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Europäische Idee XXI

Hello, Freunde der europäischen Idee XXI,

„Mein christliches Gefühl weist mich hin auf meinen Herrn und Heiland als Kämpfer. Es weist mich hin auf den Mann, der einst einsam, nur von wenigen Anhängern umgeben, diese Juden erkannte und zum Kampf gegen sie aufrief, und der, wahrhaftiger Gott, nicht der Größte war als Dulder, sondern der Größte als Streiter! In grenzenloser Liebe lese ich als Christ und Mensch die Stelle durch, die uns verkündet, wie der Herr sich endlich aufraffte und zur Peitsche griff, um die Wucherer, das Nattern- und Otterngezücht hinauszutreiben aus dem Tempel.“ (Ein nicht unbekannter Führer, der – wie Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili – eigentlich Priester werden wollte. Er wurde Priester der ecclesia militans, der Kirche mit Feuer und Schwert.)

„So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn„. (Der „christentumsfeindliche“ Verfasser von „Mein Kampf“)

„Der Nationalsozialismus war in seinem Wesen eine millenaristische Doktrin, wenngleich er auch in säkularen Begriffen formuliert wurde. Schon sein zentraler Slogan des ‚tausendjährigen Reiches‘ entstammt direkt dem Vokabular der millenaristischen Bewegungen (und dort wiederum aus der Offenbarung des Johannes 20:4-6). In dem Terminus der ‚Endlösung‘, mit dem die Nazis ihre Politik der Judenvernichtung bezeichneten, sind die apokalyptischen Obertöne kaum zu überhören. Man verstand darunter die Reinigung der Menschheit von rassischer Verseuchung …
Nur die Juden waren zur vollständigen Ausrottung bestimmt, ‚minderwertige‘ Rassen, wie etwa die Slawen, sollten zwar ihrer Führung und ihrer kulturellen Elite beraubt werden, dann aber als Sklaven der ‚Herrenrasse‘ am Leben bleiben
Die Stellung von Hitler selbst, einer halb-göttlichen Gestalt, ist der Rolle Christi bei seiner Wiederkunft parallel. Es fiel Hitler daher als Teil seiner Rolle zu, wie im Mythos des Kampfes Christi gegen den Antichrist, die Welt endgültig von

den Kräften des Bösen zu befreien, und das waren eben die Juden.
Auf diese Weise formulierten die Nazis in rassistischem Vokabular die Vorstellung der endgültigen Überwindung des Bösen, welche die Essenz des
christlichen Millenarismus darstellt. Daß die Wahl des Zieles dabei auf die Juden fiel, ist das direkte Ergebnis jahrhundertelanger christlicher Lehre, in welcher die Juden als dämonisches Volk, dem Bösen verschrieben, eine Sonderstellung besaßen.“ (Hyam Maccoby, „Der heilige Henker: die Menschenopfer und das Vermächtnis der Schuld“)

„Der Aufbruch des deutschen Volkes wurde mit dem der Reformation verglichen. Die Kirchenzeitungen boten eine Fülle von Verlautbarungen, in denen die Machtergreifung des Nationalsozialismus als Zukunftschance für Volk und Vaterland verstanden wurde. Man sah in ihr auch Voraussetzungen für einen Aufschwung des kirchlichen Lebens und öffentlicher Wirksamkeit der Kirchen gegeben.“ (Kurt Meier, Kreuz und Hakenkreuz)

Eine katholische Nonne erzählt:

„Zuerst möchte ich auf die Judenfrage eingehen, zu der ich eine kleine Begebenheit erzählen will, die vor 14 Tagen eine unserer Schwestern aus Partenkirchen mitbrachte. Sie war dort mit einer Schwester der Evangelischen Frauenhilfe zusammen, und diese verirrte sich an einem regnerischen Tage in den Bergen. Es begann dämmrig zu werden, als sie endlich einen Mann, anscheinend einen Einheimischen, trifft. Er hat den Hut tief ins Gesicht gezogen und den Kragen der Joppe hochgeschlagen. Den bittet sie, ihr zu helfen, und er erbietet sich, sie auf den richtigen Weg zu bringen. Als sie aufschaut, ihm ins Gesicht sieht, ist es Adolf Hitler! Unterwegs fragt er sie, wie denn die Schwestern über den Nationalsozialismus dächten und sie sagt: Ach, die jüngeren sind hellauf begeistert, aber die Älteren stoßen sich daran, daß Sie so scharf gegen die Juden vorgehen! Da hat ihr der Reichskanzler geantwortet: ‚Ja, Schwester, das wird auch nur der verstehen, der wie ich die Juden in Wien kennengelernt hat. Ich habe erkannt, daß es keine andere Möglichkeit zum Gesundwerden unseres Volkes gibt, als sie und ihre Ideenwelt auszumerzen!“

„Kennen Sie die folgende, so bezeichnende kleine Begebenheit? Hitler trifft in der Nähe des Klosters Chorin eine Diakonisse und diese fragt ihn: ‚Herr Reichskanzler, woher nehmen Sie nur die Kraft für Ihr schweres Werk?‘ Da zieht er ein Neues Testament aus seiner Rocktasche und sagt: ‚Hier, Schwester!‘
Kommentar von Schwester Dora Gerhardt: „Uns Schwestern ist es so leicht gemacht, im neuen Staate mitzuarbeiten. Ein richtig aufgefaßter Schwesternberuf ist überhaupt schon Nationalsozialismus.“

Ganze Bibliotheken könnte man füllen mit Zeugnissen und Belegen des christlichen Geistes der Nationalsozialisten. Dennoch haben es die Kirchen in der Nachkriegszeit geschafft, sich weiß zu waschen und als Bollwerke gegen die millenaristischen Endzeitkrieger darzustellen. Heuchelei ist ein viel zu harmloses Wort für diese Orgien an Lüge und Verfälschung der historischen Wahrheit, die George Orwell als Neusprech des Wahrheitsministeriums beschrieb.

Was das Thema „Kirche und Nationalsozialismus“ anlangt – den Gründungsmythos der BRD –, ist die deutsche Demokratie als Neusprechland unter der Herrschaft klerikaler und klerikophiler Wahrheits-Ministerien zu bezeichnen, die sich in der Nachkriegszeit neu erfanden und die Geschichte der Deutschen im Sinne ihrer neuen Maskierung umschrieben. Stets mit fleißiger Unterstützung der Medien und führender Intellektueller, Gelehrter und Gebildeter.

Das gilt nicht nur für die nationalsozialistische Verbrecherpolitik, es gilt auch für die Neubewertung der Natur und Technik, der Demokratie und Menschenrechte, des Völkerrechts und Pazifismus, des westlichen Kapitalismus, der Einschätzung der Frau und der Homosexuellen, der Abtreibung und aller damit verbundenen Folgeprobleme.

Alle Bibelstellen, die die Vernichtung der sündigen Natur, die Verherrlichung gottähnlicher Technik, die Verfluchung des westlichen Mammonismus, die Seligpreisung der Armut, den strikten Gehorsam unter eine totalitäre Obrigkeit, die Lehre von der Minderwertigkeit der Frau und der schrecklichen Sünde gleichgeschlechtlicher Liebe als Willen Gottes verkündeten, sind durch Neudeutung uralter Texte, durch täglichen Neusprech und geschmeidige Anpassung an den Zeitgeist ins veritable Gegenteil verkehrt worden.

Die Postmoderne, die Lehre von den ständig wechselnden Wahrheiten, ist die Lehre der Kirchen seit 1000en von Jahren. Solange Gottesknechte an der Macht sind, herrscht unfehlbarer Stillstand. Solange sie geschwächt werden durch den Widerstand mündiger Citoyens, herrscht Unfehlbarkeit permanenter Anpassung an die Meinungen der Eliten. Erobern sie wieder die Macht durch Zurückschlagen gegen die Vernunft, kehren sie zurück zu früheren Repressionsdeutungen ihrer Heiligen Schrift. 1984 – das ist die Beschreibung der christlichen Kirche, die sich den westlichen Staat einverleibt hat. Der Große Bruder ist der Große Gott. Halleluja.

Nach dem Krieg, im Sog einer revolutionären Jugend, erschienen die Kirchen wie neu geboren und weiß gewaschen mit Schnee und Ysop (Bienenkraut). Heute sind die Herren der Offenbarung Freunde der Frauen, der Natur, der ökologischen Schöpfungsbewahrung, der Schwulen und der Demokratie. Ja, die Demokratie wollen sie mittlerweilen erfunden haben. Die Menschenrechte sollen Sprösslinge biblischer Gottähnlichkeit sein.

(Wie ist Gott? Gott ist allmächtig, allwissend und allpräsent. Bei Ihm ist nichts unmöglich. Gott durchschaut alle Menschen. Ist Gott mit uns, wer mag wider uns sein. Er erbarmt sich, wessen er sich erbarmt, verhärtet aber, wen er will. „Oh Mensch, wer bist du, dass mit Gott streiten willst?“ Alle Verdienste liegen bei Ihm, alle Schuld liegt beim Menschen. Mit einem Wort: Gott ist alles, was ein Demokrat nicht sein darf, in Silicon Valley aber überintelligenten Maschinen einprogrammiert wird.)

Was sie seit Jahrtausenden bekämpften mit Hexenprozessen, Inquisition, Autodafés und Ketzerverfolgungen: heute haben sie sich an die Spitze ihrer einstigen Gegner gesetzt. Die griechischen Erfinder von Demokratie und Gleichheit löschten sie aus dem Gedächtnis der Menschen. Sie sind die eifrigsten Ökologen, Feministen und bekennenden Schwulen, die sozialsten Verteidiger der Armen und Schwachen. Dank ihres Reichtums, ihrer Säle und Gebäude sind sie Unterstützer vieler linker und rechter Basis-Gruppen. Sie betreiben Kitas, Schulen, Krankenhäuser, evangelische und katholische Akademien.

Die Spitzen der deutschen Politik bestehen aus Pastoren, Pastorentöchtern, Exfrauen von Pastoren (Petry), bekennenden Christen aller Konfessionen in beliebiger Mehrheit. (Einen atheistischen Arbeitskreis innerhalb der Proletenpartei hat Erzengel Gabriel verboten.) Alle Kandidaten der SPD, die etwas werden wollen, sind just in time „mit sich im Reinen, was die Gottesfrage betrifft“.

Das Feiern des Lutherjahrs wird als staatliches Mega-Ereignis geplant. Wie die katholisch gewordene Romantik die Epoche der Aufklärung und der Emanzipation der Untertanen beendete, so ist die heutige Republik eine getreue Wiederholung des lutherischen Anti-Humanismus und der romantischen Gegenaufklärung. Merkels Barmherzigkeit wird in der ganzen Welt als Synthese aus Nächstenliebe und Politik bewundert. BILD-Blome fordert für das fromme Merkel-Deutschland die Dauerführungsrolle über Europa. Ohne deutsche Führung könne Europa nicht existieren.

In dieser Zeit hat Angela Merkel unerklärt aber spürbar die Führung in Europa übernommen. Auf dem Weg durch die Euro-Turbulenzen und erst Recht in den letzten Monaten der Flüchtlingskrise hat auch sie nicht wenig Fehler gemacht, manchen Partner irritiert oder übergangen. Aber wer sich ihre Niederlage auf den kommenden EU-Gipfeln wünscht, der muss wissen: Am Morgen danach wacht er in einer schlechteren Europäischen Union auf.“ (BILD.de)

Es gibt zwei Begriffe von Heuchelei: a) die Vertuschung der eigenen Moralprinzipien, ob sie sich widersprechen oder nicht und gleichgültig, wie sie sein mögen, b) der geleugnete Widerspruch gegen allgemeine moralische Prinzipien. Wer Wein säuft und Wasser predigt, verstößt gegen das Prinzip des Widerspruchs und der Einfachheit des Lebens. Wer aber Wein und Wasser offen propagiert, kann gar nicht heucheln. Verbote und Widersprüche gibt es bei ihm nicht, denn nichts ist ihm verboten, alles nach Belieben erlaubt.

Den letzteren Begriff der Heuchelei ist den Zeitgenossen unbekannt, von einer antinomischen Willkürmoral der christlichen Botschaft haben sie noch nie gehört. Sie kennen nur den Verstoß gegen Ideen, die sie moralisch für richtig halten. Das ist – idealtypisch – das Gute der allgemeinen Humanität, welches sich im Prinzip nicht ändern darf.

Die gefühlte Moralität der Zeitgenossen ist die zeitlose Moral der griechischen Menschlichkeit. Eliten sind postmodern und halten zeitlose Moral für antiquiert. Die „ungebildeten“ Massen der Völker sind naiv wie die Kinder. Für sie ist Moral, was für alle Menschen und zu allen Zeiten gegolten hat, gilt und gelten wird.

Da sich der Begriff der Heuchelei im Sinne des Widerspruchs zwischen Tun und Sagen durchgesetzt hat, müssen wir ihn bei allen folgenden Überlegungen zugrunde legen. Wenn der Pöbel sich pegadistisch gegen Medien und Eliten empört, sie seien machtzerfressene Heuchler, legen sie – gefühlsmäßig – zeitlos-allgemeine Moralgrundsätze zugrunde. Ohne zu ahnen, dass die Eliten über ihre Spießergrundsätze nur spotten können.

Die Moral der Mächtigen ist so flexibel, dass niemand gegen sie verstoßen kann. Und doch spotten sie nicht, sondern sind gekränkter als sie nach ihren eigenen Willkürkriterien sein dürften. Die Erklärung ist einfach: viel postmodernes Getue, doch im Kern ihrer schwarzen Seele wollen auch sie hochmoralisch sein. Sie geben es nur nicht zu. Werden sie allerdings angegriffen, entdecken sie unvermutet den „charakter indelebilis“ (unauslöschlichen Charakter) ihres „bürgerlichen Ethos“.

Die Medien haben es schwarz auf weiß niedergelegt: ein authentischer Journalist macht sich weder mit dem Guten noch dem Bösen gemein. Außerdem will er nix. Im Streit der politischen Meinungen schwebt er objektiv über allen Geistern. Selbst wenn es um Überlebensfragen der Menschheit geht: von allem bleibt er unberührt, als gehöre er gar nicht zur Gattung der Spezies „humanoide Bestie“. Er muss die Menschheit vor Gefahren und Fehlern nicht warnen, sie bei lebensrettenden Maßnahmen nicht unterstützen.

Nur schlechte oder skandalöse Nachrichten sind für ihn gute Nachrichten. Gute Nachrichten sind langweilig, spießig, besserwisserisch, oberlehrerhaft, vorgetragen mit autoritärer Zuchtrute oder erhobenem Zeigefinger.

Der aufmüpfige Pöbel spielt die Rolle trotzig und aggressiv aufbegehrender Kinder in der ungelüfteten autoritären Standardfamilie. Der Shitstorm soll den Autoritäten ihre „verlogenen“ Verhaltensweisen eins zu eins zurückspiegeln. Das offensiv gezeigte Gift soll die ehrliche Spiegelungsvariante der versteckten und verdeckten Giftigkeit der Eliteklassen sein. Jetzt zeigen wir euch, wie heimtückisch ihr uns tatsächlich behandelt, wenngleich ihr tut, als könntet ihr kein Wässerchen trüben und würdet nur das Beste für die ganze Gesellschaft wollen. Wollt ihr aber nicht. Vermutlich ohne es zu merken, seid ihr zu Machterhaltungsmaschinerien der Oberen geworden.

Nehmen wir die öffentlich-rechtlichen Sender. Sie verstoßen zunehmend gegen ihre verfassungsmäßige Pflicht politischer Aufklärung. Politik ist bei ihnen zur „Furie des Verschwindens“ geworden. Solange die Menschen abends aufnahmefähig sind, gibt’s nur Palliative: Sport, Sport, Spiele und Trallala. Ernsthafte Sendungen zu normalen Zeiten gibt’s so gut wie nicht – erst um Mitternacht kann man wichtige Beiträge sehen.

Wie in Spätzeiten der Römer verabreichen ZDF und ARD nur noch Brot und Spiele. Wochenlang nur Sport von morgens bis abends. Ein durchdachtes Programm für mündige Menschen – Fehlanzeige. Das Publikum wird infantilisiert und entmündigt. Zeigt es auf der Straße das ungewaschene Maß seiner Verwilderung, wird es verflucht, als sei es aus der Hölle gekrochen. Gnadenlos werden Politdebatten von den Sendern abgesetzt, wenn korrupte, von Putin und Scheichs bezahlte Clubs Fußball spielen oder Leichtathleten sich drogenhaft selbst zerstören.

Noch nie gab es so viele Politkonflikte wie gegenwärtig – und dennoch bleibt das Programm eine eherne Wüste aus Frau Neubauer, verwitweten Pfarrern mit vier Söhnen, unübertrefflich skeptisch blickenden Leichenbeschauern und bornierten Abfragereien, die sich als Bildungssendungen ausgeben.

Immer geht es um den Besten, der Zweite ist schon der Loser. Nie geht es um solidarisches Handeln. Die Interessen des heiligen Individuums schließen die der Gemeinschaft aus. Ranking, Ranking, die Zensuren selbsternannter Richter hören nimmer auf. Zensuren Gottes prasseln im Jüngsten Gericht in vorauseilendem Gehorsam auf die Menschheit nieder. Wenige Auserwählte ins Licht der Kameras, doch die im Dunkeln stehen, die sieht man nicht.

Gesprächsrunden werden inszeniert, um Schlagzeilen zu produzieren. Sie entbehren jeglicher dialogischen Strenge. Bei Anne Will entlarvte ihre Ex-Kollegin Krone-Schmalz das Geheimnis, das keines ist:

„Krone-Schmalz stellte fest, es sei sehr leicht, sich auf moralisierende Debatten einzulassen, »wenn man im Warmen sitzt«. Wenn Kanzlerin Angela Merkel die Bombardements kritisiere, moralisiere sie dann? Über diese Frage von Will zeigte sich Krone-Schmalz verstimmt: »Was wollen Sie mit dieser Frage? Ich sage Ihnen, dass ich Fragetechniken auch kenne. Es hat einen Unterhaltungswert, diese Sendung, sehe ich ein. Und wir haben morgen mehr Presse, wenn wir hier Zoff haben.«“ (SPIEGEL.de)

Fragen dienen nicht der Klärung. Sie sollen für Zoff sorgen, der am nächsten Tag die Gazetten füllt. Obwohl es seit Dezennien um europäische Fragen geht, gibt es keine einzige Gesprächsrunde mit europäischen Teilnehmern. Der internationale Frühschoppen darf nur erscheinen, wenn die ARD den Presseclub wegen – richtig – Sport ausfallen lässt. Hat man schon einmal einen portugiesischen Journalisten bei Illner gesehen? Nicht mal Dänen, Norweger, Finnen oder Griechen werden eingeladen. Die Deutschen zelebrieren Politik als nationales Binnengewäsch.

Nein, Politik und Bildung dürfen nicht als Spartenprogramme ausgesondert werden. PHÖENIX, ARTE und 3-SAT ersetzen nicht die Sendungen, die kurz nach acht allen gezeigt werden müssten. Der blanke Irrsinn, „Kirchensteuern“ für Medien zu fordern, aber kein quotenunabhängiges, vitales Programm für alle zu liefern. Die Sender sind zu Nachfolgern der Kanzelprediger geworden, die die Meute im Dauerschlaf halten sollen.

Die Generalbotschaft der staatlich privilegierten Sender an ihr zwangsbeglücktes Publikum: above all no politics. Vor allem anöden, langweilen und Friedhofsruhe verbreiten. Wir Fachleute nennen das Unterhaltung und wir wissen, was die Meute benötigt  um still zu halten. Danach lang lang nichts. Erst am Schluss, wenn alles schläft, nur einer wacht: Politik für den mündigen Bürger. Was wäre das für eine hysterisierte Gesellschaft, die sich von täglicher Politik ernährte! Die formierte Gesellschaft ist Wirklichkeit geworden in der TV-narkotisierten Tiefschlaf-Gemeinschaft.  

Goebbels ließ meisterhafte Filme produzieren – seien es Operetten, Einstimmungen auf die Euthanasie oder antisemitische Verhetzungen wie Jud Süß –, um den Untertanen die Strapazen des Krieges erträglich und die Gräuel schrecklicher Menschheitsverbrechen plausibel zu machen. Die Öffentlich-Rechtlichen nähern sich Goebbel‘schen Propaganda-Methoden auf niedrigstem Niveau, um die Gesellschaft in Apathie zu halten.

Früher gab es Protest auf der Straße beim kleinsten Krieg irgendwo in der weiten Welt. Heute droht erneut ein Kalter Krieg – und niemand ist vor dem Kanzleramt zu sehen. Das wunderbare Willkommen der Bevölkerung beim Empfang der Flüchtlinge – die Initialzündung für die bislang kaltherzige Merkel – wird zwar in manierierten Worten anerkannt. Doch nicht ohne die süffisante Zusatzbemerkung, die positive Stimmung würde täglich abnehmen. (Fast keine Demo ohne die obligate Bemerkung: die Zahl der Teilnehmer war nicht so hoch wie erwartet.) Nur nicht positiv denken. Die Gesellschaft zusammenstauchen ist die einzig vertretbare Bestienpädagogik.

Kein Interview mit engagierten Gutmenschen ohne die dämliche Frage: was versprechen Sie sich von ihrer politischen Betätigung? Wie kann man nur so meschugge sein, die Welt verändern zu wollen? Die Beobachter gerieren sich wider Erwarten als Moralzensoren. Wenn sie moralisieren, ist es in Ordnung. Das ungebetene Benoten und Bewerten, nicht identisch mit sinnvoller Kritik in Rede und Gegenrede, gehört plötzlich zur Pflicht einer Zunft, die sich als Vierte Gewalt aufbläst, ohne den anderen dreien im Geringsten lästig zu fallen.

Es gibt keine abendländischen Werte, es gibt nur babylonische Türme voller Heuchelei und Bigotterie. Als Hypermoral verhöhnte Arnold Gehlen die Pflicht, die Welt durch überzeugende Moral zu humanisieren. Sie sei als Überdehnung familiärer Ethik entstanden und wolle machiavellistische Politik nach dem Schema sozialer Fürsorge und Empathie durchführen.

„Damit widersprechen wir der abstrakten Ethik der Aufklärung, etwa dem Worte Voltaires. ‚Es gibt nur eine Moral, wie es nur eine Geometrie gibt.‘ Es kann vielmehr sehr wohl mehrere voneinander unabhängige letzte Wurzeln ethischen Verhaltens geben.“ (Gehlen)

Gehlens moralische Reduktion ist zur Medienraison geworden. Nur nicht Recht haben wollen – wenn es um menschenrettende Moral geht. Medien entschuldigen sich, wenn sie unbemerkt demokratische Grundsätze verteidigten. Ständig ist von deutscher Angst die Rede. Nie von deutscher Feigheit und mangelnder Zivilcourage – dem verborgenen Kern der german angst.

Sie nicken wieder mit den Köpfen. Wie damals, als die Nationalsozialisten die demütigen Kopfnickereien der ecclesia patiens ausrotten wollten. Hitler wollte eine militante Kirche, die duldende sollte vernichtet werden. Aus den Richtlinien der „Deutschen Christen“, der überwiegenden Mehrheit der Protestanten:

„Wir wollen eine evangelische Kirche, die im Volkstum wurzelt, und lehnen den Geist eines christlichen Weltbürgertums ab. Wir wollen die aus diesem Geiste entspringenden verderblichen Erscheinungen wie Pazifismus, Internationale, Freimaurertum durch den Glauben an unsere von Gott befohlene völkische Sendung überwinden.“

Aus der Festpredigt eines ostpreußischen Pfarrers Horst Schirmacher auf dem Diakonentag 1933:

„Sein Vortrag trägt den Titel: „Diakonie als Angriff.“ Für ihn sind alle Kämpfer. „Wie heulte das ganze marxistische Deutschland auf, wenn einmal ein Bengel eine erfrischende Ohrfeige erhielt, oft die einzige Rettung, um krampfartige Seelenzustände zu lösen. Wie wurden diese Männer beschimpft, wenn sie straffen, militärischen Preußengeist in der Art der Erziehung der alten Kadettenkorps und Unteroffiziersschulen in ihre Erziehungsarbeit hinübernahmen.“
Schirmacher: „Dies alles ist evangelische Diakonie: Dienst und Kampf. Wir grüßen Euch alle als die SA Jesu Christi und die SS der Kirche, ihr wackeren Sturmabteilungen und Schutzstaffeln im Angriff gegen Not, Elend, Verzweiflung und Verwahrlosung, Sünde und Verderben.

Im Dritten Reich gilt nicht mehr die religiös-paradoxe Verkehrung der weltlichen Machtmethoden, um die Welt zuschanden zu machen: durch Leid zum Sieg, die Letzten werden die Ersten sein. Das Dritte Reich war Vorschein des Himmelreichs auf Erden. Das ist heute so in Gods own country, das war – in teuflischer Perfektion – im 1000-jährigen Reich der Deutschen. Hier gilt: durch die Macht der Erkorenen und Erwählten mit Hurra zur Allmacht Gottes.

Die Heuchelei des Westens ist der schneidende Widerspruch zwischen propagierender Humanisierung der Welt durch Demokratie und Menschenrechte – und der sie ständig zu Schanden machenden Unterjochung der Ungläubigen zur höheren Ehre Gottes.

Solange das westliche Reich des Guten sich in finaler Entscheidungsschlacht mit einem heidnischen Reich des Bösen sieht, bleibt es selbst – ein Reich des Bösen.

 

Fortsetzung folgt.