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… zum Logos XXVIII

Tagesmail vom 04.02.2022

… zum Logos XXVIII,

Ich lehre euch den Übermenschen. 
Der
Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll.
Was
habt ihr gethan, ihn zu überwinden?“ (Also sprach Z.)

Kommt die Apokalypse, stehen Zarathustras Jünger vor der Pforte und begehren, das Finale zu bestimmen.

Die Transhumanisten: Humanismus in den Fesseln einer Volksherrschaft muss überwunden werden.

„Die menschliche Spezies kann, wenn sie es möchte, über sich selbst hinauswachsen – nicht nur sporadisch, ein Einzelner mal so, ein anderer mal so, sondern als Ganzes, als Menschheit. Mensch, der Mensch bleibt, aber sich selbst … und seine menschliche Natur überwindet.“

Die Anarchokapitalisten und andere Sprösslinge des Neoliberalismus:

„Der Anarchokapitalismus ist eine ökonomische Theorie und politische Philosophie, die für eine allein vom freien Markt, freiwilligen Übereinkünften und freiwilligen vertraglichen Bindungen geprägte Gesellschaftsordnung eintritt. Er strebt eine reine Privatrechtsordnung (auch Nullstaat) ohne öffentliches Recht an.“

Die Privatstadt-Futuristen, die den demokratischen Staat überwinden wollen:

„Alles was Regierungen tun, kann man in zwei Kategorien einordnen: in Aufgaben, die man ihnen schon heute wegnehmen kann, und Aufgaben, von denen wir hoffen, sie ihnen morgen schon wegnehmen zu können.“ David Friedman, Sohn von Milton Friedman, Hayeks Verbündeten und Vater von Patri Friedman, dem Gründer der Seasteading-Bewegung: schwimmende Inselstädte mit Eigenregierungen, unabhängig von allen demokratischen Staaten:

„Von 2008 bis 2011 konzentrierte sich Friedmans Arbeit ausschließlich auf das Seasteading Institute, das sich der Gründung einer neuen unverbindlichen und flexiblen Form von Staaten aus schwimmenden Städten aus modularen Einheiten auf hoher See (sogenanntes Seasteading) widmet.[1] Die Einwohner sollen sich einer Stadt ihrer Wahl anschließen und zwischen den Staaten wechseln können. Das Seasteading Institute wird unter anderem von Peter Thiel, dem Mitgründer von PayPal, finanziert.“

Thiel bekennt sich zum Libertarismus – einer politischen Philosophie, die persönliche Freiheit über staatlichen Einfluss stellt –, während er gleichzeitig die Politik des freien Marktes ablehnt, da freier Wettbewerb Profite senke. Wettbewerb sei „eine Ideologie, […] die unsere Gesellschaft pervertiert und unser Denken zerstört“. Freiheit und Demokratie hält Thiel für unvereinbar. Wettbewerb sei etwas für Verlierer, weshalb er Firmengründern rät, durch innovative Technologien Monopole aufzubauen, die er entgegen der klassischen Sichtweise als Fortschrittsmotoren propagiert. Seine Thesen wirken als intellektuelle Rückendeckung für Technologiekonzerne, die eine dominante, marktbeherrschende Stellung anstreben, indem sie Konkurrenten kaufen oder vernichten. Dies gilt insbesondere für die Gedankenwelt des Silicon Valley, die Thiel mit seinen Ideen entscheidend geprägt hat. Hierzu zählt auch die von ihm gelobte Praxis, Behörden gegenüber zu lügen, um sich deren Einfluss zu entziehen, da aus seiner Sicht „Firmen über Staaten“ stünden.“

Thiel gehört nicht nur zur illustren Reihe futuristischer Genies, die WELT-Döpfner zur Audienz lädt, um an ihrem Glanz zu partizipieren. Er erhielt auch den Frank-Schirrmacher-Preis der FAZ. In einem Interview mit Jürgen Kaube formulierte er sein Glaubensgeständnis:

„Es gab zwei Aspekte von Girard, die ich kraftvoll fand. Das eine war die Frage nach der Wahrheit des Christentums als einer Ausnahme unter den Religionen. Es ist die eine Religion, die nicht passt. Und es ist in gewisser Weise diejenige, die dir die Wahrheit über die anderen sagt: Opfer sind sinnlos. Und deshalb könnten Sie so weit gehen zu sagen, dass es die einzig wahre Religion ist.“

Diese Attacken gegen die Demokratie werden von hiesigen Medien nur beiläufig – oder wenn doch, dann mit unverhohlener Bewunderung – zur Kenntnis genommen. Haben wir doch unsere Vergangenheit vorbildlich bewältigt, sind wir doch gefeit gegen alle Feinde der Demokratie. Die FR macht eine rühmliche Ausnahme:

„Demokratische Elemente westlicher Staaten, soziale Fürsorge oder Teilhabe widersprechen offenbar den Zielen von Gebel & Co. So gab Gebel im vergangenen Jahr bei einer Diskussion Markus Krall recht, der sagte, das Grundproblem liege im Wahlrecht für Menschen, die nur Leistungen empfingen. Krall forderte in seinen beiden jüngsten Büchern die Abschaffung des Wahlrechts für Menschen, die Geld vom Staat erhalten. Man wolle die „Radikalisierung des Neoliberalismus“, Rechte von Mieter:innen und Arbeiter:innen müssten abgeschafft werden.“ (Frankfurter-Rundschau.de)

Es gibt schon verschiedene Standorte in der Welt, auf denen diese Privatstädte verwirklicht werden sollen. Etwa in Próspera, einer Stadt in Honduras:

„Selbst der deutsche Botschafter in Honduras, Jens Janik, war im entstehenden Próspera Ende Juli 2021 zu Besuch. Ohne ersichtliche Kritik sprach er anschließend von einer „wertvollen Erfahrung“.“

So wird Zeitgeist gebildet: bewunderungssüchtige Politiker, Botschafter, Verleger und Chefredakteure lancieren erste Nachrichten aus der geheimnisvollen Zukunft. Die breiten sich in elitären Kreisen aus, bis sie den Stempel gesicherter Prognosen erhalten haben. Wer wird in Deutschland etwas kritisieren, das unsere gewichtige Stellung in der Wirtschaft gefährden könnte?

Wir gehen – als Therapeutikum gegen die tödliche Krise, die wir ignorieren – einer glanzvollen Zukunft entgegen, in der Träume wahr werden können: Alpträume. Die Pest wollen wir mit Cholera kurieren.

Damit schließt sich der Kreis der uralten Auseinandersetzung zwischen Starken und Schwachen, Überfliegern und Überflüssigen:

„Patri Friedman glaubt an die Vernunft und den technischen Fortschritt und sieht es als eine der edelsten Pflichten der Menschheit an, eines Tages auch das Altern und Sterben zu besiegen. Er ist Mitglied einer transhumanistischen Organisation. Es störe ihn, in einer Gesellschaft leben zu müssen, in der die Mehrheit bestimme, was Recht und Gesetz sei, sagt er: »Ich muss täglich mit Regeln leben, die andere machen und denen ich nicht zustimme. Das gibt mir das Gefühl, in einer sittenlosen Gesellschaft zu leben.«“ (FAZ.NET)

Der amerikanische Fortschritt, der dem mächtigsten Land der Welt für immer den ersten Rang sichern soll, ist kein demokratischer Prozess, sondern ein demokratiefeindlicher.

Das Mitreden und Mitbestimmen des Pöbels ist den Fortschrittsheroen unerträglich geworden. Das Naturrecht der Schwachen wollen sie endgültig zerbrechen und eine Herrschaft der Besten errichten.

Die Zeiten, sie sind so hart geworden, dass die Stärksten keine Rücksicht mehr nehmen können auf die Masse der Versager. Diese muss man loswerden, um ungehemmt in die Zukunft durchzustarten.

Am Zitat Patri Friedmans erkennt man jene antidemokratische Moral, die Amerika zurzeit in Turbulenzen stürzt. Auf der einen Seite noch immer die Traditionen jenes Riesenlands, die bislang die vorbildlichste Demokratie der Welt auszeichneten.

Auf der anderen die rebellische Ablehnung aller solidarischen Tugenden, die eine Gemeinschaft der Gleichen und Freien erst lebensfähig macht – verkörpert im Glauben jener Fundamentalisten, die das heidnische Gerede von einer universalistischen Menschlichkeit nicht mehr hören können.

Sie lehnen die UN-Idee eines globalen Völkerparlaments ab, das die Konflikte der Völker im Namen universeller Menschenrechte lösen will. Wie das Seasteading nur isolierte, selbstregierende Städte kennt, so sollen auch die Nationen isolierte Gebilde bleiben, die sich durch erbarmungslose Konkurrenz zu bekämpfen haben.

Wie der Mensch dem Menschen ein Wolf, soll jedes Volk dem anderen ein Wolfsrudel sein. Alle Tugenden des Füreinander-Daseins sind von gestern und entsprechen nicht mehr dem Dogma der Moderne: immer die Ersten zu sein, um in das Ziel der Heilsgeschichte als Sieger einzulaufen.

Milton Friedman war ein Bewunderer von Ludwig von Mises, dem Lehrer Hayeks. Wes Geistes Kind der adlige Österreicher war, zeigt eine bemerkenswerte Beschreibung des „Faszismus“:

„Es kann nicht geleugnet werden, daß der Faszismus und alle ähnlichen Diktaturbestrebungen voll von den besten Absichten sind und daß ihr Eingreifen für den Augenblick die europäische Gesittung gerettet hat. Das Verdienst, das sich der Faszismus damit erworben hat, wird in der Geschichte ewig fortleben.“

„Voll von besten Absichten – ewig fortleben – die europäische Gesittung gerettet?“ Und das war ein hochgebildeter Ökonom? Wen wundert es da noch, dass die dumpfe Masse noch viel mehr geblendet war von einem Führer, der mit „besten Völkermord-Absichten“ das deutsche Volk erlösen wollte.

Noch aufschlussreicher ist seine Definition der Freiheit. Schauen wir erst zurück.

In der athenischen Polis war Freiheit „nicht die Willkür des Einzelnen, sondern die freie Haltung des Mannes, der sich aus eigenem Willen der Gemeinschaft einfügt und sich auch ohne äußeren Zwang dem Gesetz wie den Behörden beugt. Freiheit und Autonomie sind die Wahrzeichen der Polis.“ (Pohlenz, Der hellenische Mensch)

Würde man heute demokratische Freiheit verstehen, gäbe es keine schrille Debatte um Impfpflicht. Pflicht ist, was der selbstbestimmte, selbstdenkende Mensch in Freiheit sich selbst auferlegt, also das Gegenteil von Zwang. Heute scheint es keine Politiker mehr zu geben, die diese Gedanken verstünden.

Für Neoliberale und sonstige Überflieger hingegen ist Freiheit die absolute Willkür im Dienst eines asozialen Egoismus. Ihre Freiheit ist die gottähnliche Lizenz, nach Belieben das Gute oder Böse zu wählen.

Sie kennen weder Empathie noch irgendeine Verantwortung für das Leben ihrer Mitmenschen. Sie sind die Einzigen, deren Begierden und Interessen eine Rolle spielen. Die theologische Herkunft dieser atomistischen Eigensucht liegt auf der Hand: es ist der Begriff der Erwählung.

Aus den Vielzuvielen wählt Gott Dich, den Einzigen unter den vielen Verfluchten heraus, um Dich selig zu machen. Die Erwählung ist willkürlich und hat nichts mit Deinen Fähigkeiten zu tun. Der Akt der unverständlichen Bevorzugung ist jederzeit widerrufbar. Das wäre ebenso ein irrationaler Verwerfungsakt, wie Deine Erwählung ein irrationaler Gnadenakt war. Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.

Die Definition des dominanten Menschen übernimmt Mises von Francis Bacon. Er will keinen Gnadenakt, sondern Freiheit als Herrschaft über Natur und Mensch. Diese Freiheit ist zugleich ein Akt des Gehorsams: wer die Natur beherrschen will, muss sich ihren Gesetzen unterwerfen. Freiheit soll berechenbar sein wie die Bewegungen einer Maschine. Ökonomie soll eine mechanisch-zuverlässige Naturwissenschaft sein. Freiheit darf weder Solidarität noch eine irrationale Laune sein:

„Das ist die Freiheit im äußeren Leben des Menschen, dass er unabhängig ist von dem Wohlwollen der Mitmenschen ist. (Eine Anspielung auf A. Smith: „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen.“) Der Kapitalismus kennt keine Gnade und keine Ungnade, er unterscheidet nicht mehr gestrenge Herren und gehorsame Knechte: alle Beziehungen sind sachlich und unpersönlich, rechenbar und vertretbar. Mit der Rechenhaftigkeit der kapitalistischen Geldwirtschaft steigt die Freiheit aus dem Reich der Träume in das der Wirklichkeit herunter.“ (Die Gemeinwirtschaft)

Descartes hatte den Menschen zur Maschine erklärt, die Kapitalisten machten die ganze Gesellschaft zur Maschine. Sie sollte schnurren wie ein ewig gleiches Uhrwerk.

Bei Hayek wurde der Markt, das Herz der Gesellschaft, zur unberechenbaren Zufallsmaschine. Es war pures Glück, wenn man mit seinem Einsatz gewann, es war Pech, wenn man verlor. Zeit und Zufall waren die Eigenschaften des nie durchschaubaren Gottes.

Von Mises war noch ein Anhänger der primären Aufklärung, die in der Berechenbarkeit der Maschine das Nonplusultra des Daseins erblickte, während Hayek schon der neueren Wissenschaft anhing, die die strenge Kausalität Newtons aufgab zugunsten der Wahrscheinlichkeiten der Heisenberg‘schen Quantenphysik.

Von Mises: Freiheit ist, wenn ich meinen unzuverlässigen Willen einer ewig gleichen Kausalität opfere. Gebe ich meinen Willen auf zugunsten der ewig gleichen Kausalität der Naturmaschine, bin ich am freiesten.

Das war ein kompletter Sieg der Naturwissenschaft über eine Disziplin, die aus wirren moralischen Imperativen bestand, sich aber des Flickwerks ihrer Maximen schämte. Ergo degradierte sie ihr Flickwerk zur Magd der mechanischen Natur.

Der gegenwärtige Freiheitsbegriff der Starken ist nicht mehr der des L. von Mises, sondern der seines Schülers Hayek. Der Markt wurde so unbegreiflich wie der Freiheitswille des Supermanns, der sich von keiner Moral unterjochen lässt. Nach Lust und Laune wählt er das Gute oder das Sündige.

Diese Freiheit ist der trotzige Anfall des Rotzlöffels oder das hasardierende Zufallsspiel des Abenteurers, der Glück oder Pech haben kann.

Wir sehen, die Ökonomie ist vollständig abhängig von den Erkenntnissen der Naturwissenschaft. Da ihre Gesetze nicht mehr 100%ig determiniert scheinen, schlägt die Stunde der Hasardeure und Glücksspieler, die alles riskieren, um alles zu gewinnen. Das setzt eiserne Nerven voraus.

Starke Nerven brauchen auch die heutigen Schüler und Abiturienten, die trotz aller Coronabeschädigungen des Unterrichts ihr eisernes Pensum bringen müssen, als sei nichts geschehen. Die unberechenbar gewordene pädagogische Maschine soll durch den stahlharten Willen der Prüflinge so gezähmt werden, als sei nichts geschehen. Für deutsche Scholaren gibt’s kein Pardon. Mit allen Unwägbarkeiten haben sie zurechtzukommen, als verlaufe alles in gewohnten Bahnen.

„Die Überlastung und die ganz klare Message: Eure Noten sind wichtiger als eure Gesundheit, psychisch und physisch. Es wird vermittelt, dass es wichtiger ist, in der Oberstufe noch jenes dritte Drama zu lesen, als darüber zu reden, was der Lockdown mit einem gemacht hat. Es ging immer darum, den Lehrplan durchzudrücken, um eine Vergleichbarkeit zu schaffen, die schon lange Illusion ist. Jetzt, wo sich alles zuspitzt, haben wir erfahren, dass kürzlich wieder Gespräche waren, zu denen wir keine Einladung bekommen haben. Dass man ein Schüler:innengremium nicht befragt, wenn es um die Bildung von Schüler:innen geht, zeigt unseren politischen Stellenwert. Deshalb wollen wir endlich wieder selbst mitsprechen. Wir wollen die Message kriegen: Ihr seid uns wichtig und wir hören euch zu.“ (ZEIT.de)

Grausamer und unmenschlicher kann Schule nicht sein. Aus Angst vor den Vorwürfen der Jugend, die Erwachsenen würden ihre Zukunft zerstören, wird sie prophylaktisch zur Strecke gebracht.

Hättet ihr richtig gelernt, wäre Corona kein Problem für euch. Es liegt allein bei euch, wenn ihr jetzt versagt. Gelobt sei, was hart macht. Deutsche haben keine Probleme mit dem Schicksal. Wie`s kommt, kommt‘s. Nun ran an die Bouletten.

Auch die Politiker zeigen, dass ihr Job der von mechanischen Maschinenführern ist. Sachlich und nüchtern, wortlos und unauffällig, vor allem ohne humane Ideen des eigenen Kopfes. So war es mit Merkel, so soll es mit ihrem Nachfolger sein:

„Wir löchern auch, wenn er gerade unterm Wagen liegt und unsere Kupplung repariert, den Kfz-Mechaniker nicht mit Fragen. Und wenn, dürfen wir uns über seine Antworten nicht wundern. Um die Früchte seiner Arbeit beurteilen zu können, müssen wir ihn diese erst einmal leisten lassen.“ (SPIEGEL.de)

Dass Politiker zuerst rationale Zielsetzungen entwickeln müssten, um sie sekundär zu debattieren und mit vereinter Kraft ins Werk zu setzen: solche schlichten Gedanken politischen Wollens gibt es heute nicht mehr.

Die Ideologie heutiger Supermänner, die ihren Willen zur Macht als rücksichtslose Freiheit definieren, hat zwei europäische Wurzeln: die eine ist das Überlegenheitsgefühl des athenischen Adels, der seine Suprematie als Gabe der Natur betrachtete – die andere ist das Dogma biblischer Erwählung.

Die Heilige Schrift kennt keine universalistische Moral. Im Alten Testament ist das jüdische Volk das auserwählte Lieblingsvolk ihres Herrn, im Neuen Testament sind es die Erwählten aus allen Völkern, die zur Seligkeit prädestiniert sind.

„Denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat der HERR euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.“

Zwar will der Gott des Neuen Testaments, dass alle Menschen erlöst werden, doch dann scheint er seinen eigenen Willen vergessen zu haben.

„Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe; er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus.“

„Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht. Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?“

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein: das macht die Erwählten zu Unbesiegbaren – nicht auf Erden, aber im Himmel. Gelegentlich schon auf Erden, wenn es den Erwählten gelingt, das Ende der Geschichte selbsterfüllend vorzuziehen. Dann werden auf Erden 1000-jährige Reiche installiert.

Das Prinzip der Auserwählung spaltet die Menschheit in Lieblinge und Verfluchte. Die Erwählten unterstehen nur zum Schein dem Willen der Obrigkeiten; ihre Freiheit ist die grenzenlose Freiheit ihres Herrn. Die Unfreiheit der Verfluchten hingegen ist teuflisch-inkorrigibel.

Gegenwärtig drängen die Erwählten in allen Staaten des Westens an die Macht. Sie verachten die Demokratie und das Prinzip der Mehrheit. Als Erwählte sind sie dazu ausersehen, die Geschicke der Völker ihrem himmlischen Herrn zu unterwerfen, also ihnen selbst, den Knechten dieses Herrn. Alles andere ist Frevel.

Die Klimakrise spielt nur eine apokalyptische Nebenrolle im dualistischen Endkampf zwischen Erwählten und Verstoßenen. Erwählte haben sich lange demütig gegeben. Doch ab jetzt wollen sie es unbedingt wissen. Ihr Glaube sagt ihnen, dass wir uns dem Ende der Heilsgeschichte nähern. Hier gebührt ihnen allein die Herrschaft über die Welt, um die unnützen Knechte in die Flucht zu schlagen.

„Und den unnützen Knecht stosset hinaus in die Finsternis, die draussen ist. Dort wird sein Heulen und Zähneklappern.“

Fortsetzung folgt.