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Weltdorf XCVIII

Hello, Freunde des Weltdorfs XCVIII,

Schließlich ging es um die Frage, ob Merkel Demokratin sei. „Diese Frage einer Moderatorin bei der W20-Frauenkonferenz brachte die Bundeskanzlerin hörbar aus dem Konzept. Sie setzte an, geriet ins Stocken, brach ab. Dann rang sie sich doch zu einer Antwort durch.“ (WELT.de)

„Ich möchte mich nicht mit diesem Titel schmücken.“ Schließlich hätten andere für das Thema sehr viel härter gekämpft. Königin Maxima der Niederlande versucht zu vermitteln: Demokraten seien doch schließlich alle, die „gleiche Rechte und freie Wahl“ befürworten. „Dann bin ich doch auch eine“, sagt Merkel. Ivanka Trump hat ihren Finger schon vorher weit nach oben gestreckt. Sie hat nur ein kleines bisschen gezögert.“ (Berliner-Zeitung.de)

Es war nicht irgendeine Moderatorin, es war Miriam Meckel, Herausgeberin der Wirtschaftswoche, Freundin jener Talkmasterin, die in der ARD TêteàTête-Gespräche als politische Debatten verkauft. Natürlich fasste Anne Will sofort die Gelegenheit beim Schopf, um den nächsten Termin für ein Kamingeplauder zu ergattern. „Blendend sehen Sie aus, Frau Will“, hatte Merkel die Edeltainerin huldvoll angesprochen. „Wann findet denn unser nächstes Sonntags-Date statt? Das letzte hat mir soviel Spaß gemacht.“

Demokratin – pardon: Feministin – ist kein „Titel, mit dem man sich schmücken kann.“ Merkels mangelhafte Bildung kennt keine Begriffe, nur machtgestützte Titel. Dass eine holländische Königin einer deutschen Kanzlerin Nachhilfeunterricht geben muss, was ein uralter Kampfbegriff der Frauenbewegung bedeutet, müsste in einer funktionierenden Demokratie ausreichen, um letztere zum Rücktritt zu bewegen.

Deutsche Wahrheitsmedien, die beim Plausch der mächtigsten Frauen der Welt als Claqueure anwesend sein durften, bringen es fertig, aus dem Vorgang einen Klamauk zu machen, ja, die physikalische Gewitztheit der Befragten hervorzuheben. Erst

sich bescheiden, demütig, erfrischend hilflos, um nicht zu sagen: aufrichtig dumm stellen, dann Luft holen, Reaktion abwarten, anderen die Gelegenheit geben, sich für überlegen zu halten, schließlich sich den Ausdünstungen der Mehrheit ergeben: das ist Merkels Politstil in Einsdreißig.

Die Mater dolorosa triumphans der Deutschen hat ihr Volk voll im pastoralen Griff, sie ist die perfekte Dompteuse ihrer vaterländisch vereinten Untertanen. Getreu der Devise ihres himmlischen Vaters: „Siehe, ich habe euch Macht gegeben, auf Andersdenkende und Quergeister zu treten und Macht über die Gewalt des Feindes.“ Merkels Herausforderer, von objektiven Medien in den Himmel gehoben, um ihn professionell zu versenken, ist längst verschollen. Zuletzt sah man ihn, tief vermummt, auf dem Hundeschlitten in unendliche sibirische Weiten entfliehen.

BILD, Gazette des Tages, stellte die entscheidende Frage: was ist obszön? Um sich selbstverräterisch zu antworten: obszön ist es, den Situationsdespoten der Welt mit Hilfe seiner marionettenhaften Tochter in Deutschland salonfähig zu machen. Absolutisten haben oft schöne Töchter. Milliardenreiche Absolutisten haben oft schöne, reiche und – mit Hilfe abhängiger Universitäten – akademisch ausgezeichnete Töchter.

Die Tochter plagiierte das Demutsspiel der Gastgeberin perfekt. Sie spielte die Lernende, die sich geehrt fühlte, vom Klub der klugen Frauen akzeptiert zu werden. Fragen nach ihrem Vater beantwortete sie, indem sie der Welt ein Geheimnis verriet: mein Vater weiß, was ich denke. Sie kennen mich, hatte Merkel alle Fragen nach ihrer Politik (nicht) beantwortet. Mein Vater kennt mich und ich kenne meinen Vater, beantwortete die fromme Ivanka alle Fragen im Stil des heiligen Johannes, woher ihr Vorname abgeleitet ist.

So übel kann Ihr Vater nicht sein, bei so einer Tochter Sie ist so nett, lächelt fein und liebenswürdig und ist nicht überheblich. Beim Frauengipfel in Berlin diskutiert sie mit der Königin Máxima der Niederlande, der IWF-Chefin Lagarde und der Kanzlerin. Mit Bestnoten absolvierte sie ihr Studium. Ich hoffe, dass ihr Vater auf seine Tochter hört. Seine Tochter ist so sympathisch, nett.“ (BILD.de)

Die Entpolitisierung der Gegenwart zeigt sich: außerpolitische Qualitäten wie angepasste Intelligenz, Eleganz, Schönheit und Reichtum entscheiden zunehmend über politische Kompetenz. Auch Merkel war eine hervorragende Studentin, sie trägt farbentechnisch ausgeklügelte, androgyne Anzüge, ihr inniges Lächeln bezaubert eine ganze Nation. Obama war ein Ausnahmetalent und Professor an Elite-Universitäten, Putin: das Vorbild aller muskulösen Bärenhäuter; Trudeau, der Liebling aller Frauen.   Ein wahres Wunderkind wird – so Gott will – der nächste französische Präsident sein, der von Merkel in keuscher Distanz gekost werden wird.

„Gerade in den heutigen Zeiten kann es ratsam sein, Eleganz als Handlungsmaxime und Unternehmensziel auszurufen. Denn die Welt scheint sich vor allem anderen doch nach Schönheit zu sehnen. Schönheit, verstanden als Globalbegriff, dass alles irgendwie gut ist. Nichts anderes zelebriert der französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron – und ist dabei erfolgreich. Zugegebenermaßen sieht er gut aus, aber all jene, die mit ihm zu tun haben, berichten, dass er etwas Zugängliches hat, dass er den Kontakt sucht.“ (WELT.de)

„Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören.“ (Rilke)

Nein, Politik widerlegt den Dichter. Die Schönen und Mächtigen sind nahbar geworden. „Sie können zuhören“. Manchmal streicheln sie palästinensische Flüchtlingsmädchen. Manchmal küssen sie Babys. Manchmal zeigen sie mit dem Finger direkt auf ausgewählte Individuen mitten in anonymen Zuhörermassen. Man kann sie berühren, sich mit ihnen ablichten lassen. Je weiter die Superreichen entschwinden, umso näher kommen die, die gewählt werden wollen – für eine flüchtige Sekunde. Denn all ihre Begegnungskünste stehen im Konjunktiv. Macron ist ein Illusionskünstler der Nähe, weil er „sich in diesem Polit-Zirkus für den Menschen zu interessieren scheint.“

Da der Schein nicht lange aufrecht erhalten werden kann, müssen die Meister des Konjunktivs schnell und für immer verschwinden. Was wird den intellektuellen Nahheits-Experten und Begegnungs-Gauklern noch einfallen, um die Kälte der Politik mit trügerischer Wärme vergessen zu machen?

Die Botschaft der Eliten lautet: wir sind Menschen, ihr seid gesichtslose Massen. In allen Dingen sind wir euch haushoch überlegen, obgleich wir tun, als seien wir gleich vor Gott. Menschliche Nähe können wir perfekt simulieren. Bill Clinton konnte Menschen anschauen, als würde er sie meinen. Seine Frau offenbar weniger. Trump kann Menschen die Hand schütteln, als wollte er sie persönlich aufs Kreuz legen.

Geistbegabte Politführer stehen rund um den Planeten vor den Türen der Völker und klopfen an. Dein ganz persönlicher Heiland will dich, du verlorenes Nichts, du hässliche Null, du kontaktunfähiger Sündenkrüppel, aus deinen jämmerlichen Verhältnissen, deiner lohnabhängigen Bedeutungslosigkeit, deiner schwer motivierbaren Trägheit ins Scheinwerferlicht der Bedeutenden und Unersetzlichen hinauf führen. Wehr dich nicht und wirf dich in die Hände derer, die dich führen, wohin du nicht willst.

Noch nie betrieb BILD eine derartig obszöne Orgie wie mit der TOCHTER – selbst ihre nervösen Hände mussten in Großaufnahme erscheinen. Zwischen der Kanzlerin und der Tochter musste es mehr geben als eine Kumpaneiverbindung:

„Als sie zurückkommt, legt ihr Ivanka freundschaftlich die Hand auf den Arm. Zwischen beiden ist mehr als ein Zweckverhältnis.“ (BILD.de)

Indem die Springer-Trumpisten die Massen durchs Schlüsselloch am Hofgeschehen teilnehmen lassen, wollen sie den Pöbel bewegungsunfähig machen. Der Glanz der Schönen, Reichen und Guten soll die Massen blenden, sie sprachlos machen, damit sie die Geschicke der Erde denen überlassen, die sich dafür prädestiniert fühlen.

Da wollte auch Ivanka nicht zurückstehen und als Feministin angestaunt werden. Und Meckel zeigte, dass sie die Fragekunst so virtuos beherrscht wie ihre Freundin. Was eine Feministin wirklich auszeichnet: mit dieser Frage wurden die mächtigen Damen nicht mehr behelligt.

Klarheit ist als Müll der Vergangenheit endgültig aussortiert. Entweder versteht man sich in milieu-nahen Andeutungen oder man gehört nicht zum Milieu.

Die Epoche des Gottessohnes scheint von der der göttlichen Tochter abgelöst zu werden. Ein feministischer Fortschritt? Immerhin hatte der Sohn ein winziges Rebellionserlebnis: Herr, wenn du willst, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Die geschäftstüchtige Tochter wird eher sagen: Vater, wie können wir den Kelch zum modischen Verkaufsschlager machen?

Die erste Obszönität ist die Propagierung des Vaters als weltbester Präsident.

Die zweite die schamlose Verhunzung des Feminismus. In 3-Sat erklärte die wahre Feministin Laurie Penny: Feminismus ohne Antikapitalismus ist undenkbar.

Die züchtige Tochter will eine Feministin sein, während in ihrer Stadt, in der sie mit goldenen Löffeln in einem goldenen Hochhaus aufwuchs, zehntausende SchülerInnen ohne Obdach hausen müssen.

„Kein Platz, um Hausaufgaben zu machen, kein Kinderzimmer, kein Zuhause: Tausende Schüler in New York City sind obdachlos, und es werden immer mehr. New York hat sich das Problem der Wohnungslosigkeit in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Dass immer mehr Menschen auf der Straße oder in Notunterkünften leben, liegt unter anderem an rasant steigenden Mieten. Gleichzeitig seien staatliche Hilfen zurückgefahren worden, heißt es in dem Bericht.“ (SPIEGEL.de)

Warum steigen Mieten ins Grenzenlose? Weil Immobilienhändler wie Trump die Preise für Grundstücke und Wohnungen ins Unermessliche treiben. Wie sie diese erbarmungslosen Räubermethoden verantworten kann: diese Frage hätte die Herausgeberin eines Wirtschaftsblattes der Tochter stellen müssen.

Aller guten Dinge sind drei. Die dritte Obszönität ist die unterirdische BILD-Kommentierung der Besatzungspolitik Netanjahus, der – ganz im Stile der neuen Zaren wie Trump und Erdogan – die Kritiker seiner Politik als Feinde seines Landes betrachtet. Da Gabriel die Unverschämtheit besaß, während seines Besuches im heiligen Land linke Kritiker des Premiers und seiner palästinenserverachtenden Besatzungspolitik zu besuchen, wurde er von Netanjahu nicht empfangen.

Gabriel habe doch gewusst, was auf ihn zukommen werde. Hatte Netanjahu nicht schon die Dreistigkeit besessen, dem belgischen Botschafter eine Rüge zu erteilen, weil dessen Außenminister ebenfalls linke NGO-Gruppen besuchte?

Wer für Menschenrechte eintritt, wird von BILD als Menschenrechtsverächter an den Pranger gestellt. Dies mit der schier unglaublichen Begründung, Deutschland habe, seit den Verbrechen der Nationalsozialisten, eine besondere Verpflichtung Israel gegenüber. Diese Verpflichtung haben die Deutschen allerdings – aber nicht in haltloser Verachtung der Menschenrechte. Hätten die Deutschen des Dritten Reiches die Menschenrechte der Juden geachtet und verteidigt, hätte keine NS-Elite den Holocaust durchführen können.

Kritik an seiner Landraubpolitik wird von Netanjahu als Kritik an allen Juden diffamiert. Trostloser geht’s nicht. Sind jene Juden, die ihr Land im progressiven Verfall sehen, allesamt Selbsthasser und Antisemiten? Solche Fragen werden von BILD nicht mal erwähnt.

„Es war ein unfreundlicher Akt Sigmar Gabriels – der ebenso unfreundlich beantwortet wurde. Muss der Außenminister ausgerechnet bei seinem Antrittsbesuch in Israel radikal-oppositionelle, umstrittene Aktivisten treffen? Israel ist nicht China, Russland oder die Türkei, wo solche Termine die kritische Zivilbevölkerung gegen die regierenden Autokraten stärken sollen.“ (BILD.de)

Völlig gleich, wo Menschenrechtsverletzungen stattfinden: sie müssen aufs schärfste verurteilt werden. Völlig gleich, wer sie verletzt: er muss aufs schärfste verurteilt werden. Absurd das Argument, wer israelische Verbrechen verurteile, müsse auch die palästinensischen verurteilen. Die Untaten der einen werden durch Untaten der anderen nicht automatisch exkulpiert. Freunde müssen in falscher Rücksichtnahme nicht geschont, sie müssen besonders attackiert werden, weil Kritik sie vor weiterem Fehlverhalten warnen und beschützen will. Was scheren mich die Sünden der Opposition, wenn ich die Regierung angreife. Ich muss nur eins: die Untaten an dem Maßstab messen, den ich, wir, den alle humanen Wesen für richtig halten.

Noch absurder wird es, wenn die Netanjahu-Regierung diesen Maßstab, wenn auch in anderen Zusammenhängen, selbst für richtig hält. Mit anderen Worten: die Israel-Regierung fordert von der Welt eine Sonderbehandlung oder eine unverblümte Doppelmoral. Alle Rechtserrungenschaften des freien Westens sollen für andere, nicht für sie gelten. Netanjahu – der wegen seines Großen Kumpans im Weißen Haus vor Kraft nicht mehr laufen kann – gibt sich moralisch unfehlbar. Wenn zwei das Gleiche tun, so darf es nicht dasselbe sein.

Jetzt offenbart sich die ganze Misere der Merkel‘schen Israelpolitik. Die fromme Frau scheint keine Ahnung zu haben von aufrechten Freundespflichten. Sollten Widerständler in einem tyrannischen Staat ihren Protest einstellen, nur weil sie wissen, dass die Schergen sie eines Tages ausfindig machen könnten? Dann hätte es im Dritten Reich keine Weiße Rose geben können. All das sind menschenrechtliche Trivialitäten. Die Lehren aus dem Holocaust werden von Netanjahu und BILD mit aggressiver Hybris ins Gegenteil verkehrt. Dieser sogenannnte Philosemitismus ist weitaus gefährlicher als jeder Antisemitismus. Das sollten jene jüdischen Organisationen wissen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, vor Judenhass zu warnen.

Diese Organisationen verurteilen sonst jeden Vergleich irgendwelchen Unrechts mit nationalsozialistischen Verbrechen als Antisemitismus. Wenn aber der Papst die heutigen Flüchtlingslager als KZs bezeichnet, haben sie volles Verständnis für seine gut gemeinten Absichten.

Thomas Schmid wiederum verurteilt die Äußerungen des Franziskus als Verletzungen des „Maßes und des Anstands.“ Die Doppelmoral der jüdischen Organisationen erwähnt der Anwalt des Anstands mit keinem Wort:

„Das sollte auch ein Papst aus Argentinien wissen: Wer so schludrig und frivol wie er das Wort „Konzentrationslager“ in den Mund nimmt, arbeitet jenen in die Hände, die die Schoah herunterreden und vergessen machen wollen.“ (WELT.de)

Hass – das weiß jeder Küchenpsychologe – versteckt sich am liebsten unter Symptomen des Gegenteils. BILDs bewusstseinsloser Hass auf die Juden unter dem Vorzeichen des Gegenteils macht das Blatt zur gefährlichsten und bigottesten Postille der BRD – jenseits aller demokratischen Verantwortung.

In einem Gespräch mit Inge Günther, BLZ, hat die israelische Soziologin Eva Illouz ihrem Land eindringlich und unmissverständlich die Leviten gelesen. BILD hält es nicht für nötig, solche warnenden Stimmen zur Kenntnis zu nehmen. Aus Illouz spricht die unbestechliche Stimme einer jüdischen Demokratin und Aufklärerin.

„Es ist eine Erosion in Israels legalem und moralischem Unterbau im Hinblick auf die Gebiete passiert. Wir sehen das in Untersuchungen über junge Leute. Sie denken, Demokratie ist nur für Juden, und dass das Versagen von Minderheitenrechten dazu nicht im Widerspruch steht. Es ist eine Verzerrung dessen, was Demokratie heißt, die mit Universalismus einhergeht. Dieser universale Gedanke ist heute im israelischen Gemeinwesen nicht vorhanden. Ich glaube nicht, dass Israel diese Integration überhaupt will. Frieden und wirtschaftliche Integration – ja vielleicht. Aber es wird niemals kulturell und religiös integriert sein. Alles dreht sich  bei uns darum, „genug jüdisch zu sein“. Netanjahu hat das vorgemacht und damit die Juden von der Welt isoliert. In meinen Augen ist die Besatzung die Bürokratisierung des Bösen. Wenn man das Leben der anderen mit Waffengewalt, Inhaftierung, Reiseblockaden und dergleichen dominiert, und wenn ein erheblicher Teil der israelischen Gesellschaft dies nicht wahrnimmt oder rechtfertigt, dann gerät man in diese Kategorie. Das Böse beginnt mit der Gleichgültigkeit oder der Blindheit gegenüber nackter Gewalt. Dann kam Netanjahu, ein Demagoge und Populist. Er hat die demokratische Rechte liquidiert und aus dem Likud eine rassistische Siedlerpartei gemacht. Die Juden haben eine solche horrende Geschichte hinter sich und dann kommt eine Gruppe Habgieriger, die das Land mit einer messianischen Vision an sich rafft und setzt Israels Zukunft aufs Spiel.“ (Berliner-Zeitung.de)

Sind wahre Juden nur jene Anhänger Netanjahus, die – ganz im Sinne der Ultraorthodoxen – niemals einen Frieden mit untermenschlichen Arabern akzeptieren werden? Das würde alle universalistischen Errungenschaften der Menschenrechte in Erfindungen des Teufels verwandeln. Was immer Gabriel dazu motivierte, dem Begehren Netanjahus zu widerstehen: in diesem Fall hat er zum ersten Mal in der Geschichte der BRD das Gespinst eines reziproken Verhängnisses offiziell durchbrochen. Dieser Schritt war überfällig. Es gibt noch ein ganz anderes Israel, worauf Peter Münch in der SZ verweist:

„Gezielt ist aus der Regierung heraus ein Klima geschaffen worden, in dem das Wort „Frieden“ zum Schimpfwort mutierte. Linke und liberale Kräfte werden nicht nur ins Abseits gedrängt, sondern bisweilen sogar bedroht. Spätestens seit dem Kriegssommer 2014, als in Tel Aviv die letzten verbliebenen Demonstranten gegen den Waffengang in Gaza von einem rechten Mob vermöbelt wurden, war diese Entwicklung zu erkennen. bei aller Dominanz Netanjahus gibt es auch noch ein Israel jenseits von „Bibistan“. Vertreten wird es nicht nur von jenen Gruppen, auf deren Einschätzung Gabriel zu Recht nicht verzichten wollte. Zählen kann man dabei auch noch auf die Opposition im Parlament und auf den aufrechten Staatspräsidenten Reuven Rivlin. Der hat Gabriel am Dienstag in Jerusalem freundlich empfangen. Dieses Israel sollte nicht alleingelassen werden.“ (Sueddeutsche.de)

Gegen selbstherrliche Regelverletzungen Putins und der FIFA in Fußballangelegenheiten kündigte BILD energischen Widerstand an. Was ungleich schlimmere Vergehen gegen Menschenrechte angeht, verrät BILD alle universalistischen Grundrechte. Verglichen mit dem verstockt-inversen Judenhass von BILD, der sich als überidentischen Philosemitismus gibt, sind alle rechten Bewegungen von Pegida bis zur AfD Harmlosigkeiten.

Und Merkel, BILDs Weltenretterin? Schweigt – und wartet ab. Obszöner kann deutsche Schande nach dem Holocaust nicht sein.

 

Fortsetzung folgt.