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Umwälzung LI

Hello, Freunde der Umwälzung LI,

„kein Verständnis“: WELT-Chefredakteur Poschardt ließ bei Anne Will seinen BILD-Kollegen Reichelt nicht vermissen – der bei Plasberg die stolze deutsche Verstehenskultur seit Herder versenkt hatte. Niemand widersprach, die unfähige Moderatorin überhörte den Imperativ (was nach Philosophie riecht, wird im öffentlich-rechtlichen TV mit strenger Miene ausgesondert) und also ergab sich das Bild, dass eine Talk-Show zusammentrat, um über ein Thema zu sprechen, das sie nicht verstehen wollte.

Undeutsche Frage: kann man etwas debattieren, das man nicht verstanden hat? Man stelle sich eine Talkshow über Facebook vor mit Teilnehmern, die nicht mal ein Smartphone besitzen.

Sag mir, mit welchen Methoden du ein Thema malträtierst – und ich sage dir, wie lästig es für dich ist. Ach, es ging ja nur um Antisemitismus, ein Problem, das von deutschen Führungsklassen von aller Verstehenspflicht befreit und zum erkenntnislosen Ritual degradiert wurde. Je mehr die Gefahr des Antisemitismus um sich greift, je verständnisloser werden die Meinungsmatadore der Gesellschaft, die ihre Vergangenheit bearbeitet haben wollen – obgleich sie ihnen aus allen Poren dringt.

Wird ein auf den Nägeln brennendes Problem nicht adäquat durch Verstehen und Erklären gelöst, bleibt nur der exekutive Hammer. Kauder forderte umfassende Meldepflicht nach oben – und dann, Volker Kauder?

Seine Parteifreunde fordern Abschiebung der Übeltäter. Abschieben aller gläubigen Christen, in deren Neuem Testament Judenhass als Teil der Frohen Botschaft gepredigt wird? Dann wäre Deutschland christen- und nicht judenfrei. Eine erfrischende Perspektive. Wir hätten viele Arbeitsplätze und freie Wohnungen für Abermillionen Flüchtlinge.

Wird ein Problem nicht verstanden, bleiben nur Haudrauf-Maßnahmen. Warum wurde der gemobbte jüdische Schüler aus der Schule genommen – und nicht

die mobbenden Nichtjuden rausgeschmissen, fragte Poschardt. Beides wären Aktionen mit der Brechstange. Warum fordert Poschardt nicht sinnvolle Präventivmaßnahmen, öffentliche Rechtfertigungen des Direktoriums, erklärende Gespräche und verständnisfördernde Konferenzen der SchülerInnen, Eltern und LehreInnen? Warum werden Schulbehörden und zuständiges Kultusministerium nicht zur Stellungnahme aufgefordert? Leben wir in einer Demokratie und die Deutschen sollten von demokratischen Gepflogenheiten noch nie gehört haben?

„Ich beobachte ihr Land seit mehr als 40 Jahren“, erklärte düsteren Gesichtes der frühere Botschafter Israels in Berlin Schimon Stein. „Einen Nullpunkt des Antisemitismus hat es hier nie gegeben.“

Nach zweitausendjähriger christlicher Indoktrination einen Nullpunkt des Problems zu erwarten, wäre abwegig. Dennoch war die Bemerkung notwendig, weil die Deutschen glauben, ihr giftiges Erbe längst ausgerottet zu haben. Der jetzige Antisemitismus wäre demnach nur Import der eingewanderten Islamgläubigen.

Von vielen ausländischen Stimmen wird den Deutschen eine weltmeisterliche Leistung im Bewältigen ihrer Vergangenheit bescheinigt. Unter den Blinden ist der Einäugige König. Die Deutschen verließen sich allzu sehr auf intellektuelles Erfassen der Fakten und auf ihren KZ-Tourismus. Im Übrigen warfen sie die Hauptschuld auf eine kleine Machtclique mit dämonischen Propaganda- und rüden Terrormethoden.

Bruder Hitler in sich selbst zu erkennen, weigerten sie sich. Das vergiftete christliche Erbe verleugneten sie, weil es beiden Kirchen mit amerikanischer Hilfe gelang, sich von ihren tiefliegenden dogmatischen Rechtfertigungen des 3. Reiches zu distanzieren, ja sich in reine Widerstandsgruppen zu verwandeln.

Dass das Volk der Täter von außen beobachtet wird, besonders vom Land der Opfer, ist unerlässlich. Doch zu welchem Ergebnis kamen die Beobachtungen des Ex-Botschafters? Theorieloses Beobachten ist leer, bloßes Aufzählen von Symptomen blind. Schimon Stein hatte inhaltlich fast nichts zu sagen. Tiefliegendes Misstrauen von jüdischer Seite ist psychologisch verständlich, aber ungenügend. Beide Seiten hätten in einer parallelen Aufarbeitung aller historischen und religiösen Elemente die Geschichte ihrer Beziehungen erinnern und durcharbeiten müssen. Das geschah nicht. Beide Seiten beschäftigten sich vor allem mit ihrer eigenen Vergangenheit. Die wechselseitige Bedingtheit ihrer Verstrickungen blieb eine terra incognita.

Der deutsch-israelische Psychologe arabischer Herkunft Ahmad Mansour näherte sich dem Problem konkreter: er betreut muslimische Jugendliche und vermittelt ihnen mit pädagogischen Methoden demokratische Werte. Wie seine Pädagogik en détail aussieht: das wurde er nicht gefragt. Vermittelt er Selbsterkenntnis durch Analyse der totalitären Religionen – oder verlässt er sich auf die empathische Vorbildwirkung seiner Persönlichkeit?

Er gab sich in der Rolle des bekehrten Sünders, denn als junger Araber hatte er die Israelis gehasst. Erst im Studium in Jerusalem habe er die Juden als Menschen kennengelernt. Sein jugendlicher Hass gegen die siegreichen Juden, die seinem Volk das Land streitig machten, war vermutlich kein genuiner Antisemitismus, sondern Hass der Überwältigten gegen die Eroberer ihres Landes.

Es ist wichtig, Feinde als Menschen zu erkennen, doch das ersetzt die Ursachenforschung der Feindschaft in keiner Weise. Es dürfte Mansour nicht verwundern, wenn manche seiner früheren Kampfgenossen ihn heute als Dissidenten und Verräter der arabischen Seite betrachten würden.

Mansour mahnte die Deutschen zu Recht, ihre demokratischen Werte eindeutiger und unmissverständlicher zu verteidigen. Doch es fehlte ihm an Verständnis, dass der Judenhass seines Volkes keine genuin antisemitische Wurzel haben muss, sondern sich gegen das Besatzungsunrecht eines Eroberervolkes richtet.

Kauder hatte nichts beizutragen als hoheitliche Leersätze und Drohformeln.

Poschardt zeigte die bislang verborgene andere Seite seines amoralisch kokettierenden Dandytums, indem er seinen dogmatischen Eifer als des schlechthin Guten gegen das Böse offenbarte. Er scheint die Reinkarnation eines Romantikers, der einerseits alle Werte der Aufklärung ironisch-zynisch in den Staub tritt, andererseits das von der Vernunft attackierte Heilige in blinder, verständnisloser Verehrung verteidigt.

Leistungsmenschen bräuchten gelegentlich ein amoralisches Ventil (einen „Hauch von Abgrund“), das vom Staat geduldet werden müsse – schrieb er vor kurzem. Bei Anne Will schäumte er geradezu vor bedingungsloser Verteidigung abendländischer Werte – zu denen Aufklärung nicht gehört. Ironiker gegen die Moral der Vernunft – und fundamentalistischer Anbeter christlicher Werte, verbunden mit Untertanengehorsam gegen die israelische Regierung: das ist die poesielose Wiederholung beispielsweise eines Novalis.

Sonst verhöhnen die Deutschen alles, was nach Moral riecht. Beim Thema Antisemitismus ist die Welt auf den Kopf gestellt: hier schäumen sie gegen die fehlende Moral ihrer Zeitgenossen.

„Denn worin besteht bei Novalis die romantische Ironie? Sie besteht in der Gleichstellung und Gleichbehandlung des Gemeinsten und des Wichtigsten“ (R. Haym, Die Romantische Schule) Das Gemeinste ist die Verachtung der moralischen „Imperative“, das Wichtigste die Verklärung abendländischer Werte zu religiösen.

Romantische Ironie besteht für Hegel darin, „dass alles, was sich als schön, edel anlässt, hintennach sich zerstöre und aufs Gegenteil ausgehe.“ Die Zerstörung des Guten mündet unausweichlich in Verehrung des Heiligen, dem sich der Rebell gegen das Irdische mit Inbrunst unterwirft.

Die Kollektivseele des Springer‘schen Philosemitismus ist gespalten. Deutschland ist für sie das kalte Vernunftreich der Demokratie, das ohne Rückbezug auf transzendente Werte eine öde Pflichtaufgabe ist. Die tiefen Schuldgefühle der Deutschen weisen der Jerusalemer Regierung den Platz einer externen lutherischen Obrigkeit zu, der sie sich bedingungslos unterwerfen. Schuld erzeugt das Bedürfnis, sich zu erniedrigen und vor einer unfehlbaren Autorität in den Staub zu werfen. Nicht der eigene triviale Staat kann diese Autoritätsrolle einnehmen, sondern der idealisierte Staat der Opfer, der im Orient ein Staat des Ursprungs sein muss.

Die Sehnsucht nach dem Orient als Ursprung aller Kultur war ein wesentliches Element des romantischen Fernwehs. Tief in Asien muss das ideale Land des Ursprungs liegen, wohin es alle Romantiker zog.

Heute sprechen sie von Israel als der einzigen Demokratie unter Barbaren. Der philosemitischen Verehrung Israels als eines Gartens Eden entspricht die Selbstbeschreibung des Landes durch den jetzigen Präsidenten Rivlin:

„70 Jahre sind vergangen seit der Gründung des Staates Israel und der Verwirklichung des 2000 Jahre alten Traums der erneuten Unabhängigkeit in unserem Heimatland. Doch dieses bedeutende Ereignis ist nicht nur ein Fest für Israel, sondern für die gesamte freie Welt. Denn Israels nun beginnendes achtes Jahrzehnt bedeutet auch 70 Jahre lebendiger Demokratie mit einer starken und unabhängigen Zivilgesellschaft – der ersten dieser Art im Nahen Osten. Durch viel harte Arbeit haben wir die Wüste zum Erblühen gebracht und einen Hightech-Boom herbeigeführt. Wir haben Technologien entwickelt, dank derer Wasser aus dem Nichts hervorkam und Autos entstanden, die von selber fahren.“ (BILD.de)

Rivlins Selbstbeschreibung des Staates Israel hätte die Bewunderung der deutschen Philosemiten nicht besser zum Ausdruck bringen können. Israel, ein wahrhaft göttliches Land. Denn es ist fähig, die creatio ex nihilo in gottgleicher Kompetenz zu wiederholen.

Am Anfang stand bei den deutschen Philosemiten der sinnvolle Wunsch, das Unrecht der Deutschen zu bereuen und durch gute Taten zu sühnen. Bald schlug der Wunsch um in Überidentifikation der Täter mit den Opfern. Der Staat Israel wurde zur göttlich-idealen Obrigkeit oder zur politischen Kirche der Erwählten – die keinerlei Kritik mehr duldet.

Die augustinische Trennung des Staates in civitas diaboli und civitas dei zerteilt die deutsche Sehnsucht nach Tilgung der Schuld in die deutsche civitas diaboli und in die israelische civitas dei. Der eigene Staat wird zum minderwertigen Gebilde der Vernunft, der exotische zum Gottesstaat, dem man sich in unbedingtem Gehorsam beugen muss.

Poschardt identifiziert sein Christentum mit dem wiederauferstandenen Judentum, das seine Leidensgeschichte als wanderndes Gottesvolk oder „ecclesia patiens“ in einer Neugeburt aus Nichts in der Wüste oder als „ecclesia triumphans“ gekrönt hat. Indem die deutschen Abendländer ihr Christentum anbeten, beten sie zur gleichen Zeit den wiedererstandenen jüdischen Staat an. Beide Religionen, einst aus göttlicher Einheit durch Zwiespalt verfeindet, müssen in der heraufkommenden Endzeit wieder zur ursprünglichen Einheit verschmelzen.

Bei Anne Will forderte Poschardt „Nulltoleranz“ auch gegen antichristliche Agitation („Schweinefleischfresser“). (BILD.de)

Die philosemitische Idealisierung Israels ist zugleich die beste Methode, das christliche Dogma in Deutschland gegen alle Ungläubigen zu verteidigen. Poschardt liegt hier auf der Linie der gesamten CSU. Deren Generalsekretär Blume kritisiert „übertolerante Deutsche. Die grassierende Selbstverleugnung unserer christlich-abendländischen Wurzeln halte ich für gefährlich“, sagte Blume der „Rheinischen Post“. Diese sende „falsche Signale auch an diejenigen, die sich bei uns gerne integrieren wollen.“ (ZEIT.de)

Die kritiklose Parteilichkeit für ein idealisiertes Israel wird zur willkommenen Waffe im immer stärker werdenden Kampf gegen Ungläubige, Atheisten und sonstige Glaubensfeinde. Je mehr sich Christentum und Judentum annähern, indem sie ihre eigenen Zerwürfnisse verleugnen, umso effizienter können sie den gemeinsamen Feind Islam bekämpfen – glauben sie.

Doch die Zweckverbindung wird nicht ewig Bestand haben. Das deutsche Christentum nähert sich immer mehr dem amerikanischen Fundamentalismus, der seine Kohäsion mit dem Goldenen Jerusalem unter der Voraussetzung schloss, dass die Juden sich vor der Wiederkehr des Herrn zu diesem bekehren werden. Sollte der Übertritt der Juden zum jesuanischen Glauben immer länger ausbleiben, werden die amerikanischen Endzeitgläubigen ihre emotionale Verbundenheit mit den Juden – eine andere Form der Überidentifikation – ins Gegenteil verkehren.

Es wird dasselbe passieren wie bei Luther, der anfänglich auf die Juden als Unterstützer seines renovierten Urchristentums hoffte. Als jedoch die Massenkonversion der Juden zu seinem Protestantismus ausblieb, verwandelte sich der Judenfreund in einen der schlimmsten Antisemiten des Abendlandes. Ohne seinen an Brutalität nicht zu übertreffenden Judenhass wäre das 3. Reich nicht möglich gewesen.

Die Deutschen leben in der Selbstverblendung, ihre Devotheit gegenüber Jerusalem sei ein politisch ausgereifter Philosemitismus. Amerikaner leben in der Selbstverblendung, ihre sehnlich erwartete Endzeit werde den Übertritt der Juden zum messianischen Glauben bringen. Beide Selbstverblendungen könnten jeden Augenblick platzen und ins schreckliche Gegenteil umkippen.

Amerika und Deutschland sind die gefährlichsten Kandidaten, aus innigen Judenfreunden zu unberechenbaren Judenhassern zu werden. Wache Juden sehen schon lange die Gefahr eines über Nacht ausbrechenden Antisemitismus. Die Sorge um die zukünftige Sicherheit ihres Staates bezieht sich nicht nur auf Feinde in nächster Umgebung. Diese Gefahr kennen sie und haben gelernt, mit ihr umzugehen. Ihre atomare Bewaffnung, ihre überlegene Waffentechnik schreckten bislang alle Gegner ab. Selbst, wenn der Iran sein Atomwaffenprogramm wieder aufnehmen würde, wäre er mit hoher Wahrscheinlichkeit rational genug – trotz irrationaler Hassäußerungen, um seine Fundamentalisten bei der Stange zu halten –, die eigene Zerstörung durch einen Angriff gegen das Gelobte Land nicht zu provozieren.

Um den aufkommenden Antisemitismus zu bekämpfen:

a) dürfte Deutschland seine vergifteten religiösen Wurzeln nicht länger verdrängen. In Schulen und Universitäten müssten judenhassende neutestamentliche Urtexte intensiv besprochen werden – ohne die heute übliche Verfälschung der Texte durch geistbegabte Deutung zuzulassen.

b) dürfte Kritik an Israels Besatzungspolitik nicht länger dem Dauerverdacht eines verdeckten Antisemitismus ausgesetzt werden. Nicht, dass es ausgeschlossen wäre, Kritik als Transportmittel des Antisemitismus zu benutzen. In welchem Maße dies aber der Fall ist, wäre erst sichtbar zu machen, wenn legitime Kritik – legitim sein dürfte. Die Furcht, als Antisemit desavouiert zu werden, obgleich man an Israel dieselbe Kritik wie an Putin äußert, nötigt die Verdächtigen, ihre Kritik aus Trotz so lange zu übertreiben, bis sie am Ende der Eskalation selbst das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Man würde außerordentlich viel falsche Luft aus dem Kessel lassen, wenn diese pauschalen Verdächtigungen gestoppt werden würden. In einer Demokratie die Erlaubnis zu erhalten: man mag dies oder das kritisieren, aber bitte so, dass die Kritik nicht ernst genommen werden müsse, ist abscheulich.

Der Sadismus deutscher Philosemiten gegen das Land ihrer angeblichen Träume besteht darin, dass das Land mit einem Kordon falscher Liebe eingekesselt wird. Verbunden mit der stummen Botschaft: lasst uns in Ruhe mit euren Ängsten und Selbstzweifeln. Eure Sorgen und Befürchtungen interessieren uns nicht. Nähmen wir sie zur Kenntnis, würden unsere unterdrückten Schuldängste so rapide ansteigen, dass wir sie nicht ertragen könnten. Also zwingen wir euch in die Rolle der Starken und Unfehlbaren. Sollte sich herausstellen, dass ihr nicht vollkommen seid: wir waschen unsere Hände in Unschuld.

Versteht sich, dass die Glorifizierung der Juden Jerusalem bestärkt, sich tatsächlich für perfekt zu halten – was ihren alten Erwähltheitsglauben noch zu verstärken scheint. Jüngstes Beispiel, wie die Netanjahu-Regierung mit Kritik umgeht, zeigt der Fall Natalie Portmann. Als die in Israel geborene Schauspielerin bekanntgab, den Genesis- Preis nicht in Jerusalem entgegenzunehmen, gab es den erwartbaren Sturm der Entrüstung:

„Israelische Minister werfen ihr vor, sich der Boykottbewegung gegen ihr Land angeschlossen zu haben und Propaganda „orchestriert von der Hamas-Terrorgruppe“ aufgesessen zu sein. Die Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezichtigt die 36-Jährige der Scheinheiligkeit. Einer ihrer Abgeordneten, Oren Hazan, fordert, dass ihr die israelische Staatsbürgerschaft aberkannt werden solle, ihr „in die weichen Bauchteile getreten“ und sie „mundtot“ gemacht werden solle. Zu Portmans Erklärung sagte der israelische Energieminister Yuval Steinitz, diese „grenzen an Antisemitismus“, sie spiele damit „in die Hände der größten Hasser und der schlimmsten Antisemiten im Nahen Osten“. Sie schulde Israel eine Entschuldigung.“ (Sueddeutsche.de)

Maßloser könnten die Angriffe aus Israel gegen die Schauspielerin nicht sein.

Tatsächlich: Merkel äußert Kritik an Israel. Dies aber so kleinlaut und unaufrichtig, dass sie kaum wahrgenommen wird. Die Berliner Regierung ist in hohem Maße mitschuldig, ein Klima im Lande zu erzeugen, dass man „echten“ Antisemitismus von getarnter Politkritik kaum unterscheiden kann. Die Verfälschung abendländischer Werte in christliche tut ein Übriges, um die christlichen Wurzeln des Antisemitismus zu verdunkeln.

Eine der Lieblingsphrasen der Berliner Regierung lautet: Es geht nicht mehr um persönliche Schuld: Deutschland muss Verantwortung für Israel übernehmen. Welche Verantwortung kann man gegenüber einem Land übernehmen, dem man besonders verpflichtet ist, wenn nicht in einer besonderen Wahrnehmung der Menschenrechte: a) als Bestärkung und Lob für eine intakte Demokratie und b) als Kritik an den Schwächen dieser Demokratie, unter denen die unterdrückten Palästinenser zu leiden haben?

Deutschland hat bei allen Völkern dieser Welt die Pflicht, die Einhaltung der Menschenrechte anzumahnen – und sich reziprok anmahnen zu lassen. Universelle Rechte können nur in universeller Zusammenarbeit bewahrt und entwickelt werden. Sowohl in bestärkender Zustimmung als auch in freundschaftlicher Kritik. Diese Devise muss gegenüber Israel besonders gelten. Es ist kein Verstoß gegen universelle Verantwortung, wenn ein Land zu einem anderen besonders innige Beziehungen unterhält. Zu dieser Innigkeit – die keine kalte und verlogene Staatsraison sein kann – gehört das Aussprechen der Wahrheit und nichts als der Wahrheit, die von dem Auschwitz-Überlebenden Hajo G. Meyer in seinem Buch „Das Ende des Judentums“ so formuliert wurde:

„Die Aggressivität von jüdisch-israelischer Seite gegenüber den Palästinensern im Nahen Osten, wie auch der Anspruch auf das gesamte Gebiet Palästinas aufgrund biblischer Quellen, den eine nicht geringe Zahl rechts orientierter jüdischer Israelis erheben, hat leider einen negativen Einfluss auf die ganze Welt.“

Dem Autor wird jüdischer Selbsthass vorgeworfen. Das Gegenteil ist der Fall. Stimmen wie die seine kommen in der deutschen Öffentlichkeit kaum zu Wort. Deutsche Verantwortung schließt Wahrheit aus.

 

Fortsetzung folgt.