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… zum Logos XXII

Tagesmail vom 21.01.2022

… zum Logos XXII,

„Wachstum ist auch Ausdruck von Veränderung, Neues entsteht, Menschen haben Ideen, setzen sie um – das führt zu Wachstum. Ohne Wachstum und Produktivitätszuwächse wird eine Gesellschaft ärmer. Der Traum vom eigenen Kartoffelacker und einem autarken Leben wie im Jahre 1800 ist ein romantischer Albtraum. Damals war die Ernährung schlecht, die Menschen hatten Gicht und sind meist viel früher gestorben. Unser Ziel muss es sein, Wohlstand von Ressourcenverbrauch und von klimaschädigender Wirtschaftsweise zu trennen.“ (SPIEGEL.de)

„Die Gicht befällt meist diejenigen Leute, die in früheren Jahren üppig gelebt und bei reichlichen Mahlzeiten dem Wein und anderen Spirituosen zugesprochen haben.“ (Wiki)

Kann der grüne Wirtschaftsminister nicht zwischen schwer arbeitenden Bauern und verfettetem Feudaladel unterscheiden?

Der SPIEGEL nimmt Robert Habeck unter die Lupe. Ein angeblich brisantes Streitgespräch zwischen Menschen – die in Grundfragen einer Meinung sind, weshalb nur scheinkritische Fragen gestellt werden.

An die Wurzeln gehen, hieße ja, sich mit philosophischen Ideen auseinandersetzen. Was für objektive Tagesbeobachter bedeuten würde, sich mit lästiger Ideologie zu befassen.

Hier sind sich MEME (Merkel und Medien) einig: Ideologie – zu der alle philosophischen Gedanken gehören – ist alles, was nicht nackte Tatsachen sind, wozu alles Denken, Fühlen und Wollen gehört.

Wahrnehmungslos haben sich die Mitglieder der Meme, der deutschen Führungskoalition, in Salonmarxisten verwandelt, in Anhänger jenes Ost-Heiligen, den sie sonst so gründlich verachteten. Marx war ein Vorläufer des Positivismus, der nur anerkennt, was man sehen, berühren, vor allem messen kann. Nur, was man quantifizieren und berechnen kann, zählt in der Welt.

Marx nannte es das Sein, das das Bewusstsein bestimmt. Tatsachen bestimmen das Denken, niemals umgekehrt. Die Entdeckung des freien Geistes durch die Philosophie wurde vom Seinsbewunderer brachial getilgt.

Weshalb heute die „Geistes“-Wissenschaften alle fraglichen Phänomene auf physiologische, neurologische oder sonst wie beobachtbare und messbare Tatsachen zurückführen. Gelingt ihnen das nicht, kann es sich nur um Halluzinationen handeln.

Beispiel:

„Corona laugt uns aus: Manche stehen vor dem Burn-out, andere werden aggressiv. Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner verrät, wie diese unterschiedlichen Reaktionen zu erklären sind.“ (SPIEGEL.de)

Wie ist nun die neue und hochwissenschaftliche Erklärung von Symptomen, die so alt sind wie die Entstehung der männlichen Hochkulturen – und zur Gründung der Weltreligionen geführt haben?

„Hier gelten die alten, einfachen Weisheiten: Uns geht es besser, wenn wir soziale Kontakte haben. Wir sind alle soziale Wesen, das ist unsere Biologie. Auch Bewegung an der frischen Luft – am besten in der Natur – macht uns stärker und resilienter. Dazu kommen ausreichender Schlaf und eine gute Ernährung. Und nicht zuletzt das Gefühl, etwas Sinnvolles im Leben zu tun. Einer der schlimmsten Zufriedenheitskiller ist das Gefühl der Bedeutungslosigkeit.“

Greife zur Bibel, zum Gilgamesch, zu Erkenntnissen chinesischer und indischer Weiser: überall wirst du die Beschreibung menschlicher Schwächen finden, welche Erlöser und Philosophen (in schärfster Rivalität) mit ihren neuen Einsichten beheben wollten.

Neurowissenschaftler haben nichts Neues zu bieten, dies aber in angeblich beweisbarer und überprüfbarer Verlässlichkeit.

Um (ausnahmsweise) boshaft zu werden: in ihre Gehirnströme deuten sie hinein, was sie als Lebenserfahrungen längst verinnerlicht und ins Labor mitgebracht haben.

Dieses Beweistheater gehört zum Dekor einer dekadenten Kultur, die unfähig ist, den Geist in seiner Kompetenz als Selbstbeobachtung, Selbstfindung und Selbststeuerung ernst zu nehmen. Was nicht quantitativ ist, existiert nicht.

Wenn die exzellentesten aller menschlichen Fähigkeiten negiert und verächtlich gemacht werden, darf man sich nicht mehr wundern über die zerstörten Fähigkeiten der Gattung, ihr Schicksal in vernünftige Bahnen zu lenken.

Es wird Zeit, die heiliggesprochene Wissenschaft mit kritischem Blick – und garantiert ohne Apparate  – zu durchleuchten.

Dabei müssen wir Wissenschaft von Wissenschaft unterscheiden. Die methodischen Erkenntnisse der Natur, jederzeit überprüfbar und wiederholbar, sind eine phänomenale Errungenschaft der Menschheit: Wissenschaft in ihrem Urelement.

Ganz anders die Äußerungen der Wissenschaftler außerhalb ihres Metiers, die sie unerlaubterweise ebenfalls mit dem Charisma ihrer rationalen Wissenschaft verkündigen. Man muss von unerlaubter Grenzüberschreitung sprechen.

Seriöse Wissenschaftler müssten präzise unterscheiden zwischen ihren eigentlichen, stets überprüfbaren, wissenschaftlichen Erkenntnissen und ihren privaten Äußerungen zur Lage der Menschheit, die subjektiv-politisch sind, aber szientifisch keinerlei Bedeutungen haben.

Nehmen wir die Äußerungen der beiden deutschen Nobelpreisträger für Physik, Otto Hahn und Werner Heisenberg:

„Es ist die Aufgabe der Wissenschaft, die Welt, die Wirklichkeit und Wahrheit ohne Rücksicht darauf zu erforschen, ob die Menschheit dadurch Gutes oder Schlechtes erfährt.“

Eine Meinung, der auch Werner Heisenberg in den „Grundlagen der Naturwissenschaft“ beipflichtet:

„Ob eine Umkehr auf dem von der modernen Wissenschaft beschrittenen Weg für die Menschheit ein Glück oder Unglück wäre, vermag niemand zu sagen. Sicher aber ist sie unmöglich, und wir müssen uns damit abfinden, dass es unserer Zeit bestimmt ist, den einmal beschrittenen Weg zu Ende zu gehen.“ (In Franz Lämmli: Homo Faber, Triumph, Schuld, Verhängnis)

Das sind philosophische Geschichtsäußerungen gewisser Privatleute, die mit Atom- und Quantenphysik nichts zu tun haben. Die Vermengung der subjektiv-politischen Meinung mit der wissenschaftlich-objektiven ist ein pseudowissenschaftlicher Größenwahn. Ist er zudem ein Fatalismus ohne Rücksicht auf die Menschheit, spricht er dem Menschen jede politische Mündigkeit ab. Der Mensch wird zur Marionette anonymer Mächte, die sich Gott, Geschichte, Fortschritt oder sonst wie nennen.

Bedenkenlose Wissenschaft muss sein, gleichgültig, ob sie der Menschheit nützt oder ihr irreversibel schadet. Das ist Glaube an eine mythische Nemesis, die den kühnen Fortschrittler zur Marionette degradiert. Atomphysiker spielen die Rolle biblischer Unheilspropheten.

Der Fatalismus ist nicht nur der Glaube dieser zwei Wissenschaftler, er ist der eiserne Kern der gesamten modernen Fortschrittsideologie. Mit beschleunigter Geschwindigkeit in die Zukunft zu rasen, gleich, wie sie sein wird, ist das Dogma des allseitigen Risikos, das dem gelangweilten modernen Menschen rasende Kurzweil bietet. Ob der Zug der Geschichte ins Verderben oder in ein zweites Paradies führt? Niemand weiß es, niemand soll es wissen. Wir sind alle in Gottes Hand.

Hinter dem festgelegten Zukunftsglauben steht der doppelte Ausgang der biblischen Endzeit: entweder ins höllische Verhängnis oder in den Schoss Gottes. Wenn du alles wagst, alles in Gottes Hände legst, kannst du vielleicht erlöst werden.

Kaum ein modernes Geschichtsverständnis ohne diese Prädestination. Dazu gehören Marx, die Naturwissenschaft, der Glaube an ein endloses Wirtschaftswachstum und der infantile Glaube der Deutschen an ihre Politmutter, die sie sicher durch alle Fährnisse leiten wird.

Von politischer und subjektiver Autonomie sind die Deutschen weltenweit entfernt. Sie beobachten ihre Regierenden – und solange sich diese ihrer Sache sicher scheinen, kann der morgendliche Tag nicht gefährdet sein.

Eine selbstbestimmte Politik jedoch kann nur entstehen, wenn die Menschen nicht an eine festgelegte Zukunft glauben, sondern sich für fähig halten, diese selbst zu gestalten.

Über all diese miteinander ringenden Geschichtsphilosophien wird in Deutschland nicht gesprochen. Politiker fühlen sich diesen Ideen haushoch überlegen, haben sie es doch mit Besserem zu tun: mit Interessen und Fakten.

Die Medien haben es ohnehin nur mit Fakten zu tun, die sie als Offenbarungen des Seins betrachten. Schreiben, was ist, ähnelt Merkels Motto: regieren, wie es nun mal ist.

Eine Koryphäe des deutschen Journalismus kann sein Missvergnügen an Ideologien – sprich an selbständigem Denken, das furchtlos für seine Meinung eintritt – gar nicht eifrig genug vortragen:

„Ideologie ist für einen Journalisten immer der faulste Weg. Ich muss nicht lange nachdenken und recherchieren; wenn ich eine bestimmte Ideologie abonniert habe, sind ja die Entscheidungen alle schon gefallen. Ideologie vergiftet den Journalismus. Das mögen Leute tun, die nicht im Journalismus sind, wir dürfen das nicht. Wir müssen immer wieder infrage stellen, ob das, was wir gestern Abend gesagt haben, der Überprüfung standhält. Sich gemein machen mit dem Ziel, dass weniger Menschen leiden und sterben, steht nicht wirklich zur Disposition. Das hätte auch Hajo Friedrichs nicht abgelehnt. Die Frage ist: Macht man sich gemein mit der konkret daraus resultierenden Politik. Friedrichs hat diese Maxime formuliert als Moderator einer öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendung und vor allem für diesen Job. Darum gilt der Satz für mich. Er ist ein permanentes Warnsignal, die Grenze zwischen Journalismus und Aktivismus zu beachten. Ich möchte, dass die Zuschauer bis zum Ende der Sendung nicht wirklich wissen, was ich persönlich meine. Was ich oft höre von Moderatoren, insbesondere im Hörfunk, lässt mir die Hutschnur hochgehen, mit welcher Selbstverständlichkeit da Urteile abgegeben werden, von Leuten, die sich erkennbar mit der Sache nie vertieft beschäftigt haben. Diese Automatismen im Kopf sind nichts anderes als Denkfaulheit: Man ist für jede Umweltschutzmaßnahme, natürlich hält man Trump für einen Vollidioten, natürlich ist man grundsätzlich gegen jeden Militäreinsatz, natürlich ist die deutsche Industrie allein am Profit interessiert, natürlich sind Lobbyisten alle schlimm.“ (ZEIT.de)

Welch ein Galimathias – welch deutscher Irrsinn, Gesetze der Logik nach Belieben ad absurdum zu führen. Nicht mit dem Guten gemein machen, gilt natürlich nicht, wenn es sich um wirklich Gutes handelt.

Diese manierierte Skepsis! Dieser eitle Kunstzweifel an allem – woran sie mit Sicherheit im privaten Dunkel niemals zweifeln werden! Dieser mönchische Reinheitszwang, sich mit Gedanken der Heiden und Ungläubigen nicht zu beflecken! Diese Geniertheit, sich ihrem Publikum nackt zu zeigen, sprich, zu erkennen zu geben, was man wirklich denkt! Diese Überheblichkeit, man würde, wenn man seine Meinung preisgäbe, wie ein Rattenfänger von Hameln sein Publikum hinter sich herziehen!

Zweifeln sie etwa auch an der Demokratie? An Humanität, am notwendigen Frieden der Völker? Es gibt Überzeugungen, deren man immer sicherer sein kann. Zu zweifeln um eines modischen Zweifelns willen, ist abscheulich.

Mitten in der Öffentlichkeit wollen sie agieren – pardon: eben nicht agieren –, als ob sie athenische Privatiers wären, die auf Deutsch Idioten heißen. Kannte die athenische Polis je eine solche Priesterzunft, die abgehoben über den ordinären Aktivisten stand?

Es ist impertinent gegenüber jenen, die sich das Hemd zerreißen, um die Gesellschaft vor drohenden Gefahren zu retten. Diese unschuldig sein Wollenden, die sich erkühnen, den Job der Aktiven besser zu verstehen als diese selber.

Während die Kirchen in ihren bigotten Abgründen versinken, hat sich längst eine neue Priesterkaste formiert, vor deren unbestechlichem Blick alle Aktiven zittern müssen. Diese Kaste fühlt sich auf gleicher Augenhöhe mit den Regierenden, ja, fühlt sich ihnen überlegen, da sie sich weit entfernt glaubt vom Schmutz der Kompromisse.

Indem sie sich allen Urteilens enthalten, beurteilen sie alle Aktiven beliebig unter dem Gesichtspunkt bedenkenlosen Erfolgs oder einer Moral, die sie gewöhnlich verabscheuen.

Dabei wollen sie vorbildliche Demokraten sein, wenn sie alle demokratischen Urregeln an die Wand knallen. Ihr Dogma lautet: solange ihre Postillen verkauft werden, solange haben sie Recht.

Ein Hoch auf die kontemplative Beobachterkaste, die alles am besten sieht und beurteilt, aber ihre Urteile geschickt vor der Öffentlichkeit verbirgt. Von demokratischer Vitalität und aufrechter Widerstandskraft gegen alles Inhumane und Despotische keine Spur.

Eines Tages wird es diese Mischklasse aus Brahmanen und Unberührbaren nicht mehr geben. Niemand wird nachträglich verstehen, wie sie ihre Dominanz so lange verteidigen konnte.

Auch ihr Motto: schreiben, was ist, ist ein verkappter Kismetglaube. Was jetzt ist, soll immer bleiben. Das Jetzt soll unveränderbar sein. Und dies, obwohl sie an das Zukünftige glauben, das sich täglich neu erfindet.

Auch Habeck, grüner Vordenker, bleibt ein Gläubiger des Kapitalismus und des unfehlbaren Fortschritts. Während fast alle Ökologen keine Kompromissmöglichkeit zwischen Wachstum und CO2-Reduktion sehen, wischt er diese Kleinlichkeiten vom Tisch.

„Wachstum ist auch Ausdruck von Veränderung, Neues entsteht, Menschen haben Ideen, setzen sie um – das führt zu Wachstum. Ohne Wachstum und Produktivitätszuwächse wird eine Gesellschaft ärmer.“

Eben sprach er noch vom Glück der Sorglosigkeit. Reichtum an sich habe keine Bedeutung für das Glück. Doch jeder sollte sorgenfrei leben können, um sich seines Lebens freuen zu können.

Das ist eine vage Annäherung an die sokratische Selbstgenügsamkeit – ohne sie wirklich verstanden zu haben.

„Auch die Eudämonie (Glück) hängt nicht von äußeren Gütern, von Gesundheit, Glanz und Reichtum, auch nicht vom Erfolg unsers Handelns ab, sondern ausschließlich vom Innern des Menschen und von dessen guter Beschaffenheit.“ (Pohlenz, Der Hellenische Mensch)

Selbstgenügsamkeit (oder Autarkie) ist die Freiheit, sich nur von Wenigem abhängig zu machen. Der Autarke will über sein Schicksal selbst bestimmen. Neues und Sensationelles benötigt er nicht. Fortschritt ist eine Misstrauenserklärung an das Vertraute, das mir genügt. Wer im Hier und Jetzt leben kann, kann auf eine illusionäre Zukunft verzichten.

Welch ein Fehlurteil Habecks, das autarke Leben eines Bauern für einen romantischen Albtraum zu halten. Die Gicht der fetten Ausbeuter hatten wir bereits. Menschen, die naturnah leben, das bezeugen alle Berichte, leben gesünder als jene Zivilisierten, die den Indios die Pest gebracht haben.

Mögen wir Modernen mit Ach und Krach Delta und Omikron besiegen, wie hingegen steht‘s mit unseren zunehmenden Zukunftsängsten, Depressionen und suizidalen Todeswünschen?

Nicht alles war falsch in der Romantik. War sie doch die erste Epoche, die den frühen Kapitalismus aus England einer strengen Kritik unterwarf. Die Romantiker wussten noch, was ein freies Bauernleben bedeutete.

Adam Müller, der bedeutendste Ökonom der Romantik, war einer der frühesten Kritiker von Adam Smith – und nicht alles, was er zu sagen hatte, war falsch:

„Müller propagierte die Grundgedanken der politischen Romantik, als deren Hauptwerk die Elemente anzusehen sind: Gegen die moderne Vertragstheorie setzte er die Idee des organisch gewachsenen, Tradition und Gegenwart verbindenden monarchischen Ständestaates; gegen die moderne Wirtschaftstheorie des (von Müller zeitlebens angefeindeten) Adam Smith propagierte er den Gedanken einer strengen sozialen Bindung des Eigentums. Auch später hat er immer wieder das moderne Wirtschaftsleben kritisiert.“

Warum schwärmten die Romantiker vom Mittelalter? Nicht nur wegen des christlichen Regiments über Europa. Sondern weil sie noch wussten, dass die Bauern ihre germanische Freiheit wirksam verteidigen konnten.

Die Autarkie des von seinem Boden lebenden Bauern war keine ideale Idee, die die Romantiker in die Vergangenheit projizierten. Diese Fakten waren historisch gesichert.

Merkwürdigerweise entsprach sie auch der sokratischen Vorstellung von Autonomie und Autarkie:

„Seine Ethik beruht auf den beiden Pfeilern der Autonomie und Autarkie. Hier handelte es sich nicht um göttliche Gebote, hier ging es um seelisch-körperliche Selbstbestimmung. Wer ihr folgt, der ist der wirklich starke, freie und tapfere Mensch, der nichts, auch den Tod nicht fürchtet und unabhängig, sich selbst genügend, fest und sicher im Sturm des Lebens steht.“ (Nestle)

Die bäuerliche Autarkie war kein Gedanke, der der Romantik vorbehalten blieb. John Seymour sah ihn bei allen Urvölkern der Welt in vielen Variationen realisiert:

„Der homo destructor gibt sich alle Mühe, auf seinem Grund und Boden alles, was lebt, Pflanzen und Tiere, zu zerstören, soweit sie ihm nicht unmittelbar von ökonomischem Nutzen sind. Er räumt jede Zufluchtsmöglichkeit für wildes Leben in Gestalt von Büschen, Wäldern, Heideland und Wildnis aus dem Weg und tränkt sein Getreide mit tödlichen Giften. Mit den Folgen: Insektentod, Bakterienkiller und Pilztod. So jemanden kann ich nicht Bauer nennen, denn das ist eine ehrenvolle Bezeichnung. Ich nenne ihn einen skrupellosen und zerstörerischen Experten in chemischer Kriegführung.“

Der vorzügliche Gedanke einer kosmopolitischen Weltvernetzung wurde durch eine sogenannte globale Wirtschaft ins Gegenteil verkehrt. Statt einer Verbindung freier und selbstbestimmter Völker, entstanden imperiale Abhängigkeiten und ökonomische Ausbeutungsverhältnisse.

Es war der ausdrückliche Wille der Erfinder dieser Weltvernetzung, an die Stelle von Weltkriegen und militärischer Überlegenheit des Westens eine mildere Form der Vorherrschaft einzusetzen. Der ökonomisch überlegene Westen konnte den Rest der Welt mit hinterlistigen Wirtschaftsregeln und scheinheiligem Pathos in Abhängigkeit halten.

China war der erste Staat, der sich diesem Regiment entzog und sich zu einer gefährlichen Konkurrenz entwickelte.

Dass Habeck politische Kompromisse schließen muss, kann ihm niemand vorwerfen. Doch er schloss geistige Kompromisse, was bedeutet, er hat sein Denken kompromittiert. Wozu brauchen wir permanent Neues, wenn das Alte sich bewährt hat und unserer Selbstgenügsamkeit entspricht?

Auch an dieser Stelle bemerkt man die Regression der Grünen in den Schoß des Glaubens. Im Christentum wird das Alte verworfen und ein göttlich Neues an seine Stelle gesetzt.

Die Konsumsucht der Menschen nach ständig neuen Produkten zehrt von der Sehnsucht der Frommen nach dem Neuen durch die Wiederkehr des Herrn.

Habeck muss zu viel Zeit verbracht haben, um sich an seine neue Macht zu gewöhnen. Da blieb keine Zeit mehr, um sich die ökologische Literatur einzuverleiben. Ständiges Wachstum ist identisch mit ständig steigendem schädlichem Energieverbrauch – und mit der Verschandelung unserer „alten, verbrauchten“ Dinge in Müll und Abfall.

Autarkie verträgt keinen Bruch mit einem guten und gewohnten Dasein. Wer sich langweilt im einfachen Leben, sollte sich Musk anschließen und sich ins Universum schießen lassen.

Macht‘s gut, ihr Raubritter des Alls. Wir werden uns nie mehr wieder sehen.

Fortsetzung folgt.