Kategorien
Tagesmail

Warnen

Hello, Freunde des Warnens,

hiermit wird gewarnt. Vor den Warnern. Anstatt problemlösende Politik zu betreiben, warnen sie – vor den Folgen ihrer eigenen Unfähigkeit. Wie man drohende Gefahren der Zukunft vermeiden kann, darüber schweigen sie. Wissen sie es nicht? Oder sagen sie es nicht – damit sie nicht als apokalyptische Reiter desavouiert werden?

Vor Gefahren muss gewarnt werden. Damit sie beseitigt oder umgangen werden können. Nicht so bei politischen Warnern. Weder wissen sie, wie Gefahren entstehen, noch, wie man sie beseitigt oder umgeht. Hinterher jedoch wollen sie an allem unschuldig gewesen sein: hatten sie nicht unermüdlich gewarnt?

(Walter Steinmeier, Flug- und Wanderprediger unter den deutschen Problemlösungsverweigerern, gehört zu den Professionellsten unter den Dauerwarnern. Würde ihn vermissen, wenn er sich über Nacht entschlösse, im Lippischen einen Schrebergarten zu bearbeiten und seine Kräuter vor Schnecken zu warnen?)

Politische Warner wollen schuldlos sein – ohne irgendetwas getan zu haben, um die Gefahren zu bekämpfen. Wenn die von Gott bestellten Wächter das Volk nicht warnten, wurden sie von Gott bestraft.

„Wo aber der Wächter sähe das Schwert kommen und die Drommete nicht bliese noch sein Volk warnte, und das Schwert käme und nähme etliche weg: dieselben würden wohl um ihrer Sünden willen weggenommen; aber ihr Blut will ich von des Wächters Hand fordern.“

Nun warnen sie alle vor Pegida. Wir sehen einen Überbietungswettbewerb, wer die Schreihälse aus Dresden am lautesten niederschreien und

-krakeelen kann.

Vor Pegida muss eindringlich gewarnt werden. Noch mehr aber vor denen, die vor Pegida warnen und täglich dafür sorgen, dass Deutschland sich immer weiträumiger pegadisiert. Was hielte man von Medizinern, die Krankheits-Symptome anbrüllten, aber nichts täten, um die Ursachen zu kurieren? Eben dies tun deutsche Politiker und ihre medialen Bodyguards.

ZDF-Kleber hatte feuchte Augen, als er berichten durfte, dass unsere Nationalheilige die Angehörigen der Opfer eines Flugzeugabsturzes besuchte und – ohne Kamera – stundenlang mit den Trauernden sprach. Selbstlos und ohne Kamera – aber mit einem anempfindenden ZDF-Moderator, der die Selbstlosigkeit der Kanzlerin in alle Welt posaunte.

In der ARD darf Jauch eine ganze Sendung benutzen, um Pegida einzustampfen. Danach die Tagesthemen mit Thomas Roth und einem Beitrag über Merkel bei Erdogan, voller Mitgefühl für die heikle, aber alternativlose Mission der Mutter der Nation, die sich nicht zu schade ist, für unser aller Wohl ihre unschuldigen Hände zu beschmutzen.

Schlechte Nachrichten werden in den Medien mit der Regierung verbunden, die guten mit der herzensreinen Kanzlerin. Medien wollen am Tische der Mächtigen sitzen, weshalb sie sich vom Pöbel distanzieren müssen.

Dass die Untertanen überraschend Pluspunkte durch ihre Hilfswilligkeit erhielten, war den eifersüchtigen Medien ein Dorn im Auge. Also beschworen sie so lange das Umkippen der Stimmung, bis sie in Pegida wieder ihr Lieblings-Hass-Objekt erhielten. Nun sind die Verhältnisse wieder in Ordnung. Oben der Weizen, unten die Spreu.

Nichts ohne Ursache. Ohne diesen altgriechischen Grundsatz hätte es in Europa keine Philosophie und keine Naturwissenschaft gegeben. Da war die Frage unausweichlich: wenn alles determiniert ist, wo bleibt der freie Wille des Menschen?

Freiheit lässt sich theoretisch nicht beweisen, erklärte Kant. Nur praktisch könne der Mensch seine Freiheit beweisen, indem er frei und selbstbestimmt handelt. Betrügt er sich nicht, wenn er sich frei fühlt, aber von unbekannten Mächten aus dem Hintergrund dirigiert wird?

Die moderne Gehirnforschung hält den Menschen für determiniert. Handeln die Gehirnforscher, als wären sie frei – oder folgen sie ihren Erkenntnissen und warten untertänigst auf die Impulse geheimer Mächte? Sind ihre Forschungsergebnisse Botschaften anonymer Elemente – oder Erkenntnisse ihres freien Denkens?

Die Streitfrage ist nicht lösbar, sie ist müßig. Wer sich für unfrei hält, sollte Justiz und Gesetze abschaffen, aller selbstbestimmten Politik Ade sagen und in Ergebenheit die Entscheidungen des Schicksals abwarten.

Hayeks Neoliberalismus hält es für einen Aberglauben, dass der Mensch sein Schicksal gestalten könne. „Es ist eine Tendenz des modernen Denkens, die auf einem tatsächlichen Irrtum beruht, dass ein mit Verstand begabter primitiver Mensch die Fähigkeit besaß, unsere Kultur und all ihre Einrichtungen im Dienste seiner vorgefassten Ziele zweckmäßig zu gestalten.“ („Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit“)

Interessant, dass die schicksalsgläubigsten Fatalismen die umtriebigsten und hektischsten Gesellschaften zur Folge hatten. Vorherbestimmte Calvinisten waren an der Erfindung des gierigen Kapitalismus nicht unbeteiligt. Vorherbestimmte Muslime eroberten wie im Rausch ein riesiges Weltreich – bevor es in machtgestütztem Quietismus erstarrte. Vorherbestimmte Evolutionisten à la Hayek ruhen und rasten nicht, bis sie die Welt mit Hedge-Fonds, Zins und Zinseszins, Staatsanleihen, Finanzwetten und omnipotenten Wirtschaftsgesetzen in ihren Krallen haben. Marxisten, die an eine automatische Heilsgeschichte glauben, waren die unruhigsten Revolutionäre, bevor sie zu Stalinisten – oder Sozialdemokraten degenerierten.

Das Gefühl, mit dem Gesetz der Geschichte im Einklang zu sein, muss außerordentliche Kräfte entfesseln. Diese Kräfte erlahmen, wenn der Glaube an das Schicksal gesättigt ist – oder abflaut. Auch der Neoliberalismus hat seinen Höhepunkt längst überschritten und bewegt sich auf absteigendem Ast. Seine letzten Gefechte sind Gefechte des Niedergangs, die nicht wahrhaben wollen, dass ihr Stündlein geschlagen hat. Gegner, die mit dem Rücken zum Abgrund fighten, sind die gefährlichsten.

Heisenberg hat viel Aufhebens mit seiner Entdeckung gemacht, dass es eine 100prozentige Kausalität im Nanobereich der physischen Welt nicht geben kann. Doch auch Quantenphysiker rechnen mit lückenloser Kausalität, wenn sie morgens mit dem Auto in ihr Labor fahren. Wie Wahrscheinlichkeit im Mikrobereich und Kausalität im Makrobereich zusammen passen, das weiß kein Physiker.

Eine wesentliche Ursache für die Aufklärung der Moderne war die Entdeckung lückenloser Kausalität in der Natur. Newton war ein Gott der Aufklärer, weil er nachwies, dass Vorgänge hienieden und weit draußen in der Sternenwelt („im Himmel und auf Erden“) denselben Gesetzen gehorchten.

Gott wurde nicht mehr gebraucht, um uns die Welt begreiflich zu machen. Jedenfalls nicht mehr der unberechenbare, durch gute und böse Wunder intervenierende Gott der Bibel. Die Welt war kein theatrum mundi mehr mit einem cholerisch-gnadenhaften Regisseur, sondern wurde zur Maschine. Zu einem Uhrwerk. Bei Leibniz zu einem perfekt funktionierenden, bei Newton zu einem regelmäßig nachzustellenden Uhrwerk.

Newtons Gott, der große Uhrmachermeister, musste das erlahmende Uhrenwerk ständig auf Vordermann bringen. Bei Leibniz waren Gott und Werk vollkommen. Der Gott der Bibel verwandelte sich in einen Gott der Natur oder der Vernunft.

Im Pantheismus waren Gott und Natur identisch, im Panentheismus überragte Gott die Natur – ohne aber ihr Schöpfer zu sein. Aufklärer mussten keine Atheisten sein. Doch wenn sie an einen Gott glaubten, war dieser mit der vernünftigen Natur ein Herz und eine Seele.

(Nebenbei: im Kapitalismus wurde Gott zum Staat, die Wirtschaft zur Maschine. Als die Maschine sich emanzipierte, wollte sie von keinem Staat (= Gott) mehr nachjustiert oder korrigiert werden. Das wurde zum Dogma des heutigen Neoliberalismus: Der Staat soll sich gefälligst aus allen wichtigen Wirtschaftsdingen raushalten. Zuständig ist er nur für Müllabfuhr, Polizei und Militär.

Beim Engländer Newton gab es eine Teilung der Macht in Staat und Wirtschaft, die, miteinander rivalisierend, eine fortschrittliche Dynamik entwickelten. Beim lutherischen Obrigkeitsdenker Leibniz waren Staat und Wirtschaft eine Einheit. Die Allmacht des Staates, der die Wirtschaft beherrschte (Merkantilismus), führte zur statischen Immobilität. Die Dynamik der Engländer war der Statik der Deutschen überlegen. Theologische Nuancen führen zu gewaltigen Unterschieden in Politik und Wirtschaft.)

Die Aufklärer waren von der durchgängigen Kausalität der Naturgesetze überzeugt. Auch von der Tatsache, dass der Mensch ein Teil der Natur sei. Also musste der Mensch 100%ig von der Natur bestimmt sein. (De la Mettrie schrieb das Buch: „Der Mensch – eine Maschine“) Wo blieb da die Freiheit, von der die Aufklärer enthusiastisch überzeugt waren? Konnten gut geölte Uhrwerke die Französische Revolution entzünden?

Die Aufklärer lösten das Problem, indem sie es ignorierten. Den Glauben an eine absolut verlässliche – kausal bestimmte – Natur verbanden sie mit einem unbändigen politischen Freiheitsgefühl. Und hier setzt die Deutsche Bewegung ein.

Als der junge Goethe in Straßburg sich mit Voltaire auseinanderzusetzen begann, war von Revolution weit und breit nichts zu sehen. Voltaire wurde für den Deutschen ein Denker maschinenförmiger Mechanik. Nichts für einen schäumenden Stürmer und Dränger aus einer aufstrebenden Nation, die es wieder wissen und die kulturelle Überlegenheit der Franzosen abschütteln wollte. Goethe wollte Entwicklung, Evolution, Voltaire stand für statische Mechanik.

„Voltaire gab mit dem Rechenstift in der Hand an, wo die Ziele und Grenzen der Perfektion jeweilig lagen. Er kannte nur die Perfektion gegebener Elemente des Menschen zu einem bestimmten berechenbaren Grad. Das Schöpferische anzuerkennen, war er nicht imstande.“

Das Schöpferische, Unberechenbare, das mit der Vernunft nicht Erfassbare, Willkürliche und Unbändige: das wurden die Gärungselemente der jungen Genies aus den germanischen Wäldern, mit denen sie die Vorherrschaft der Franzosen zum Teufel jagen wollten.

Die Geburt des jungen Deutschland erfolgte in Aversion gegen die kalte, abstrakte und berechenbare Vernunft der französischen Aufklärer. Zwar gab es ein kleines Intermezzo, als die Französische Revolution die jungen Stürmer und Dränger in ihren Bann zog. Goethe allerdings, „der Fürstenknecht“, war nie ein Freund des Pöbels oder einer revolutionären Umwälzung. Schnell verflog der Bann, als die Guillotine ihr Werk begann – und die Deutsche Bewegung konnte ihr profilneurotisches Werk zum nationalen Sonderweg vervollständigen.

Deutschland nahm für lange Zeit Abschied vom Weg der westlichen Vernunft. Heute wird der Sonderweg von deutschen Historikern geleugnet, die den verhängnisvollen Werdegang ihrer Landsleute auf 12 Jahre des 1000-jährigen Reiches begrenzen wollen. Schon hier das Fazit der vernunftallergischen Deutschen: im Bereich des Menschlichen kann es keine angebbaren Ursachen und Wirkungen geben. Alles ist zufällig, unerklärbar, numinos – oder göttlich und satanisch. Wird Vernunft abgesetzt, besetzt Religion das geräumte Feld.

Goethe gibt den irrationalen Urton an: „Der denkende Mensch irrt besonders, wenn er sich nach Ursache und Wirkung erkundigt. Sie beide zusammen machen das unteilbare Phänomen.“

Wie es der Zufall will, erklärte der Literaturkritiker Ijoma Mangold von der ZEIT in einer SWR-Debatte sinngemäß: „Wir machen es uns viel zu leicht, wenn wir nach Ursache und Wirkung fragen. Die Dinge sind komplexer. Alles ist kontingent, alles synchron.“

Gibt es keine Ursachen, kann es auch keine Verantwortlichen mehr geben. Niemand trägt Schuld – im verursachenden Sinn. Niemand muss Konsequenzen ziehen. Kein Politiker tritt zurück, niemand fühlt sich rechenschaftspflichtig für das anschwellende Chaos. Wir treiben ohnmächtig im Strudel der Zeit. Da kann nur Gott drein schlagen, das Unverbesserliche zertrümmern und von vorne beginnen. Theologen nennen das: die Lehre von den letzten Dingen.

„Ich sehe die Zeit kommen“, sagte Goethe zu Eckermann, „wo Gott keine Freude mehr an der Menschheit hat und er abermals alles zusammenschlagen muss zu einer verjüngten Schöpfung.“

Die Dogmen vom Ende der Zeit werden von Huber, Käßmann & Co geleugnet oder unter den Teppich gekehrt. Sie passen nicht zum pseudo-humanen Zeitgeistanstrich der artistischen Deutungskünstler der Heiligen Schrift. In einer Talkshow bei Kerner, in der der englische Atheist Richard Dawkins den Begriff „das Jüngste Gericht“ erwähnte, lachte Huber seinen katholischen Kollegen an: haben wir diesen Begriff schon mal gehört?

Haben wir schon mal erlebt, dass Popen bei der Wahrheit bleiben?

Alle Verhältnisse, die weder Ursachen noch Wirkungen haben, müssen zum Chaos akkumulieren. Nicht nur die messiassüchtigen Amerikaner, auch die deutschen Scham-Christen gelüstet es immer mehr nach dem Ende. Also müssen die Probleme unlösbar sein und uns über den Kopf wachsen. Voraussetzung ist die Zertrümmerung des Satzes von Demokrit:

Nichts geschieht ohne Ursache, sondern alles hat einen ausreichenden Grund.“

Nestle erläutert den Satz: „Es liegt auf der Hand, dass der streng gesetzlich verlaufende Weltmechanismus für einen Eingriff von Göttern nicht die geringste Möglichkeit bot. Dennoch wird ihre Existenz nicht geleugnet.“

Dasselbe gilt für Epikur, der als Uratheist des Abendlands gilt. Er verneinte nicht die Existenz von Göttern – mit dem Leben der Sterblichen hatten sie aber nichts zu tun.

In völliger Ignoranz wird heute Kritikern des Christentums vorgehalten: ihr glaubt doch selbst an einen Gott. Als ob der Gott der Bibel der einzig mögliche wäre. Dieses Streit-Niveau ist nicht mehr zu unterbieten.

Wer ein echter Deutscher ist, der kennt keine berechenbare Kausalität. Für ihn liegt alles in Gottes unergründlicher Hand. Hegel spricht von der List der Vernunft, Adam Smith von der unsichtbaren Hand, um die Irrationalität der menschlichen Verhältnisse mit himmlischem Rahmen zu vergolden.

Pegida ist ein Symptom. Was aber sind die Ursachen?

Die Machenschaften der geistigen und politischen Eliten seit Jahrzehnten und Jahrhunderten, denen die unteren Klassen nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen haben. Eliten und Massen verhalten sich zueinander wie Erwachsene zu Kindern, die den Erwachsenen in Trotz zurückspiegeln, was sie für falsch halten und worin sie besser und ehrlicher sein wollen als die verlogenen Autoritäten.

Was ist fremdenfeindlicher und verlogener als BILD? Verglichen mit BILD ist Pegida ein ehrlicher Idiotenhaufen. Bürgerliche Eliten verfügen über geschliffene Höflichkeitsformen, können ihre Hassgefühle mit gelehrten Begriffen tarnen. Der Pöbel kann das nicht. Er bastelt einen Galgen – um seinen Galgenhumor zu beweisen. Wenn die elitäre Kunst trompetet: Tötet Kohl, dann gilt das als Kunst (Schlingensief). Wenn ein Dorftrottel dasselbe tut, ist er ein potentieller Totschläger.

Wer ist fremdenfeindlicher als Merkel, die noch bis vor wenigen Wochen das Flüchtlingsthema vollständig ignorierte? Die alle Ursachen des Elends in Nahost und Afrika ausblendete? Die Afrika seit Jahren Hilfe verspricht, die versprochenen Summen aber nie bezahlt? (ZEIT.de) Die immer mehr Waffen in Krisengebiete exportieren lässt? Die gegen die Klimakatastrophe immer weniger unternimmt? Die keine Weltzusammenhänge erklärt, ihre Politik nie erläutert, sondern von Krise zu Krise schliddert?

Merkel betreibt Scheinpolitik. In Wirklichkeit sieht sie alles in Gottes Hand. Wenn Menschen Probleme und Ängste haben, sollen sie in die Kirche gehen und ihre Bibel lesen. Sie beherrscht schon die Geste ihres Herrn und Heilands: In der Welt habt ihr Angst, seid getrost, Ich, Angela, habe die Welt überwunden.

Pegida ist schrecklich, aber nur in regionaler Reichweite. Merkel ist eine der mächtigsten Frauen des Planeten. Ihre Politik hat weltweite Wirkungen. Seit 10 Jahren ist sie für deutsche Politik zuständig. Das jetzige Schlamassel hat sie an leitender Stelle zu verantworten. Doch für ihre mediale Schutzgarde wird sie täglich reiner und unbefleckter.

Die analytischen Fähigkeiten der Politiker und ihrer intellektuellen Unterstützer gehen gegen Null. Wer die Ursachen der heutigen Verwerfungen erforschen will, müsste in die Vergangenheit schauen. Historiker schauen in die Vergangenheit, aber nur unter Ignorieren der Gegenwart. Sie glauben nur verstehen zu können, wenn sie ihre eigene Urteilskraft ausklammern. Sie denken mit den Köpfen der Vergangenheit (Historismus).

Dann wundert man sich, wenn in heutigen Debatten keine Stimmen der Gelehrten zu hören sind. Woher sollen diese kommen, wenn die Professoren sich jede eigene Meinung verbieten?

Wenn Historiker die Gegenwart verleugnen, verleugnen die Tagesschreiber die Vergangenheit. Ist eine Sau durchs Dorf gejagt, ist sie für immer verjagt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Gedenket nicht des Vergangenen, erfindet jeden Tag neu. Die Allianz aus Tages- und Geschichtsbeobachtern ist wie eine aus Einäugigen und Blinden: die einen verdrängen die Vergangenheit, die anderen die Gegenwart.

Wenn Politiker wahrnehmungslos warnen, haben sie ihren Bankrott angemeldet. Nur Merkel warnt nicht, das irdische Getöse ist für sie ohne Bedeutung. Oder warnt sie indirekt doch: wenn ihr nicht christlich werdet, seid ihr selbst schuld an eurem Elend? Merkel ist in Gottes Hand. Die Rolle der Jenseitigen und Unberührbaren spielt sie perfekt.

Ist Merkel die Hauptschuldige? Auf keinen Fall. Wir, das Volk, sind die Hauptschuldigen. Ohne uns gäbe es keine Merkel. Ohne uns keinen Kapitalismus. Ohne uns keine unendlichen Flüchtlingsströme. In einer Demokratie hat das Volk die Herrschaft. Wenn das Volk seine Macht nicht nutzt, um ehrliche, nüchterne und menschenfreundliche Politiker an die Macht zu bringen, dann hat es sich aufgegeben. Pegida ist eine perverse Art, Politikern zurückzumelden, dass sie versagt haben.

Vernunftlose Eliten können ihre Spielchen nur treiben, wenn alle BürgerInnen es zulassen. Wir, das Volk, sind der wahre Souverän. Wir, der Große Rüpel, sind die wahren Eliten. Wenn wir den falschen die Verantwortung überlassen, haben wir die Demokratie verraten. Solange wir die Ursachen des Verfalls nicht bei uns selber suchen, haben wir versagt. Solange wir das Privileg des Schuldigwerdens anderen überlassen, bleiben wir Untertanen. Demokraten, lasst uns Demokraten sein. Dies war eine Warnung.

Geschwister, machen wir‘s uns einfach: lösen wir unsere Probleme!