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Weltherrschaft

Hello, Freunde der Weltherrschaft,

kennen Sie Markus Kleber & Claus Lanz? Zwei überragend sympathische Menschen. Beide mit sauberer Haut, umwerfenden Stimmen und sonniger Ausstrahlung. Der eine interessiert sich nicht für die Meinungen seiner Gäste, der andere nicht für seine eigenen. Beide tun, als stellten sie kritische Fragen. Der eine will nur selber reden, der andere devot den Weltenherrscher reden lassen.

Kleber schnippt mit dem Finger wie der Klassenprimus, um die Predigt des rex mundi untertänigst unterbrechen zu dürfen. „Die Deutschen waren noch vor kurzem gebannt von Ihnen, oh Majestät – in Berlin habe ich es selbst beobachten können –, wie erklären Sie sich, dass Sie alle Erwartungen enttäuscht haben und vom Erlöser zum Schurken der Welt geworden sind? Und vor allem: werden Sie nicht nur Frau Merkel, sondern auch Mich – immerhin Anchorman des ZDF – nie mehr abhören lassen? Wollen Sie wirklich 60 Millionen Deutsche zu Feinden haben, nur um einer unbedeutenden Kanzlerin zu schmeicheln?“

Marxistisch korrekt antwortete der Beste der Besten: „Ach wissen Sie, ich steuere kein Schnellboot auf dem Strom der Geschichte, sondern die Titanic. Da müssen wir warten, bis die Geschichte uns entgegenkommt, damit wir den maroden irdischen Ozeandampfer zum Kentern bringen und die Heilsgeschichte endlich ans Ziel kommt. Aber seien Sie versichert, ich arbeite hart daran. Abgesehen von einer Handvoll Regierungsfreunden, denen ich versprochen habe, sie in Ruhe zu lassen – unter uns, diese Vollidioten glauben das sogar, obwohl

unsere unvergleichliche Überwachungsmaschine von niemandem, ich wiederhole: von niemandem überprüft werden kann –, habe ich bereits die gesamte Menschheit gegen mich aufgebracht. Hier kenne ich kein Pardon, wer nicht für uns ist, der ist gegen uns. Die Zeit ist gekommen.“

Und Er erhob sich, ein Sturm kam auf, der Vorhang des Weißen Hauses zerriss, Engel kamen, setzten sich zu seinen Füßen, dienten ihm und fragten: welche Feinde sollen wir heute zuerst durchsieben, o Pantokrator? Die in Afghanistan, die im Jemen oder eine dieser lächerlichen antiamerikanischen Basisgruppen in Germany? Unsere pfeilschnellen Drohnen hinterlassen keine Spuren. Wir sind omnipräsent und doch sieht uns niemand, ist das kein Schibboleth vom Himmel?“

Kreidebleich wankte Kleber aus dem Office der Welt, als er eine Donnerstimme hinter sich hörte. „Und glaubt ja nicht, dass ich mir von euch Klugscheißern weiterhin in die Suppe spucken lasse. Sag das deinen räudigen Germans. Und nun raus, aber dalli, dalli!“

Aus Gründen der Staatsraison wurde die Originalversion der Audienz vom ZDF in der Tiefe des Ozeans versenkt. Die Deutschen sahen ein naturidentisches Plagiat mit zwei täuschend ähnlichen Avataren. Produziert von Hollywood, in geheimer Kooperation mit der NSA.

(Interview von Claus Kleber mit Obama)

Bill Gates ist der Neocalvinist der Moderne: wer reich ist, ist von Gott prädestiniert. Reich geworden ist er ausschließlich, um gut zu sein. Reichtum und Nächstenliebe sind bei ihm zu einer einzigen Gnadengabe verschmolzen.

Wie Jesus Gesamterbe seines Vaters, ist Bill Erbe des Weltenreichtums. Er ist der fleischgewordene Sohn des Himmels in Gottes eigenem Land, der versprochen hat, spätestens im Jahre 2035 die Armut der Welt ausgerottet zu haben. Und wenn er dafür sein ganzes Vermögen opfern müsse.

Wozu sonst sollte man reich werden, wenn nicht, um jenen einen Bruchteil von dem Geld zurückzugeben, das man ihnen mit gottgesegneter Legalität abgefuggert hat?

Wenn Bill Jakob hieße, müsste man über ihn sagen: „Daher ward der Mann über die Massen reich, sodass er viel Vieh, Mägde und Knechte, Kamele und Esel hatte.“ Das war noch in der Hirtenzeit. Heute müsste man sagen: Bill hat mehr Mäuse im Tresor als Kamele und Esel auf seinem Grundstück.

Doch selbst, wenn Gates’ Prophetie sich als wahr erwiese – hätte er das fundamentale Problem der Welt gelöst? Reichwerden ist nur eine unausgewiesene, aber hocheffiziente Methode zur Erringung der Weltmacht.

Neueste Berechnungen ergaben, dass ein Prozent der Weltbevölkerung die Hälfte des gesamten Reichtums, 85 Tattergreise genauso viel haben wie die ärmere Hälfte der Welt zusammen. Nun arbeiten die Greise daran, auch noch die andere Hälfte des Weltreichtums zu ergattern. Pardon, sie lassen arbeiten. (DER SPIEGEL)

Doch Verzeihung, lieber Bill, selbst wenn es keine absolute Armut mehr gäbe, hätten wir noch immer das winzige Problem der relativen Armut. Im Vergleich mit den Superreichen besäßen die Schlucker fast nichts. Auch wenn sie nicht mehr verhungern müssten, wären sie vergleichsweise bedeutungslos.

Die Reichen mit ihrer Supermacht hätten nicht die geringsten Skrupel, die Regierungen nach Belieben zu manipulieren und den Kurs der Weltpolitik allein zu bestimmen. Wir hätten keine Demokratie, sondern eine Plutokratie, eine Herrschaft der Tycoons. Im Wettlauf um die anstehende Weltmacht wären die Armen chancenlos. Wenn nur die Besten gewinnen, wird ein Prozent der Allerbesten die Allmacht über den Globus erringen.

Warum wird im Streit um den Kapitalismus nie der Begriff Macht erwähnt? Weil es um Macht geht, aber niemand davon erfahren soll. Weltverschwörung? Iwo. Nie gab‘s eine Verschwörung mit geheimen Mitteln. Die Verschwörung spielt in aller Öffentlichkeit. Man könnte auch von Religion sprechen. Das Ziel der Erlösungsreligion ist die Herrschaft der Welt. Das steht geheimnislos in jeder Heiligen Schrift der Monotheismen.

Reiche und einflussreiche Menschen sind die besten Netzwerker der Welt. Wenn sie einmal in der Woche miteinander telefonieren – wie der Blackrock-Chef mit dem amerikanischen Wirtschaftsminister – erfüllt das bereits den Tatbestand der legalen Verschwörung.

Wer wollte den Giganten gesetzlich verbieten, freundschaftlich miteinander zu plaudern? Schon Adam Smith wollte den Industriellen verbieten, während einer harmlosen Soiree im Nebenzimmer miteinander zu schwatzen. Sie könnten ja Preisabsprachen vereinbaren. Das waren Bedenken eines altschottischen Moralisten und gehen uns nichts mehr an.

Die eigentliche Verschwörung besteht darin, dass alles Heimliche täglich in der Zeitung steht – doch niemand will es glauben. Das ist die beste Methode der Tarnung: sagt‘s laut in allen Gassen, besonders in Kirchen, Domen und Gebetsstuben und niemand wird euch ernst nehmen. Wenigstens im aufgeklärten Deutschland nicht.

In Amerika, das sich allmählich vom bigotten Heidentum der deutschen Christen verabschiedet, sind fast alle überzeugt, noch die Wiederkehr des Erlösers persönlich zu erleben. Alle Propheten sind sich einig: er wird zuerst an die Pforte der Wallstreet klopfen und dort seine erste Predigt halten: Ihr seid meine geliebten Söhne, an denen ich Wohlgefallen habe.

Für armutzentrierte deutsche Ohren klingt das blasphemisch. Sie glauben, der Herr wird auf einem Esel daherkommen und aussehen wie Franziskus und Geißler in einer Person. Nicht, dass die Deutschen arm sein wollten. Sie scheffeln Reichtum für und für. Nein, aber sie reden gern über Armut und wären nur am liebsten arm, wenn die angelsächsischen Vettern und Krämer zuvor unterschreiben würden, dass sie einen deutschen Habenichts als offiziellen Erlöser anerkennen würden.

Deutsche Christen leben von der trügerischen Hoffnung, im Jüngsten Gericht mit dem Spruch durchzukommen: Vater, Du weißt am besten, dass wir äußerlich reich sein mussten – weil unsre Befreier uns dazu zwangen –, innerlich aber arm wie Kirchenmäuse waren. Über jeden Bettler an der Straßenecke waren wir froh, dass wir an ihm unsere überströmende Lindigkeit und Sanftmut erweisen konnten.

Weshalb wir uns mit Händen und Füßen dagegen wehrten, dass der heidnische Staat mit Gesetzen die Armut und Not unserer Schwächsten beheben wollte. Wie kommt der unverschämte irdische Staat – diese Räuberhorde – dazu, uns unsre Liebesobjekte wegzunehmen? An welchen Hunger- und Elendsgestalten hätten wir sonst unsere Agape demonstrieren können, um die ewige Seligkeit zu erringen?

„Die Armut habt ihr allezeit, mich habt ihr nicht allezeit“, versprach der Herr und darauf beharren wir. Selig sind wir, die wir bis ans Ende der Tage die Armen unter uns haben, denn mit ihnen werden wir das Reich Gottes erringen. Kein Zufall, dass Dein Reich Reich Gottes heißt. Würde es so heißen, wenn es arm wäre?

Ein armes Reich Gottes ist ein Widerspruch in sich. Reichtum und Macht sind bei Dir eine Einheit. Du hast nichts gegen Reichtum, oh Herr, der Du Alleinbesitzer aller verrottbaren und unverrottbaren Schätze der Welt bist. Du hast nur was dagegen, dass der Reichtum in falsche Hände kommt. In die Hände der Gottlosen und irdischen Frevler, die glauben, alles sich selbst zu verdanken. Und nicht zugeben können, dass alles von Dir kommt.

Ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums. Wer Reichtum liebt, wird keinen Nutzen haben. Wer sich aber nicht rühmt und sein Herz nicht an Reichtum hängt, sondern ihn nutzt, um Gutes zu tun, der soll ihn nicht weggeben. Man soll bescheiden sein wie Bill Gates und gute Werke tun, dann wird Dein Segen auf ihm ruhen. Der da reich ist, rühme sich seiner Niedrigkeit.

Hier sehen wir, dass die Deutschen Deinen Willen nicht verstehen: sie rühmen sich ihrer Niedrigkeit: wenn sie arm wären. Sie gehören zu den reichsten Nationen der Welt und kokettieren mit ihrer inneren Armut, die niemand sieht außer Dir allein. Ist Christus nicht um unsertwillen arm geworden, „damit wir durch seine Armut reich würden“?

„Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.“

Die Erfindung des Christentums im Römischen Reich war unvermeidlich. Anders als mit visionären Versprechungen von Macht und Reichtum hätten die im Elend versunkenen Massen die pax romana nicht überleben können. Sie träumten von allem, was sie nicht hatten: von Fülle, Reichtum und gewaltiger Macht, um sich eines fernen Tages an ihren Blutsaugern zu rächen.

Das Versprechen der Fülle musste sofort erfüllt werden – im Geiste. Im Geiste konnte die reale Erfüllung noch ein Weilchen verschoben werden, bis das Ende nahe herbei gekommen war. Mit innerer Fülle mussten die Gläubigen sich begnügen, um die Wartezeit bis zur Wiederkehr zu überbrücken. Nun warten sie bereits seit 2000 Jahren und wollen endlich schauen, was sie die ganze Zeit geglaubt.

Immer, wenn die Christenheit mit unerträglich langen Friedenszeiten geplagt wird, schlägt ihr schlechtes Gewissen, das in satten Zeiten den Heiland zu vergessen droht. Frieden und Wohlstand sind das goldene Kalb, das man sich erwünscht hat und doch fürchten muss: denn nun steht die Strafe des Himmels bevor. Also müssen die verwöhnten Gläubigen dafür sorgen, dass es ihnen wieder schlecht geht. In dieser Phase befinden wir uns.

Der Erste und Zweite Weltkrieg waren Hochzeiten für brünstige Jünger. Im Krieg gegen die Feinde konnten sie ihre Berufung bewähren. Inzwischen dehnen sich die Friedenszeiten ins Unerträgliche. Es muss wieder ein globaler Kladderadatsch her, damit die Hoffenden und Harrenden den Fingerzeig des Höchsten spüren.

Gott liebt uns nicht mehr, warum bestraft er uns nicht mit biblischen Plagen? Es müssen apokalyptische Reiter kommen, um die Echtheit unseres Glaubens zu prüfen. Danach als finale Belohnung die Weltherrschaft.

Das Christentum ist eine kollektive Krankheit, doch keine Krankheit ist eingebildet. Sie beruht auf wahren Mängeln. Die Diagnose der Religion ist nicht falsch: der Mensch leidet an Befriedigungs- und Glücksmängeln.

Die Therapie aber ist eine einzige illusionäre Katastrophe. Nicht der Mensch soll fähig sein, seine Defizite in einem langen und mühsamen Lernprozess auszugleichen, sondern eine Fata Morgana. Auf diese Fata Morgana wird er noch in 1000 Jahren warten – wenn er dann noch leben wird.

Die falsche Therapie einer richtigen Diagnose machte es dem Menschen bislang unmöglich, sich dem Einfluss seiner religiösen Droge zu entziehen. Bei jedem Angriff auf seine Religion schaut er auf seine Mängel – und fühlt die Diagnose der Religion bestätigt.

Ist er nicht friedelos und unstet? Ist er – hinter allem Wohlstand – nicht unglücklich und unzufrieden? Muss er nicht getröstet werden? Ist er, bei allem Großtun, nicht hilflos wie ein Kind? Braucht er nicht ungeheuer viel Anerkennung? Ruht sein Auge auf keinem seiner tollen Werke mit Wohlwollen und tiefem Stolz?

Unfähig, ihren Unfrieden wahrzunehmen, hängt die Menschheit am Tropf ihrer selbst erfundenen Glücksdroge, die sie um alles Glück betrügt. Erst, wenn sie mit elementarer Wucht ihre Misere ins stumme Weltall brüllte, würde ihr Leidensdruck darüber nachdenken, wie er sich verabschieden könnte.

Der Mensch ist noch immer ein leidendes Tier. Jeden Tag benötigt er seine bunten Verheißungs-Pillen, die ihn just um das betrügen, was er von ihnen erhofft. Die ganze Geschichte der Menschheit seit Erfindung des Christentums ist die einer misslungenen Narkotisierung – die zu schwach ist, um schmerzfrei zu werden und zu stark, um sie ersatzlos zu streichen.

Da sitzt sie nun, die fortgeschrittene Menschheit: zwischen Verheißung und illusionärer Erfüllung. Zwischen goldenem Kalb und deprimiertem Nichts, unfähig, eine rückhaltlose Glücks- und Schmerzbilanz zu ziehen.

Sie berauscht sich an ihren Maschinen, die können sollen, was ihre Erfinder selbst nicht können wollen. Sie berauscht sich an Macht und Größenphantasien, indem sie ihre Versagensängste den Feinden an den Hals wünscht. Immer die anderen sind an ihrem Unglück schuld, immer sie selbst sind die Urheber ihrer zweifelhaften Erfolge, die sie täglich neu erfinden müssen, weil sie ihnen täglich mehr zum Ekel werden.

In Amerika ist die Identität von Religion und Politik am deutlichsten. Je mehr die Erwählten in Schneestürmen und Tornados versinken, in Superreiche und Verzweifelte zerfallen, von Weltbeglückungs- und Weltverfluchungszwängen zerrissen werden, umso mehr träumen sie von der beginnenden Weltherrschaft über alle Völker, die ihnen den endgültigen Triumph bringen sollen.

„Die Herrschaft über die Welt ist unsrem Herrn und seinem Gesalbten zuteil geworden und er wird herrschen in alle Ewigkeit. Und in jenen Tagen wird der Gott des Himmels ein Reich entstehen lassen, das ewig unzerstörbar bleibt und die Herrschaft wird keinem anderen Volke überlassen werden. Alle Reiche wird es zermalmen und vernichten, selbst aber in alle Ewigkeit bestehen. Der Traum ist wahr, und zuverlässig seine Deutung.“

Von welchem Traum ist hier die Rede? Vom amerikanischen. Die apokalyptische Deutung des Traums wird Amerika und die Völker in den Abgrund führen.