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Vertrauen

Hello, Freunde des Vertrauens,

Schäuble, im doppelten Schutz seiner Macht und Gebrechlichkeit, hat seinen griechischen Kollegen Varoufakis, den scharfsinnigen und streitlustigen Ökonomen und vitalen Schwarm der Frauen, nicht beleidigt. Sagt er selbst.

Würde er lügen? „«Nein, ich habe meinen Amtskollegen nicht beleidigt, das ist doch Unsinn», sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.“ Schau, ist der hellenische Heman nicht eine Memme, ein Jammerlappen? Wie teilt er aus – wie wenig kann er einstecken!?

Nein, an solchen linken Rotzlöffeln vergreift sich kein deutscher elder statesman. Lass die mal kommen, hatte der weise Badenser schon im Vorfeld des griechischen Wahlkampfes gemurmelt, als seine Experten ihm mitteilten, eine blauäugige Laienspielgruppe mit lächerlichen Gerechtigkeitsversprechungen hätte Chancen, das verkommene Neu-Hellas zu erobern.

Kann ein Christ überhaupt jemanden beleidigen? Verfluchen kann er und Ungläubige in die Hölle schicken. „Ich will dir die Schlüssel des Reiches geben. Was ihr gebunden habt, das soll auch im Himmel gebunden sein.“ Die mächtigen Christdemokraten haben nicht nur Schlüssel fürs imaginäre Himmelreich, sie haben – weitaus wichtiger – die Schlüssel für die irdischen Geldschränke der EU.

Ein bisschen verflucht aber hat Herr Schäuble Herrn Varoufakis schon – wenn Herr Varoufakis nicht lügt. Und das hat nicht mal Herr Schäuble behauptet. Also muss stimmen, was der Grieche erzählt:

«Bei einem Treffen, das ich mit Herrn Schäuble hatte, sagte er mir, ich hätte das Vertrauen der deutschen Regierung verloren. Und ich sagte ihm: Ich hatte es nie, ich bin Mitglied einer Regierung der radikalen Linken.» Er bemühe sich aber, auch

in Deutschland Vertrauen zu gewinnen, so Varoufakis.“ (SPIEGEL Online)

Wie kann es zwischen europäischen Verbündeten ohne Vertrauen zugehen? Zu diesem makabren Schauspiel kein Pieps vom SPIEGEL. Kein deutsches Medium fühlt sich zuständig für die Kommentierung kollateraler Emotionen.

Sollen schreibende Bodyguards der Berliner Regierung – oder Journalisten – etwa zum Jürgen Domian der Politiker werden? Für hartgesottene Rechercheure sind Gefühle der Politiker subprime: zweitklassig. Alles unterhalb der kalten Rechenkunst des homo oeconomicus ist zu vernachlässigen. Wer nicht das Knochengeschäft des politischen Wrestling beherrscht, soll zu Hause bleiben und flennen.

Und doch, Schäubles Verfluchen ist sein apriorischer Vertrauensentzug. Noch nie gab es einen linken europäischen Recken von Format, der gegen die neoliberale Weltverschmutzung der EU angetreten wäre.

(Pardon, doch einer: ein gewisser Oskar Lafontaine als Finanzminister der rot-grünen Koalition. „Den gefährlichsten Feind Europas“, nannte ihn eine englische Gazette. Pardauz, schon hatten seine besten Freunde Schröder und Fischer ihn aus dem Verkehr gezogen, um in der Wallstreet und London-City nicht in Ungnade zu fallen. Seitdem sind die deutschen Linken und Grünen mausetot.)

Wer dem andern das Vertrauen entzieht, macht ihn zur persona non grata, einer Person, die aus der „Gnade gefallen ist“. Solche Personen existieren nicht. Sola gratia, allein durch Gnade, war Luthers Rettungsformel für den sündigen Menschen. Nur, wer sich der Gnade Gottes beugt, erhält Zuwanderungsrecht im Himmel.

Wie kann man ohne Mindestvertrauen verhandeln? Selbst hartleibige Kapitalisten legen Wert auf Grundvertrauen beim Vertragsabschluss. Manche rühmen sich, der bloßen Zusage, dem Handschlag der anderen, blind zu trauen.

Durch vorauseilenden Vertrauensentzug fühlen sich die Deutschen berechtigt, die legitim gewählte Regierung einer anderen Nation, deren „Ideologie“ sie misstraut (sie selbst hat keine Ideologie, nur den unfehlbaren Willen der Evolution), zur quantité négligeable zu degradieren.

Vertrauen ist eine Tugend auf Gegenseitigkeit. Wie kann Schäuble behaupten, es sei ausgeschlossen, dass er die Gegenseite beleidigt haben könnte? Kann nicht mein Gegenüber allein Auskunft geben, ob ich es beleidigt habe – oder nicht? Gewiss, ich könnte den andern versehentlich oder unbewusst düpiert haben, weil mir seine verwundbaren Seiten unbekannt waren. Hier könnte nur ein freimütiges Gespräch die unterschwelligen Affekte beider Seiten ans Licht bringen.

Ist Schäuble seelischer Hellseher? Kann er psychische Ferndiagnosen stellen? Nichts kann er – und doch kann er alles. Denn er hat Macht und Geld. Wer beides besitzt, bestimmt über die Gedanken und Gefühle der Armen und Ohnmächtigen. Hätte er sonst erfolgreich sein können, wenn er die Wahrheit nicht auf seiner Seite gehabt hätte?

Der Zeitgeist lebt von der Leugnung der Wahrheit. Doch das soll nur für Loser gelten. Sieger müssen die schärfsten Antennen zur Wahrnehmung der Wirklichkeit besitzen. Um Loser weiträumig von der Arena der Macht und des Reichtums abzuhalten, wird ihnen die Fähigkeit zum Erkennen der Wirklichkeit abgesprochen.

Doch halt: sind Erfolgreiche identisch mit wahrheitssuchenden Philosophen? Können sie getreuer als andere die Realität abbilden? Ja und Nein. Ja, insofern sie aus der gesamten Wahrheit jene fragmentierten Wahrheitsanteile herausfiltern, die es ihnen ermöglichen, den Rivalen die Butter vom Brot zu holen. Nein, insofern sie eine Teilwahrheit zur Gesamt-Wahrheit verfälschen.

Von Anbeginn des bewussten Denkens gab es Streit um die Frage: woran erkenne ich, dass ich richtig erkenne? Was ist das Kriterium der Wahrheit? Im Prinzip gab es nur zwei Antworten: im Nutzen, Erfolg oder – im Glück.

Die sokratischen Schulen verständigten sich auf Glück, die Moderne – unter der Regie der Neucalvinisten – betonten den Erfolg. Amerikanische Philosophen sprachen von Pragmatismus oder Utilitarismus. Sokrates sprach von Glück oder Eudaimonie. (Epikurs Lust, hedone, war kein isolierter Sinnenreiz, sondern nachhaltige Seelenruhe – identisch mit dem sokratischen Glück.)

Was ist geschehen, dass die Neuzeit die Antike auf den Kopf stellte? Warum ist die Moderne weder glückswillig noch glücksfähig? Warum verbietet sie sich die politische Utopie des Glücks für alle Menschen?

Gegenwärtig wird der Begriff Glück inflationär benutzt. Doch nur im Sinne einer quantitativen Reihe unverbundener Lustreize, die dem täglichen Zwang der Neuerfindung unterworfen sind. Wahres Glück aber ist abhängig von dauerhafter Erfahrung.

Bin ich glücklich, brauche ich nichts Neues. Im Gegenteil, die Sucht nach Neuem zerstört alles Glück. Goethe: „Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen: Denn das Glück ist immer da.“

Aber: da der moderne Mensch durch den christlichen Glauben geprägt wurde, wonach das eigentliche Glück dem Jenseits vorbehalten ist, darf er auf Erden nicht glücklich werden. Das Erleben nachhaltigen Glücks wäre eine Sünde wider den Geist. Ergo: „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen.“

Ist wahres Glück verboten, bin ich gezwungen, im falschen Sensationsglück einer täglichen Neuerfindung zu verdrängen, dass ich gar nicht glücklich bin. Statt des Glücks, das ich selbstbestimmt erlebe, bin ich gezwungen, Glücksersatz in schnell fliehender Lust zu suchen.

Die Moderne hat das Neue zur Offenbarung des Glücks erklärt. Doch das Neue ist per se nicht glücksbringend. Es müsste erst überprüft werden, ob seine Verheißungen nicht auf Sand gebaut sind. Besteht das Neue nicht den Härtetest persönlicher Erfahrung, muss es radikal abgewiesen werden.

Das Neue, das auf uns zukommt, ob wir wollen oder nicht, wird uns in den Abgrund stürzen. Wir müssen lernen, zu allen Glückspropheten aus Technik und Wirtschaft Nein zu sagen, wenn ihre Prophetien die Erwartungen der Menschen an der Nase herumführen.

Mein Ersatzglück erlebe ich, wenn ich das Unglück meines Nachbarn wahrnehme. Aus dem Unglück des anderen schließe ich, dass ich – da ich mächtig und einflussreich bin – wohl glücklich sein muss. Mein Glück ist eine Schlussfolgerung, eine Selbsterhöhung durch Fremderniedrigung, eine Vermutung, die auf dem Unglück anderer beruht.

Das ist der Grund, warum der Kapitalismus die Ungleichheit der Menschen betonen muss. Wären alle Menschen gleich oder gleich glücklich, gäbe es keinen Kontrast in Miserabilität, aus dem ich mein antagonistisches Glück folgern dürfte.

Gedanken-Experiment: gäb‘s nur Milliardäre auf Erden und alle Hungerleider wären wie durch Zauberhand verschwunden, bildete sich in kürzester Zeit wieder eine Klassengesellschaft. Die Unterschicht bestünde aus Losern mit weniger Milliarden, die Oberschicht aus den Tycoons der Tycoons.

Das Glück der Eliten hängt kausal ab vom Neid der Unterschichten. Würden die Unterschichten allesamt in sich ruhende Philosophen werden, denen die Superreichen gestohlen bleiben können, wären diese über Nacht pathologische Kandidaten für Oligarcho-Therapeuten. Deren Grundthema lautete: warum bin ich nicht glücklich, obgleich ich reich bin?

Der neucalvinistische Erfolg der Moderne ist der schnöde Glücksersatz, der übrig bleibt, wenn man als Christ weder Wahrheit noch das Glück der Welt anerkennen darf – ja, beide verdammen muss. Das „Streben nach Glück“ in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung ist ein Kompromiss. Einerseits fühlt sich die amerikanische Nation als wiedergeborenes Volk Gottes, dem kollektiv der Himmel auf Erden als Neu-Kanaan geschenkt wurde. Andererseits ist Glück als Vorwegnahme ewiger Seligkeit eine individuelle Angelegenheit. Der Kompromiss lautet: DU, Individuum, hast eine Chance, glücklich zu werden. Die Zugehörigkeit aber zu einem auserwählten Volk genügt nicht. Deinen Weg zum Glück musst du selber suchen.

Der Herr verfluchte den Teufel – die inkorporierte irdische Glücksverheißung –, als dieser ihm Herrlichkeit und Freuden der Welt nahe bringen wollte: „Wiederum führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Hebe dich weg von mir Satan!“

Es ist eine gottverdammte Versuchung für fromme Jenseitsstürmer, auf Erden glücklich sein zu wollen. Der Teufel wird zum Versucher, wenn er den Menschen Wege zum irdischen Glück zeigt.

Wer aber nicht glücklich werden darf, der ist zum Erfolg verdammt. Das ist das Urgesetz des Kapitalismus, der nicht nur eine Summe wirtschaftlicher Gesetze, sondern eine Philosophie ist. Die perverse Philosophie, zum Scheine glücklich zu sein, weil viele zum Unglück verdammt sind.

Faust ist nur glücklich, wenn er das Glück der beiden Alten, Philemon und Baucis, zerstören und für sich erobern kann.

Mir ist’s unmöglich zu ertragen!
Und wie ich’s sage, schäm’ ich mich.
Die Alten droben sollten weichen,
Die Linden wünscht’ ich mir zum Sitz,
Die wenig Bäume, nicht mein eigen,
Verderben mir den Weltbesitz.

So sind am härtsten wir gequält,
Im Reichtum fühlend, was uns fehlt.“

Viele sind berufen, wenige sind auserwählt. Das Glück der Erwählten im Himmel besteht im Schauen des Unglücks der Verdammten im Tartarus. Tertullians sadistische Vorlust als Vorwegnahme himmlischen „Glücks“ ist das Äußerste an Quäl-Metaphysik, die ein menschliches Gehirn ausbrüten kann:

„Welches Schauspiel für uns ist demnächst die Wiederkunft des Herrn, an den man dann glauben wird, der dann erhöht ist und triumphiert! Wie werden da die Engel frohlocken, wie groß wird die Glorie der auferstehenden Heiligen sein! Wie werden von da an die Gerechten herrschen, wie wird die neue Stadt Jerusalem beschaffen sein! Aber es kommen noch ganz andere Schauspiele: Der Tag des letzten und endgültigen Gerichts, den die Heiden nicht erwarten, über den sie spotten, der Tag, wo die alt gewordene Welt und alle ihre Hervorbringungen im gemeinsamem Brande verzehrt werden. Was für ein umfassendes Schauspiel wird es da geben? Was wird da der Gegenstand meines Staunens, meines Lachens sein? Wo der Ort meiner Freude, meines Frohlockens? Wenn ich so viele und so mächtige Könige, von welchen es hieß, sie seien in den Himmel aufgenommen, in Gesellschaft des Jupiter und ihrer Zeugen selbst in der äußersten Finsternis seufzen sehe; wenn so viele Statthalter, die Verfolger des Namens des Herrn, in schrecklicheren Flammen, als die, womit sie höhnend gegen die Christen wüteten, zergehen; wenn außerdem jene weisen Philosophen mit ihren Schülern, welchen sie einredeten, Gott bekümmere sich um nichts, welchen sie lehrten, man habe keine Seele, oder sie werde gar nicht oder doch nicht in die früheren Körper zurückkehren —- wenn sie mitsamt ihren Schülern und von ihnen beschämt im Feuer brennen, und die Poeten nicht vor dem Richterstuhl des Rhadamantus oder Minos, sondern wider Erwarten vor dem Richterstuhl Christi stehen und zittern! Dann verdienen die Tragöden aufmerksameres Gehör, da sie nämlich ärger schreien werden in ihrem eigenen Mißgeschick; dann muß man sich die Schauspieler anschauen, wie sie noch weichlicher und lockerer durch das Feuer geworden sind; dann muß man sich den Wagenlenker ansehen, wie er auf flammendem Rade erglüht; dann die Athleten betrachten, wie sie nicht wie in der Ringschule (mit Sand), sondern mit Feuer beworfen werden.“ („Über die Schauspiele“, Kap. 29)

Himmlisches Glück der Erwählten ist das Schauen des höllischen Unglücks der Verdammten. The winner takes it all. Wer hat, dem wird gegeben und er wird Überfluss haben, wer aber nicht hat, dem wird noch genommen, was er hat.

The winner takes it all
The loser’s standing small
Beside the victory
That’s her destiny (Abba)

Der Gewinner rafft alles
Der Verlierer steht schattenhaft
Neben dem Sieg
Das ist ihre Vorherbestimmung.

Die Deutschen werden immer mächtiger und brauchen ohnmächtige Partner, um ihren wirtschaftlichen Erfolg auszukosten und sich e contrario Glück vorzugaukeln. Schäuble fühlt sich so überlegen, dass er selbstherrlich darüber befinden will, ob andere sich durch ihn beleidigt fühlen dürfen.

Noch nicht lange her, da sprach Frau Merkel, europäische Königin der Nacht, ihr dreifaches Nein zu den Griechen: „Nein zur Rettung von Griechenland, Nein zu Zinserleichterungen, Nein zum griechischen Staatsbankrott.“ (Varoufakis, Der Globale Minotaurus)

„Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“

Die deutsche Graecomanie der Klassiker, der Protest der Selbstdenker gegen christliche Geistesdespotie, beginnt gegenwärtig ins hässliche Gegenteil umzukippen. Nur Griechen und Deutsche hätten philosophische Ursprachen, hatte noch ein Schwarzwälder Seinsgrummler von sich gegeben. Die lange unterdrückten Ressentiments der Unterlegenen, die ihre Vorbilder nie erreichten, erbrechen jetzt ihren Neid und ihre Missgunst. Nun wird aufgeräumt mit dem schönen Schein der Akropolis.

Seit den Zeiten frömmelnder Romantiker war die Idolisierung griechischer Vorbildlichkeit umgeschlagen in die Verdammung heidnischer Sittenlosigkeit. Es ist, als lebten wir wieder in Zeiten Augustins: sokratische Tugenden werden zu goldenen Lastern.

Der auf helle Vernunft setzende Sokrates war für Nietzsche, den Übermenschen aus dem dionysischen Drang zur Macht, das Ende der Philosophie. Goethe war dem Entwurf eines Sokrates-Dramas nicht gewachsen. Seit vierzig Jahren werden alle Errungenschaften der Griechen – Menschenrechte, Demokratie, Philanthropie – dem lieben Jesulein zugeschanzt. Wie in der prä-nationalsozialistischen Deutschen Bewegung werden Vernunft und Autonomie zu Rasereien sich selbst überschätzender Abendländer. (Siehe Hayek)

Deutschland will FAUST sein und fühlt sich getrieben, die höhere Lebenskunst der Mediterranen zu füsilieren, um sich als Gewinner des ökonomischen Totschlagwettbewerbs zu empfinden. Gegenwärtig kommt eine ausländerfeindliche deutsche Herrenstimmung auf wie einst bei Fichte, Arndt und anderen Chauvinisten.

Unisono fordern fast alle Pressestimmen von den dreisten Griechen „Respekt und Demut“ vor den Gnadengaben der Deutschen. Schon 80% der Deutschen folgen Schäuble & Merkel und halten die Griechen für unseriös; schon 50% befürworten den Austritt der Griechen aus der EU.

Das wäre nicht nur ein Schlag ins eigene, bislang human sein wollende Gesicht der Deutschen, das wäre gefährlich für die ganze EU. Gingen die Griechen von Bord, könnte es zum Dominoeffekt kommen. Ein Ende des europäischen Friedensprojekts wäre nicht mehr ausgeschlossen.

Ein autistisches, auf Sonderwegen marschierendes, Deutschland wäre eine Gefahr für ganz Europa. Wohl hat die Täternation pseudosakrale Rituale der Buße und Reue einstudiert. Wie aber das deutsche Verhängnis seit Jahrhunderten in Dichtung, Philosophie, Kunst und Wissenschaft heranwachsen konnte – das wissen sie nicht und wollen es nicht wissen.

Inzwischen hält Schäuble – trotz bisheriger Dementis – einen „Graccident für möglich“ (Austritt per Zufall).

BILD, die After-Stimme der Regierung, tritt auf in der Doppelrolle des guten und bösen Kommissars oder des gütigen und verdammenden Gottes. Béla Anda, stellvertretender Chef, mimt die Rolle des Fluchenden; sein Chef gibt sich als der vom Himmel herabgestiegene gütige Jahwe, um den verlorenen Hellenen die letzte Ölung zu verpassen.

Bizarr und unverschämt! Es reicht! Das will man der griechischen Regierung zurufen. Tag für Tag! Denn wie im Stundentakt kommen immer neue Vorstöße aus Athen. Bizarr, anmaßend, unverschämt“. (Anda)

Und Kai Diekmann besucht HIMSELF das gebeutelte Land, um festzustellen, wie „Athen tickt“. Die Metapher tickender Menschen verwandelt Lebewesen in Maschinen, in seelenlose Uhren. Uhren haben kein Innenleben, weder Gedanken, noch Empfindungen. Sie müssen nur funktionieren. Funktionieren sie nicht, müssen sie entsorgt werden.

Welche tiefschürfenden Erkenntnisse über die Griechen hat Diekmann den Deutschen mitgebracht?

„Jeder hier hat seine eigenen Gründe für die Krise gefunden.“ (Diekmann)

Das ist nicht nur unüberbietbare Stumpfheit und Unfähigkeit, andere Menschen zu verstehen, das ist das Auftreten eines recycelten Behemoth. Das Untier „trägt Züge der Sauropoden, aber auch des Iguanodons, des Flusspferds, des Elefanten, des Wasserbüffels und einer Ziege.“

Was heute die Griechen sind, waren vor zwei Jahrhunderten die flatterhaften Franzosen.

„Wenn ich sage, ich hasse den französischen Leichtsinn, ich verschmähe die französische Zierlichkeit, mir missfällt die französische Geschwätzigkeit und Flatterhaftigkeit, so spreche ich vielleicht einen Mangel aus, aber einen Mangel, der mir mit meinem ganzen Volke gemein ist. Darum lasst uns die Franzosen nur recht frisch hassen, lasst uns unsre Franzosen, die Entehrer und Verwüster unserer Kraft und Unschuld, nur noch frischer hassen, wo wir fühlen, dass sie unsere Tugend und Stärke verweichlichen und entnerven.“

Der echte Deutsche mag keinen Franzen leiden, doch seine Weine trinkt er gern. Welch Zufall, dass auch Udo Jürgens den Wein einer lotterhaften Nation besang: „Griechischer Wein ist wie das Blut der Erde. Komm‘, schenk dir ein.“

Wer solche politischen Partner und Freunde hat, kann sich glücklich schätzen. Je augenfälliger der Kontrast zu den degenerierten Griechen, je heller leuchtet das Selbstbild der Deutschen:

„Die Deutschen sind mehr als viele andere Völker in ihrer angeborenen Reinheit geblieben und haben sich aus dieser Reinheit ihrer Art und Natur nach den stetigen Gesetzen der Zeit langsam und still entwickeln können; die glücklichen Deutschen sind ein ursprüngliches Volk […]; jedes Volk wird nur dadurch das Beste und Edelste werden und das Beste und Edelste hervorbringen können, dass es immer das Kräftigste und Schönste seines Stammes ausliest und mit eineinander zeugen lässt.“ (Ernst Moritz Arndt)

Unter der anmaßenden Führung der Deutschen profitiert die europäische Wirtschaftsmacht immer mehr vom legalen Ausrauben fremder Völker. Die erbarmungslose Rivalität zwischen den Nationen ist mitten in Europa angekommen. Europa lebt immer mehr vom Elend und Tod der Schwachen und Armen dieser Welt.

EU-Thanasie und EU-Angellion – Tod und Evangelium – sind die furchtbaren Götzen Europas. Sie müssen ins Gegenteil verwandelt werden: in EU-Daimonie und EU-Bulie, in Glück und Wohlberatenheit.