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Weltdorf XXV

Hello, Freunde des Weltdorfs XXV,

der Rassismus hat sich gehäutet, ist selbst bei jenen salonfähig geworden, die Hautfarben nicht beachten. Er hört auf den Namen Wirtschaft. Die überlegene Rasse ist mutiert zur überlegenen Wirtschafts- und Moralklasse. Die Begründung ist verschieden, die Funktion gleich geblieben: die Besten und Moralischsten halten sich für berechtigt, die Welt zu beherrschen.

Am Anfang waren es die Stärksten und Verwegendsten, die sich an die Spitze der Sippen und Völker setzten. Nur Schamanen und Priester, fähig, die Naturmächte und Götter zur Kooperation zu nötigen, konnten ihnen die Führungsstellung streitig machen.

Die männliche Hochkultur beendete die horizontale Ära des Matriarchats und begründete mit einem Duopol aus Muskeln und Magie die vertikale Klassengesellschaft der Besten. Gebet dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes ist. Cäsarismus und Papismus, die beiden Pole, waren nicht immer im Gleichgewicht. Ernannte der Cäsar sich zum Papst, kam es zum Cäsaropapismus. Hatte der Klerus Gewalt über die Obrigkeit, entstand eine Theokratie. Die Geschichte der Hochkultur ist eine Geschichte rivalisierender Ideen über das Beste.

Die Besten bei Platon waren die Weisen, die im Besitz der Wahrheit den gerechten und idealen Staat zum Wohle aller regierten. Auf das Einverständnis derer, die sie beglückten, legten sie keinen Wert. Weshalb Popper vom europäischen Urfaschismus sprach.

In Despotien geht es um das egoistische Beste der Tyrannen, in faschistischen Zwangsbeglückungen um das Glück aller. Widrigenfalls gegen den Willen derer, die eigene Glücksvorstellungen entwickeln und jedes erzwungene Glück als schlimmste Form der Unterdrückung betrachten.

Der Totalitarismus des vergangenen Jahrhunderts – eine Verschärfung des Faschismus ins Totale – war eine Synthese aus weltlicher und

klerikaler Alleinherrschaft. Hitler und Stalin wollten Priester werden. Über Umwege verwirklichten sie ihre Jugendträume: sie wurden „Cäsaropapisten“, die weltliche und geistliche Allmacht zur Einheit brachten. Hitler war Sohn der Vorsehung, der das eschatologische Dritte Reich errichten wollte, Stalin Sohn einer marxistischen Heilsgeschichte, die sich kurz vor dem Reich der Freiheit wähnte.

Für die deutsche Linke war Stalin das geringere Übel, nur er habe eine moralische Zielvorstellung besessen. Das war Unsinn. Auch Hitler wollte das Böse besiegen und die Seinen erlösen, um ihnen ein messianisches Leben in der geretteten Natur zu ermöglichen. Bis heute können die deutschen Linken nicht unterscheiden zwischen ihrer Moral und der Moral ihrer Gegner. Was sie für böse halten, kann für andere das Gegenteil sein.

Im Zeitalter der Demokratien scheint der Faschismus überwunden. Selbst das postsozialistische China hat sich derart mit dem Kapitalismus eingelassen, dass kollektive Gleichheitsphantasien überwunden scheinen. Nordkorea wurde zur familiären Despotie. Doch der Schein trügt. Hinter den offiziellen Fassaden liberaler Verfassungen regen sich mächtige Beglückungsmonopolisten, die die Welt ungefragt unter ihre Herrschaft bringen.

Banken und technologische Konzerne sind einflussreicher geworden als ihre Heimatnationen und haben sich die Menschheit mit ungeheuren Geldsummen und kreativen Innovationen untertan gemacht. Banken, zu groß, um sie gefahrenlos fallen zu lassen, haben die Sterblichkeit des Kapitalismus überwunden. Wenn sie Gewinne machen, machen sie Gewinne, wenn sie Verluste machen, machen sie auch Gewinne: der Schaden wird ihnen von den Bürgern ersetzt. So oder so, sie machen Gewinne. Den sozialdarwinistischen Slogan: der Tüchtige soll gewinnen, der Loser abtreten, haben sie besiegt. Sie besitzen das infallible Ticket der Dauersieger. Systemrelevant ist das moderne Wort für unsterblich.

Erfinder intelligenter Maschinen wollen Not und Tod des Mängelwesens Mensch abschaffen. Der Planet soll zur sicheren Heimstatt gottähnlicher Maschinisten oder zur Plattform der Auswanderung ins Weltall werden. Technik soll Erlöserin des Menschen werden. Ob die Menschheit geheilt und gerettet werden will, ist für algorithmische Heilande keine Frage. Ihr Denken halten sie für systemrelevant und alternativlos. Die Zukunft, die sie entwerfen, scheint unaufhaltsam die Welt zu erobern.

Gewählte Regierungen haben keine Einspruchsmöglichkeit mehr. Demokratische Rechte schrumpfen auf Peanuts. Die großen Menschheitsfragen werden von wenigen Milliardären und technischen Genies entschieden. Das Gebäude der modernen Demokratie wird von Kraken omnipotenter Urmächte umschlossen, die den Völkern die letzten Reste der Mitbestimmung aus den Rippen pressen.

Curtis Yarvin, ein Silicon Valley-Programmierer, will Demokratie völlig abschaffen. Und dies vor der Weltöffentlichkeit. Kein Protest nirgendwo. Auf keinen Fall im fortschrittssüchtigen Deutschland:

„Als Programmierer ist Curtis Yarvin Avantgarde, politisch ist er reaktionär – ein Verächter der Demokratie. Alle Menschen sind gleich, darauf beruht die amerikanische Verfassung. Doch genau damit hat Yarvin so seine Probleme. Für den US-Amerikaner ist jede «Regierungsform, die auch nur eine Spur Demokratie enthält, unrettbar verdorben».“ (WELT.de)

CETA sei kein vorbildliches Bespiel eines demokratischen Widerstandes gegen elitäre Zwangsbeglückungen – die anfänglich hinter verschlossenen Türen stattfanden –, sondern habe Europa blamiert. So ein Graf Lambsdorff. Die EU sei nur noch ein global playerle, höhnen postdemokratische Medien – in selbsterfüllendem Kotau vor den Giganten der Welt. Alle Einreden des Volkes wurden zu Störungen eines sich selbst regulierenden Systems. Faschistische Mächte haben die Demokratien zu Spielbällen ihrer planetarischen Erlösungsphantasien degradiert.

Oberhalb aller Staaten ist ein Superstaat entstanden, der als Supermaschine von Supermännern per Knopfdruck bedient wird. Die Völker werden zu Störmassen erniedrigt, die nur das Gefühlte, Vieldeutige und Narrative kennen. Die Gedanken sind frei, solange sie sich nicht dazu herablassen, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt zwei Formen der Sprache: die exakte Sprache der Eliten, mit der sie sich schnell und effizient verständigen – und die alles- und nichtsbedeutenden Wortkaskaden der abgedrängten Unterklassen.

Wie dankbar waren die globalen Regenten über aufmüpfige Volksreste, deren Pöbeleien ein willkommener Vorwand waren, die Völker als notorische Störenfriede aus dem Rennen zu werfen. Die von Deutschland auferlegten Sparmaßnahmen, die man besser Strangulierungsmaßnahmen nennen sollte, verurteilten die zum Ungehorsam neigenden Südstaaten zur Verelendungs- und Hungerkur. Erst, wenn sie das Röcheln einstellen, werden sie als saniert gelten.

Von den Flüchtlings-Sintfluten – obgleich seit Dekaden vorhersehbar – fühlte man sich überschwemmt, sodass man die europäischen Außengrenzen in jene Länder vorverlegte, aus denen weitere Massen zu kommen drohen. Die westliche Maschine lief nicht mehr rund.

Warum wird der Syrienkonflikt nicht gelöst, obgleich militärische Supermächte im Spiel sind? Nicht wegen eines neuen Kalten Kriegs, sondern um die frei schwirrenden Konflikte im Krisengebiet des Nahen Ostens auf einen erkennbaren Punkt zu konzentrieren. Mit Katastrophenbildern, am liebsten von blutüberströmten Kindern, wird den Völkern eingebläut, dass irdische Konflikte überkomplex und unlösbar seien, damit die internationalen Profitgeschäfte umso geräuschloser abgewickelt werden.

Verschwörungstheorien!!! Solche Szenarien müssen nicht in dunklen Hinterzimmern abgesprochen werden. Sie sind zur DNA internationaler Machiavellisten geworden, die gar nicht mehr anders denken können, als die Beutestücke einer geschändeten Natur unter sich aufzuteilen. Wozu Verschwörungen, wenn jahrhundertealte Herren-Ideologien sich derart perfektionieren konnten, dass sie zur zweiten Natur der Giganten geworden sind?

Bereits in den idyllischen Zeiten eines Adam Smith bedurfte es nur einer normalen Geselligkeit, um die Ausbeuter zu „Verschwörern“ zu machen:

„Leute von demselben Gewerbe kommen selten auch nur zum Vergnügen zusammen, ohne dass ihre Unterhaltung mit einer Verschwörung gegen das Publikum oder einem Plane zur Erhöhung der Preise endigt.“ (Wohlstand der Nationen)

Wenn die Superyachten der Reichen in trautem Pulk von Hafen zu Hafen vor der südfranzösischen Küste tingeln: worüber reden die Erwählten, wenn sie zwischen Sexorgien sich ein wenig erholen müssen?

Freihandel klingt nach Freiheit. Was kann man gegen Freihandel haben, wenn Friedrich Lists Freihandelspläne zur deutschen Freiheit führten? Fragte der SPIEGEL.

Doch Lists Pläne führten nicht zur Freiheit, sondern zur Einheit des Bismarckstaates, der schnell zum wilhelminischen Flotten-Staat anschwoll, um in zwei Weltkriegen Fingerhakeln mit den Weststaaten durchzuführen. Wirtschaftsverträge sind Machtverträge und haben mit Freiheit so viel zu tun wie persönlicher Waffenbesitz mit demokratischer Selbstbestimmung.

Der Widerstand gegen CETA hat auch nichts mit Kanada zu tun. Kurbjuweit spricht gar von Antikanadismus, gemäß der medialen Unsitte, jede Kritik mit einem Anti zu versehen, damit sie dem Kritiker im Halse stecken bleibe.

„Wahrscheinlich ist sich Kanada in seiner Geschichte nie so furchterregend vorgekommen. Bislang galt es eher als das bessere Amerika. Nun verschreckt Kanada Teile Europas, als wolle es nicht Waren, sondern Bären schicken. Erst der Brexit, jetzt der Antikanadismus. Was sagt die Welt zu diesem seltsamen Gebilde, das mal Weltmacht sein wollte und nun in seine Einzelteile zerfällt?“ (SPIEGEL.de)

Kanada mag das bessere Amerika sein, es geht nicht um nationale Sympathien. Es geht um Reduzierung internationaler Machenschaften der Oligopole, die unter dem Etikett der Freiheit das Revier ihrer Muskelspiele ins Grenzenlose ausdehnen wollen.

Von Anfang an war Freiheit des Liberalismus keine Denkfreiheit oder die ungehinderte Möglichkeit der Völker, sich besser kennen zu lernen, um sich friedlich zu verständigen. Unter dem Deckmantel der Freizügigkeit wurden die abhängigen Unterklassen derart ausgepumpt, dass sie froh waren, in ihren Elendsquartieren einige Jährchen vor sich hinzuvegetieren. Man muss den Hass des Pastors Malthus auf die überflüssigen Massen verstanden haben, um die Kehrseite des „klassischen Wirtschaftsliberalismus“ zu begreifen.

„Malthus wird 1789 das geistig-theoretische Fundament für alle jene Politiker, Kirchenmänner und Männer der Wirtschaft legen, die in großer Angst der Überzeugung sind: die jetzt entstehenden Massen bilden eine ungeheure Gefahr für die Menschheit; konkret für die Schichten, die sich ihrer Bildung, ihres Besitzes, ihrer Macht, ihrer Frömmigkeiten erfreuen. Die ganze Bevölkerung wird an „Überbevölkerung“ verderben. Also müssen die neuen Massen vernichtet werden. durch Krieg.“

Diese „letzte Weisheit“ wird von europäischen Intellektuellen hemmungslos debattiert und in massen-reduzierende Politmaßnahmen übersetzt. Nicht der unnütze Pöbel soll sich fortzeugen, sondern nur diejenigen, die ihre schreienden Bälger an Mietlinge übergeben können, damit die eigene Raubtierfreiheit nicht übermäßig eingeschnürt werde. Hartz4-Methoden sind legitime Erben dieser Denunzierungskampagnen – erdacht von dem Proletenkanzler Schröder, einem idealen Vermittler zwischen Abgehängten und Abgehängten.

Worin besteht die gegenwärtige Freiheit der deutschen Industrie? Im steigenden Waffenexport nach Saudi-Arabien, wo rebellische Untertanen mit der Scharia an Gehorsam gewöhnt werden sollen. Hier ist Kurbjuweit zuzustimmen:

„Gibt es eine bundesdeutsche Schande? Ja, es gibt eine bundesdeutsche Schande. Sie heißt: Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. Sie sind gestiegen. Saudi-Arabien ist das Land, das im Jemen einen Krieg führt, der fast vergessen ist, weil nicht so viele Flüchtlinge wie aus Syrien nach Europa kommen. Saudi-Arabien ist das Land, das einen liberal gesinnten Blogger endlos auspeitschen lässt. Saudi-Arabien ist das Land, das mit unseren Werten überhaupt nichts im Sinn hat. Aber die Bundesrepublik schickt fleißig Waffen und Munition dorthin. Diese Euros nimmt man gern mit. Das ist die bundesdeutsche Schande.“ (SPIEGEL.de)

Freihandel ist das Herrschaftsgelände der Starken. Es gibt zwei imperiale Richtungen des Freihandels. Die Starken dominieren die Schwachen und beuten sie ökonomisch aus – und werden von noch Stärkeren selbst dominiert und ausgebeutet:

„Die Chinesen befinden sich auf Einkaufstour in Europa und kaufen 16 000 Wohnungen – überwiegend in Berlin, aber auch in Köln, Kiel und Rendsburg. Mittlerweile wurden schon viele Unternehmen in Deutschland von China aufgekauft. Jetzt gibt es die passenden Wohnungen dazu. Der chinesische Staatsfonds CIC steigt Finanzkreisen zufolge in den deutschen Wohnungsmarkt ein.“ Schreiben die überaus verdienstvollen Netzfrauen.

Warum gibt es in Berlin keine bezahlbaren Wohnungen mehr? Weil es Freihandel gibt – oder das uneingeschränkte Beuteverhalten der Superreichen in aller Welt.

Alle geographischen oder ökonomischen Sahnehäubchen des Planeten sind längst besetzt und geplündert. Wie viele Landmassen haben sich die Chinesen allein in Afrika, neuerdings in der Ukraine, unter den Nagel gerissen. Die nationalen Grenzen hatten einst den Sinn, die eigenen Schwachen gegen die Starken anderer Länder zu schützen. Wie deutsche Finanzimperialisten sich die besten Stücke der Griechen, Rumänen, Bulgaren ergatterten, so ergattern saudische Prinzen oder chinesische Milliardäre überall auf der Welt die leckersten Sahneschnitten.

Sehenden Auges werden die eigenen Wählermassen der Gier fremder Magnaten ausgeliefert – um die Kluft zwischen Oben und Unten nicht schrumpfen zu lassen. Dann wundern sich die deutschen Malthusianer, wenn das malträtierte Volk zurückbellt.

Wie Europäer die afrikanischen Märkte mit Billigprodukten überschwemmen, so überschwemmen ausländische Geldgiganten den deutschen Markt, um die Schwachen noch mehr ins Abseits zu drängen.

Überflüssig zu erwähnen, dass eine gewählte Pastorentochter sich durch solche Fisimatenten nicht aus ihrer heiligen Gelassenheit bringen lässt. „Brandstifter“ nannte ein portugiesischer Politiker den deutschen Finanzminister, den Adlatus der Kanzlerin, weil die Portugiesen sich nicht vorschriftsgemäß am Halse würgen, um sich gesund zu sparen. Das seien nur irrationale Aufwallungen, nicht weiter ernst zu nehmen. Hat Ökonomie etwa mit Gefühlen zu tun? Sachlich bleiben: ihr Verlierer der Moderne! Haltung bewahren ist das Zeichen des Gentlemans.

Um eigenen Wohlstand zu vergrößern, sollen die Länder in Freiheit Waren austauschen. Jedes Land sollte produzieren, was es am besten produzieren kann. Was aber können Länder produzieren, die gar nichts produzieren wollen, weil sie mit ihrem Leben am Busen der Natur zufrieden sind? Wehrlos müssen sie zuschauen, wie potente Nationen ihr Land überfallen, um Bodenschätze und Rohstoffe zu rauben.

Die These von der internationalen Arbeitsteilung kam auf. Adam Smiths Beispiel von der Nadelherstellung wird überall zitiert. Doch seine eigene Gegenrede, die vor den Gefahren der Verblödung bei unsinniger Arbeitszerstückelung warnte, wird nie zitiert.

„Jemand, der tagtäglich nur wenige einfache Handgriffe ausführt, die zudem immer das gleiche oder ein ähnliches Ergebnis haben, hat keinerlei Gelegenheit, seinen Verstand zu üben. So ist es ganz natürlich, dass er verlernt, seinen Verstand zu gebrauchen, und so stumpfsinnig und einfältig wird, wie ein menschliches Wesen nur eben werden kann. Solch geistige Trägheit beraubt ihn nicht nur der Fähigkeit, Gefallen an einer vernünftigen Unterhaltung zu finden, sie stumpft ihn auch gegenüber differenzierten Empfindungen wie Selbstlosigkeit, Großmut oder Güte ab. Die weitreichenden Interessen seines Landes kann er überhaupt nicht beurteilen. Ein solch monotones Dasein erstickt allen Unternehmungsgeist. Seine spezifisch berufliche Fertigkeit hat er sich auf Kosten seiner geistigen, sozialen und soldatischen Tauglichkeit erworben. Dies ist die Lage, in welche die Schicht der Arbeiter, also die Masse des Volkes, in jeder entwickelten und zivilisierten Gesellschaft unweigerlich gerät, wenn der Staat nichts unternimmt, sie zu verhindern.“

Nur in einem Punkt irrte Smith: zu Soldaten taugten die verblödeten Proleten immer.

Völker, wollen wir miteinander tauschen? Was bietet ihr, weiße Fremdlinge? Maschinen, Maschinen, Maschinen. Was sollen wir mit Maschinen, solange wir mit fünf Sinnen auskommen, um friedlich mit Mutter Natur zu leben? – Okay, wir haben euch gefragt. Seid ihr nicht willig, so brauchen wir Gewalt.

Haben die Weißen je ein Volk gefragt, ob es mit ihnen Handel treiben will? Nein, sie zwangen sie, ihre Produkte abzunehmen und ihre Bedingungen widerspruchslos zu übernehmen. Freihandel war die Fortsetzung der Zwangsmissionierung mit anderen Mitteln.

„Als Missionare später merkten, dass ihr Glaube an die Überlegenheit christlicher Werte, den sie den anderen eingetrichtert hatten, auf ziemlich schwachen Füßen stand, hatte das von ihnen gestützte Wirtschafts- und Ausbeutungssystem schon dafür gesorgt, dass sich ein Millionenheer von Entwurzelten bildete, in die Stadt und in die Nähe der Industrien Gelockte auf der untersten Stufe der sozialen Leiter ohne jede Aufstiegsmöglichkeit. Das hatte es vor der Ankunft der Weißen und ihrer Missionare in diesen Ländern nicht gegeben.“ (Gert von Paczensky, Teurer Segen, Christliche Mission und Kolonialismus)

Der internationale Tauschhandel bestand vor allem aus der Bestechung fremder Despoten und der Ausraubung ihrer Bevölkerungen. Zwar gab es Fortschritte in der Armutsbekämpfung, sofern man es für richtig hält, nicht-kapitalistische Völker als arme zu bezeichnen. Wie erklärt man sich aber die Tatsache, dass Eingeborenenvölker, die in Kontakt mit der westlichen Zivilisation gekommen sind, nicht daran denken, sich in die Städte der Kapitalisten zu flüchten, solange ihre natürliche Umwelt noch einigermaßen intakt ist?

Die wirtschaftliche Weisheit der Naturvölker, sich seit erdenklichen Zeiten von der Natur zu ernähren, ohne sie zu malträtieren, kann nicht genug bewundert werden. Die Überlegenheit westlicher Hochkulturen könnte sich als katastrophaler Bluff erweisen – wenn sie ihre Umwelt weiterhin zerstören. Eines Tages könnten die letzten Weißen, die den Zusammenbruch ihrer Kultur überleben, froh sein, in die Hütten der Naturvölker aufgenommen zu werden. Die Überlegenheit der Hochkultur könnte sich als das männliche Blendwerk der letzten Jahrtausende herausstellen.

Dabei waren die Verfallsformen des Kapitalismus seit seiner Einführung in der griechischen Frühzeit ersichtlich. Kaum hatten die Griechen begonnen, mit Schiffen übers Meer zu fahren, um bei fernen Völkern einzutauschen, was sie selbst nicht besaßen, mussten sie auch das Geld erfinden. Mit der Einführung des Geldes wuchsen die Unterschiede zwischen denen, die hatten und denen, die nichts hatten.

„Mit dem Aufkommen des gemünzten Geldes im Verkehr erweiterte sich die Kluft zwischen reich und arm, und wir sehen in der Solonischen Zeit Athen von einer sozialen Krisis gefährlichster Art ergriffen. Nur durch außerordentliche Maßregeln, gesetzlich vorgeschriebenen Nachlass an Kapital und Zinsen und Annullierung der Schuldsklaverei konnte man derselben Herr werden. Pindar klagt, dass die Menschen gewinnsüchtig geworden seien. Theognis eifert gegen die verkehrte Lebensauffassung seiner Landsleute, nach der Reichsein die einzige Tugend sei. Schnöde Gewinnsucht, die nicht nur auf ehrliche, sondern auch auf unehrliche Weise Reichtum zu erwerben sucht, werde immer mehr die Regel. Vor lauter Streben nach weiterem Erwerb, so die Kritik einiger Dichter, käme es nicht zum ruhigen Genuss des Erworbenen. Die Reichen hielten tatenlose Ruhe nicht minder für ein Übel als mühselige Geschäftslast und seien dazu gemacht, weder selbst Ruhe zu haben, noch anderen Ruhe zu lassen. Die Armen und das Volk seien es, welche dem Staate Reichtum und Macht verschafften, weit mehr als die edlen Bürger und die Mächtigen der Stadt. Der Reichtum ist vor allem ein Mittel zur Macht. Die Macht des Reichtums übertrifft selbst diejenige des Zeus. Verhängnisvoll ist freilich, dass er seine Besitzer unersättlich macht: wenn sie viel haben, so wollen sie immer noch mehr. Das Verhängnisvollste aber war, dass der Reichtum die Demokratie zugrunde richtete.“ (Wilhelm Nestle, Euripides)

Es gibt deutsche Historiker, die ihre Kollegen tadeln, wenn sie von einem altgriechischen Kapitalismus sprechen. Jene Anfänge der Geldwirtschaft seien mit der modernen Ökonomie nicht zu vergleichen. Ebenso gut könnte man den Gelehrten verbieten, von Krieg der Germanen gegen die Römer zu sprechen, weil die Kohorten noch keine Kalaschnikows besaßen.

Seit fast 3000 Jahren ist der Kapitalismus sich grundsätzlich ähnlich geblieben. Nur seine quantitativen und technischen Dimensionen haben sich ins Ungeheure ausgedehnt. Die wirtschaftliche Überlegenheit des Westens hat zu einem Rassismus des Geldes und der Macht geführt. Nicht wenige dehnen die Überlegenheit des Westens auch auf die Moral aus. Kurbjuweit hat hier Besonderes zu bieten:

„Unter Westhassern und Russlandfreunden von Linksrechts gibt es ein neues Vergnügen. Sie setzen die Attacken auf Aleppo und Mossul gleich und freuen sich diebisch, zum 1000. Mal, dass der Westen nicht mit blütenweißer Weste dasteht, dass auch die Kriege, die er führt oder gutheißt, Böses hervorbringen. Was sie nicht verstehen wollen, weil es ihren Interessen zuwiderläuft: Eine Doppelmoral kann man nur dem vorwerfen, der eine Moral hat in diesen Dingen, und das ist nun einmal der Westen. Im Krieg sind nur Diktaturen und autoritäre Staaten eins mit sich selbst (und eins mit ihren Freunden in den Demokratien). Der Westen verletzt im Krieg seine eigenen Ideen, und das wird dann sofort diskutiert und manchmal bestraft.“ (SPIEGEL.de)

Nur wir haben eine Moral? Nur wir können uns als Heuchler kritisieren? Diktaturen und autoritäre Regimes hingegen seien mit sich identisch?

Die Identität des Amoralischen mit sich selbst ist die Definition des Bösen. Der Böse will das Böse um des Bösen willen. Wir hingegen müssten die Guten sein, die so gut sind, dass sie selbst die Defizite ihres Gutseins erkennen. Dazu seien die Bösen nicht in der Lage.

Diese Anmaßung übertrifft jede AfD-Deutschtümelei um ein Mehrfaches. Leben in Diktaturen denn keine Menschen, die uns ähnlich sind? Sind sie nicht verzweifelt über die Unmenschlichkeiten ihrer Regime? Kann man die Moral der Völker anhand nationaler Grenzen identifizieren? Ist der Virus der Freiheit und Selbstbestimmung nicht längst in allen Völkern am Werk?

Der Freihandel bringt es an den Tag. Völker unterhalb unserer westlichen Qualität besitzen keine gleichwertige Moral. Ein Tauschhandel auf gleicher Ebene ist mit ihnen nicht möglich. Das Beste, was ihnen passieren kann, ist eine Zwangsbeglückung durch unsre dominante Wirtschaft und Kultur. Erstaunt werden sie feststellen, dass unsere genialen Maschinen identisch sind mit unserer überlegenen Herrenmoral.

Völker und Heiden, kniet nieder! Bewundert die Qualitäten eurer messianischen Beglücker.

 

Fortsetzung folgt.