Kategorien
Tagesmail

Zweierlei Moral

Hello, Freunde des aufrechten Ganges,

der eine Papst kommt in Prunk und Würden, segnet den Kapitalismus durch bedeutungsschwangeres Ignorieren ab, der andere mimt den Demütigen und attackiert den mörderischen Kapitalismus: die Deutschen bewundern den einen und bejubeln den anderen. Da kennen sie nichts, die Neugermanen, die den aufrechten Gang vor Gott, Propheten und Führern erfunden haben. Da komme, wer will, er wird gnadenlos in den Himmel gerühmt, wenn er denn das Zeichen der Erwählung an der Stirne trägt.

(Ein Herr Englisch ist der vorbildlichste Schleimer dieser Kategorie. Zuerst rühmt er den deutschen, dann den argentinischen Unfehlbaren, obgleich Welten zwischen den beiden Herren sein sollen. Da war sogar Hochwürden Georg Gänswein ehrlicher, der die ersten Amtshandlungen des Neuen als Affront gegen den Deutschen verstand.  (DER SPIEGEL)

SZ-Dobrinski schrieb sogar von der Wurzel des christlichen Glaubens, die Franziskus wiederbeleben wolle. Welche Wurzel? Das reine und unverfälschte Urevangelium? Luther wollte das versaute und verlotterte Papsttum durch Rückgang zur neutestamentlichen Wurzel reformieren. Reformatorische Frühlingslüfte sollen offenbar das kalte Deutschland durchwärmen. Aufbruch! Doch die historisch-kritische Arbeit zerrieb die Wurzel zu nichts.

Nichts gegen Aufbruch. Doch warum nicht durch eigenes Bemühen? Warum muss stets ein Wundermann vor der Tür stehen und Dingdong machen? Die beiden

 geeignetsten charismatischen Herkunftsländer für deutschentaugliche Wundermänner sind Amerika und der Vatikan. Danach ein wenig England für Schröder („Der Dritte Weg“), in Frankreich Dreisterneköche für Besserbetuchte, der Rest Europas ist charisma-unwürdig und weit unter unserem anspruchsvollen Erweckungsniveau.

Stammte Mandela aus Italien, hätte er die Schlagzeile erhalten: nach Clown Beppe Grillo, Faun Berlusconi nun ein einfältiger Charaktermime.

Postmortal rühmt die ganze Welt eine Jahrhundertfigur wegen Tugenden, über die sie sonst nur die Nase rümpft. Das große Begräbnis wird zum Weltgipfel der Heuchelei. Der harte Wettbewerb könne sich solche Edelmoral nicht leisten, so die Moral des gnadenlosen Wettbewerbs. Über Nacht erstürbe die Weltwirtschaft in altruistischer Sentimentalität.

(Als er noch im Gefängnis saß, wurde er von Ronald Reagan, Thatcher, Franz Josef Strauß niedergemacht. Israel pflegte eine intensive Kooperation mit dem Apartheidsregime. (Christoph Sydow im SPIEGEL) Netanjahu fliegt nicht zum Begräbnis Mandelas, der Staat Israel könne sich die Kosten nicht leisten. Palästinenser-Führer Abbas kann es sich leisten.)

2000 Jahre allerhöchste Christenmoral hat den Westen zu moralischen Analphabeten und Stammlern gemacht. Die einfachsten Begriffe sind nicht geklärt. Die Gelehrten tun, als hätte man es mit unergründlichen Geheimnissen zu tun, wenn man von Egoismus, Altruismus, wohlverstandenem Egoismus, Eigensucht, Selbstsucht, Nächstenliebe und sonstigen Themen aus dem Oberseminar bezahlter Gehirnvernebler spricht. In einem BLZ-Kommentar liest man die Sätze: „An diesem Freitag ist Nikolaustag. In der Weihnachtszeit haben Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe Konjunktur. Aber Vorsicht! Reiner Altruismus hilft nicht wirklich weiter.“ (Karl-Heinz Karich in der BLZ)

Sind wir schon so weit ins Paradies vorgedrungen, dass man vor der überhand nehmenden Gefahr des reinen Altruismus warnen muss? Was wäre denn ein unreiner? Sind Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe porentief gereinigter Altruismus? Lag die böse Welt bis jetzt nicht im Herrschaftsbereich des brutalen Egoismus und porentief verpesteter Selbstsucht, dass die Schwarte kracht?

Die Begriffe Ego- und Altruismus sind vom Wortsinn völlig uneindeutig und können von brutaler Habgier über gleichberechtigtes Helfen bis zu suizidaler Uneigennützigkeit reichen. Ego heißt nur Ich, damit ist noch nicht gesagt, wie ich mit meinem Ich umgehe. Ist Ego der alleinige Mensch in der Welt und alle anderen Egos soll der Teufel holen? Oder ist ein starkes Ego die Voraussetzung, um für andere Menschen da zu sein? Ein Fußballer muss egoistisch trainieren, seine Fähigkeiten entwickeln, um seiner Mannschaft zu nützen.

Alter: das ist der Andere im Altruismus. Bin ich altruistisch, wenn ich alles anderen gebe und für mich nichts übrig bleibt? Dann bin ich entweder bescheuert oder seligkeitssüchtig – alles andere aber als uneigennützig. Kann ich mir selbst nicht nützen, kann ich es auch bei anderen nicht.

Die selbstlose Mutter kommt ausgezehrt, verbittert und grämlich ins Müttergenesungsheim, ausgelaugt von falsch verstandenen Mutterpflichten. Eine Mutter hat sich nicht aufzugeben, wenn sie ihrer Verantwortung gegen Familie und Gesellschaft nachkommen will. Sie hat topfit und fröhlich zu sein: das ist ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit.

Wenn Väter ausgebrannt von der Maloche nach Hause kommen, sind sie weder ego- noch altruistisch, sondern nützlich und beschädigend zugleich, da sie ihre Angehörigen physisch ernähren, sie aber psychisch belasten, weil ihre Familien sich schuldig fühlen, dass Vater täglich seinem Idiotenjob nachkommen muss. Sie nützen und schädigen in einem Akt. Indem sie sich beschädigen lassen, geben sie ihre Beschädigung an andere weiter.

Was sagen unsere Gelehrten und Schlaumeier? Laut Wiki bedeutet Egoismus „Eigennützigkeit“. Das Duden-Fremdwörterbuch beschreibt Egoismus als „Ich-Bezogenheit“, „Ich-Sucht“, „Selbstsucht“, „Eigenliebe“. Egoismen (Plural) sind demnach Handlungsweisen, bei denen einzig der Handelnde selbst die Handlungsmaxime bestimmt. Dabei haben diese Handlungen zumeist uneingeschränkt den eigenen Vorteil des Handelnden zum Zweck.

Wie immer Kraut und Rüben durcheinander. Wenn der Handelnde seine Handlungsmaxime selbst bestimmt, ist er kein Egoist, sondern ein autonomer Mensch. Altruismus wäre nach dieser Definition, wenn ein Handelnder sich seine moralischen Maximen von Gott, Autorität, Klerus, Wirtschaft, Staat oder sonstigen Paternalisten geben lassen müsste.

„Wenn dieser Vorteil in einer symbiotischen Lebenshaltung zugleich auch der Vorteil anderer ist, dann sind diese Handlungen ethisch voll legitimiert.“ Wenn? Gibt es – außer Anachoreten und Wüstengurus – Menschen, die mit dem Rest der Menschheit nicht symbiotisch zusammenleben? Die Welt ist ein großes Dorf. Wenn bei uns der Himmel mit CO2 verrußt wird, wird’s dunkel über den Philippinen, weil die Folgen des veränderten Klimas niemanden – auch nicht Mönche und Gurus in der Einöde – verschonen.

Eine unsymbiotische Lebensweise gibt es heute nicht mehr. Wenn ein Egoismus den eigenen Vorteil wie auch den Vorteil des anderen hervorruft, ist er dann keiner mehr? Dann gäbe es überhaupt keinen Egoismus, denn jeder Nutzen für mich wäre automatisch der Nutzen von anderen. Durch das symbiotische Zusammenbacken der Menschheit könnte kein Vorteil nur der Vorteil eines Einzelnen sein. Jederzeit wäre er auch gesellschaftlicher Vorteil.

Diesen sinnvollen Egoismus genauso zu bezeichnen wie einen fremdschädigenden Egoismus, ist absurd. Nach jedem gesunden Menschenverstand wäre eigen- und fremdnützlicher Egoismus kein Egoismus, sondern verantwortliche Moral.

Dasselbe vice versa mit dem Altruismus. Ich kann nicht uneigennützig sein, wenn ich nicht zuvor so eigennützig war, dass ich anderen etwas anzubieten habe. Habe ich nichts anzubieten, sauge ich andere nur auf, um altruistisch zu sein: dann bin ich weder altruistisch, noch egoistisch, sondern fremd- und selbstschädigend.

Warum man die konträrsten Handlungsweisen mit demselben Begriff belegt – das wissen allein die abendländischen Götter, die keine Klarheit im Kinderzimmer dulden, sonst hätten die Abhängigen ja Werkzeuge zur Hand, um den ganzen Begriffsschlamassel aus der Scheune zu jagen. Je unklarer die Debatten mit dem postmodernen Schulterzucken bleiben: Tugend, was ist das? Gerechtigkeit, was ist das? Wahrheit, was ist das? je reibungsfreier können die Abstauber von Oben ihre Beute einfahren.

Beweis doch mal, dass die Raffkes die Menschheit schädigen, wenn ihre Sippe oder ihr höchst entwickeltes Land den Gewinn davon trägt! Kann man sich auf keine Gerechtigkeit einigen, kann niemandem Ungerechtigkeit vorgeworfen werden. Wenn nicht definiert werden kann, was moralisch erworbener Besitz ist, kann niemand zur Rückgabe des erschlichenen Eigentums aufrufen.

Das jüngst abgeschlossene WTO-Abkommen nützt – wie immer – vor allem den reichen Ländern, die gar nicht daran denken, ihre Agrarsubventionen aufzugeben, doch die ärmeren Länder zum Hau-, Stich- und Stirbwettbewerb zwingen. Erneut werden die Weichen so gestellt, dass das christliche Matthäusprinzip gilt: Wer hat, dem wird gegeben, wer nichts hat, dem wird noch genommen, was er hat. (Andreas Behn in der TAZ)

Das Matthäusprinzip – von theologischen Neudeutern zum Liebesprinzip umgedeutet – herrscht schon seit Jahrhunderten in Europa und in der Welt. Das Ergebnis sehen wir: immer mehr Superreiche und immer mehr Arme. Unter arm haben wir nicht nur solche Menschen zu verstehen, die kurz vor dem Verhungern sind, sondern alle, die durch das überproportionale Wachsen des Reichtums immer mehr von Reichen abhängig werden, die sie nicht mehr demokratisch kontrollieren können.

Die Gewaltenteilung der Macht ist im neoliberalen System eliminiert. Es gibt die Libertären – die sich auf Ludwig von Mises berufen – die alles, was nach Staat riecht, als Inbegriff des Bösen bezeichnen. Sie wollen die Allfreiheit der Wirtschaft, danach wird das Reich des Paradieses beginnen. Hier hat Augustin seinen späten Gesamttriumph errungen. Der Staat ist nicht nur eine Räuberhorde – nur zu Polizei- und Militärdiensten tauglich –, sondern eine Teufelsrotte, der Inbegriff des Bösen. Die Wirtschaft hingegen ist zur sichtbaren Kirche geworden, die das Heil im staatsfreien Raffen und Ergattern sieht.

Laut Wiki soll es einen „wertungsfreien Egoismus“ geben. „Eine wertungsfreie Auffassung ist die faktische Behauptung des Psychologischen Egoismus, dass alle Menschen de facto egoistisch handelten. Ebenfalls wertfrei ist das wirtschaftswissenschaftliche Modell des Homo oeconomicus.“

Es gibt eine Moral, die garantiert moral- und wertungsfrei ist? Darunter der wirtschaftliche Egoismus, der das Kennzeichen des ökonomischen Menschen ist? Wertungsfrei wie das Gesetz der Schwerkraft? Wirtschaftliche Gesetze sind Naturgesetze und also von jeglicher Moralbewertung frei?

Das hätten sie gern, die Apologeten des Irrsinns, die diesen als unveränderliches Gesetz der Natur propagieren. Gesetze der Wirtschaft sind Machenschaften des Menschen, keine unveränderlichen Gesetze der Natur. Sind sie von Menschen gemacht, können sie von Menschen verändert werden.

Noch immer werden von Menschen erfundene Mechanismen als wertfreie Naturmechanismen verfälscht. Die ganze neuzeitliche Ökonomie ist ein Fälschungsprodukt. Es gibt keinen Kapitalismus, keinen Markt, keinen Preis, kein Angebot und Nachfrage, sondern nur Menschen, die in ihrer großen Mehrheit ein bestimmtes Verhalten zeigen.

Nicht der Markt diktiert, sondern Menschen, die die Regeln des Marktes erfunden haben. Nicht Angebot und Nachfrage, sondern Menschen, die anbieten und nachfragen, bestimmen das Marktgeschehen.

Kapitalismus, Sozialismus, Markt, Preis: alles nur Hypostasierungen abstrakter Begriffe. Hypostasieren heißt dinglich, materiell, greifbar, konkret werden. Die Hypostase von Gott ist sein fleischgewordener Sohn, den man anfassen und berühren konnte. Die Hypostase einer ideellen Rechenmaschine ist der Computer. Was ursprünglich nur gedankliche Vision war, wird irgendwann zum funktionierenden Ding, zur automatischen Maschine.

Die ganze Wirtschaft ist nichts als eine Hypostasierung philosophischer und praktischer Gedanken, wie Menschen sich am besten ernähren und nach moralischen Prinzipien miteinander Handel treiben sollen. Um ein Wirtschaftssystem zu verstehen, muss man die vielen Hypostasierungen zurückverwandeln in philosophische Imperative. Dann erst kann das System zur Kenntlichkeit entlarvt werden.

Der Tauschakt bei Adam Smith beruht auf der Philosophie der Gleichwertigkeit der Akteure. Ist jeder Mensch dem anderen gleichwertig, muss das Produkt seiner Arbeit dem Produkt des Tauschpartners auch gleichwertig sein.

Das Urprinzip des demokratischen Tauschs wird durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage durchlöchert. Hier entscheiden bereits Machtverhältnisse. Gibt es zu viel Nachfrage, steigt der Preis, gibt es zuviel Angebot, sinkt er. Beides ist entweder zufällig und „naturwüchsig“ (besser: gesellschaftswüchsig) oder aber von Mächten im Hintergrund gesteuert. Bei Zufall wie bei Lenkung hinge der Wert der eigenen mühsam erarbeiteten Produkte vom Ungefähr ab. Die Gleichheit des Tauschakts wäre zerstört.

Will man aber eine Wirtschaft auf gleichberechtigter Ebene, müssen durch menschliches Zutun die Ursachen der Ungleichheit beseitigt werden. Wirtschaft muss so rational gehändelt werden wie Politik. Die Gesetze werden weder von der Evolution, noch dem Zufall, geschweige von anonymen Kräften im Hintergrund bestimmt. Die allererste Frage muss lauten: wie schaffen wir eine praktikable Wirtschaftsordnung, die unseren moralischen und demokratischen Vorstellungen entspricht?

Der heutige Finanzüberbau hat mit einer gleichberechtigten Wirtschaftsordnung nichts mehr zu tun. Der Reichtum der irdischen Wirtschaft beträgt – nach Ulrike Herrmann – etwa 70 Billionen Dollar, der Wert des gesamten Zockens und Spekulierens aber fast das Zehnfache: 693 Billionen Dollar. Womit dem Letzten klar sein müsste, dass der Neoliberalismus mit gleichberechtigten Tauschakten nicht das Geringste zu tun haben kann. Ein gigantischer Wasserkopf lastet auf der Menschheit und erdrückt sie. Es herrschen Machtverhältnisse, die mit reziproken Tauschakten nicht das Geringste mehr zu tun haben. Armut und Reichtum sind die Folgen immer größer werdender Machtverhältnisse zwischen Reich und Arm. (Ulrike Herrmann in der TAZ)

Egoismus bei Adam Smith stand im Dienste des Gemeinwohls. Ob das funktioniert, ist eine andere Frage. Hätte Smith wirklich daran geglaubt, hätte er keine Unsichtbare Hand bemühen müssen, um Konkordanz zwischen vielen Egoismen und nationaler Harmonie herzustellen. Nach vielen Jahrhunderten adliger und klerikaler Unterdrückung, Versklavung und bäuerlicher Leibeigenschaft sollte der Appell an das neue freie Ego aller BürgerInnen sein: Dein Ego kann viel mehr, als es sich bisher zutrauen durfte. Du bist tüchtig, Du bist kreativ, Du bist vernünftig – also handele danach.

Das war rationaler Egoismus, der nicht selbstsüchtig war. Erst, als die Wirtschaft in den Bann Darwins und der calvinistischen Erwählungsideologie kam, verrohte der rationale Egoismus zur Eigensucht, die alles für sich vereinnahmte, für andere wenig übrig ließ. Die Ichsucht der Habenden folgte dem Matthäusprinzip, denen die haben, denen wird gegeben. Die anderen gucken in die Röhre.

Das erste Freiheitsgefühl der neuen Ökonomie war das Laisser faire, laisser passer der vom Joch der adligen und klerikal Befreiten. Die Frühkapitalisten übertrugen die neuen bürgerlichen Freiheiten auf ihre reichlichen Geldmassen, die nach ihren Regeln fließen sollten, und nicht nach Regeln des Gemeinwesens, das sie despektierlich Staat nannten, um ihn als neuen Leviathan zu bekämpfen. Die Libertären bezeichnen die Demokratie als nichtswürdig, denn sie würde alle Versprechungen enttäuschen. Der Staat, auch der demokratische, sei die Angelegenheit des Bösen.

Wer heute gegen den Staat wettert, wettert gegen die Demokratie. Die Wirtschaft im Ganzen müsste ein Fall für den Verfassungsschutz sein. Sie ruiniert unaufhörlich die Fundamente der Volksherrschaft. Wirtschaft will heute allein herrschen. Sie erstrebt die Despotie des Geldes.

Bis jetzt hielten wir uns im rationalen Bereich der Moral auf. Doch das Abendland hat zwei völlig verschiedene Moralsysteme entwickelt, die nichts gemein haben, außer, dass sie sich ständig an der Gurgel haben, um sich zu erdrosseln.

Die christliche Ethik bewertet keine Handlungen, sondern Motive und Gesinnungen. Handlungen werden allein nach der richtigen oder falschen Motivation bewertet. Du kannst noch so richtig handeln, wenn dir die Liebe zu Gott fehlt, bis du ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. Allein die Gesinnung entscheidet: Liebe – und tu, was du willst.

Die gesamte rationale Ethik wird durch die Despotie der rechten Gesinnung zerstört. Der Liebesterror macht jede Vernunft in der Moral zuschanden. Du kannst tun, was du willst, doch hättest du der Liebe nicht, so „nützte es dir nichts“.

Die gesamte Tugend der ungläubigen Menschheit wird zu amoralischem Schrott erniedrigt. Demokratie ohne theologische Verankerung ist ein Luftgebilde, so das Böckenförde-Diktum. Ein versteckter Aufruf zum Staatsstreich und zur Schaffung einer Theo-Demokratie.

Rationale Handlungsmoral und irrationaler Liebesterror, miteinander im Kampf um Sein oder Nichtsein, verhindern den kleinsten Konsens bei allen Begriffen wie Egoismus, Altruismus. Plötzlich soll Nächstenliebe besser sein als jeder rationale Egoismus. Dabei ist das Gebot der Nächstenliebe nichts anderes als die Goldene Regel fast aller Kulturen auf der Welt.

Da Christen sich gar nicht lieben dürfen, wie sollen sie andere Menschen lieben wie sich selbst? „Wer sein Leben liebt, verliert es und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es ins ewige Leben bewahren.“ Es gibt keine christliche Nächstenliebe, sie ist vom Herrn selbst verboten.

Das Christentum hat keine eindeutige Ethik, sein Gesinnungs- und Liebesterror vernichtet jede widerspruchsfreie Moral. Mit Glauben dürfen sie alles, ohne Glauben nichts. Alles, was sie tun, machen sie eigennützig zur Erringung der Seligkeit. Uneigennützig können sie nichts tun.

In Wiki – wie in der ganzen abendländischen Ideologie – wird gelogen, dass sich die Balken biegen: „In Nachfolge Jesu von Nazaret ist eine egoistische Grundhaltung für Christen nicht möglich. (!) Die uneigennützige (!) Liebe, die Tradition der Kirche verwendet den Begriff Agape, ist das Ziel des Menschen.“

Wen wundert es, dass die westliche Welt ihre Probleme weder erkennt, noch sie lösen kann, wenn sie von solch himmlischen Lügengespinsten überwölbt wird?