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Tagesmail

Wettlauf zwischen ost-westlichen Übermenschen

Hello, Freunde zweierlei Maßes,

Putin wirkte entspannt und wie angekommen, sein erträumter Platz in der russischen Geschichte scheint gesichert: die Krim hat er nach Hause geholt und die Wiedervereinigung Russlands vollbracht. Selbst Gorbi applaudierte.

Sind wir in den Kalten Krieg zurückgekehrt? Es gibt einen kleinen Unterschied. Im Kalten Krieg rivalisierten zwei konträre Systeme um die Weltherrschaft. Kapitalistische Demokratie gegen sozialistischen Totalitarismus. Heute stehen sich zwei neoliberale Pseudodemokratien gegenüber. Hier plündern Oligarchen das Volk, dort erklären Plutokraten dem Volk den Krieg.

Beide Systeme bedienen sich ähnlicher Phrasen und gleich klingender Normen wie allgemeine Menschen- und Völkerrechte, jedoch in separatistischer Auslegung und in zweierlei Maß. Die Einen dürfen das Maß verletzen, dessen Verletzung sie den Anderen vorwerfen.

Die Großmächte haben keine Skrupel mehr, ihre eigenen Ideale zu unterlaufen, was sie anderen mit harten Sanktionen verbieten. Bis zur Regierung Bush sen. war es noch opportun, Regelverletzungen mit rabulistischen Deutungen als Regeltreue zu verkaufen. Heute setzen sich die Großmächte offen und dreist über

ihre eigenen heiligen Regeln hinweg.

Aus einem TAZ-Interview mit einem russischen Experten: „Zweierlei Maß war, ist und wird Grundlage der internationalen Beziehungen bleiben. So war es immer. Jede Seite interpretiert das Recht zu ihrem Vorteil. Das können sich nur Große und Atommächte erlauben. Die anderen müssen sich ans internationale Recht halten, wenn sie etwas wollen.“ (Fjodor Lukjanow im TAZ-Interview)

Religiöser Antinomismus ist Weltpolitik geworden. Die Gebote Gottes sind nur für Heiden und Ungläubige, die Erwählten und Erleuchteten stehen über allen Regeln – so, wie Gott mit allmächtigem Willen jenseits von Gut und Böse steht. Dank wahrer geistlicher Gesinnung sind Rechtgläubige zum Sündigen unfähig (non posse peccare). Im Gegensatz zu den Massen der Verlorenen, die zum Nicht-Sündigen unfähig sind (non posse non peccare).

Nicht Taten entscheiden über Moral, sondern innere Motivationen und religiöse Einstellungen. In dieser Hinsicht gehört das rechtgläubige Russland eher zum christlichen Westen als zum heidnischen Osten, der einen gesinnungsmäßigen Dualismus in dieser dogmatischen Schärfe nicht kennt.

Noch ist unklar, zu welchem Lager Russland sich eines nahenden Tages zählen wird. Soll es sich mit dem unchristlichen China verbinden, um dem arroganten Block Amerika & Europa Paroli zu bieten? Oder soll es die Familienstreitigkeiten im Clan der Erlöser niedrig hängen und sich im abzeichnenden Weltkonflikt West gegen Ost auf die christliche Seite gegen alle naturreligiösen und weltlich-philosophischen Kulturen stellen?

Russland würde so gerne vom christlichen Lager mit offenen Armen als heimkehrender Bruder aufgenommen werden. Wie hat es geworben, wie vorbildlich hat es sich verhalten beim Abwickeln des gottlosen Sozialismus, wie schnell ist es übergelaufen zu demokratischen Regeln und zur Despotie des Marktes!

Doch Undank ist der Welt Lohn. Die Sieger des Kalten Krieges verschmähen das wirtschaftlich ruinierte Land. Die westlichen Konfessionskumpane aus Protestanten & Katholiken verübeln den Russen noch immer, dass sie sich schon im Mittelalter in orthodoxem Alleingang vom Westen gelöst und immer nur unwillig sich der West-Entwicklung mit Aufklärung, sexueller Freizügigkeit und sonstigen dekadenten Auflösungserscheinungen geöffnet haben.

Der Westen nimmt nicht wahr, dass Putin – ein gläubiger Untertan der frommen Metropoliten – nicht müde wird, dem Westen sittliche Entartung vorzuhalten. Wahre Sittlichkeit ist für ihn die Frucht wahren Glaubens. Selbst westliche Kirchen sind den Orthodoxen zu lau und die Lauen wird der Herr aus dem Munde speien. Zu sehr haben sich die Westler vom weltlichen Geist der Vernunft anstecken lassen, und tolerieren mit Schwulen und Lesben biblisch verworfene Lebensweisen. Aus der Ökumene westlicher Kirchen haben sich die Strenggläubigen weitgehend zurückgezogen.

Der alte religiöse Graben zwischen Ost und West wird immer tiefer. Währenddessen tendieren viele Russen zum westlichen Wohlstandsmodell und fliehen immer mehr ins Ausland. Der Spalt zwischen Babuschkas heiler Religionswelt und den neuen Mächten aus Geld & Internet geht durch die Seele jedes Einzelnen.

Die russischen Machthaber müssen keine Zyniker sein, wenn sie sich der Unterstützung der Popen durch regelmäßigen Besuch der Gottesdienste versichern. Der uralte Cäsaro-Papismus kehrt in neuer Variation zurück. Die Cäsaren bücken sich vor den Popen, wenn diese das Volk zum Gehorsam gegen die Cäsaren verpflichten. Offiziell stehen die Cäsaren über den Popen, doch inoffiziell sind die Popen die Vertreter des Himmels.

Die große Differenz zwischen der russischen und der westlichen Entwicklung ist das unterschiedliche Verhältnis von Staat und Kirche. Im Heiligen römischen Reich deutscher Nation war das ganze Mittelalter von ewigen Streitigkeiten zwischen Kaiser und Papst geprägt. Am Ende hatten beide Kandidaten verloren.

Das deutsche Reich zerfiel in ein mitteleuropäisches Nichts. Der Papst musste sich die lutherische Konkurrenz gefallen lassen und den neuen weltlichen Geist der griechisch inspirierten Renaissance, die zur europäischen Aufklärung führte. Die Macht der Kirchen war durch das Aufkommen weltlicher Vernunft bis in die Eingeweide geschwächt.

Während im östlichen Cäsaropapismus das geistliche Schwert sich dem weltlichen unterordnete, gibt es im Westen bis heute ein unaufhörliches Rangeln um die Vorherrschaft. Wer wen? Bestimmt das weltliche Schwert das geistliche oder gelingt es dem geistlichen doch noch, die herrlichen Tage des Mittelalters wieder auferstehen zu lassen, wo der deutsche Kaiser in Canossa die Knie vor dem Papst beugte?

Der Papismus will wieder die Regie über ganz Europa übernehmen. Er hat einen langen Atem und Jahrtausende machiavellistischer Erfahrung. Er kann geduldig warten und mit zeitgenössischen Anbiederungen Werbung unter den Völkern treiben. Zurzeit ist die Werbung „franziskanische Demut“ angesagt. In der Hochzeit des Neoliberalismus hörte man nicht, dass der Kapitalismus Mord sei.

Manche Historiker betrachten den ewigen Streit von Kirche und Staat als frühe Demokratisierung und Gewaltenteilung. Das ist Unsinn. Der Satz: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers, Gott, was Gottes, ist keine schiedlich-friedliche Gewaltenteilung zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Schwert. Es ist eine für die nahe Zukunft prophezeite völlige Niederlage der weltlichen Macht und die alleinige Herrschaft des wiedergekehrten Erlösers.

Bis zur finalen Wiederkehr spielt der Staat eine untergeordnete Knechtsrolle, um die fragile Ordnung in der Welt aufrecht zu erhalten. Erscheint der Pantokrator in all seiner Macht und Herrlichkeit, ist‘s um den sündigen Staat, die sündige Natur und den sündigen Menschen geschehen. Wer bis dahin nicht in Sack und Asche bereut hat, wird für immer aussortiert. Weltliche Staaten werden dann nicht mehr gebraucht.

Bis zu diesem Punkt der endgültigen Offenbarung am Ende der Geschichte muss der Staat im Status der Vorläufigkeit und Hinfälligkeit leben. Nicht die Kirche lebt von Gnaden des Staates, der Staat in all seiner Pracht lebt von der Gnade jesuanischer Schwertträger. In der mittelalterlichen Inquisition waren Kirchenvertreter die Herren des Verfahrens. Wenn sie jemanden zum Tode verurteilten, mussten staatliche Knechte das Urteil ausführen. Die geistlichen Herren besudelten ihre gesalbten Hände nicht mit dem Blute von Ketzern.

Das ist der große Unterschied zwischen West und Ost: im Westen scheute der Klerus nicht davor zurück, die weltlichen Mächte zu seinen Dienern und Lakaien abzurichten. Im Osten begnügten sich die Popen mit der Rolle geistlicher Knechte, die das Volk zum rechten Untertanengeist dressierten.

Allerdings trug der Zwiespalt zwischen weltlicher und geistlicher Macht ungewollt dazu bei, die Rolle des Staates immer mehr zu stärken. (Man könnte von einer List weltlicher Vernunft sprechen.) Wesentlich unterstützt von neuen Elementen griechischer Aufklärung, die die Kunde von der athenischen Polis nach Westeuropa brachte.

Während im Westen Europas heftige Kämpfe um Vernunft und Glauben, Staat und Kirche, Himmel und Erde ausgefochten wurden, träumte Mütterchen Russland in der Abgeschiedenheit des nach Osten unendlichen Raumes von der messianischen Rolle, eines fernen Tages die Völker der Welt zu erlösen.

Es waren nicht nur die Deutschen, die sich als nationale Heilande der zukünftigen Welt sahen. Auch am russischen Wesen sollte die Welt genesen. Dasselbe gilt vom angelsächsischen und amerikanischen Nationalheiland. Es gab fast kein europäisches Land, dem solche national-religiösen Größenphantasien fremd waren. Der Nationalsozialismus war ein national-religiöser Welterlösungs-Sozialismus, der die Natur von den Bazillen des Bösen, den Juden, reinigen sollte, damit diese nicht im Auftrag des Beelzebubs die Schöpfung des Herrn zerstörten.

Die linken 68er-Studenten, lange vom Moskauer Sozialismus fasziniert – bevor Dutschke einen dritten Weg proklamierte –, unterschieden stets zwischen dem sowjetischen Totalitarismus, der einen guten Zweck, wenn auch mit schrecklichen Mitteln, verfolgte (das gerechte Reich der Freiheit), und dem Nationalsozialismus, der böse Zwecke mit bösen Mittel verfolgte.

Schrecklicher Unsinn. Auch die Nationalsozialisten waren Erben uralter eschatologischer Verheißungen, denen sie als Bannerträger Christi zum endgültigen Sieg verhelfen wollten. (Siehe Karl Löwiths überragendes Buch „Weltgeschichte und Heilsgeschehen“ und viele andere, die von der seinsvergessenen modernen Geschichtsforschung leise, still und heimlich entsorgt wurden. Diese „positivistischen“ Faktenforscher halten sich für wissenschaftlich, wenn sie sich aller philosophischer und geistesgeschichtlicher Erörterungen entledigen.)

Es ist ein psychologischer Wahn, dessen Ursprünge im theologischen Teufelsglauben liegen, dass es einen einzigen Menschen auf der Welt geben könnte, der sein böses Tun nicht ursprünglich als gute Tat konzipiert hätte. Böse Menschen sind unter schrecklichen Umständen Zukurzgekommene, die sich an der ungerechten Welt rächen und durch furchtbare Selbstjustiz die Welt humaner und gerechter – in ihrem Sinne – machen wollen. (Kleists Michael Kohlhaas ist die Urerzählung von einem braven Mann, der zur maßlosen Furie wird, um sein empfundenes Unrecht an der Welt zu rächen.)

Dieses Böse wird es solange auf der Welt geben, solange Menschen durch grausame Umstände zu charakter-zerstörenden Untaten gezwungen werden. In diesem philosophischen Sinn sind alle Verbrecher die Opfer ihrer Umstände.

Langsam, kein Getümmel, Athener.

Der Opferstatus der Bösen gibt ihnen in einem intakten Rechtsstaat keine Generallizenz zur folgenlosen Ausübung rechtswidriger Taten. Jedes Rechtssystem muss seine Verbrecher behandeln, als ob sie frei gehandelt hätten, wohl wissend, dass sie zum Zeitpunkt der Taten nicht frei waren.

Hier beißen sich zwei Aspekte, die erst dadurch zum Ausgleich kommen, dass der Bestrafte die reelle Chance erhält, nach der bösen Tat seinen freien Willen zu entdecken, um hinfort keine bösen Untaten mehr zu vollbringen. Die Gesellschaft muss vor ihnen solange geschützt werden, bis sie – wenn Gefängnisse human wären, um Eingeschlossenen die Möglichkeit zur Humanisierung ihrer gekränkten Persönlichkeit zu geben – als Resozialisierte in die Gesellschaft entlassen werden können.

In diesem Sinne kann keine gerechte Strafe eine „Strafe“ sein, denn Opfer tragen keine Schuld. Eine sinnvolle „Strafe“ ist nichts als eine notwendige Konsequenz, um die Gesellschaft vor den Straftätern und diese vor sich selbst zu schützen und ihnen eine zweite Chance zu geben, in humanen Umständen zu verständigen Menschen zu werden.

Die christliche Schuldkultur und das unfehlbar sein wollende Strafbedürfnis der Rechtgläubigen hat das Gefängniswesen des Westens – inzwischen der ganzen christianisierten Welt – zur vorweggenommenen Hölle auf Erden gemacht. Kulturen außerhalb der christlichen Rache-Orgien kannten solche Pestbeulen des Ausschließens, Folterns und Zerstörens einer Person so gut wie nicht. Jeder Mensch kommt als Kind zur Welt, kein Kind ist ein geborener Verbrecher.

Wer Russland verstehen will, muss sich mit allen Aspekten der russischen Geschichte vertraut machen. Das Leben besteht nicht nur aus Wirtschaftsdaten, wie der Westen sich manisch einredet. Obwohl das heutige Russland den marxistischen Sozialismus abgelegt hat, hat es noch lange nicht das kollektive Unbewusste des Sozialismus und der ganzen russischen Vergangenheit abgelegt. (Auch die Deutschen leben noch immer von Deutschland-über-alles-Phantasien, wenn auch mühsam kaschiert mit wirtschaftlichen Ersatzhandlungen.)

Wenn Putin dem Westen moralische Standpauken hält, werden sie im selbstgerechten Westen mit keinem Wimpernzucken zur Kenntnis genommen. Doch aus Putin spricht das unverfälschte Erbe russischer Selbstbeschreibung und Selbstempfindung. Zu diesem wichtigen Thema hat Thomas Tetzner ein eindrucksvolles Buch vorgelegt unter dem Titel: „Der kollektive Gott, zur Ideengeschichte des „Neuen Menschen“ in Russland.

Aus den religiösen Ursprüngen rekonstruiert der Autor die Geschichte des Neuen Menschen vom Dritten Rom bis zu den stalinistischen Heilsexzessen durch Völkerverbrechen. Wie Jesus die Menschheit errettet, indem er 99% in die Hölle schickt, so agieren alle abendländischen Politheilande, indem sie das „unkorrigierbare Menschenmaterial“ eliminieren und wenigen Erwählten ein Leben in Macht und Gloria bieten.

Tetzner beschreibt die Phantasien des Neuen Menschen bei Tschaadajew, Belinski, Bakunin, Herzen, Tschernyschewski, Dostojewski, Solowjew, Berdjajew, den biopolitischen Utopisten, Kosmonauten bis zum „Proletkult“ bei Gorki und Stalin. Sein vorangestelltes Motto ist von Alexander Herzen:

„Wir haben lange genug in Schlaf und Schweigen gelebt; es ist an der Zeit, dass wir erzählen, was wir geträumt, was wir gedacht haben.“

Tetzners Grundthese lautet, „dass sich der „Neue Mensch“ vom frühen Christentum bis in die russische Revolution hinein durchgängig als Vergöttlichungsmotiv entschlüsseln lässt“.

Obgleich der marxistische Sozialismus ein gottloses System sein wollte, ist er eine eschatologisch durchtränkte Heilsutopie hinter ökonomischen Etiketten. Der biblische Gott, so Gorki, der die alte Erde erschuf, wird „vom neuen sowjetischen Gott noch übertroffen.“ Unter Stalins genialer Führung werde der sowjetische Mensch die Erde solange umgestalten, bis alle Materie das Gepräge seiner Einwirkung trägt.

Gorki schreibt:

„Wir selbst müssen andere Menschen werden; wir müssen aus unseren Herzen das ganze verfluchte Altgewohnte ausreißen, unser Vertrauen zur allbesiegenden Macht der Arbeit und Technik stärken, wir müssen uneigennützig werden und über alles sozialistisch denken lernen. Wir wollen eine neue Menschheit schaffen, und wir haben schon damit begonnen. Die Erde werden wir unbedingt in unsere Hände nehmen! Und alles auf ihr werden wir verändern. Wenn uns die Berge im Wege stehen, werden wir sie abtragen. Die Flüsse werden dorthin fließen, wohin wir wollen. (Die Großbaustelle ist der Gottesacker des Industriezeitalters.) In der Sowjetunion wächst ein neuer Mensch heran, und seine Eigenschaften kann man bereits deutlich erkennen. Er fühlt sich als Schöpfer einer neuen Welt. Er ist nicht nur biologisch, sondern auch historisch jung.“

Der Neue Mensch wird die Welt unaufhaltsam vergöttlichen. Durch Vereinigung aller Menschen soll ein „riesenhaftes ozeanisches Wesen“ entstehen, welches übermenschliche, ja, göttliche Züge tragen werde. Durch grenzenlose Schöpferkraft werde der Mensch unsterblich werden und göttliche Eigenschaften erlangen. Die Vorstellung einer vereinigten Menschheit werde durch die von Christus beschlossenen Einheit aller Menschen zur Realität werden.

Glaubt irgendjemand, dass diese christlich-sozialistischen „Übermenschtraditionen“ mit dem Ende des Sowjetreiches begraben wurden? Glaubt irgendjemand, dass die Russen nur den Westen imitieren wollen?

Es ist in Russland nicht anders, als Pankaj Mishra den asiatischen Osten beschreibt. Erst müssen die vom Westen deklassierten Völker ihre Aufholjagd so weit beenden, dass sie ihre Würde wieder erlangen. Dann werden sie sich erneut ihren Traditionen zuwenden und den dekadenten Westen mit überlegener Moral in den Schatten stellen. In China gibt’s keine christlichen Traditionen. Was im Westen aber vollständig übersehen wird: die Traditionen des ehedem marxistischen Sowjetreiches sind dieselben christlichen Übermensch-Traditionen wie die des Westen.

Wer die Visionen der Dostojewski, Bakunin, Gorki und Stalin zur Kenntnis nimmt, reibt sich verwundert die Augen. Kennt er die Visionen der Russen nicht auch aus Büchern deutscher Denker – in ideeller Form? Kennt er sie in wissenschaftlicher Form nicht aus den Kreativ-Werkstätten von Silicon-Valley?

Putin will das alte Sowjetreich in Glanz und Gloria wieder herstellen. Dazu gehören die uralten christogenen Endzeitvisionen des Neuen Menschen, der die alte Erde zerstört, um einen neuen Himmel und eine neue Erde zu schaffen.

Der Kalte Krieg wiederholt sich nicht auf der Ebene konträrer Systeme. Sondern auf der christlichen Basis west-östlicher Übermenschen und Supermänner.