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Tagesmail

Weltführerin

Hello, Freunde der Weltführerin,

ist auch die zweite Strophe des Deutschlandlieds verboten? Aber neeeeiiin:

Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –

Nachdem es mit dem männlichen Weltführer aus der deutschsprachigen Ostmark nicht geklappt hat, nun eine Weltenführerin aus Mecklenburg-Vorpommern: Angela, du Unvergleichliche, du Inbegriff des Abendlands, du unbefleckte Mutter aller westlichen Werte, wir haben dich nicht verdient. Deine geistgestützte Performance – pardon Aura – hat nicht ihresgleichen.

Wenn die ganze Welt ins Trudeln kommt: dein feines Marienlächeln verlässt dich nicht. Stolz dürfen wir der Welt verkünden: in seligen Zeiten warst du Gottesmutter, Johanna von Orleans und Mona Lisa in einem Leibe. Mit links hast du den Untergang des Sozialismus abgewickelt, heute steuerst du den Untergang des Kapitalismus, (den du nur zur Tarnung bewunderst), immer in Gleichmut und Gottvertrauen.

Wenn alle Männer versagen und das Weltenschiff versenken, stehst du tiefenentspannt auf der Kommandobrücke. Denn du weißt: alles ist vergänglich, das irdische Schifflein muss

untergehen. Und will es nicht untergehen, hilfst du unauffällig nach.

Die Welt ist nur Schein, wir aber müssen ins Wesentliche. Ruhe im Untergang, das ist fürnehmste Christenpflicht.

Näher, mein Gott, zu Dir,
Näher zu Dir!

Geht auch die schmale Bahn,
Aufwärts gar steil,
Führt sie doch himmelan
Zu meinem Heil.
Angela so licht und schön
Winket aus sel’gen Höhn.

Die TIMES kennt nur die schnöde Prosa der Macht: „Der Westen hat sich mit ihrer Hilfe auf seine Grundwerte konzentriert und hat erkannt, worum es sich zu kämpfen lohnt. Merkel ist die herausragende Politikerin Europas, die mächtigste Frau der Welt. In diesem Kreis hat sich nur ein Weltpolitiker profiliert: die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie ist zu einer Vermittlerin der Macht zwischen Ost und West geworden.“

Deutschland – die beliebteste Nation der Welt, in allen Dingen obenan, selbst in Birmingham gibt’s einen deutschen Weihnachtsmarkt, die Krämer Albions lieben uns, alle bewundern unsere Kanzlerin, die wiedergeborene Königin Luise, „die Königin der Herzen, die Lichtgestalt für das einfache Volk in den ärmlichen Hütten“. Für ärmliche Hütten hast du reichlich gesorgt, oh Angie.

„Jede gebildete Frau und jede sorgfältige Mutter sollte das Bild der Königin in ihrem oder ihrer Töchter Wohnzimmer haben. Alle Hochzeiten sollten ein Huldigungsritual für Königin Angela, pardon Luise, enthalten. Wie einst die griechischen Götter, sollte die Königin das gewöhnliche Leben veredeln. So sollte echter Patriotismus entstehen.“ (Novalis)

Die Idee des ewigen Friedens stellte sich Novalis – der gerade seine 13-jährige Geliebte verloren hatte – als eine allumfassende Familie vor mit der Königin als wiedergeborener Geliebter.

„Mit den Befreiungskriegen 1813 trat die Luisenverehrung aus dem Kontext der dynastischen Huldigung heraus. Ihre Person wurde nun nationalpolitisch instrumentalisiert. Die intellektuellen Akteure des Konzepts der Volkserhebung suchten nach brauchbaren Symbolen und Ritualen der Mobilisierung des Volkes. Der bereits bestehende Luisenkult wurde intensiviert und neu justiert, weg vom dynastischen Kult hin zum nationalen.“

Wir sind zurückgekehrt in romantische Zeiten. Die Nation war eine heilige Familie und Königin Luise die Mutter aller Deutschen. Luise ist Angela geworden, die Deutschland im Segen des Herrn durch die stürmischen Zeitläufte steuert. „Der König und die Königin beschützen die Monarchie mehr als 200,000 Mann.“

Vor Napoleon musste das preußische Königspaar in östliche Weiten flüchten. Von daher kam Luise, aus den Kyffhäusern auferstanden, als Angela zurück an die deutsche Macht. Den Deutschen wird sie bald den Rücken kehren und als Weltkönigin zur Nachfolgerin von Ban ki Moon werden. Nicht, um die Welt zu retten, sondern um sie ihrem himmlischen Vater als finales Präsent zu übergeben. Ein Apfelbäumchen in der Uckermark hat sie schon gepflanzt.

„O Welt! ich muß dich lassen,
Ich fahr‘ dahin mein‘ Straßen
In’s ew’ge Vaterland;
Mein’n Geist will ich aufgeben,
Dazu mein Leib und Leben
Setzen in Gottes gnäd’ge Hand.

Mein‘ Zeit ist nun vollendet,
Der Tod das Leben endet,
Sterben ist mein Gewinn;
Kein Bleiben ist auf Erden,
Das Ew’ge muß mir werden:
Mit Fried und Freud‘ ich fahr‘ dahin. (Johann Hesse, 16. Jhd.)

In Deutschland ist Sterben ein Gewinn. Wer berühmt für immer werden will, muss sein jämmerliches Leben ausgehaucht haben. Am dritten Tage aufersteht er ins Unsterbliche.

Die Idolisierungswut der vater- und führerlosen Gesellschaft ist unermesslich. Entweder zu den Sternen oder in den Abgrund – ein Drittes gibt es nicht im Land der Täter, vom dem es heißt: der Tod ist ein Meister aus Deutschland.

Udo Jürgens, bedeutungsloser Songwriter, der jeder Zeitgeistphilosophie hinterher hechelte, ist – laut Johannes B. Kerner – in die deutsche DNA eingewandert. Die DNA (Deutschnationale Ausstattung) ist das unverwechselbare biologische Merkmal einer Rasse. Die Udo-Jürgens-DNA erweist die rassische Überlegenheit einer wirtschaftlich unverwüstlichen Nation. Nein, bei uns gab es kein annus horribilis, wie die englische Queen das verflossene schreckliche Jahr kennzeichnete. Bei uns gibt es Baptist Kerner, einen deutschnationalen Anus horribilis.

Für Udo Jürgens ist die Jugend eine gefügige Horde, die auf die unsichtbare Hand des Marktes und des Vaterlands warten muss. Politik ausgeschlossen. Wie in der Romantik müssen Kunst und Poesie in Deutschland apolitisch sein, sonst können die rauschsüchtigen Deutschen sich nicht in romantische Stimmung versetzen.

Doch Vorsicht vor unpolitischen Ästheten, sie schlagen als erste zu. Für Jürgens war Freiheit: einmal etwas Verrücktes tun. Diese deutsche Freiheit oder anarchische Zügellosigkeit kostete vor Jahrzehnten unzählige Menschen das Leben. „Der Deutsche, je knechtischer auf der einen Seite, desto zügelloser ist er auf der andern; Beschränktheit und Maßloses, Originalität, ist der Satansengel, der uns mit Fäusten schlägt.“ (Hegel)

Zwar war der Bademantel-Poet kein wirklicher Poet, dennoch gehört er in die Riege romantischer Poeten, die aus der Politik in die Ästhetik flohen.

„Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
doch schlafe nicht auf deinen Lorbeeren ein.
Die Jugend wartet auf deine Hand,
lieb Vaterland!“

„Die totalitäre Ansicht der romantischen Schriftsteller war in ihrem Ursprung und in ihrer Bedeutung eine kulturelle, nicht eine politische Ansicht. Das Universum, nach dem sie sich sehnten, war ein Universum menschlicher Kultur. Sie gedachten nie, die Welt zu politisieren, sondern zu poetisieren. Die meisten romantischen Schriftsteller fühlten sich in der „göttlichen Welt der Wissenschaft und Kunst“ viel heimischer als in der Welt der Politik. Die romantischen Dichter und Philosophen waren glühende Patrioten und viele von ihnen waren intransigente (unversöhnliche) Nationalisten.“ (Ernst Cassirer, Der Mythus des Staates)

Merkel ist die vollkommene Magd des Herrn und seiner irdischen Jesus-Brigaden. Sie duckt sich unter die Knute der Amerikaner, ohne dass man ihr Ducken bemerkt. Das will in langen Jahren eines totalitären Sozialismus einstudiert sein. Obama kann sie brüskieren, abhören, er kann in Guantanamo die Menschenrechte mit Füßen treten – kein Mucks von der Magd, die die unsichtbare Demutsgeste beherrscht wie keine zweite.

Warum wird sie von Engländern und Amerikanern so geliebt? Weil sie die neutestamentliche Rolle des Weibes verinnerlicht hat: das Weib schweige in der Gemeinde. Weshalb sie allenthalben nicht zum Reden neigt. In der Politik bleibt sie stumm, selbst wenn sie ungelenke Reden hält.

Macht Merkel eine weibliche Politik? Wenn darunter eine menschenfreundliche Weltpolitik gemeint sein soll, ist Merkel die beste Quotenfrau in einer männlich-globalen Hasspolitik, die ihre Claims absteckt, um den Endkampf um die Weltressourcen zu bestehen. Den westlichen Weltbeherrschern hält sie den Rücken frei.

Deutsche sind nicht fähig, lagerunabhängige Kritik zu üben. Entweder verehren sie Putin und attackieren den Westen oder sie küssen Obama die Füße und machen Schröders Freund Putin zur Minna.

(Schröder rief auf zum „Aufstand der Anständigen“ gegen Pegida – also ohne ihn. Kein deutscher Journalist, der auf die Idee käme, Schröder zur Putinpolitik en detail zu examinieren: Ist der Kremlchef immer noch ein lupenreiner Demokrat? Was ist der Sinn seines endlosen Zündelns und Muskelspielens?)

Wer den westlichen Imperialismus ins Visier nimmt, gilt als blinder Putingeselle. Kann man tatsächlich von imperialer Westpolitik sprechen?

Man muss. Der ökologische Aspekt des westlichen Imperialismus wird zumeist unter den Teppich gekehrt. Amerika verbraucht ein Vielfaches der Naturressourcen der Welt, die ihm nach Einwohnerzahlen zustünden. Alle westlichen Industriestaaten verzehren Luft, Wasser, Krume und die Bodenschätze der andern Völker. Mit dreister Selbstverständlichkeit nehmen sie den Globus in Geiselhaft. Jedem das Seine, doch ihnen das Vielfache des Ihrigen – als Minimum.

Grenzen müssen gesprengt werden, heißt für sie, die Reviere der anderen mit Wirtschaft und Technik zu okkupieren und auszusaugen. In diesem Sinne darf Russland sich vom Westen drangsaliert und bedroht fühlen. Amerika zudem führt seit 9/11 einen dauernden Angriffskrieg gegen unliebsame Feinde und Konkurrenten.

In der FAZ stellt Johanna Adorjan das kritische Buch eines amerikanischen Journalisten vor, der Washington einen permanenten Feldzug gegen die Welt vorwirft – unter dem Deckmantel einer unendlichen Antiterrorpolitik:

„James Risen ist Reporter bei der „New York Times“, für die er über Geheimdienste und Fragen der nationalen Sicherheit schreibt. Er berichtete von Anfang an über den Krieg gegen den Terror, der im September 2001 von George W. Bush ausgerufen wurde und heute, dreizehn Jahre später, unter Obama vehementer ausgefochten wird, als sein Vorgänger es sich hätte träumen lassen.“ 

„Heute, wo Al Qaida so gut wie zerschlagen und Amerikas Staatsfeind Nummer 1, Bin Ladin, längst zur Strecke gebracht ist, wird der War on Terror mit Mitteln geführt, die für Risen in keinerlei Verhältnis zur Bedrohung stehen, die nach wie vor von terroristischen Organisationen gegen die Vereinigten Staaten ausgehen. Er zitiert eine Studie, der zufolge sich der Krieg, was den Kostenaufwand angeht, erst rechnen würde, wenn jährlich 1667 Anschläge auf amerikanischem Boden verhindert würden, das wären täglich vier. Dennoch ist die um diesen Krieg herum entstandene Industrie sogar im Wachstum begriffen.“ (Johanna Adorjan in FAZ.NET)

Dieser Endloskrieg der USA gegen eine angebliche terroristische Weltbedrohung begnügt sich nicht mit lokalen Erfolgen. Amerika will Nummer eins unter den Weltmächten bleiben und unternimmt alles, um seinen schärfsten Gegner China einzukreisen und einzudämmen. Russland ist nur das Übungsfeld dieser China-Einkreis-Politik. Wenn es gelingt, Moskau zu schwächen, wird aus dem Verbündeten Chinas ein lächerlicher Hänfling.

Vorsicht Verschwörungstheorie: in Kooperation mit Hollywood wird der nordkoreanische Diktator mit einer läppischen Satire provoziert. Dessen Bedrohungen rufen in den USA patriotische Gefühle hervor. Militärische Geheimverträge mit Japan und Südkorea sollen die Antwort auf die nordkoreanische Aggression darstellen.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: eine Schmierenkomödie wird zum Anlass eines möglichen Kriegsszenarios, bei dem es nur vordergründig um den nordkoreanischen Despoten geht. Die Schutzmacht Nordkoreas ist China. Wenn der kleine fette Despot entzaubert wird, wird Peking entzaubert. Ende der Verschwörungstheorie.

Will man die künstlerische Vorbereitung und den emotionalen Begleitschutz der amerikanischen Weltbeherrschungspolitik unter die Lupe nehmen, kommt man an Hollywood nicht vorbei. Die ästhetisch-militaristische Zusammenarbeit zwischen Filmindustrie und Pentagon hat eine lange Tradition.

Um die Folterpraxis des Dabbelju-Regimes zu rechtfertigen, kreieren die Studios TV-Serien, in denen der Held seine Gegner quälen und töten darf. NCIS ist die Verherrlichung der Navy-Elitetruppen. Semper fi, für immer treu, singt das hohe Lied soldatischer Loyalität, verschworenen Teamgeistes und bedingungsloser Tapferkeit.

Wortkarg und kritiklos werden die Kämpfer-Ideale der amerikanischen Pionierzeiten in die Gegenwart übertragen. Gottes Erwählte stehen gegen die Banden des Teufels. Das Böse ist multikomplex und muss mit höchster exorzistischer List und Tücke bekämpft werden. Die NSA ist notwendig, um die Machenschaften des Bösen in aller Welt aufzudecken.

Die Achse NCIS-Mossad wird zur Weltachse des Guten erhoben. Indem gewisse Klischeevorstellungen gegen den Mossad bedient, am Ende aber rechtfertigt werden als Notwehr gegen das Böse rund um das heilige Land, erhält Mossad seine Legitimation zum jahwistischen Dschihad. Der christlich-jüdische Gott bleibt im Regiment.

In Deutschland wäre das NS-Regime ohne ästhetische Vorbereitung durch die Romantik – die die Kunst aller moralischen Verpflichtungen entledigte – nicht möglich gewesen. Kunst sollte grenzenlos frei und keinem kategorischen Imperativ untertan sein. Goethes bester Satz: Das Gesetz nur kann uns Freiheit geben, galt für alle bürgerlichen Bereiche, nur nicht für das Revier vogelfreier Phantasie, in dem die Faszination für alles Verbotene und Teuflische die Menschen in den Bann ziehen sollte. Als Bürger moralischer Spießer, als Leser und Theaterbesucher frei wie der voluntaristische Gott, der an seine eigenen Vernunftregeln nicht gebunden war.

Die Gottähnlichkeit des Menschen zeigte sich in der gesetzlosen Willkür seiner Imagination. Wenigstens im Bereich der Illusionen sollte der Mensch der Last des Gesetzes entbunden sein.

Diese Ästhetik ist auch die Leitdevise der Hollywood-Filmindustrie. Das moralische Über-Ich gilt für das tägliche Leben, erst im Bereich der entfesselten Phantasie werden alle Triebregungen exkulpiert und diplomatisch anerkannt. Der Mensch wird zum ganzen Menschen, weil er nichts mehr unterdrücken und ausschließen muss.

Diese Ganzheit aber ist eine gefährliche Fiktion, weil sie grenzenlos scheint, der Mensch aber ein begrenztes Wesen bleibt, der sich mit gleichberechtigten Ansprüchen der Natur und seiner Mitmenschen auseinandersetzen muss. Grenzenlose Freiheit ist keine Freiheit, wenn nur das Gesetz uns Freiheit schenken kann.

Der neue Hollywood-Film „Exodus“, die Neuverfilmung der „Zehn Gebote“, führt uns in die Sphäre göttlicher Omnipotenz. Der Zuschauer lernt, wie ein Gott zu denken und zu fühlen:

„Pünktlich zu Weihnachten kommt Ridley Scotts Bibel-Verfilmung „Exodus: Götter und Könige“ ins Kino. Beim Anblick all der Naturgewalten, Plagen und Katastrophen spürt man den Schauder des Erhabenen, gepaart mit Zufriedenheit. Man lernt, selbst wie ein rachsüchtiger Gott zu denken.“ (Tobias Kniebe in der SZ)

Es ist dasselbe Allmachtserlebnis wie bei Faust, als er in einer alten Schwarte das Zeichen des Makrokosmos erblickt:

„Ha! welche Wonne fließt in diesem Blick
Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
Ich fühle junges, heil’ges Lebensglück
Neuglühend mir durch Nerv‘ und Adern rinnen.
War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,
Die mir das innre Toben stillen,
Das arme Herz mit Freude füllen,
Und mit geheimnisvollem Trieb
Die Kräfte der Natur rings um mich her enthüllen?
Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!
Ich schau in diesen reinen Zügen
Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.“

Geht es bei Faust um göttliche Impressionen beim Betrachten der Natur, können wir im biblischen „Exodus“ die amoralische Allmacht eines Schöpfers nachvollziehen.

Tobias Kniebe hat Recht, wenn er alle Katastrophenfilme Hollywoods als Bibelfilme kennzeichnet. Auf diesem Celluloid waltet das unreglementierte Vorstellungsvermögen von Gods own Country, das die biblischen Geschichten in fiktive Bilder verwandelt, um – der Politik den imperialen Weg in die Welt zu weisen.

„Beim Anblick der Naturgewalten, Plagen und Katastrophen und Heimsuchungen, die da hereinbrechen, spürt man etwas ganz anderes: den Schauder des Erhabenen, gepaart mit Zufriedenheit. Wie man sich eben möglicherweise so fühlt, als alttestamentarischer Gott.“

Die Feinde sind beliebig auswechselbar. Aber immer sind sie die Repräsentanten des Bösen, die eigene Position hingegen ist identisch mit dem Guten und Auserwählten.

„Die Erfahrung, Gott zu sein – ich kann mir nichts vorstellen, was stärker süchtig macht“, hat der große Zukunftsdenker Kevin Kelley einmal geschrieben, als er über Computerspiele wie „Civilization“ oder „Populous“ nachdachte, wo die Spieler genau diese Aufgabe haben. Auch Katastrophenfilme und Bibelfilme sind solche „God Games“.

Die Welt liegt im Argen. Die Erlöserreligion rüstet auf zur ecclesia militans und triumphans. Hollywood bebildert Legenden, die zum eisernen Bestandteil der Heilsgeschichte gehören. Der Vorort von Los Angeles wird zur ästhetischen Missionszentrale des amerikanischen Gottes.

Die künstlerisch indoktrinierte Menschheit wird die Weltbeherschungspolitik der USA leichter akzeptieren, wenn sie die Bibelfilme aus Kalifornien zuvor verinnerlicht hat. Das gleiche geschieht mit den unendlichen Apokalypse-Variationen, die der Welt suggerieren sollen: alles ökologische Ansinnen ist nutzlos und verstößt gegen den vorgeschriebenen Heilsplan Gottes. Der Untergang der Natur wird kommen, denn er muss kommen. Es ist aberwitzig und blasphemisch, gegen den Willen Gottes anzugehen.

Was man glaubt, muss man in selbsterfüllender Prophezeiung vorbereiten und unterstützen.

China kennt keine Heilsgeschichte. Der Kampf zwischen den beiden großen Weltmächten wird zum Endkampf zwischen Glauben und Unglauben. Nicht schnöde Interessen bestimmen die Weltpolitik, sondern Ewigkeitsinteressen im Gewande des Heils und Unheils. Von der Säkularisation der Weltgeschichte kann keine Rede sein.

Nur Vernunft noch kann den Religionen einen Strich durch die Rechnung machen.