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Welt retten! Aber subito! XXXVI

Tagesmail vom 19.12.2022

Welt retten! Aber subito! XXXVI,

„alles ist besser als das Alte. Wir müssen den Müll wegräumen, den die vorangegangenen Generationen aufgetürmt haben, das ist klar. Das wird nicht ohne einen tief greifenden Mentalitätswandel gehen. Wir gehen durch eine traumatische Phase, da hat Therapie durchaus ihren Sinn. Und jede Therapie beginnt damit, zunächst einmal festzustellen, wo man steht.“ Sprach Philosoph Latour. (SPIEGEL.de)

Viele Fragen, keine klaren Antworten: so sieht sich die moderne Philosophie. Nach altem Verständnis müsste sie der Welt erklären: was kann ich wissen, was soll ich tun, was darf ich hoffen?

In gegenwartsdeutsch: Philosophen müssten daherkommen als überhebliche Besserwisser, Moralisten und areligiöse Zukunftsenthüller.

Kants klare Fragen stellt sich heute niemand. Bestünde doch die Gefahr, dass man sie beantworten müsste. Was, wenn die Denker sie falsch oder missverständlich beantworten würden?

Wären die philosophischen Lehrstühle nicht in Gefahr, weil der Ruf ertönte: Schafft sie ab, diese Flachdenker, die nichts bringen und nur Steuergelder kosten?

Latour wirft den französischen Grünen vor, von Tuten und Blasen keine Ahnung zu haben. Von Kunst und Philosophie verstünden sie nichts. Zwar kämpfen sie gegen Klimagefahren, aber nur mit der Binde vor dem Gesicht. Von deren umfassenden Ursachen wollen sie nichts wissen.

Gegenwärtig arbeiten sie im schlichten Zweiertakt: a) naturwissenschaftliche Erkenntnisse nehmen sie zur Kenntnis und b) fordern nun, dass man die sichtbaren Gründe politisch beseitigen soll.

Immerhin. Was aber, wenn die Politiker im Schweiß ihres Angesichts alles Menschenmögliche unternommen, sogar einige Fortschritte erzielt hätten – das Elend aber ständig von vorne begönne, weil die wirklichen Ursachen nicht beseitigt wurden? Dann begänne der Mythos des Sisyphos und die penetrante Wiederholung des Gleichen – bis Natur die Nase voll hätte und das grausame Spiel beendete.

Mit anderen Worten: die Grünen durchdenken nicht das Ganze, sondern beschränken sich auf Erkenntnisse der Naturwissenschaft ohne die Frage zu stellen: warum bekämpfen Menschen die Natur? Was sind die Gründe ihres suizidalen Verbrechens? Verfügen wir über ein Gesamtbild der Wirklichkeit – oder begnügen wir uns mit einseitigen Macher-Perspektiven?

Naturwissenschaftler sind keine Denker des Ganzen – tun aber, als hätten sie alles im Blick. Ihre Begriffe wie Evolution oder Anthropozän sind stets Mischungen aus wissenschaftlichen Erkenntnissen – und philosophischen Einschätzungen, die als solche nicht sichtbar werden.

„Der Ausdruck Anthropozän (zu altgriechisch ἄνθρωπος ánthropos, deutsch ‚Mensch‘ und καινός ‚neu‘) entstand als Vorschlag zur Benennung einer neuen geochronologischen Epoche: nämlich des Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist.“

„Zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren“… geht’s noch ungenauer? Geht’s um die Epoche eines neuen Menschen oder des alten, der plötzlich Neues produziert? Was ist das Alte, was das Neue? Wann war der Übergang vom Alten zum Neuen? Was waren die Ursachen dieser Evolution oder Revolution oder …?

„Alles ist besser als das Alte“?

Geht’s noch schwammiger? Welches Alte? War alles Schrott, was die Menschheit bis jetzt zustande brachte? Auch Demokratie, die Menschenrechte, die Logik und Mathematik, die griechische Philosophie der Natur?

Oder, um an ganz andere Kulturen zu denken: die Naturreligionen jener Völker, die wir heute die Indigenen nennen und die, wenn sie von den Weißen nicht dezimiert, ausgerottet, versklavt und zwangszivilisiert worden wären – noch heute in ihren wilden Urwäldern in friedlicher Harmonie leben würden?

Verkörpern sie nicht das Geheimnis des naturfreundlichen Lebens, nach dem wir suchen – suchen müssten –, um unseren Kindern (die wir inzwischen kriminalisieren, sie verarmen und krank werden lassen), eine bessere Zukunft verheißen zu können?

Popper hat diese Vorbildlichsten der Vorbildlichen als geschlossene Gesellschaften diskriminiert, obwohl ihre Mitglieder, angesichts der sie bedrohenden Hochkulturen, noch heute kein besseres Leben kennen als das in der Gemeinschaft ihrer Sippen in Symbiose mit der Natur.

Wer an diese Fakten erinnert, vielleicht den Begriff Pachamama erwähnt, darf sein esoterisches Bündel packen und an den Amazonas auswandern.

Und das, obwohl der westliche Fortschritt seine destruktiven Beglückungszwänge an allen Ecken und Enden enthüllen muss? Dieser Techno- und Ökonomiefaschismus soll eine offene Gesellschaft sein?

Dieser Fortschritt kommt daher als neue Variante einer Heilsgeschichte, die einst in theologischer, bei Marx in klassenkämpferischer, heute in wissenschaftlicher Ausfertigung auftritt.

Wie lauten die häufigsten Fragen der ZeitgenossInnen? Was macht das mir Dir? Was macht das mit uns? Was kommt da auf uns zu? Fragen im Passiv. Nie Fragen als bewusster Willensentschluss: was können, was sollen wir tun? Wie bekämpfen wir effektiv die Hitzewellen und Überflutungen?

Sind ja nur moralische Fragen, womit sie automatisch verbannt wären. Moral heißt: jeder müsste darüber nachdenken, was er selbst tun will, um kein passives Objekt höherer Mächte zu werden.

Solche weltverbessernden Posen mögen die Deutschen nicht. Sie sitzen am liebsten im Schnellzug der von Oben gesegneten Geschichte, ausgestattet mit den besten Wachstumswerten in Pisa-, Umsatz- und Konsumzahlen.

Es sind nicht nur die Deutschen, die sich selbst nie die Frage stellen. Am liebsten vergleichen sie sich – mit Ländern, denen es schlechter geht oder deren Vorsprung wir einholen müssten.

Sich gnadenlos selbst betrachten ohne windige Vergleiche! Wenn die Krise unseren Wohlstand dezimierte: wären wir nicht noch immer in der Lage, ein sicheres und vergnügtes Leben zu führen?

Bei dieser Frage gingen alle Neoliberalen die Wände hoch. Wollen wir etwa Wohlgefühle bei steigendem Nichtstun – oder müssten wir nicht mit harter Arbeit dem Satz gehorsam sein: wer nicht malochen will, soll auch nicht essen.

Latour hat Aufsehenerregendes zu verkündigen:

„Wir leben nicht in einer Umwelt, die von uns getrennt ist. Die Umwelt, in der wir leben, wird von uns gemacht. Immer schon.“ Da bleibt dem SPIEGEL-Interviewer die Spucke weg: „Es klingt ziemlich esoterisch, was Sie da sagen.“

Was ist da esoterisch? Das Wörtchen esoterisch hat längst die Spitze der derzeitigen Verleumdungsbegriffe eingenommen und die Begriffe populistisch oder querdenkerisch abgelöst. Dabei sagt es nichts anderes als der theologische Begriff der Offenbarung oder inneren Erleuchtung.

Theologie gehört bei uns zu den Grundwerten des Abendlands. Wenn der Begriff Erleuchtung zur anerkannten Religion gehört, ist er tabu; wenn er es wagt, von Andersdenkenden benutzt zu werden, droht die Evakuierung.

Szenen aus dem deutschen TV, einer Sendung über Esoterik. Menschen treffen sich, um die soziale Kälte der Gesellschaft zu überwinden und sich nahe zu sein. Das soll anrüchige Esoterik sein? Doch jetzt kommt‘s. Tritt eine Astrologin auf, die per Sternenkunde das Schicksal ihrer Klientel erforscht. Mittendrin ein Astronom, der mit schneidiger Stimme sein anathema spricht: Nichts bewiesen, alles Unsinn.

Warum ist der Astronom nicht fähig, die Dogmen der Erlöserreligionen in derselben Schärfe anzugreifen? Man muss diesen schamanischen Unsinn nicht verteidigen, um zu sagen: an der Schieflage der Kulturen sind diese harmlosen Phantasten unschuldig. Da gibt es wesentlich gefährlichere Symptome aus der Mitte der Eliten, die stets ungesagt bleiben.

Wer in eiskalten Verhältnissen soziale Nähe sucht – der soll ein esoterischer Feind der Gesellschaft sein? Dann wäre klar, was Esoterik wirklich ist: die atomare Zerstreuung der Gotteskinder, die nur beim himmlischen Vater ihre Heimat finden.

Das Übel liegt bei der Unklarheit des Begriffes Ursache. Nihil fit sine causa: nichts ohne Grund. In der Naturwissenschaft ist klar, was eine causa sein muss, die als Kausalität errechenbar ist: irgendein Faktum oder Ereignis in der Natur, die gesetzmäßig geortet und berechnet werden können. Naturwissenschaftliche Gesetze sind quantitativ und erlauben keine Beliebigkeit.

Nur bei Theologen gibt es Ausnahmen: die Wunder Gottes, der in seine Schöpfungsgesetze beliebig eingreifen kann. Für Menschen unmöglich, außer durch Sonderlizenz des Schöpfers.

Wenn man von Heisenbergs Angriff gegen die Kausalität mit Hilfe seine Unschärferelation absieht, gibt es keine Probleme mit der Determiniertheit natürlicher Prozesse.

Doch was ist mit dem Menschen? Ist er ein 100%iges Naturwesen und ebenso determiniert wie der Flug einer Rakete auf den Mond? Hier beginnt die Eitelkeit der Naturwissenschaften, die den Menschen als Atom betrachten, dessen determiniertes Verhalten berechenbar sein muss.

Ist es aber nicht. Was, wenn der Mensch nicht nur aus Fleisch, sondern auch aus Geist bestünde, der in freiem Willen über sich entscheidet? Dann gäbe es zwar noch immer nichts ohne Ursache, aber die Ursache bliebe unerforschlich, weil der Wille nicht muss, sondern frei entscheidet, was er will.

Gehirnforscher mögen keinen freien Willen, weshalb sie Gehirnströme messen, die bestimmten Denkakten zugrunde liegen. Der Parallelismus der beiden Vorgänge verführte sie dazu, die messbaren Vorgänge als Ursachen der nichtmessbaren zu bestimmen.

Irrtum! Denn niemand weiß, was im Bereich subjektiven Denkens passiert und wie dieses sich in objektiv Messbares verwandelt. Muss auch niemand wissen. Es genügt, wenn wir subjektiv herausfinden, was wir wollen und diesen Willen in politisches Tun umwandeln können.

Es ist derselbe Fehler wie bei Kant, der die Natur erkennbar machen wollte durch Projizieren menschlicher Denkstrukturen auf die unerkennbare. Die Natur, so meinte er, verhält sich, wie der Mensch es ihr vorschreibt.

Das ist ein halber Schöpfungsakt: Natur existiert zwar unabhängig vom Menschen, doch wie sie agiert, ist vollständig abhängig vom Menschen.

Hegel kritisierte diese Erkenntnis, die selbst bestimmt, was sie erkennen will: bevor der Mensch ins Wasser geht, will er schon schwimmen können.

Der moderne Mensch sträubt sich mit aller Gewalt gegen die Abhängigkeit von der Natur, die er erforschen und erkennen will. Er will mitbestimmen, was Erkennen sein soll: in hohem Maß sein eigenes Werk. Bei Kant bleibt die Abhängigkeit der Natur vom Menschen auf das Erkennen beschränkt. Das genügte Fichte nicht mehr: bei ihm wird das Ich zum Schöpfer der Natur.

Womit klar sein dürfte, was die Zwickmühle ist, in die der Mensch der Neuzeit getappt ist. Einerseits wollte er Natur erkennen, wie sie ist, andererseits aber nicht von ihr abhängig sein, wenn er sich beim Erkennen nach ihr richten muss.

Er ist wie ein Mann, der eine Frau heiraten will, um eine lebenslange Solidarität zu praktizieren und zu erfahren. Nicht im Traum denkt er daran, seine Gefährtin ernst zu nehmen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Alles, was geschieht, geschieht, weil ER es will und angeordnet hat.

Eben dies ist die Ursache der modernen Naturzerstörung. Der Mensch will zwar wissen, wie Natur funktioniert, aber nicht, um das Wissen zweckfrei zu bewundern, sondern um Macht über die Angetraute zu erobern.

Von einer friedlich-gleichberechtigten Symbiose kann keine Rede sein. Erkennen ist kein empathischer Akt, sondern ein Herrschenwollen. Nur unter diesem Vorzeichen kann das Erkenntnisgetue der Moderne durchschaut werden.

Die Naturzerstörung beginnt weder im Labor, noch in der Werkhalle, sondern im Denken der Menschen. Wer erkennen will, wo die Ursachen der menschlichen Naturbeherrschung liegen, muss sie suchen, wo sie geboren werden und schlüpfen: im Denken der Menschen. Das Denken entdecken kann man nur, wenn man selber denkt.

Was wir suchen, finden wir nur in uns selbst. Wir sind die Urheber des menschlichen Elends durch unsere natur- und menschenfeindlichen Gedanken und Emotionen. Das gilt auch für das Gegenteil: wenn wir in Frieden mit der Natur leben wollen, müssen wir ihn als elementares Bedürfnis nach Einheit mit der Natur in uns selbst entdecken.

Beide Tendenzen liegen in unserer Seele: das Bedürfnis nach Herrschaft durch autoritäres Erkennen (Wissen ist Macht) und das Bedürfnis nach Frieden durch Akzeptanz dessen, was ist und wie es ist.

Im Wettbewerb der beiden Kulturen – des Bedürfnisses nach Herrschaft und nach gleichberechtigter Kooperation – hat die Macht gewonnen über die friedliche Absage an die Macht.

Die Schlacht zwischen den beiden Mächten begann schon vor tausenden von Jahren. Es kann keine Rede davon sein, dass die Trennung des Menschen von der Natur erst in der Neuzeit entstand. Hier wurde sie nur konkretisiert in Technik und Naturwissenschaft.

In der biblischen Schöpfungsgeschichte bedeutete der Ausdruck „alles war sehr gut“ keineswegs ein herrschaftsfreier Beginn. Im Gegenteil:

Gott erschuf den Menschen nach seinem Bild, nicht nach dem Vorbild der Natur. Er sollte etwas Besonderes sein, das sich von der minderwertigen Natur unterschied. Die Ebenbildlichkeit mit Gott berechtigte den Menschen zur Herrschaft über die Natur, das war das Aus für jede gleichberechtigte Partnerschaft mit dem Menschen.

„Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau[1]. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“

In Wirklichkeit war alles umgekehrt: der Mensch erschuf Gott nach seinem Bild, damit er sagen konnte, ich bin Ebenbild eines Gottes, der mir die Herrschaft über die Natur übertragen hat. Das Herrschen war kein Sündenfall, sondern geschah im Auftrag Gottes. Gottes Gesetz für die Beziehung zwischen dem göttlichen Menschen und der ungöttlichen Natur hieß: Herrschaft.

Nun zum Motto der biblischen Grünen und ihrem Auftrag, die Schöpfung zu bewahren.

„Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben.“

Der Mensch sollte eine Schöpfung der Herrschaft und des Erkenntnisverbots bewahren, keineswegs eine Schöpfung, in der der Mensch mit der Natur in Eintracht lebte. Obgleich er gottähnlich war, durfte er nicht wissen, was Gut und Böse ist. Vom Schöpfer wurde er zum erkenntnislosen Knecht der Natur deklassiert.

Kein Wunder, dass er aufmüpfig wurde. Pardon, dass sie aufmüpfig wurde, die selbstbestimmte Frau, die sich von keinem männlichen Gottesdarsteller sagen ließ, was sie zu tun und zu lassen hatte, was sie erkennen durfte und was nicht.

Eva ist das erste und einzige Menschenwesen, das sich traute, dem göttlichen Männertheater zu widerstehen. Dafür wurde sie schwer bestraft. 1000e von Jahren sollte es dauern, bis die emanzipierte Frau sich traute, ihre einstige Autonomie zurückzuerobern:

„Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebären. Und dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein. Und zum Mann sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück. Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und nehme auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich.“

Jeder kennt die Verse, niemand will sie zur Kenntnis nehmen. Warum wurde der Mensch bestraft? Weil die Frau des Menschen sich unter keinen Gott ducken wollte, der sich als Schöpfer aufblies. Weil sie, wie die Heiden, erkenntnishungrig war. Weil sie, wie Gott, ewig leben wollte.

Mit Schimpf und Schande wurde der selbstbestimmte und wissenwollende Mensch aus dem Frieden der Natur verjagt. Bis zum heutigen Tag tritt er die Natur mit Füßen, um nicht bestraft zu werden für die Sünde der Schuldverweigerung.

Die Moderne begehrte auf und wollte – unter dem Mantel des Gehorsams – die Strafe rückgängig machen und das Paradies zurückerobern. So Francis Bacon, Urheber der Moderne. So Silicon Valley, Erfinder des unsterblichen Menschen als unsterbliche Maschine.

Da der Mensch seine von Priestern verordnete Schuld loswerden will, indem er sie anerkennt und dennoch gegen sie revoltiert, zerstört er das Objekt seiner widersprüchlichen Besessenheit und zerstört die Natur, an der er sich schuldig gemacht haben soll. Natur, die Zeugin seiner Schuld muss verschwinden, damit seine Schuld verschwindet. (Ähnlichkeiten mit Me-too-Prozessen wären rein zufällig.)

Das war die Spur der Schuld, die in die Tiefen einer Vaterreligion führt. Bleibt noch die Spur einer schuldfreien und empathischen Mütterreligion, die wir ein ander Mal suchen müssen.

Fortsetzung folgt.