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… zum Logos XC

Tagesmail vom 06.07.2022

… zum Logos XC,

… am Ende war die Wortlosigkeit.
Wir nähern uns dem Absterben der Sprache.
Wörter erklären nichts mehr.
Sätze verständigen nicht.
Macht reagiert nur noch auf Macht.
Genies hören nur auf ihre eigene Stimme.

„Um mit seiner Luxus-Yacht aufs weite Meer schippern zu können, wollte US-Milliardär Jeff Bezos eine historische Brücke in Rotterdam abbauen lassen. Sie versperrte dem Schiff den Weg. Doch aus dem Plan wird nun doch nichts.“ (TAGESSPIEGEL.de)

Wer nur auf den Markt hört, die Polis verachtet, die Agora verschmäht, kennt nur die Sprache der Macht und des Mammons.

Der reißt die ganze Welt nieder, um sie mit seinem Glanz zu betören. Sprechen mit Menschen ist für ihn Götzendienst.

Sich verständigen heißt, schwach sein.

Dialoge führen, ist Sache der Memmen.

Erst heute vollendet sich der Turmbau zu Babel zum Weltereignis.

„Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe! So zerstreute sie der HERR von dort über die ganze Erde, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen. Daher heißt ihr Name Babel, weil der HERR daselbst verwirrt hat aller Welt Sprache und sie von dort zerstreut hat über die ganze Erde.“

Zerstreuung, Verwirrung und Nichtverstehen feiern heute ihren finalen Triumph.

Sprache ist zum Müll geworden, verschmutzt Lüfte und Meere und das öffentliche Leben der Menschen.

Sprachen haben sich in Zahlen, Reden und Begründen in Rechnen verwandelt.

Die Jugend ist unschuldig am Niedergang der eitelsten Gattung der Menschheit, wofür sie am heftigsten bestraft wird.

Mit einer demolierten Zukunft und einem vernichtenden Schluss- Zeugnis, ausgestellt von jenen, die die letzten Brücken der Verständigung abreißen ließen.

Wenn die Jugend meutert, wird sie niedergeknüppelt. Wenn sie leidet und verstummt, wird sie verachtet und verspottet:

„Wenn es in diesem Land politisch um junge Leute geht, dann immer noch gerne mit preußischer Härte, mit kaum versteckter Schadenfreude, weil jetzt die Jungen dran sind, und die sich zusammenreißen, losleisten, ruhig mal leiden sollen. Diese Umwelt zeigte sich in den vergangenen Monaten und Jahren von ihrer unbeherrschbaren Seite. Pandemie, Krieg, Klimakrise und Inflation stoßen als äußerer Druck auf die Seelen von Menschen allen Alters. Doch dass zwei Jahre voller Ungewissheit, lange Strecken der sozialen Isolation, häusliche Enge und das Wegbrechen von vielem, was Halt und Sicherheit gibt, besonders bei jungen Menschen, bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Spuren hinterlassen, ist eigentlich klar.“ (Sueddeutsche.de)

Wenn sie – in den Augen der Sprachenverstümmler und Naturzerstörer – in Prüfungen versagen, werden sie am Boden zerstört:

„An den Hochschulen beobachtet man schon seit Längerem »mit Sorge, dass das Abitur immer häufiger die allgemeine Studierfähigkeit zwar bescheinigt, aber nicht tatsächlich gewährleistet«, sagt Hochschulverbandspräsident Bernhard Kempen, Professor für Völkerrecht in Köln. Es hapere vor allem am »Text- und Schreibverständnis der Studienanfänger«, außerdem gebe es »Schwierigkeiten in Mathematik«.“

Ein Völkerrechtler legt Wert auf Statistik. Wer beim Rechnen versagt, kann auch nicht denken. (SPIEGEL.de)

Wurden jemals die Tester getestet? Haben die Autoritäten etwa die Prüfungen des Lebens bestanden: was müssen wir tun, um die Erde lebenswert zu erhalten?

Wissen die Bildungs-Feldwebel, was man gelernt haben muss, um den gigantischen Herausforderungen der Weltpolitik zu begegnen?

Kennen sie nicht den alten, längst abgeschabten Satz: Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir? Muss, wer leben will, nicht zuallererst überleben?

Wer fürs Leben lernt, lernt nicht für ein Einstellungsgespräch bei Google, BASF oder Elon Musk – im Gegenteil.

In heutigen Schulen wird gelernt, wie man am effizientesten das Leben ruiniert.

Müsste das wichtigste Fach in den Schulen sich nicht der Frage stellen: was müssen wir lernen, um – Menschen zu werden?

Wären Menschlichkeit und Humanität nicht die entscheidenden Kompetenzen, die man in allen Schulen einüben müsste?

Können Abiturprüfer die folgenden Fragen beantworten?

Von wem stammt die Einsicht, dass Bildung Menschenbildung sein muss – oder humanitas?

Als humane Bildung aufkam, änderte sich die Beziehung zwischen den Menschen. Nicht mehr das Trennende überwog, sondern das Verbindende. Das Gefühl der Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit aller Menschen ließ an Stelle von Fremdheit und Feindschaft die Menschenliebe treten. Philanthropie wurde die natürliche, das Verhältnis der Menschen zueinander bestimmende Macht. Die Welt wurde zu einem Kosmos, in dem alle Menschen gleichwertig waren.

Weisheit musste vom Himmel geholt und ins tägliche Leben geführt, die Jugend zu selbständigem Denken erzogen werden. Die Politik der Gesellschaft sollte kritisch überprüft, die Frage beantwortet werden: wie sollen wir leben? Die Jugend sollte begreifen, dass die Erwachsenen den wichtigsten Fragen aus dem Weg gehen. Auch heute geht es nur um Geld und Wohlstand. Den wichtigsten Fragen des Lebens wird ausgewichen. Urbegriffe wie Gerechtigkeit werden verhöhnt. Hauptsache, die Jugend kann die Wahrscheinlichkeit suizidaler Verwüstungen berechnen.

Die Humanität umschloss die Ehrfurcht vor dem Menschlichen wie die vor der Natur, der schön geordneten Welt. Ihr Betätigungsfeld war die Erde, das irdische Leben kein Suchen nach dem Jenseits, welches das Diesseits vor die Hunde gehen lässt. Das Übel, das Böse waren Widerstände, die überwunden werden mussten. Die Kraft dazu lag im Wesen des Menschen.

Wäre das Lernen des Humanen nicht der wichtigste Erkenntnisprozess, dem alle Jugendlichen folgen müssten, um sich wahrhaftig gebildet nennen zu dürfen?

Stattdessen werden Forderungen nach Humanität von Pisagewaltigen und Industriebaronen als Zumutungen betrachtet, ja als pathologische Träumereien!

In der Corona-Seuche wurde der Jugend verwehrt, die Schule zu besuchen. Ihr Leben degenerierte zur Haft im eigenen Zimmer. Darauf nimmt keine Bildungs-Behörde Rücksicht. Im Gegenteil: Bildungsökonomen rechnen nur nach, welche Einkommensdefizite die Geschädigten haben werden. Der Rest ist belanglos.

Streng genommen wollen die Behörden gar nicht, dass die Jugendlichen eine wahre Bildung erhalten. Dadurch würden sie nur fähig werden, die Machtspiele der Geldhaie zu durchschauen und ihnen frechen Widerstand zu leisten.

Statt die vernachlässigte Jugend zu bestätigen und zu ermuntern, wird sie von „Fachleuten“ zusätzlich beschädigt und beschimpft:

„Die heutige Jugend ist regeltreu, überbehütet und zunehmend depressiv.“

Der Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas spricht über seine Forschungsergebnisse. (TAGESSPIEGEL.de)

Tatsächlich, es gibt noch einen selbstkritischen Lehrer, der seiner Zunft den Spiegel vorhält:

„In der Corona-Pandemie hat die Politik immer wieder behauptet, die Schülerinnen und Schüler seien ihr wichtig, doch hat sie diese Behauptung nie mit Inhalt gefüllt. Denn wenn dem so wäre, hätte man gesagt: Wir konzentrieren uns jetzt auf die pädagogische Arbeit, auf das Miteinander. Stattdessen ging es darum, Prüfungen zu schreiben und Noten zu vergeben. Dieser Stofffetisch, der killt Lernen. Trotzdem sage ich, dass Rückmeldungen wichtiger sind als Noten. Und ganz ehrlich: Noten bieten ja auch nur bedingt Orientierung. Jeder weiß doch, dass eine Note vom Lehrer, von der Schule, ja sogar vom Bundesland abhängig ist Wir brauchen eine Haltung gelebter Fehlerkultur, einer gelebten Lernfreude, statt einer Defizitorientierung. Das Fundamentalste ist, dass Kinder einen Blick dafür bekommen sollen, dass Lernen wunderbar ist. Statt ständig auf Noten, Ziffern und Punkte zu achten, könnten Erwachsene die Kinder fragen: Welche Erkenntnis hast du gewonnen? Eine andere Haltung würde auch implizieren, dass es nicht schlimm ist, wenn ein Kind etwas nicht sofort kann. Wenn man nicht nur dann miteinander spricht, wenn es konflikthaft wird. In der Schule brauchen wir eine präventive Zusammenarbeit mit den Eltern, statt einer Konflikt- und Defizitorientierung. Darum kann ich nur an Eltern appellieren: Schreibt den Lehrern, wenn sich das Kind gefreut hat. Ein Satz, eine Mail – und der Lehrer wird eine Woche motiviert durchs Leben gehen. Und an die Lehrer appelliere ich: Schreibt doch mal, wenn sich ein Kind ganz toll entwickelt hat. Denn auf die Entwicklung muss der Fokus gerichtet werden, nicht auf irgendeine Ziffer.“ (Frankfurter-Rundschau.de)

Doch Ausnahmen bestätigen nur die Regel, und die Regel der schulischen Bildung ist ein Graus.

Es ist alles noch viel schlimmer. Das Ziel der deutschen Bildung soll gar keine Humanität sein – oder das Lernen des Guten.

Journalisten, die sich ihres Kampfes gegen Antisemitismus brüsten – was sie wohl als Kampf für das Gute betrachten, haben keine Skrupel, das Gute als das Böse zu betrachten. Vermutlich imitieren sie Nietzsches Umwertung aller Werte, ohne zu sehen, dass dann auch ihr Philosemitismus nichts Gutes sein kann. In der Tat wird er erkauft durch Hass gegen die Palästinenser. Das aber ist das Gegenteil von Humanitas. Wer menschlich sein will, muss es gegenüber allen Menschen sein.

„Amoralismus und Moralkritik sind für Albig nichts anderes als Kulturpessimismus und Zivilisationsfeindschaft. Wer hingegen nur immer hübsch moralisiert, ist automatisch auf der richtigen Seite.“ (WELT.de)

Die Heuchelei von Gazetten, die nach allen Seiten objektiv sein wollen, ist auch die Grundhaltung der Regierung. Freundschaftliche Kritik ist für sie Hass, bedingungslose (also blinde) Loyalität echte Solidarität.

Die pastorale Spaltung der Welt in Berufene und Verworfene, notdürftig überdeckt von gewinnorientierter Pseudotoleranz, ist das amoralische Gesicht der Deutschen in der ganzen Welt.

Im Reich des Führers hatten die Deutschen es geschafft, das mörderisch Inhumane als Gutes anzubeten.

Ihre Nachkriegsbearbeitung der Vergangenheit hat sie dazu bevollmächtigt, die Beachtung der Menschen- und Völkerrechte als „Gutes“ zu betrachten, das man getrost als lächerliche Bigotterie abtun darf.

Ökologische Maßnahmen, um das Überleben der Menschheit zu garantieren? Spießige Zwangsbeglückungen!

Freie Fahrt in den suizidalen Abgrund – das ist wahre deutsche Freiheit.

Fortsetzung folgt.