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Welt retten! Aber subito! LVIII

Tagesmail vom 10.03.2023

Welt retten! Aber subito! LVIII,

Wohin aber gehen wir
ohne sorge sei ohne sorge
wenn es dunkel und wenn es kalt wird
sei ohne sorge
was aber geschieht
am besten
wenn Totenstille
eintritt (Ingeborg Bachmann)

Seid also ohne Sorge, nichts wird geschehen. Die Welt wird gerettet werden. Mit einem Trick:

„Die Deutsche Bahn setzt auf Fünfzigjahrespläne. Der gewünschte Bahn-Betrieb wird mit etwas Glück im Jahr 2070 erreicht werden.“ (SPIEGEL.de)

Nichts einfacher als die Bergung der Welt: wie könnte sie gerettet werden – wenn sie nicht mehr vorhanden wäre? Weiß sie doch selbst am besten, dass man durchhalten muss, um gründlich erneuert zu werden.

Wenn sie will, dass im Jahre 2070 alles wieder tadellos funktionieren wird – muss sie in 50 Jahren schlicht vorhanden sein. Ist Natur so klug und weise, wie man ihr nachsagt, wird sie das gerafft haben.

Die Bundesbahn hat ein feines Näschen. Mit einem genialen Trick sorgt sie dafür, dass die Natur zum Überleben verlockt und verleitet wird:

Und fürchte Dich nie, ist der Tod auch nah,
Je mehr du ihn fürcht’st, um so eh’r ist er da.
Vorm Tode sich fürchten, hat keinen Zweck.
Man erlebt ihn ja nicht, – wenn er kommt, ist man weg –
Und schließlich kommen wir all an die Reih‘
In fünfzig Jahren ist alles vorbei. (Otto Reutter)

Und wenn wieder mal kein Zug pünktlich einfährt, ertönt auf dem Bahnsteig der tröstliche Song:

„Denk‘ stets, wenn etwas dir nicht gefällt:
Es währt nichts ewig auf dieser Welt.
Der kleinste Ärger, die größte Qual
Sind nicht von Dauer, sie enden mal.
Drum sei dein Trost, was immer es sei:
In fünfzig Jahren ist alles vorbei.“

Warum war unsere schweigsame Kanzlerin so oft in China? Klammheimlich hatte sie von dort die erfolgreiche Ideologie des Landes mitgebracht:

„Die Welt schreitet vorwärts, die Zukunft ist glänzend und niemand kann diese Tendenz der Geschichte ändern. Wir müssen die Fortschritte in der Welt und die lichten Zukunftsperspektiven ständig unter dem Volk propagieren, damit es Siegeszuversicht gewinnt.“ (Mao)

Nicht umsonst hatte die Pastorentochter auch sozialistischen Unterricht genossen: Christentum und Kommunismus waren für sie zu einer einzig-unbesiegbaren Zukunftsideologie verschmolzen.

Weshalb sie westliche Ideologien zu verschmähen pflegte. Sie bediente sich ihrer nur – wie das allpräsente Wirtschaftswachstum –, um die Westdeutschen von der Hirnrissigkeit ihres Systems selbst zu überzeugen.

Eines Tages wird der westliche Kapitalismus zusammenkrachen. Dann werden sie schon sehen, welchem Antichrist sie gefolgt sind. Das wird der gigantische Erfolg des christlichen Glaubens sein.

„Der Marxismus gibt uns viel. Er bringt uns Erkenntnisse, die uns fähig machen, ein viel größeres Stück der Botschaft Jesu in Wirklichkeit umzusetzen, als bisher im Ringen um Gerechtigkeit, Ordnung des Wirtschaftslebens und Frieden zwischen den Völkern geahnt werden konnte.“, schrieb Emil Fuchs, Kollege des Vaters von Angela in seinem prophetischen Werk: Marxismus und Christentum.

Eines Tages wird sich bewahrheiten, was Mao vorhersah:

„Das sozialistische System wird letzten Endes an die Stelle des kapitalistischen Systems treten: das ist ein vom Willen der Menschen unabhängiges Gesetz. Kommunismus ist das vollkommenste, fortschrittliches, revolutionärste und vernünftigste ideologische beziehungsweise soziale System in der ganzen Menschheitsgeschichte.“ (Mao)

Der folgenden Verschwörungstheorie müssen wir energisch entgegentreten: Merkel hatte den geheimen Auftrag, den Kapitalismus durch primären Erfolg zum endgültigen Absturz zu bringen. Solche Schauermärchen können nur aus Dresden stammen, wo Putin einst seine sowjetische Geheimdienstzentrale eingerichtet hatte.

Schauermärchen braucht der Westen nicht, um sich zugrunde zu richten. Das schafft er selbst – durch seine verrotteten Begriffe, die nur noch zerlegen können, was ohne sie trefflich funktionieren würde.

Nur in Verteilungsfragen war der Sozialismus eine Alternative zum westlichen Kapitalismus. Ansonsten war er dasselbe technische Fortschrittsmonstrum wie sein Feind im Westen. Marx war ein glühender Bewunderer des Kapitalismus und ein Verächter aller nichtkapitalistischen Wirtschaftssysteme, die sich damit zufrieden gaben, die Menschen zu ernähren und mit Natur und Menschheit in Frieden zu leben.

Ihr Sinn des Lebens war nicht Anhäufung von Geld und Gütern, sondern in Ruhe und Genügsamkeit ihr Leben zu genießen. Diese naturverbundene Lebens- und Wirtschaftsweise hätte die Welt nie in Schieflage gebracht. Weshalb der Schluss unvermeidlich ist: die in sich ruhenden Naturvölker hätten nie eine Klimakrise zustande gebracht.

Heute noch Marx & Engels und ihre Kapitalismusbewunderung anzubeten, beweist, dass man die Verfaultheit der sozialistischen Staaten nie verstanden hat. Ebensowenig die kapitalismus-konforme Naturzerstörung der kommunistischen Staaten.

Alles, was mit dem Naturverächter Marx zu hat, als vorbildlich zu preisen, zeigt, dass die Linken die ökologische Frage noch immer nicht verstanden haben.

Ein flüchtiger Blick in ein marxistisches Wörterbuch müsste jeden von der minderwertigen Sicht der Natur bei den „Linken“ überzeugen:

„Der Mensch ist nur aus der Natur hervorgegangen, als biologisches Wesen Teil der Natur, erhebt sich jedoch über sie und stellt sich ihr vermittels der Arbeit gegenüber. Durch die Arbeit verwirklicht der Mensch im Natürlichen seine Zwecke, verändert die Natur, passt sie seinen Bedürfnissen an und wird dadurch immer mehr zu ihrem Beherrscher. Diese Herrschaft besteht jedoch nicht in der Loslösung des Menschen von der Natur, sondern in der immer tieferen Erkenntnis und Anwendung ihrer Gesetze für seine Zwecke. Im Gegensatz zum philosophischen Materialismus stellt die religiöse Weltanschauung der Natur ein „Übernatürliches“ als Ursprüngliches gegenüber. Bei ihr ist die Natur von einem übernatürlichen Wesen geschaffen, abhängig von ihm abhängig und geistig in ihrem Sein.“

Es geht nicht um Märchenbildungen einer jenseitigen Religion, es geht um die verheerenden Wirkungen dieses Jenseits auf die irdische Natur. Und die ist punktgenau die gleiche wie im Marxismus. Natur ist minderwertig (oder sündig) und darf nach Belieben des Menschen benutzt, missbraucht und zerstört werden.

Das Mittel dieser Schändung ist Arbeit als Flucharbeit. Macht euch die verabscheuenswerte Natur untertan: dieses Strafwort ist identisch mit dem biblischen: Macht euch die Erde untertan.

In den wichtigsten Punkten sind Marxisten und Prediger einer Meinung: das Vorhandene, die Schöpfung dient dem ehrgeizigen Menschen nur dazu, benutzt und abgestreift zu werden. Der geniale oder gottgleiche Mensch ist fähig, aus dem Minderwertigen eine höhere Natur zu schaffen. Dieser neuen und höheren zweiten Natur mit naturvernichtender Arbeit entgegenzuhoffen, ist das Salz des Lebens.

Die praktischen Konsequenzen aus homo religiosus und homo laborans sind identisch. Marxisten und Linke fühlen sich aller Religion überlegen, und doch sind ihre praktischen Folgerungen exakt dieselben.

Putins religiöse Selbstdarstellung ist keine Show. Ein nicht unwesentlicher Punkt seines Hasses auf den Westen ist sein Vorwurf, dieser würde den Glauben ruinieren und ein gottloses Machtsystem aufbauen.

Die westlichen Kirchen stellen alles auf den Kopf und behaupten, die Nachfolger Stalins seien grausame Religionshasser.

Was bei Putinhassern nicht mal erwähnt werden darf, ist der Hass der westlichen und östlichen Glaubenssysteme gegeneinander. Die Kirchen sind nicht mal in der Lage, miteinander zu reden, um Grausamkeiten gegen die Zivilbevölkerungen einzustellen. Wir erleben eine Neuauflage der Kreuzzüge zwischen christlichen und islamischen Erlösern.

Die Deutschen sind stolz auf ihr Grundgesetz – und lassen es zur folgenlosen Theorie verkommen. Jeder kennt den ersten Artikel:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Wie kann die Würde des Menschen unantastbar sein, wenn seine pure Existenz vom Staat nicht geschützt wird? Zwar hat das oberste Gericht die Regierung ermahnt, ihren Klimaschutzverpflichtungen nachzukommen. Doch diese lässige Mannschaft in Berlin ist nicht mal fähig, umweltvergiftende Autos aus dem Verkehr zu ziehen, die Funktionstüchtigkeit der Bahn zu retten, damit der Autoverkehr auf Straßen und Autobahnen reduziert werden könnte.

SPD und die Grünen sind unfähig, eine verpanzerte neoliberale Partei aus der Koalition zu werfen, um Neuwahlen zu riskieren. Die FDP blockiert die gesamte EU. Und solches wird hier geduldet! Wie kann das mit dem Grundgesetz zusammenhängen? Heribert Prantl hat sich einige Gedanken dazu gemacht:

„In einem Jahr werden die Feiern zur Feier des Grundgesetzes beginnen; es wird dann 75 Jahre alt, und es wird viel gelobt und gepriesen werden Es gibt Sätze im Grundgesetz, die zwar einerseits spektakulär sind, aber andererseits auch spektakulär missachtet werden, weil die Politik nichts tut, um ihnen zur Geltung zu verhelfen. Die spektakulären Sätze laufen dann spektakulär ins Leere. An der Spitze der leerlaufenden Sätze steht der Verfassungssatz, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Sozialbindung nennt man das – und das Wohnungseigentum ist ein besonders wichtiges Beispiel für die Gemeinwohlpflichtigkeit des Eigentums und deren Geringschätzung.“ (Sueddeutsche.de)

Zu Recht verweist Prantl auf die skandalöse Vernachlässigung der Wohnungsfrage. Wohnungen werden als Spekulationsobjekte missbraucht, anstatt als Grundrechte für alle Bewohner.

Seit Schröder, dem SPD-Freund eines Kriegsverbrechers und Sympathisant aller Mächtigen, der die Armen der Gesellschaft nicht sadistisch genug degradieren konnte, wurde die soziale Verpflichtung der Wohnungsinhaber zerschlagen und ihr Eigentum in börsenverwertbares Kapital verwandelt.

Die von unten kommenden Karrieristen der Arbeiterpartei fühlen sich pudelwohl, wenn sie in den Etagen der Porschefahrer angekommen sind.

Klimakleber werden immer gehässiger als Rechtsverletzer attackiert. Dass der Staat selbst das Grundgesetz in Fetzen zerreißt, seitdem er seine elementarsten Pflichten des Klimaschutzes vernachlässigt, wird von immer mehr Gerichten negiert.

Doch wie heißt es in Artikel 20?

„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Offenbar ist keine andere Hilfe möglich, weil jede Ermahnung an staatliche Organe, sich für Leib und Leben ihrer „Untertanen“ einzusetzen, an ihnen abprallt.

Ein Rechtsgelehrter interpretiert:

„Sie sind das letzte Aufgebot zum Schutz der Verfassung. Wenn nichts anderes mehr hilft, drückt diese ihnen die Waffe des Widerstandsrechts in die Hand, um ihr eigenes Überleben zu sichern“, schreibt der Staatsrechtler Josef Isensee. So setze das Widerstandsrecht private Gewalt frei und durchbreche die Bürgerpflicht zum Rechtsgehorsam. Das Ziel: Es geht in Artikel 20 Absatz 4 um eine Nothilfe der Bürger zu dem Zweck, Angriffe auf die Verfassung und die grundgesetzliche Ordnung abzuwehren. Das Schutzgut ist damit eng umrissen: der Verfassungsstaat. Isensee geht es um Angriffe, die sich gegen die Verfassung als Ganzes richten und die grundgesetzliche Ordnung als solche von Grund auf bedrohen. „Der Widerstandsfall ist ein Staatsstreich“, schreibt er.“ (Bundestag.de)

Nein, es geht nicht um den Schutz des Bundestags vor bewaffneten Terroristen. Die Gefahr ist elementarer: es geht um das Existenzrecht der ganzen Nation, ja der gesamten Menschheit. Wenn die Menschheit in der Natur nicht mehr überleben kann, ist jedes Recht – und sei es das heiligste – für die Katz.

Nicht Klimaaktivisten müssen bestraft und in Gefängnisse geworfen werden, sondern die Machthaber der Republik, wozu nicht nur die Gewählten gehören, sondern die Suprareichen, die längst mehr die Geschicke der Nationen mitbestimmen als die legitimen Politiker.

Es geht um Sein oder Nichtsein, alles andere ist Vernebelung und Selbstbelügung. Man höre sich an, wie ein „Klimaexperte“ die Frage beantwortet:

„Auch im Jahr 2023 kann eben nicht jeder Mensch klimabewusst leben – und muss es auch gar nicht. Oder?“

Antwort: „Ja, es ist okay, wenn jemand nicht klimabewusst lebt. Aber es ist überhaupt nicht okay, wenn einem das Klima egal ist. Das eine ist der persönliche Alltag. Es gibt aus meiner Sicht keine allgemeine moralische Verpflichtung für einen bestimmten Lebensstil des oder der Einzelnen, und zwar, weil sich das Klimaproblem auf einer anderen Ebene stellt: nicht auf der individuellen, sondern der kollektiven. Es geht um den Lebensstil, die Wirtschaftsweise von uns allen zusammen. Also um Politik.“ (SPIEGEL.de)

Ein Naturwissenschaftler glaubt, zugleich ein Moralexperte zu sein. Was hat die Erkenntnis der Natur mit Vernunftmoral zu tun? Nichts. Wissenschaftler sind auch nur Demokraten und haben schlicht und einfach ihre Meinungen zu sagen. Selbst Philosophen sind keine Moralexperten, die sich dem Bürger überlegen fühlen dürfen. Jeder hat eine Stimme und die soll mit Argumenten daherkommen, aber nicht mit Doktortiteln.

Wie fahrlässig der Naturwissenschaftler mit Logik umgeht! Nein, niemand sei verpflichtet, persönlich klimabewusst zu leben, nur politisch müsse er die richtige Seite unterstützen. Das ist, als dürfe man nach Belieben klauen, wenn man nur dafür eintritt, Diebstahl politisch zu verbieten.

Hier stoßen wir wieder auf die Ursünde des Kapitalismus: Politik hat nichts mit Moral zu tun. Politisch darf man die Sau rauslassen, wenn man nur im Salon anständig bleibt. Machiavelli für die Politik, das ABC des guten Tons fürs Privatleben.

Diese Doppelmoral bleibt der Urgraben zwischen Völkern der naturgemäßen Vernunft und denen des westlichen Darwinismus. Zwar haben auch Vernunftvölker wie Alt-Indien, Alt-China, die Indigenen am Amazonas oder die Ubuntuvölker Afrikas inzwischen den Kapitalismus übernehmen müssen, um nicht wehrlos überfahren zu werden, dennoch gilt:

Ost und West werden nicht zusammenkommen und Bündnisse gegen die Naturzerstörung schließen können, wenn sie nicht gemeinsam die Frage beantworten: Was ist Vernunft? Kann Politik auf moralische Vernunft verzichten?

Gewiss, moralisch sind wir alle Stümper, niemand ist perfekt. Eben darum müssen wir alle ständig dazulernen. Gemeinsam Moral lernen ist die vornehmste Aufgabe der Demokratie.

Dass Politik nur aus Interessen bestehe, ist eine Verleumdung. Interessen sind Machtfragen, keine Fragen nach dem guten Leben..

Moral ist die Fähigkeit zum Leben und Überleben. Wie könnten wir die Urfragen des Lebens ohne Moral beantworten?

Fortsetzung folgt.