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Das Graue II

Hello, Freunde des Grauen II,

inländische Liebhaber der Grautöne halten sich für Freunde des Feinsinnigen, Differenzierten, Mikrologischen, Fairen, Ausgewogenen, Objektiven. In einem Wort: des Verständnisvollen. Das Gegenteil ist der Fall. Hat ein hochdifferenzierter deutscher Edelschreiber jemals einen Terroristen verstanden? Schon das Bemühen um Verständnis dieser Galgenvögel gilt in feinsinnigen Medienkreisen als Kumpanei mit dem Bösen. Verräterisch der Slogan: dafür habe ich kein Verständnis, den man übersetzen muss in das Motto des Abscheus: wer den Bösen versteht, ist selber einer.

Im Falle Breivik überschlugen sich die deutschen Berichterstatter in Verfluchungen eines Untiers aus der Hölle. Gäbe es die Todesstrafe per Emittieren satanischer Vokabeln, der norwegische Massenmörder wäre filetiert worden. Noch heute gilt der Brauch, beim Erwähnen des deutschen Führers seinen unermesslichen Abscheu als pflichtgemäße Sättigungsbeilage beizufügen. Man muss sich nur mal die wachsende Schar der Bösenanbeter anschauen. Was ist das Böse? Da gibt es nichts mehr zu differenzieren, da gibt es etwas, was direkt aus der Hölle kommt:

„Zum anderen zeichnet den IS etwas aus, das wir aus unserer Vorstellungswelt verbannt haben. Er ist keine religiöse Kraft, sondern eine, die sich außerhalb des Universums von Humanität und Mitleid stellt. Er ist eine Kraft des Bösen. Kein Gesprächsangebot, kein Wohlstandsversprechen kommt ihr bei. Unsere zivilen Instrumente versagen dem IS gegenüber. Er spricht nicht, er tötet. Vernichtung ist sein ganzes Wesen.“ (Thomas Schmid in der WELT)

Wer vernichtet, nur um zu vernichten, muss selbst vernichtet werden. Totalitäre Regimes und Theokratien brauchen das Böse, um ihre

Totschlagwünsche mit dem Segen des Heiligen zu dekorieren. Hitler, Stalin, muslimische Terroristen sind bereits mit dem Molotowcocktail aus dem Bauch ihrer Mütter gekrochen. An solchen Teufelsbraten ist kein Fäserchen humanoider Zellbildung.

Kein Zufall, dass feuerspeiende Bösenverehrer allesamt der Riege der Feinsinnigen entstammen. Wenn‘s ernst wird, ist Schluss mit lustig und verständnisvoll. Dann müssen Scheiterhaufen errichtet werden. Not kennt kein Gebot, wetzt die Messer! Differenzieren ist Sache des banalen Friedens, in der Stunde der Not aber lassen wir das Vaterland nicht im Stich. Wer schwarz-weiß für des Teufels hält, landet endlich bei Gott und seinem Gottseibeiuns.

Ist es nicht merkwürdig, dass christliche Abendländer, zum Glauben an Gott und den Teufel verpflichtet, die schwarz-weiße Perspektive in die Hölle wünschen? Haben wir etwa den Fall einer untergründigen Emanzipation vom Dualismus der Erlöserreligion vor uns? Dualismus – das ist gut und böse auf gleicher Machthöhe.

Aber nein, der christliche Glaube habe mit Dualismus nichts zu tun, sagen uns jene deutschen Intellektuellen, die eine gottlose Pubertät absolvierten, um im Alter erleichtert das Halleluja anzustimmen. Schließlich sei Gott omnipotent, omnipräsent und omniszient, da gäbe es keinen Platz für Diabolo.

Doch diese Rechnung wurde ohne Luther gemacht, der den offenbaren und verborgenen Gott – als Gott und Teufel – in inniger Einheit sah. Wie immer Gott vor seiner Schöpfung ausgesehen haben mag, seine Heils- und Unheilsgeschichte ist ein Kampf zwischen Ihm und dem Teufel. Das muss genügen zum praktischen Dualismus in Raum und Zeit. Warum nur ist „Jedermann“, von Gott und dem Teufel umkämpftes Allerweltsmenschlein, das beliebteste Stück bei den Salzburger Festspielen?

„Der Glaube weist Jedermann nun auf die unendliche Liebe Gottes hin und rät ihm, den Herrn um Gnade zu bitten. Jedermann ergreift die letzte Hoffnung auf Rettung und versucht nach Jahren der Ungläubigkeit, wieder zu Gott zu finden, wobei ihm ein Mönch hilft. Inzwischen kommt der Teufel, um die schuldbeladene Seele Jedermanns, derer er sich ganz sicher ist, zu holen und mit ihr zur Hölle zu fahren, doch er muss zu seinem Verdruss sehen, dass sie ihm durch die Gnade Gottes entrissen wurde.“

Die Aversion der Deutschen gegen Weiß-Schwarz gehört zur misslungenen Aufklärung der Deutschen, die die Rigidität der griechischen Logik und Moral mit der Gut-Böse-Formel ihres kindlichen Religionsunterrichts bekämpfen. Wahrheit ist eine strenge Sache und duldet kein Herumeiern. Was nicht bedeutet, der Mensch wüsste die Wahrheit aller Dinge.

Am Anfang steht die Devise: ich weiß, dass ich nichts weiß. Das ist eine heuristische – erkenntnisleitende – Devise. Erst wenn ich wieder von vorne beginne, kann ich meinen Irrtümern auf die Spur kommen. Man könnte auch sagen, Denken beginnt mit der Fähigkeit des Kindes, die Welt mit unbefangenen Augen wahrzunehmen. Die Wahrheit der Dinge entdecke ich nur mit der unerbittlichen, schwarz-weißen Sonde des richtig oder falsch, des schwarz oder weiß, des entweder-oder.

Da wir nur wenig wissen, können wir über das Meiste keine Aussage machen. Deshalb ist das Noch-nicht-Gewusste keinesfalls grau. Selbst das Graue ist nicht grau, sondern eine faszinierende Mischung atomarer Teilchen des Richtigen und Falschen.

Der Akt zunehmender Einsicht besteht in der Scheidung der Dinge in wahre und falsche. Indem ich Unwahrheiten durchschaue, erweitert sich der Schatz meiner Wahrheiten. Ich durchschaue allmählich, was der Wirklichkeit entspricht oder nicht. Kein Mensch könnte in der Natur überleben, wenn er nicht lernte, eine Giftschlange von einer harmlosen Blindschleiche, eine Giftbeere von einer Brombeere zu unterscheiden.

Erkenntnisse über den unmittelbaren Augenblick vor dem Big Bang überlassen wir überbezahlten Gottessuchern, die sich fälschlicherweise Naturwissenschaftler nennen. Wir müssen durchaus nicht wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Das überlassen wir deutschen Intellektuellen in der mittleren Lebenskrise, die zu viel Bücherstaub schluckten und zu wenig mit leckeren Frauen liebäugelten. Erotische Erblindung kann schon mal rammdösig machen – und die nicht vorhandene unsterbliche Seele dem Teufel verschreiben, was ein hinterhältiger Betrug an dem armen Teufel ist.

Theoretisch müssen wir wenig wissen. Das meiste können wir der souveränen Mutter Natur überlassen, die schon wissen wird, wie sie Mond und Sterne, Wind und Wetter regulieren muss, damit wir ein angenehmes Leben auf Erden führen könnten – wenn wir nicht so hirnverbrannt wären, der Mutter ins Handwerk zu pfuschen.

Aber praktisch! Da geht’s um Moral, um menschenfeindliches oder menschenfreundliches Verhalten. Da müssen wir alles „wissen“, damit wir uns nicht zerfleischen, vielmehr uns gegenseitig so annehmen und herzen, dass wir ein fröhliches Leben führen.

Das praktische Wissen lässt sich durch Tun überprüfen. Praktisches Wissen ist die Erfahrung, wie der Mensch vermeiden kann, dem anderen ein Wolf zu sein. (Wenn die Ammenmärchen über böse Wölfe stimmen würden.)

Debatten um wahre und falsche Moral sind keine logischen Deduktionen, sondern Mitteilen von Erfahrungen. Wer als Kind falsch behandelt wurde, wird es später schwer haben, seinen Nachbarn nicht ebenso falsch zu behandeln. Die Narben seiner seelischen Kränkungen gibt jeder Mensch weiter, um sich selbst zu entlasten. Böse Menschen sind nicht böse geboren, sondern Produkte katastrophaler Erziehungsstile, die sich über Generationen hinweg ins Schlimme potenzierten.

Es ist aberwitzig, wie gegenwärtige Meinungsführer, die nichts hassenswerter finden als das Einfache, die schlimmsten Erfahrungen mit dem Allereinfachsten kurieren wollen: mit Vertreiben, Verstümmeln und Totschlagen.

Eben noch waren alle europäischen Politiker überzeugt, der Syrienkonflikt sei durch Waffengewalt nicht lösbar. Doch über Nacht – nachdem sie das Böse entdeckten – schicken sie ihre Tornados in die Länder von Nahost, um eben jenes Problem zu verschärfen, das sie jetzt schon überfordert: das Flüchtlingsproblem. (Wohl gemerkt, die Bösen waren französische Staatsbürger, keine Untertanen des IS-Staates.)

Vor wenigen Tagen noch wollte Merkel keine Kriegskanzlerin sein. Binnen weniger Tage wird der Kriegseinsatz durch den Bundestag gehetzt, damit Frau Merkel Gewehr bei Fuß stehen kann. Eben noch die Herzenskönigin aller Barmherzigen, jetzt die militante Kriegsbraut von Hollande, der als Napoleon III. in die Geschichtsbücher Europas Einzug halten will.

Jetzt zeigt sich, wer in Europa wirklich die Hosen anhat. Die mächtigste Frau der Welt (die törichte und anmaßende Einschätzung einer amerikanischen Gazette, die dem Weltgeist in den Rachen geschaut haben will) ist eine devote Kriecherin vor Gewaltritualen der Machomänner, denen nichts mehr einfällt, als ihre moralische Unglaubwürdigkeit mit Bombardierungen zu vertuschen. Wie kann jemand eine Willkommens-Heilige sein, wenn sie die Atmosphäre bellizistisch verseucht?

Wie ist der syrische Konflikt zu lösen? Indem die Starken den Schwachen und Abhängigen – die sie seit Jahrhunderten ausbluten und quälen – Vorbilder in jener Moral sind, die sie täglich predigen – doch nur selten in praktischer Hinsicht zeigen: in der Moral der Menschenrechte, die alle Menschen zu Brüdern und Schwestern erklärt.

Wie sind die Konflikte entstanden? Indem der Westen demokratische Prinzipien predigte, die er partout nicht praktizierte. Heuchelei und Bigotterie sind Ursachen aller politischen Übel in einer Welt, die sich den Prinzipien der UN-Charta verschrieb, aber nicht daran denkt, diese Prinzipien authentisch vorzuleben.

Das ist wahre Einfachheit gelebter Moral, die die falsche Einfachheit der Waffen widerlegen kann. Die Einfachheit humaner Moral ist in einer Welt amoralischer Konkurrenzprinzipien beileibe nicht einfach zu praktizieren. Dank des Sieges der antinomischen Christenmoral über die Welt ist das Einfachste zum Schwierigsten geworden.

Einfach war die humane Moral in matriarchalischen Epochen und all jenen Eingeborenenkulturen, die es schafften, über unendliche Zeiten im Einklang mit der Natur zu überleben. Was nicht bedeutet, dass solche Stammesmoralen perfekt sein mussten. Dennoch haben sie es geschafft, ihre Mitglieder so zu schützen und zu bewahren, dass sie noch lange auf Erden leben könnten – wenn naturfeindliche Erlöserreligionen nicht die Macht hätten, die Substanz ihrer natürlichen Ressourcen zu zerstören.

Es war ein Missgriff von Popper, solche „primitiven Gesellschaften“ als geschlossene zu disqualifizieren. Und jene als offene, die aus Größenwahn verlernten, im Einklang mit der Natur zu leben, ja die selbstmörderische Phantasie entwickelten, die schnöde Natur zu überwinden, um eine unendlich bessere Übernatur an ihre Stelle zu setzen. Das „Offene“ war die Verherrlichung der hybriden Vorstellung, sich nicht länger den Gesetzen der Natur unterwerfen zu müssen und durch technische Kreativität eine dominante Übernatur zu installieren.

Das Offene war die Verherrlichung der Männerphantasien, die vitale humane Müttermoral durch amoralische Machtmoral zu überwinden, um den neuen Menschen und die neue Natur ex nihilo zu schaffen. Die natürliche Geburt der Frau sollte durch geistige Geburt per Taufe überwunden, der alte Mensch der Natur durch den Erwählten des Himmels per göttlicher Wiedergeburt ersetzt werden. Alles, was nach alter Natur roch, sollte durch neue Übernatur vernichtet werden. Das Alte ist vergangen, Ich, göttlicher Supermann, habe alles neu gemacht. Dieses Neue wird der Menschheit den Garaus machen.

Weiß-Schwarz, Wahr-Unwahr sind menschliche Kategorien, mit denen der Mensch sein Leben in der Natur gestaltet. Der Mensch scheint das einzige Gattungswesen zu sein, das von der Natur die Chance erhielt, sich selbst zu gestalten. Die Chance war zugleich eine Gefahr. Als Chance eröffnete sie die Möglichkeit für den Menschen, aus eigener Einsicht sich ins Einvernehmen mit der Natur zu setzen. Doch die Gefahr bestand, dass die Chance nicht wahrgenommen wurde und der Mensch sich aus eigener Verblendung vom Erdboden vertilgen würde.

Schwarz-Weiß sind keine Kategorien der Natur, sondern Gestaltungsmöglichkeiten der Menschen. Mit ihrer Hilfe ist es dem Menschen möglich, die Natur so gründlich kennen zu lernen, dass er in ihrer Mitte gut leben und sie so gestalten kann, dass er – solange Mutter Natur es will – in friedlichen Gesellschaften sich seines Lebens erfreuen kann.

Im Gegensatz zum religiösen Gut-Böse sind die menschlichen Kategorien schwarz-weiß oder wahr-falsch keine göttlichen Eigenschaften, die dem Menschen von Oben übergestülpt werden und denen er unter Furcht und Zittern folgen muss, wenn er nicht fürchterlich bestraft werden will. Verfehlt der Mensch seine selbstgeschaffenen Wahrheitskriterien, wird er allerdings auch bestraft. Aber nicht durch willkürliche Sanktionen des Himmels, sondern durch gesetzmäßige Folgen der Natur: er muss sterben, wenn er die Ressourcen der Natur vernichtet, von denen er lebt. Er muss unglücklich sein unter Menschen, wenn er sie unmenschlich behandelt.

Die Folgen einer selbstbestimmten Weiß-Schwarz-Moral sind unvermeidlich und empirisch erkennbar. Durch wunderhafte Gnadenwirkungen sind sie nicht weg zu zaubern. Gnade verfälscht die Möglichkeit des Menschen, die Wahrheiten seines Lebens durch natürliche Folgen selbst zu überprüfen. Wunder sind Destruktionen des verlässlichen Naturzusammenhangs. Gnadenmittel sind Gift für das menschliche Erkenntnisvermögen.

Der Mensch benötigt keine Intervention von Oben, sondern Einsicht über Ursachen und Folgen seiner selbstgeschaffenen Moral. Nur, wenn die Gestaltung seines Schicksals auf Erden allein vom Menschen abhängt, kann er durch Versuch und Irrtum seine Wahrheitsbestrebungen peu à peu verbessern. Solange übermenschliche Gewalten ihn kujonieren, bleibt ihm nur die Möglichkeit des Sklaven, durch devoten Gehorsam ein günstiges Geschick zu erbitten und erbetteln.

Viele Jahrtausende konnte der Mensch die Schwarz-Weiß-Rigidität des wahren und guten Lebens verwässern und verfehlen. Solange es wenige Menschen auf Erden gab, war es der Natur ein Leichtes, die unliebsamen Folgen menschlicher Torheit wegzustecken und zu kompensieren. Inzwischen gibt es viele Milliarden Menschen mit so riesigen Luxusansprüchen, dass Mutter Natur die Notbremse ziehen muss.

Die ökologische Katastrophe ist das ultimative Warnzeichen der Natur an den Menschen, sich vom gottähnlichen Master of Universe zum naturverträglichen homo sapiens – dem weisen Menschen – zu entwickeln. Technisch und materiell wird das eine Schrumpfung bedeuten, geistig eine Entfaltung zur Wahrheit des Entweder-Oder. Entweder naturverträglicher Weiser – oder selbstmörderischer Tor.

Die Kultur der wahrheitsunfähigen Grautöne führt in der jetzigen Klimakatastrophe und Kriegsgefahr zu zwei unvermeidbaren Folgen:

a) Zur Erklärung des Dritten Weltkrieges, weil der überlegene Mensch des guten Westens dem bösen Rest der Welt nur durch Gewalt Herr werden kann.

„Die westliche Kultur ist auf die Wiederkehr der Geschichte mental nicht vorbereitet. Wie den Putinismus eindämmen, ohne Verhandlungs- mit Abschreckungspolitik zu paaren? Der Terror lässt sich gar nicht besänftigen, weil die Apokalypse nicht verhandelbar ist. Das Kräftemessen wird weder kurz noch schmerzfrei sein. Wir werden wieder lernen müssen, Gewalt gegen Gewalt zu setzen, um das kostbarste Gut zu bewahren: den Frieden und die Freiheit.“ (Josef Joffe in der NZZ)

Josef Joffe nimmt den Begriff „Dritter Weltkrieg“ nicht in den Mund. Aber er meint ihn. Für den Glaubenskrieger des Silicon Valley – das er als kreatives und liberales Paradies schildert – ist die Zeit der Endabrechnung zwischen guten Juden & Christen und dem bösen Rest der Welt gekommen. Menschen, zieht euch warm an, die Endzeit steht vor der Tür.

Zu den bösen „Ismen“, die die Rechtgläubigen bekämpfen, nein, vernichten müssen, gehören nicht nur Islamismus, Tribalismus und Nationalismus, sondern auch – hört, hört: Antikapitalismus, Feminismus und Multikulturalismus. Das Reich Gottes besteht für Joffe aus männlichen Kapitalisten, die auf Frauen, Kinder und pluralistische Vielfalt menschlicher Kulturen keinen Wert mehr legen. Doch Pluralismus ist keine Orgie in grau, sondern die Mannigfaltigkeit menschlicher Lebensgestaltungen auf dem einzig tragfähigen Boden strikter Wahrheit.

b) Die ultimative Untergangsprojektion der Menschheit verkündet in lapidaren Worten die FAZ. Unter der Überschrift: Das wird nichts mehr“ schreibt Ulf von Rauchhaupt:

„Die Pariser Klimakonferenz läuft. Forscher werden warnen, Aktivisten fordern und Politiker feilschen. Doch den Planeten, so wie wir ihn kennen, retten sie nicht mehr. Warum uns jetzt nur ein Wunder helfen kann. Retten kann uns nur ein Wunder. Hans Joachim Schellnhuber beschwört ein solches, wenn er auf eine „Weltbürgerbewegung“ hofft, die graswurzelartig ihren politischen und industriellen Eliten in Sachen Klimaschutz Dampf macht. Das aber wäre ein völlig unwahrscheinliches, ein anthropologisches Wunder. Realistischer ist da ein technologisches Wunder, eine überraschende Innovation, die Energieerzeugung und Transport vom Kohlenstoff erlöst, die aber keines politischen Willens oder Förderung bedarf, sondern iPhone-artig über uns kommt und sich durchsetzt, nicht weil sie in hundert Jahren den Planeten rettet, sondern weil sie jetzt vielen einen Vorteil bringt und  ihre Erfinder märchenhaft reich macht. Denn nur so laufen sie ab, die großen Transformationen, das war grundsätzlich auch in der Jungsteinzeit nicht anders.“ (Ulf von Rauchhaupt in FAZ.NET)

Mit anderen Worten: der Mensch kann sich aus eigener Kraft nicht mehr retten. Und wenn doch, nur durch das unfassbare Wunder einer neuen Technologie. Auch Rauchhaupt denkt vermutlich an die angekündigten Wundermaschinen von Silicon Valley.

In den führenden Gazetten der Republik gibt es nur noch zwei Zukunftsperspektiven: die Vernichtung der Bösen durch die Guten und die Erlösung der moralisch Blinden durch die Erleuchteten. Das ist das göttlich verordnete Entweder-Oder, das mörderische Grau der frommen Unfehlbaren:

„So aber, weil du lau bist und weder warm oder kalt, will ich dich ausspeien aus meinem Munde.“

 

Fortsetzung folgt.