in alle Welt zu senden. 

Auf brandenburgischem Sand hatte einst der Große Friedrich den Ruhm Preußens begründet. In zerstörten Brandenburger Wäldern wird der deutsche Genius den Ruhm seines Vaterlands in alle Welt senden.

„Wenn wir das schaffen, dann ist das ein Signal in die Welt“.

Hört, Völker der Welt, schaut auf dieses verkohlte Land und freut euch nicht zu früh über unseren angeblichen nationalen Verfall: so leicht sind wir Deutsche nicht unterzukriegen.

Oder wie unsre Vorkriegshelden zu sagen pflegten: Am deutschen Wesen soll die Natur – verwesen.

 

Fortsetzung folgt.