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Tagesmail

Multikulti I

Hello, Freunde des Multikulti I,

hier steht sie vor der Himmelspforte und begehrt energisch Einlass: BILD.de

… hier betritt sie den Himmel unter dem Hosianna der Engel (nicht unter zehn Minuten): WELT.de

und hier sitzt sie rechts vom Vater, zu richten die Lebendigen und die Toten: BILD.de

„Die sonst so pathosferne, kühle Physikerin entwarf ein metaphysisches Fundament, auf dessen Boden ihre Entscheidungen zu verstehen seien. Zum einen zapfte sie Geschichte und Tradition des Landes und der Partei an, zum anderen bastelte sie eine transzendentale Vertikale, um ihre ethischen Prämissen aus dem christlichen Glauben abzuleiten. So gesehen hielt Merkel eine erzkonservative Rede mit Gott und Vaterland. Wie jeder gute Prediger positionierte sich Merkel als vorbildlicher Hirte. Sie werden ihrer staatsbürgerlichen Würde wie ihrer Religion gerecht. Wer sind wir, fragt Merkel um die Antwort selbst zu geben: die, die es schaffen, weil wir es immer schon geschafft haben. Wenn Herkunft Zukunft sei, dann müssten sich Deutsche und Unionisten als ein Kollektiv des Gelingens verstehen. Dies hat sie bis zur Grenze des Überheblichen deutlich gemacht. Scheitern ist keine Option. Merkel entwarf eine protestantische Leitkultur, in der die Erfüllung des eigenen Wesens immer in der Zukunft liegt. Wer wir sind, erweist sich jeweils in der Krise. Stahlbad ist Fun. Merkel lachte bei den Standing Ovations. Nach neun Minuten brach sie den Jubel ab: „Wir haben ja heute noch was vor.“ Das Rendezvous mit der Geschichte war perfekt.“ (Die WELT, Demutsname für „Der HIMMELSBOTE“)

Sehen wir ab von Petitessen: nur Genderpolizistinnen würden anmahnen, dass eine Frau nur Predigerin und Hirtin sein kann, kein Prediger und Hirte. Nur notorische Buchstäbler würden darauf bestehen, dass transzendental im Sprachgebrauch deutscher Edelschreiber immer transzendent meinen soll, der

kantische Begriff aber das genaue Gegenteil von transzendent bedeutet:

„Transzendental im Sinne Kants darf nicht verwechselt werden mit Transzendenz: das Transzendente liegt immer jenseits der Grenzen des Erfahrbaren.“ Transzendental beschäftigt sich nicht mit Gegenständen, schon gar nicht mit himmlischen. Kant: „Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht so wohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, so fern diese a priori möglich sein soll, überhaupt beschäftigt.“

Ansonsten das komplette Vokabular der Deutschen Bewegung: Politik ist Glauben. Gott und Vaterland (= Mutterland) sind identisch. Das Irdische und Empirische ist das Metaphysische. Erzkonservativ ist erzchristlich. Alle Politik ist in die Zukunft – auf die apokalyptische Wiederkehr des Herrn – gerichtet. Was wir sind, erweist sich in der Krise: Krise ist Not; deutsche Identität wird in der Not geboren. Die Deutschen, lange Zeit die Opfer Europas, mussten Herren Europas werden, um die Schande ihrer machtlosen Zeit wettzumachen.

Not ist heute durch Angst ersetzt worden. Doch Ängste, die man nicht analysiert, missbraucht man als Vorwand für prophylaktisches Zuschlagen. Vorsicht vor denen, die ständig mit Ängsten kokettieren, sie haben das Hackebeilchen hinterm Rücken.

„Aus tiefer Not schrei‘ ich zu dir,
Herr Gott, erhoer‘ mein Rufen,
Dein gnädig‘ Ohren kehr zu mir,
Und meiner Bitt‘ sie öffnen!
Denn so du willst das sehen an,
Was Sünd‘ und Unrecht ist getan,
Wer kann, Herr, vor dir bleiben?

Bei dir gilt nichts denn Gnad‘ und Gunst
Die Sünde zu vergeben;
Es ist doch unser Tun umsonst,
Auch in dem besten Leben
.
Vor dir Niemand sich rühmen kann,
Des muß dich fürchten jedermann
Und deiner Gnade leben.

Ob bei uns ist der Sünden viel,
Bei Gott ist viel mehr Gnade;
Sein‘ Hand zu helfen hat kein Ziel,
Wie groß auch sei der Schade.
Er ist allein der gute Hirt,
Der Israel erlösen wird
Aus seinen Sünden allen
.“

Deutschland ist das neue Israel – weshalb das alte von einem arischen Sohn der Vorsehung entsorgt werden musste. Auch wenn die Deutschen viele Mängel und Defizite besitzen („es ist doch unser Tun umsonst, auch in dem besten Leben“): dank Gottes Hilfe haben sie immer geschafft, was sie schaffen wollten. Gott und seine Deutschen kennen keine Obergrenze ihres Erfolgs: „seine Hand zu helfen hat kein Ziel“.

Noch scheut sie sich, offen vom Willen zu reden. Vor kurzem aber rutschte es der Kanzlerin heraus: wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die deutsche Willensmetaphysik feiert ihr comeback: die Welt als Wille und Vorstellung. Der Wille zur Macht. Im Stahlbad erprobt sich der Willensstarke und gewinnt das triumphale Gefühl seiner Unbesiegbarkeit („Stahlbad ist fun“).

Stahlbad wird zum Synonym der Stahlgewitter von Ernst Jünger: „Trotz unsäglicher Schrecknisse und Mühen und ungeachtet (oder gerade wegen) des tödlichen Ernstes, den der Autor keineswegs relativiert, macht der Krieg Jünger zufolge manchen „eben Spaß“, wie er es an einer Stelle besonders drastisch ausdrückt.“

Vom Spaß zum fun ist weniger als ein Schrittchen. Nicht mehr die solidarische Horizontale, die Verständigung mit den Nachbarn, ist wichtig, sondern der Sonderweg: die Vertikale in den Himmel. Gleichwohl besitzt Merkel die Frechheit, Europa vor einem Rückfall in die Nationalstaaterei zu warnen.

Gab es am Wochenende einen welthistorischen Kompromiss zur ökologischen Rettung der Welt? Aus den Augen, aus dem Sinn. Besonders bei Springer-Blättern, die Paris kaum zur Kenntnis genommen hatten. Was ist schon die Rettung der Welt gegen die Heiligsprechung einer deutschen Kanzlerin?

Mitten in Europa schaffen es Merkel und ihre christlichen Untertanen, den alten Sonderweg der Erwählten einzuschlagen. Wir schaffen es. Yes, we can. Im Gegensatz zum ausgebrannten Obama reden die Deutschen nicht so viel, dafür leisten sie umso mehr. Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein.

Merkel macht wenig Worte, aber wenn, dann mit Donnerhall. Über lange Zeiten lässt die Tochter des Himmels die Ihren im Dunkeln und Wortlosen tappen, dann aber kommt sie mit der Macht des Wortes aus der Tiefe des Raums. Und siehe, alles, was sie sagte, wurde zur Offenbarung. Selbst ihre Gegner wälzten sich im Staube und klatschten reuig Beifall.

Merkel, die Amerikanerin, verankert die deutsche Demokratie in Gott. Gott schenkte den Amerikanern Freiheit – so Dabbelju Bush. Den Deutschen schenkte er Würde – so die lutherische Pastorentochter. Gottlose haben das Nachsehen, sie haben weder Freiheit noch Würde. Was Angela unter Leitkultur versteht, ist christlicher Glaube. Weshalb sie Multikulti ultimativ beerdigte.

Das Grundgesetz ist conditio sine qua non, aber nicht das komplette Ensemble einer demokratischen Kultur. Menschen mit Würde müssen weder Sauerkraut essen noch Schuhplattler tanzen. In einer Demokratie sind alle Kulturen willkommen, vorausgesetzt, sie verstoßen nicht gegen Grundgesetz und Verfassung. Heilige Gesetze wie Scharia, Talmud oder Unterwerfung unter unfehlbare Popen dürfen das demokratische „Naturrecht der Schwachen, Gleichen und Freien“ nicht tangieren. Das private Heilige hat im politischen Raum nichts zu suchen. Merkel ruht und rastet nicht, bis sie die Demokratie in einen Abklatsch der fundamentalistischen Bible-Belt-Republik verschandelt hat.

Alle kulturellen Unterschiede – die die Verfassung respektieren – bereichern das Leben einer offenen Gesellschaft. Wer Multikulti pauschal vom Tische wischt, will das hohe C als deutsche Monokultur installieren. Weshalb Angela keine Gelegenheit versäumt, jede politische Rede als christliche Missionspredigt zu missbrauchen.

Der Grüne Volker Beck hat noch immer nicht begriffen, dass Respekt vor Minderheitsreligionen nicht das Tolerieren gesetzwidriger religiöser Rituale sein darf:

„In der Flüchtlingsdebatte fordert der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, mehr Respekt gegenüber Minderheitsreligionen. Davon hänge das Gelingen von Integration auch ab. Als Beispiel nannte er religiöse Kopfbedeckungen, das religiös begründete Schächten von Tieren sowie Beschneidung von Jungen.“ (Domradio.de)

Christliche Feiertage, sofern sie staatliche geworden sind, haben nicht das Recht, die Einhaltung christlicher Sitten von der Bevölkerung zu fordern. Das Tanzverbot an Karfreitag ist eine klerikale Unverschämtheit.

Der Verweis auf Werte des christlichen Abendlandes ist eine lügenhafte Anmaßung. Das Abendland ist keine christliche Monokultur, sondern der Schauplatz eines bis heute unabgeschlossenen Kampfes zwischen Vernunft und Glauben. Die Würde des Menschen ist kein Geschenk eines christlichen Gottes – der sein Geschöpf zur untauglichen und bösen Sündenkreatur erniedrigt –, sondern die von Menschen mühsam erschaffene Realität demokratischer Gesinnung.

Spätestens seit der Renaissance wurde griechisches Denken zum Fundament der aufgeklärten europäischen Gesellschaft – unter heftigen Abwehrschlachten aller christlichen Großsekten, die sich als Kirchen präsentierten:

„Die Griechen bedeuten, von der Gegenwart aus betrachtet, gegenüber den großen historischen Völkern des Ostens einen prinzipiellen „Fortschritt“, eine neue „Stufe“ in allem, was das Leben des Menschen in der Gemeinschaft betrifft. Es wird bei den Griechen auf völlig neue Grundlagen gestellt. So hoch wir auch die künstlerische, religiöse und politische Bedeutung der früheren Völker schätzen mögen, beginnt doch die Geschichte dessen, was wir als Kultur in unserem bewussten Sinne bezeichnen können, nicht eher als bei den Griechen. Die großen Männer treten bei den Griechen nicht als Propheten Gottes auf, sondern als selbständige Lehrer des Volkes und ihrer Ideale. Auch wo sie in religiöser Inspiration sprechen, setzt diese sich stets in eigne Erkenntnis und Gestaltung um.“ (Werner Jäger, Paideia)

Was das Griechentum für die freiheitliche Kultur Europas bedeutet, entzieht sich Merkel in beschämender Ignoranz.

Deutschland gelingt es, sich a) von der laizistischen Kultur ihrer engsten französischen Freunde durch Christentum und b) von ihren christlichen Nachbarn im Osten durch ein exquisites Superchristentum zu unterscheiden. Mitten im vereinten Europa driften sie profilneurotisch in einen deutschen Sonderweg.

Wenn Merkels Flüchtlingspolitik christlich sein soll, ist dann Orbans Flüchtlingsablehnung kein Christentum, obgleich er sich mit gleicher Inbrunst auf die christlichen Grundwerte Ungarns bezieht?

Wenn zwei das Gegenteil tun, soll es das Gleiche sein? Europa legt sich die Schlinge um den Hals, wenn es den eindeutigen Sinn der Buchstaben und die unbestechliche Logik des ausgeschlossenen Dritten auf den Müll der Geschichte wirft.

Weder von den griechischen Wurzeln des freiheitlichen Europas, noch von der Logik des unvereinbaren Widerspruchs, geschweige von deutscher Geschichte scheint die „nüchterne“ Physikerin die geringste Ahnung zu haben. Sonst könnte sie nicht sagen: schon immer schafften die Deutschen, was sie schaffen wollten: das Perfekte und Vollkommene.

Wie lange dauerte es, bis die Nachzügler eine Nation bilden konnten? In allen Dingen stolperten und hechelten sie hinterdrein. Ohne die Vorarbeit Italiens, Englands, Frankreichs und Amerikas hätten sie bis heute weder Aufklärung, noch eine republikanische Verfassung. Ihre gigantesquen Träume, die Heilande der Welt zu werden, endeten in schrecklichen Völkerverbrechen. Den ersten Weltkrieg gegen Europa verloren sie und mussten ihre Wunden lecken, woraus das hasserfüllte Rachebedürfnis entstand, das im Desaster des Zweiten Weltkriegs und der Holocaust-Tragödie endete.

Merkels Demut kippt um und entlarvt sich als christliche Doppelbödigkeit. Gott ist in den Schwachen mächtig. Gestern noch bescheiden und kooperativ, zeigt die untertänige Magd Gottes, wo Pastorentöchter den Most zu holen pflegen. Die german angst, bislang als Zeichen der Desorientierung missdeutet, wird zur Kloake einer immer hochmütiger werdenden Gottgleichheit.

Was Merkel macht, ist immer richtig. Im Guten wie im Bösen. Die Griechen lässt sie eiskalt verbluten und kennt kein Pardon, ihre eitle Barmherzigkeit überfährt bedenkenlos die Meinungen ihrer Nachbarn. Niemand kennt die Aufnahmekapazität der Deutschen. Wenn sie wollten, könnten sie ganz Syrien aufnehmen. Doch nur, wenn sie ihr ungerechtes Wirtschaftssystem und ihre noch ungerechtere Klassengesellschaft von Grund auf veränderten.

Barmherzigkeit, als fragmentierter Impuls, seine Heiligkeit zu beweisen, ist kontraproduktiv und heuchlerisch, wenn die sonstige Politik alles unternimmt, um die Flüchtlinge fern zu halten oder die eigene Bevölkerung mit dem Gefühl der Überforderung vor den Kopf zu stoßen. Was wäre das für eine Willkommenskultur, wenn verschreckte BürgerInnen in gefühlter Notwehr daran gingen, die neuen Mitbewohner mit Feueranschlägen und Gewaltattacken zu überziehen? Das deutsche Helfersyndrom könnte ins Gegenteil umschlagen und die Fremden zu gejagtem Freiwild degradieren.

Helfen muss rational sein und seine Grenzen kennen. Mütter, die sich beim Erziehen ihrer Kinder übernehmen, brennen innerlich aus und schädigen ihre Kinder, wenn sie krank werden oder aus Verzweiflung zur Gewalt neigen. Väter werden depressiv und asozial, wenn sie sich im Dienste ihrer Vorgesetzten verheizen lassen. Welch irrsinniger Größenwahn – analog dem grenzenlosen Wachstum der Wirtschaft –, zu behaupten, das Grundrecht auf Asyl sei unbegrenzt.

Alle Rechte und ethischen Normen sind dem Realitätsprinzip verpflichtet. Mehr als ich habe, kann ich nicht geben. Wohl könnte ich meine Kraft unterschätzen und mehr leisten, als mir bewusst ist. Ich könnte mich aber auch übernehmen und wohlfeile Phantasien entwickeln, die mehr schaden als nützen würden. Merkel schätzt die Lage nicht realistisch ein, sie glaubt blind und dekretiert gnadenlos. Die Deutschen sollen gefälligst dafür sorgen, dass die Madonna aus dem Kanzleramt einen Platz in der Geschichte erhält.

Polizei hat die Funktion, für die Einhaltung von Recht und Gesetz zu sorgen. Niemand würde ihr Versagen vorwerfen, wenn es ihr nicht gelänge, die Republik prophylaktisch von Verbrechen frei zu halten oder alle Delikte restlos aufzuklären. Dies alles sind Weisheiten aus der Kinderfibel. Deutschen Himmelsstürmern sind sie unbekannt. Deutsche können nur übertreiben. Früher im rassischen und religiösen Hass auf alles Nichtdeutsche, heute im grenzenlosen Erlösen der Welt. Vergessen wir nicht: auch die Nationalsozialisten wollten die Welt erlösen, indem sie das Böse ausrotteten.

Merkel und Gabriel werden immer unangreifbarer und irrtumsloser. „Scheitern ist keine Option“ – niemand bemerkt die über Nacht eingetretene Gigantomanie und Infallibilität. „Ich weiß, dass ich keine Fehler gemacht habe“, so Gabriel. „Ich bleibe bei meinem Satz: wir schaffen das“, so Merkel. Obgleich sie im Hintergrund alles unternimmt, um die Grenzen Europas militaristisch zu sichern und die Anzahl der Hilfesuchenden zu reduzieren. Der Satz wird zum hohlen religiösen Gesslerhut, vor dem man knien muss, obgleich man ihn systematisch unterläuft. Was ist eine illusionäre Obergrenze, die man täglich schrumpfen lässt?

„Direkt nachdem die CDU das unfreundliche Wort „Obergrenze“ rhetorisch umschifft hatte, forderte sie der Chef der Schwesterpartei wieder ein. Was auch sonst, da die CSU dies gerade erst beschlossen hatte? Und direkt nachdem Merkel ihre sommerliche Grenzöffnung mit einem „humanitären Imperativ“ begründet hatte, kündigte die EU-Kommission neue „Eingreiftruppen“ zum Schutz der Außengrenzen an, die im Notfall auch gegen den Willen der Grenzstaaten eingesetzt werden sollen. Wer sich nun fragt, wie das alles zusammenpassen soll und wo da Merkels Linie verläuft, wird feststellen: Die gibt es nicht mehr. Merkel ist wieder ganz die Alte: die Einerseits-andererseits-Kanzlerin und Sowohl-als-auch-Parteichefin, die sich so wenig wie möglich festlegt.“ (TAZ.de)

Hilft alles nichts: Merkel erklärt Deutschland zur Insel der Seligen, denen nichts unmöglich ist, wenn sie sich etwas vorgenommen haben. Selbst ihre Kritiker halten Merkels Politik für alternativlos.

„Auf eine Kanzlerin zu hoffen, die mehr als Merkel schafft, ist Utopie“, schreibt Lukas Wallraff in der TAZ.

Merkels Deutschland ist identisch geworden mit Hegels Endstadium des Weltgeistes im preußischen Berlin. Was wirklich ist, ist vernünftig, was vernünftig, ist wirklich. Etwas Perfekteres als Deutsche gibt es nicht. Merkel wird zur Mutter Gottes der Welt gekürt. Die frommen Amerikaner, zurzeit im nationalen Tief, sind froh, dass sie nicht die einzigen sind, die Gods own country verteidigen müssen. In hegelianischer Diktion:

„In der Geschichte soll die Idee vollbracht werden, Gott regiert in der Welt.“ „Die Idee Gottes muss vorgestellt sein als Geschichtliches, damit sie gewiss ist.“ „Die Geschichte der Religionen fällt mit der Weltgeschichte zusammen.“ „Der innere Werkmeister der Geschichte, die ewige absolute Idee, realisiert sich in der Menschheit.“

Heilsgeschichte und Weltgeschichte fallen für Hegel, Merkel und die Deutschen zusammen. Der Gott in der Verfassung entlarvt sich als Gott Hegels, der die Deutschen als Musternation erwählt hat, um seine Pläne auf Erden zu vollbringen. Am Ende aller Tage wird Gott Mensch, weil der Mensch zu Gott wird. Und dies alles im preußischen Berlin, wo eine lutherische Pastorentochter die Philosophie des lutherischen Hegel zur vollendeten Wirklichkeit erklärt.

„Einfachheit und Herzlichkeit“ zeichneten die „Madonna von Preußen“ aus. Wie sie einst zur Märtyrerin Napoleons wurde, wird sie heute zur Märtyrerin ihres Rivalen Seehofer und aller neidischen Nachbarn. Wer sich ihrer engelgleichen Barmherzigkeit nicht unterwirft, wird ohn Erbarmen überfahren. Wie sie neben Seehofer wie ein Sündenkrüppel stehen musste – um auf dem eigenen Parteitag glanzvoll wieder aufzuerstehen. Schon jetzt wird an ihrer heiligen Legende gestrickt als dem „Lebensbild der erlauchten Frau …, welche in den Zeiten des tiefsten Leidens so opferfreudig an der Erhebung des Volkes mitgearbeitet und allen kommenden Geschlechtern ein hohes Beispiel gegeben hat.“ In einem Lexikon wurde sie als „Engel des Friedens und der Milde“ und „Mutter aller ihrer Unterthanen“ beschrieben. „Ihr Sinn für Häuslichkeit, Ihre treue Liebe zum Gemahl und zu Ihren Kindern, Ihr Gefühl für Alles, was gut und edel und groß ist.

Von wem war die Rede? Von Königin Luise von Preußen, der preußischen Madonna, die in Angela Merkel eine verblüffende Wiedergängerin fand. Deutschland wiederholt seine Geschichte, hat die Aufklärung verabschiedet und beginnt in der Romantik seinen Sonderweg in das Verhängnis.

Es gab nur wenige kritische Stimmen gegen die Unvergleichliche. Zwar schätzte Theodor Fontane die „Reinheit, Glanz und das schuldlose Dulden“ der Königin. Doch dann warnte er seine Zeitgenossen: „Mehr als von der Verleumdung ihrer Feinde hat Luise von der Phrasenhaftigkeit ihrer Verehrer zu leiden gehabt.“

Grundsätzlicher war die Kritik des marxistischen Historikers und Sozialdemokraten Franz Mehring: „Die Verehrung Luises nannte er einen „byzantinischen Schwindel“.

Was waren das für Zeiten, als Sozialdemokraten noch unbestechliche Sozialdemokraten waren. Gabriel gehört nicht zu ihnen. Sein Name ist nicht Franz Mehring. Verlässlich sorgen die Sozialdemokraten dafür, dass Königin Luise II regelmäßig zur Kanzlerin gewählt wird. Nach Mehring wären sie byzantinische Schwindler.

 

Fortsetzung folgt.