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Welt retten! Aber subito! XXVI

Tagesmail vom 14.11.2022

Welt retten! Aber subito! XXVI,

„»Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft«. Eine inhaltsleere Beschwörungsformel. Man fragt sich, wen Politiker damit beruhigen wollen: die deutschen Juden oder eher sich selbst? Deutschland muss mehr aufbringen als ein paar beschwichtigende Floskeln – ganz egal, wer in Jerusalem gerade regiert.“ (SPIEGEL.de)

Mit scharfen Sätzen attackiert Richard C. Schneider – ja, wen eigentlich? Die deutsche Politik? Die deutsche Gesellschaft, in der „laut einer aktuellen Umfrage 49 Prozent der Deutschen gerne einen Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit ziehen würden.“?

Hat Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, mehr zu bieten als steinerne Floskeln?

„Die Erinnerung an die Shoah ist konstitutiv für dieses Land. Ohne eine gelebte Erinnerungskultur gibt es auch keine demokratische Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Es wird eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, die Erinnerung an die Shoah zu bewahren und mit der Gesellschaft weiterzuentwickeln. Bald wird es keine Zeitzeugen mehr geben. Gleichzeitig wächst die Zahl an Menschen, die keine biografischen Bezüge zur NS-Zeit haben. All das macht das verantwortungsbewusste Erinnern nicht leichter. Aber dies sind die Fragen, auf die Antworten gefunden werden müssen. Ansonsten würde die Bundesrepublik Deutschland einen Wesenskern verlieren.“ (Sueddeutsche.de)

Meint Schuster das im Ernst? Dann gäbe es keine Chance mehr für eine Holocaust-Erinnerung, wenn die letzten Überlebenden nicht mehr unter uns weilten! Bliebe nur ein staatliches Fest mit pompösen Standardparolen!?

Zu Recht befürchtet Schneider,

„dass der Hass gegen Juden in Deutschland stärker und brutaler wird, wenn es in Jerusalem tatsächlich zu einer Koalition der Likud-Partei zusammen mit zwei ultraorthodoxen Parteien und den Rechtsextremisten kommen sollte. Dabei ist es ganz egal, wie Juden oder der Staat Israel sich verhalten: Antisemiten und viele Antizionisten interessiert das gar nicht wirklich, sie brauchen keinen »Grund«, um Juden zu hassen. Netanyahu, Smotrich und Ben-Gvir werden all jene bestätigen, die im »Juden« sowieso stets das Böse an sich sehen.“

Doch halt: was ist ein „Grund“ in Anführungszeichen? Gibt es reale Gründe für Antisemitismus – oder ist Judenhass ein grundloses Verhängnis, ein Unheil ohne Ursachen?

Das wäre die theologische Definition des Bösen: unmotivierter, unbegründeter Hass gegen Gott und die Welt. Ein solch unerklärliches Böses könnte nur durch Gottes unverdiente Gnade überwunden werden.

Eine historische Erforschung des Antisemitismus wäre sinnlos, wenn es keine greifbaren Gründe für seine Entstehung gäbe. Der Kampf gegen Antisemitismus wäre weder ein Verstehen, noch ein Vermeiden seiner Ursachen, sondern beschränkte sich auf phrasenhafte Appelle und juristische Maßnahmen.

Antisemiten würden den Juden vorwerfen, sie seien Ausgeburten des Bösen. Diese würden spiegelbildlich zurückschlagen: Was man sagt, das ist man selber.

Dies wäre keine Auseinandersetzung, sondern offener Bürgerkrieg: einem solchen steuern wir bereits unaufhaltsam entgegen. Der Kampf gegen Antisemitismus hätte mit Anamnese, Verstehen, Erklären und Argumentieren nichts mehr zu tun.

Beide Seiten werden zunehmend unfehlbarer, verhärteter und – theologischer: die Anderen sind die Bösen, wir die Guten. Wird diese Entwicklung nicht überwunden, wird es in Israel nie zum Frieden mit den Palästinensern und außerhalb Israels zu einem Anstieg antisemitischer Straftaten kommen.

Was ist geschehen? Schneider warnt vor der neuen Netanjahu-Regierung mit ultraorthodoxen Demokratieverächtern:

„Das liberale Israel steht unter Schock. Die Knesset-Wahl vor einer Woche bringt nicht nur Benjamin Netanyahu zurück an die Macht, sie bescherte der rechtsextremistischen Wahlliste »Religiöser Zionismus« einen beeindruckenden Sieg. Sie ist nun innerhalb des rechten Blocks die zweitstärkste Fraktion hinter Netanyahus Likud. Und bald könnten deren Führungsfiguren Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich versuchen, in verantwortlichen Positionen ihre antiliberale, anti-arabische und homophobe Politik durchzusetzen. Und nicht nur das: Ein weiterer Plan ist, dem Obersten Gericht seine Kontrollfunktion zu entziehen. Damit könnten in Zukunft Gesetze, die die Regierung beschließt, von niemandem mehr gekippt werden. Was das für eine Demokratie bedeuten würde, ist offensichtlich.“

Der Historiker Wolffsohn hält die Wahl der Ultrarechten für „höchst unerfreulich“, aber keineswegs für einen Weltuntergang.

Denn die „nationalistisch-religionsfanatische Allianz“ sei keine „Aktion, sondern eine Reaktion“ auf die Politik der Palästinenser, die offenbar für Wolffsohn grundlos böse sein müssen. (Berliner-Zeitung.de)

Palästinenser, die sich nicht dem Schicksal fügen wollen, das ihnen vom Staat Israel zugedacht ist, sind für den Bundeswehrprofessor nichts als Terroristen, die mit Foltermethoden gepeinigt werden dürfen. Womit Wolffsohn klar gegen die Menschenrechte verstößt:

„Folter als Mittel gegen Terroristen sei legitim, sagte der Historiker Wolffsohn in einem Interview. Politiker von SPD, CDU und Grünen sind entsetzt.“

Mit diesen menschenfeindlichen Äußerungen reiht sich Wolffsohn ein in die Reihe amerikanischer Neokonservativer, die nichts von der UN und ihrer Menschenrechtscharta halten:

„Mit seinen Äußerungen zur Legitimität von Folter setzt der Historiker eine Debatte fort, die bereits in den USA für Wirbel gesorgt hat. Nach den Anschlägen vom 11. September hatte dort der Anwalt und Rechtsprofessor an der Harvard-Universität, Alan Dershowitz, eine Zulassung der Folter verlangt, wenn damit geplante Straftaten aufgedeckt werden könnten. Und auch für den Fernsehkommentator und konservativen Ex-Präsidentschaftskandidaten Pat Buchanan ist Folter in Zeiten höchster Gefahr ein „Naturrecht“.“ (SPIEGEL.de)

Das Naturrecht wurde in der athenischen Polis erfunden und spaltete sich von Anfang an in ein „Naturrecht der Schwachen“ – sprich der Gleichwertigkeit aller Menschen – und dem „Naturrecht der Starken“, mit dem die Mächtigen die Schwächeren nach Belieben drangsalieren können.

Nicht grundlos habe die Natur Starke und Schwache geschaffen: dadurch hätten die Starken das Recht erhalten, mit den Schwachen nach Belieben umzugehen.

In der modernen Aufklärung hat sich das Grundrecht der Schwachen als Grundlage der neuen Demokratie durchgesetzt. Während die Reaktionsbewegungen gegen die „kalte Vernunft“ das Naturrecht der Starken wieder zur Geltung brachten.

„Das Folterverbot war schon in den ersten menschenrechtlichen Schutzverträgen wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem UN-Zivilpakt und der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Folter ist verboten. Immer und überall. Das Folterverbot gilt unter allen Umständen für jeden Menschen in jedem Land der Erde, im Krieg und im Frieden. Es gibt keine Abwägung mit anderen Menschenrechten oder staatlichen Interessen, keine Ausnahmen, keine Relativierung. Das Folterverbot gilt absolut und immer, weil Folter die Menschenwürde verletzt, also den Menschen in seinem Menschsein angreift.“ (amnesty.de)

Dass ein Befürworter der Folter in deutschen Medien problemlos seine Ablehnung der Menschenrechte propagieren kann, spricht nicht für die Medien, die jeden Impfgegner und Putinversteher an den Pranger stellen.

Die Wahl der Ultrarechten Ben Gvir & Co wird von Wolffsohn als Lapsus dargestellt, der in jeder Familie mal passieren könne. Schwamm drüber. Wolffsohn zählt sich zu den Guten, die im Grunde nichts Böses machen können. Wer auf Gottes Seite Gottes steht, kann kein Böser sein.

Orthodoxe Juden, Katholik Augustin und Glaubensrebell Luther sind in dieser Frage einer Meinung: Sündiget tapfer, wenn ihr nur glaubt.

Die orthodoxen Regierungen in Israel haben es geschafft, ihre Gleichgesinnten in Deutschland als Meinungsführer in allen Dingen zu etablieren, die mit Juden und Israel zu tun haben.

Kritische Juden, die gänzlich anderer Meinung sind, sind bei den obrigkeitshörigen deutschen Medien unerwünscht. Selbst Uri Avnery, einstiger Schulkamerad Rudolf Augsteins, hatte nur in längst verflossenen Jahren eine Chance, seine Meinung zu publizieren. Danach gab es offenbar eine Ächtung seiner Person, man sah und hörte nichts mehr von ihm.

Erst in den letzten Monaten scheint sich allmählich etwas zu ändern. Beginnen wir mit einem Interview mit Gideon Levy, einem strengen Kritiker seines Landes, in Haaretz:

„Wir befinden uns in einem Land, in dem etwa 15 Millionen Menschen unter israelischer Herrschaft leben und circa fünf Millionen Menschen keine Grundrechte haben und an diesen Wahlen teilnehmen können. Wie lässt sich das mit Demokratie vereinbaren? Wenn es um die wichtigsten Fragen in diesem Land geht – die Besatzungspolitik –, gibt es keinen wirklichen Unterschied zwischen rechter und linker Seite, auch wenn die Rhetorik minimal anders ist. Daran kann ich mich nicht beteiligen. Ganz gleich ob Netanjahu, Lapid oder Gantz die Wahlen gewinnt: Sie alle stehen für eine Fortsetzung der Besatzung. Dafür, Palästinenser nicht als gleichwertige Menschen zu behandeln. In diesem Sinn wird sich nichts grundlegend ändern.“ (Berliner-Zeitung.de)

Das israelische Unrecht an den Palästinensern wird gewöhnlich mit dem Argument weggewischt, Israel sei die einzige Demokratie in Nahost. Nicht jede Demokratie ist automatisch vorbildlich. Schon gar nicht rechtfertigt sie permanente Menschenrechtsverletzungen.

Viele Verteidiger Israels mokieren sich über seine deutschen Kritiker, die durchweg als hinterhältige Antisemiten eingestuft werden. Mit dem Hinweis: warum stürzen sich diese Kritiker vor allem auf israelisches Unrecht, warum nicht mit derselben Energie auf ähnliches Unrecht im Iran, in China, Syrien etc.?

Antwort: kann Israel für Deutsche ein Staat unter vielen sein? Ist er durch Geschichte und erlittene Verbrechen nicht in besonderer Weise mit dem Land Martin Bubers, Moses Mendelsohns, Einsteins und vieler anderer verbunden?

Bei Levys kritischer Einschätzung der israelischen Menschenrechtsverletzungen kann es niemanden wundern, dass seine Antwort auf die Frage nach der Apartheid so ausfallen wird:

„Solange Besatzung vorübergehend ist, handelt es sich nicht um Apartheid. Wenn man aber feststellt, dass sie ein dauerhaftes Phänomen ist, ohne Absicht, sie zu beenden, dann ist das Apartheid. Circa fünf Millionen Menschen leben hier unter ständiger Tyrannei.“

Und wie steht‘s mit dem Antisemitismus in Deutschland?

„Dies ist die größte Errungenschaft der israelischen Rhetorik der letzten zehn Jahre, jede Kritik an israelischer Politik als Antisemitismus zu kennzeichnen. In Deutschland ist das heute zu einer ernst zu nehmenden Frage der Meinungsfreiheit geworden.“

Alle Kritik an Israel als verkappten Antisemitismus anzuschwärzen, ist ein Meisterstück der orthodoxen Propaganda in Deutschland. Die gesamte Antisemitismus-Bekämpfung ist ein kalkuliertes Irreführen, um den stetig wachsenden Religionsfaktor in der israelischen Politik mit Klauen und Zähnen zu verteidigen.

Die Artikel der Israelkritiker wirken wie unterirdische Hilferufe: Deutsche, lasst euch nicht länger an der Nase der Religion in die Irre führen. Wir Israelis sind eine junge Demokratie und befinden uns auf dem Weg in eine selbstgemachte Zerstörung. Unser Traum von einem humanen Zionistenstaat droht zu platzen.
Ihr aber wollt nichts sehen und hören. Ihr lasst euch Angst einbläuen, dass ihr aus eurer Geschichte nichts gelernt hättet und wieder auf dem Pfad des Judenhasses seid. Widersteht den orthodoxen Zuchtruten, besinnt euch auf eure junge Demokratie und beweist, dass ihr den aufrechten Gang gelernt habt.

In ähnlichem Sinn wie Gideon Levy schreiben Moshe Zimmermann und Shimon Stein im TAGESSPIEGEL:

„Um die politische Stimmung der israelischen Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten in einem Wort zusammenzufassen, reicht der einfache Begriff „Rechtsruck“ aus. Rechts bedeutet in Israel nicht unbedingt eine konservative oder neo-liberale Wirtschafts- und Sozialpolitik; auch geht es nicht nur darum, ein betont nationalistisches Programm zu fördern, sondern meist bedeutet es ein ethnozentrisches Verständnis von Staatsbürgerschaft: Der jüdische Staat darf nicht – und das wird offen herumposaunt – „der Staat aller seiner Bürger“ sein, sondern soll sich allein um die jüdische Mehrheit sorgen. Die Mehrheit der israelischen Juden hält es für richtig, dass die mehr als 20 Prozent der israelischen Bürger, die palästinensische Araber sind, im politischen Entscheidungsprozess nur eine untergeordnete Rolle spielen dürfen. Die zwei Parteien der Ultra-Orthodoxie (zusammen etwa 15 Prozent der Stimmen), der automatischen Koalitionspartner Netanjahus, lassen keine Frauen als Abgeordneten zu, beharren auf der Einführung der Halacha (jüdisches Gesetz) als Staatsgesetz, und beanspruchen für Israel die besetzten Palästinensergebiete aufgrund der biblischen Verheißung.“ (TAGESSPIEGEL.de)

Jetzt kommt der Faktor Religion ins Spiel. Was bedeutet es, eine Politik im alttestamentarischen Sinne zu führen?

„Die Abgeordneten dieser Partei, und allen voran der rabiate Araber-Hasser Itamar Ben-Gvir, konkurrieren miteinander, um das ganze Land im national-religiösen Sinn jüdisch zu gestalten. Feinde sind nicht nur „die Araber“, sondern auch die „Linken“ – alle diese Feinde sollten am besten des Landes verwiesen werden können. Wie wird dann die EU, wie wird Deutschland reagieren, wenn auf die Wahlversprechen jetzt die Taten folgen? Die Umsetzung der radikalen Agenda der Rechts-Regierung wird unausweichlich zum Konflikt mit der Europäischen Union führen. Für die Bundesregierung, deren Außenministerin Annalena Baerbock nicht müde wird, die wertebasierte Außenpolitik zu unterstreichen, wird die israelische Politik höchst problematisch werden.“

Die deutsche Politik, in allen Parteien mit biblischen Motiven kontaminiert, ist nicht mal in der Lage, die innenpolitischen Übergriffe der Erlösungsreligionen zu stoppen. Geschweige die Vorgänge in Israel.

Wie in vielen anderen Punkten hat Merkel die deutsche Torheit benutzt, um ein Trümmerfeld zu hinterlassen und Israel eine bedingungslos-blinde Unterwerfungspolitik zu signalisieren. Was sind die Hauptfehler der letzten Jahrzehnte nach der Ermordung Rabins?

Mit den Worten Carlo Strengers, eines Psychologen aus Israel:

„Alles, was an den „alten“ Diasporajuden erinnerte – Diplomatie, kosmopolitisches Bewusstsein und intellektuell komplexe Denkformen – wurde in der Politik, wenn auch nicht in der Kultur, als verweichlicht, verängstigt, verachtenswürdig und letztlich lebensgefährlich abgetan. Das Ideal des Universalismus ist den meisten Israelis suspekt. Ethik ohne Panzer und Luftwaffe, so dachten und denken viele, hat die Juden nur nach Ausschwitz gebracht.“

Israel soll ein „Staat sein, der dem Westen angehören will, aber sich nicht nach den Normen der postkolonialen, universalistischen Ethik der freien Welt verhält.“

Strenger bezieht sich auch auf Tony Judt, der sich „als universalistischer Jude die Frage stellt,: wie konnte Israel von einem Land, das nach sozialer Gerechtigkeit strebte, zu einem Besatzerstaat werden, der die Menschenrechte der Palästinenser mit Füßen tritt und der mit roher Gewalt immer wieder den Konflikt mit der arabischen Welt militärisch zu lösen versucht? Das Gefühl der jüdischen Universalisten ist, dass Israel ihnen mehr und mehr entgleitet und zu einem Land wird, mit dem sie sich immer weniger identifizieren können. Ari Shavit schrieb, dass er Israel nicht hasse, aber enttäuscht sei. Es sei ein »quasifaschistisches, teilweise religiöses Land mit engem Horizont geworden.«“

Avraham Burg, der für sein aufwühlendes Buch „Hitler besiegen“ von amerikanischen Juden abgelehnt wird, beantwortet die Frage, warum Israel sich derart von der Welt abgrenzt, dass es sich nicht wundern darf, warum diese Welt den jungen Staat immer mehr ablehnt:

„Die Abgrenzung von der Welt fängt mit dem persönlichen Morgengebet des Gläubigen an, der die Zeile enthält: »Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der mich nicht als Heiden erschaffen hat. Lob dir, o Gott … der scheidet Weihe und Welt, das Licht und das Dunkel, dein Volk und die Völker.«“

Warum glauben die Juden, aller Welt überlegen zu sein? Weil sie von Gott auserwählt sind. Burg: „Mein Judentum ist dagegen ein ständiger Kampf gegen Rassismus, religiöse Arroganz und selbsternannte Sendboten Gottes, die glauben, Gott sei ausschließlich mit ihnen.“

So könnten wir endlos mit Äußerungen jüdischer Selbstkritik fortfahren. Doch bei uns werden sie als Selbsthasser verabscheut.

Überlassen wir Avraham Burg das letzte Wort:

„Die einzig erfolgversprechende Antwort auf Hitler ist der Zusammenschluss aller guten Menschen der Welt gegen die Koalition des Bösen, der auch einige meines Volkes angehören. Israelischer Humanismus muss begreifen, dass die Antwort auf die israelische Besatzung nicht nur im Rückzug aus den besetzten Gebieten besteht, sondern auch in der Schaffung einer neuen jüdischen Identität. Mit dieser Identität werden wir einen Kampf für eine bessere, intakte und menschliche Welt beginnen. Wir müssen ein neues Gebetbuch schreiben, in dem der arrogante Satz: »Du hast uns erwählt unter allen Völkern« ersetzt wird durch »Du hast uns auserwählt mit allen Völkern.« Es ist Zeit für ein neues Judentum.“

Fortsetzung folgt.