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Versöhntes Land

Hello, Freunde des versöhnten Landes,

„Es dauerte lange, bis Deutschland ein mit sich selbst ausgesöhntes Land wurde. Ein Land, in dem die einen Heimat behalten und die anderen Heimat neu gewinnen konnten. Ein Land, in dem sich die einen nicht fremd und die anderen nicht ausgegrenzt fühlten.“ (Bundespräsident Gauck in seiner Rede für die „Opfer von Flucht und Vertreibung“)

Es gibt keine Opfer von Flucht und Vertreibung. Es gibt nur Opfer von Menschen, die andere zur Flucht zwingen und vertreiben. Die Verwandlung der Begriffe in menschenähnliche Akteure macht schuldige Menschen zu Unschuldslämmern.

Am selben Tag, als Pastor Gauck vom versöhnten Deutschland sprach, erschien Gevatter Tod vor dem Reichstag und feierte reiche Beute. Europa, Festung, tötet an seinen Mauern und Zäunen zufluchtsuchende Kinder, Frauen und Männer wie lästiges Gesindel.

Es ist ein Schnitter, der heißt Tod,
Hat Gewalt vom höchsten Gott,
Heut wetzt er das Messer,
Es schneidt schon viel besser
Bald wird er drein schneiden,
Wir müssens nur leiden.

Bald wird er nicht drein schneiden. Längst schneidet er in überfüllte Boote, in endlos scheinende Flüchtlingsmassen, die keine Hindernisse scheuen, um ihrem Elend zu entgehen.

Der Tod schneidet im Namen des europäischen Gottes, des Allmachtsymboles abendländischer Werte. Müssen wir‘s leiden und

Gottes Schlächterei dulden?

Wir sind Gevatter Tod, wir könnten auch Gevatter Leben sein. Was wir können, das sollten wir auch. Statt Menschen Tod und Verderben zu bringen und symbolisch zu verscharren, sollten wir mit den Geretteten das Fest des Lebens feiern.

Die Flüchtenden und wir: wir haben nur ein Leben. Leben heißt, Leben verteidigen, das Leben feiern. Lauscht den Neugeborenen, wenn sie, die Welt anstaunend, zu singen beginnen. Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, die sich von keinem Verzückten verführen lassen, werdet ihr das irdische Leben nicht erlangen.

„Zu der symbolischen Bestattungsaktion vor dem Reichstagsgebäude waren nach Polizeiangaben 5000 Menschen gekommen. Zunächst zogen sie mit drei Särgen durch Berlin-Mitte bis zum Sitz des Bundestags. Dort war der Zugang zur Wiese eigentlich blockiert – doch die Demonstranten rissen einen Bauzaun nieder und gruben Löcher für die Kreuze in den Rasen.“ (SPIEGEL.de)

Das versöhnte Land darf stolz auf sich sein. Es ist zum Magister Europas geworden. Vor kurzem noch die Bestie des Kontinents, ist der wiederauferstandene Sünder zum ökonomischen Pestalozzi der umliegenden Völker geworden. Berlin liebt seine Nachbarn und Freunde hart und unbestechlich. Wen Merkel liebt, den züchtigt sie. Nur ein geschundenes Land ist ein erzogenes Land.

Wie können die Griechen auf billige Gnade hoffen, wenn andere Länder schon zu Hackfleisch wurden? Merkel ist eine deutsche Mutter, die alle streitenden Kinder ohn Ansehen der Person züchtigt: Gleichgültig, wer begonnen hat. Wer streitet, ist schuld.

Den größten Applaus in der ARD erhalten die Rolf Dieter Krauses, wenn sie sich theatralisch entrüsten: was bilden sich die Griechen ein, Sonderkonditionen zu erpressen, wo kleinere und schwächere Länder schon elendig bluten mussten?

Das ist Gerechtigkeit im Kinderzimmer bei verbundenen Augen der Mutter. Wer gegen Autoritäten aufmuckt, muss schuldig sein. Einsichtige und Brave kuschen vor Berlin. Wenn‘s den einen schlecht geht, darf‘s den andern nicht besser gehen. Im Erfolg von individueller Unvergleichkeitkeit, im Bestraftwerden von erbarmungsloser Gleichmacherei.  

Regeln müssen eingehalten werden, predigt Expriester Hank von der FAS. Es gibt keine finanziellen Regeln, die nicht von Gott wären.

„Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du Schalk und fauler Knecht! wußtest du, daß ich schneide, da ich nicht gesät habe, und sammle, da ich nicht gestreut habe? So solltest du mein Geld zu den Wechslern getan haben, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine zu mir genommen mit Zinsen. Darum nehmt von ihm den Zentner und gebt es dem, der zehn Zentner hat.

Das verruchte Deutschland von einst musste am Boden zerstört werden, damit es neu im Glauben auferstehen konnte. Haben Griechen überhaupt den rechten Glauben? Kungeln sie nicht mit den Russen, weil beide dem orthodoxen Bekenntnis angehören, das sich in grauer Vorzeit vom Westen trennte?

(Wenn Tsipras Putin schöne Augen macht, wird er wegen politischen Ehebruchs gesteinigt. Wenn Schröder dasselbe tut, kümmert es niemanden. Wer ist schon Schröder mit den eelastischen Beinen?)

Die Kanzlerin mausert sich immer mehr zur Missionarin ihres weltüberwindenden Glaubens:

„Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Christen aufgerufen, über ihren Glauben zu sprechen. Sie sollten den Mut haben, aus der Bibel zu zitieren und über christliche Festtage zu reden, sagte sie bei der 50. Bundestagung des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU am 19. Juni in Berlin. Zudem komme es darauf an, im Dialog der Religionen für das eigene Glaubensverständnis zu streiten. Dies setze voraus, dass man den eigenen Glauben kenne und von ihm überzeugt sei.“ (Idea.de)

Wer streitbar für seine Meinung eintritt, gilt hierzulande als Rechthaber. Wer für seinen Glauben streitet, wird von Merkel mit der Luthermedaille dekoriert. Die Meinungslosen und Lauen enttarnen sich allmählich als fanatische Gottesstreiter. Wer nichts erkennt, weil es zu komplex ist, ist reif für das Credo, das alles glaubt, weil es absurd ist.

Postmoderne Wahrheitsleugner sind die besten Unterstützer der Geldakkumulateure, die stets die Wahrheit ihrer Kritiker leugnen, um die eigne als Gesetz der Evolution allen moralischen Erwägungen zu entziehen. Wer in Talgshows eine linke Politik vertritt, repetiert nur die „bekannte Meinung der Sahra Wagenknecht“. Vertreter der mammonistischen Mamakratie hingegen dürfen sich endlos wiederholen, ohne dass neuerungssüchtige Schreiber etwas zu maulen hätten.

Moral muss ständig neu sein – oder sie muss nicht sein. Jede erklärende Rekonstruktion des griechischen Konflikts mit Brüssel wischt Jauch mit Oberpriesterpose vom Tisch: keine alten Schlachten. Wir schauen nach vorn: die Griechen in die Knie, die Hosen runter und 100 Peitschenhiebe auf den hedonistischen Hintern. (Jauch begann seine Dom-Übertragung mit Bad in der Menge, um seine Glaubensenergie wie Antäus durch Berührungszauber mit seiner Gemeinde zu erneuern. Sang- und klanglos wird er das Feld nicht räumen.)

Billige Moralempörung dekretiert die WELT über die aufkommende Kritik an Merkels Festungspolitik:

„Angesichts der Welle afrikanischer Flüchtlinge, die bei der ebenso verzweifelten wie risikoreichen Überfahrt nach Europa zu Hunderten ihr Leben verlieren, hat sich ein wahrer Überbietungswettbewerb moralischer Anklage entwickelt, ein regelrechter Empörungs-Zirkus, der zuweilen an mittelalterliches Flagellantentum erinnert.“

Das erinnert an die billige Gnade Bonhoeffers, worunter er Gnade als Schleuderware verstand, ohne die innere Beteiligung des Begnadeten. Es gibt billige Moralpredigten. Besonders von klerikalen und politischen Moraltrompetern. Es gibt aber auch spottbilligen Ramsch-Machiavellismus aus der wohltemperierten Redaktionstube.

Merkels gesitteter Umgang im Privaten ist für geopolitische Schreibtischstrategen der sichere Beweis, dass ihre rückgratlose Politik ohne Arg sein muss. Amoral macht sich gut, wenn weit hinten in der Türkei die Völker aufeinander schlagen und Flüchtlinge in pietätvoller Entfernung die Flatter machen. Noch immer gilt für zurückgebliebene Deutsche der Satz ihrer machtgeleiteten Innerlichkeit: das Verruchte, dieser Satz steht fest, ist stets das langweilige Moralische, das man lässt.

Versöhnung ist kein politischer Begriff. Eine ausgesöhnte Republik ist eine zum Glauben regredierte Theokratie mit demokratischer Zipfelmütze. Versöhnung ist wiederhergestellte Harmonie mit Gott.

Was hat virtuelle Religion mit einer handfesten Republik zu tun? Fragt hierzulande niemand, denn alles Irdische muss eingebettet sein ins Ewige. Sagen die wenigsten, fühlen die meisten.

Es ist der billige Glaube, der sich kühn von der Kirche entfernt, aber Wert darauf legt, dass ihr niemand ein Härchen krümmt. Auf dem Weg zum zügellosen Leben will man auf Nummer sicher gehen und den gütigen Vater als Rückversicherung im Hintergrund wissen, damit man sich Eskapaden in der weltlichen Schweineherde erlauben kann.

„Und ging hin und hängte sich an einen Bürger des Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte seinen Bauch zu füllen mit Trebern, die die Säue aßen; und niemand gab sie ihm. Da schlug er in sich und sprach: Wie viel Tagelöhner hat mein Vater, die Brot die Fülle haben, und ich verderbe im Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.“

Was könnte eine mit sich versöhnte Gesellschaft sein, wenn wir allen religiösen Klimbim außer acht ließen? Eine Nation, die mit sich im Reinen wäre. Sind die Deutschen mit sich im Reinen?

Ein Mensch, der mit sich im Reinen lebt, lebt in Frieden mit sich und jedermann. Versöhnung wäre eine realisierte Utopie.

Werden Utopien in deutschen Krawallmedien nicht geächtet? Kommt drauf an, wer sie beschwört. Linken Gerechtigkeitsfanatikern lässt man nicht den Anhauch einer Utopie durchgehen. Pastoren, die Bundespräsidenten sind, ist hingegen alles erlaubt. Schließlich haben sie die besten Beziehungen nach Oben und wissen, was offenbarungsmäßig angesagt ist.

In einer versöhnten Republik gäbe es keine Konflikte. Keine Klassenkämpfe, keine Verteilungskonflikte, keine Rangelei um Macht, keine Gewalt gegen Mensch und Natur. Es gäbe keine Kriege mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln. Keine Reibereien mit Nachbarn – sofern jene ebenfalls mit sich im Reinen wären.

Hat irgendjemand die momentane Befindlichkeit der BRD wiedererkannt? Was hat den Pastor gestochen, dass er von Versöhnung sprechen kann, da die Welt täglich mehr im Morast versinkt?

Ein kleiner Blick in die Gazetten genügt. Erneutes Wettrüsten zwischen Ost und West, der Kalte Krieg steht in den Fluren, unendliche Flüchtlingsströme in aller Welt, Klima, Wasserknappheit, Milliardäre, die EU zerfällt, der nahe Osten brennt, Russen und Griechen. Für Merkel und Gauck hingegen ist alles in Ordnung.

Es wiederholt sich, was sich in der Zeitenwende zwischen Hegel und Marx abspielte. Der fromme Schwabe sah die Welt prinzipiell mit sich im Reinen. Bestehende Konflikte waren zu vernachlässigen. „Europa ist schlechthin der Westen, und das Ende der Weltgeschichte.“ In Berlin realisiert sich der Absolute Geist, die Versöhnung der Welt mit sich selbst. Praktisch in preußischer Politik, theoretisch im Kopfe des ersten Schwaben, der die Berliner um den Finger wickelte.

Die Welt war im „Greisenalter des Geistes“ angekommen. Das christliche Deutschland ist „eine Welt der Vollendung“. „Das Prinzip ist erfüllt und damit das Ende der Tage voll geworden.“ Das Geschehen in der Welt wird identisch mit dem Gedanken der Philosophie. „Der letzte Grund für Hegels endgeschichtliche Konstruktion liegt in seiner absoluten Bewertung des Christentums, für dessen eschatologischen Glauben mit Christus das Ende und die Fülle der Zeiten erschien.“ (Karl Löwith, „Von Hegel zu Nietzsche“)

Für Feuerkopf Marx, seinen begierigen Schüler, war das Hegel‘sche „Greisenalter“ eine Zumutung. Wie kann man behaupten, die Welt sei grundsätzlich mit sich im Reinen, wenn frühkapitalistische Proleten-Massen in Hunger, Elend und Abhängigkeit vor sich hinvegetierten?

Marx stellte Hegel auf den Kopf und behauptete das genaue Gegenteil. Mag die Welt im Gedanken, in der Philosophie vollendet sein – was hatte der ohnmächtige Gedanke mit der Realität zu tun? Er war nichts als Überbau, Kulisse, Attrappe. Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern.

Der philosophische Geist wurde abgeräumt, die revolutionäre Tat nahm seinen Platz ein. „Die Philosophie des menschlichen „Selbstbewusstseins“ bekennt sich zu Prometheus als dem vornehmsten Märtyrer im philosophischen Kalender und gegen alle himmlischen und irdischen Götter.“ Die Destruktion der christlichen Religion und der wesensverwandten Philosophie ist die Voraussetzung für die Konstruktion einer Welt, in welcher der Mensch Herr seiner selbst ist.

Das klang markerschütternd und alle Idole der alten Welt – Philosophie, moralische Bildung – vernichtend. Doch der angekündigte Herr seines Schicksals blieb auch bei Marx eine Illusion. Denn der selbstbewusste Gestalter seines Geschicks wurde einer automatisch ablaufenden materiellen Heilsgeschichte unterworfen. Solange Geschichte dem Menschen nicht die grüne Karte zeigt, damit er losschlagen kann, hat er – nicht anders als chiliastische Christen – zu wachen und zu warten. Zu warten auf den Kairos der Geschichte – dem rechten, von oben autorisierten Augenblick.

Feuerkopf Marx strandete im Regiment der historischen Propheten und besserwissenden Heilsgeschichtenbeobachter, auf deren Wink die unmündigen Massen zu warten hatten. Sie warten noch heute. Marx wollte sich von der Theologie befreien und endete als geschichtstheologischer Alleswisser, der die Massen an die Leine nahm.

Auch im Marxismus ist der Mensch nicht Herr seines Schicksals. Sein moralischer Kompass ist lächerlich, seine Geschichtserkenntnis mangelhaft, sein Selbstbewusstsein von der Anerkennung quasi-priesterlicher Parteifunktionäre abhängig.

Merkwürdig, dass Gauck und Merkel die Hegel‘sche Versöhnung Deutschlands auf preußischem Boden wiederholen, als sei in 200 Jahren nichts geschehen.

Was sagt uns das? Die Deutschen können die Welt nicht wahrnehmen, wie sie ist. Entweder sehen sie die Welt aussichtslos komplex und flüchten in den Glauben an eine automatisch verlaufende Heilsgeschichte oder an eine Welt der Versöhnung. Oder sie übernehmen von Amerika den Wahn einer omnipotenten Machbarkeit und technischen Lösbarkeit aller Probleme. Oder sie glauben an den Neoliberalismus, der ihnen die beste aller möglichen Welten in Konsum und Wohlstand vorgaukelt. Geht’s uns Deutschen nicht fabelhaft? Schwimmen wir nicht in Geld und überflüssigen Dingen? Zu unsrem Glück fehlt nur die Demütigung von Putin und die Degradierung der Griechen.

Deutschland erlaubt sich eine mit sich versöhnte Hetzpresse, die alle innenpolitischen Probleme zu lösen sucht, indem sie sie nach innen verleugnet und nach außen projiziert. BILD schreibt einen anonymen Kommentar, in dem ohne Wenn und Aber der Grexit gefordert wird. Diekmann ist zu feige, um seinen Namen unter den Kommentar zu setzen. BILD formiert sich als aggressives Kollektiv, das keine Individuen in seinen Reihen duldet. Die Schwarmintelligenz vieler Tiere ist hier zur Schwarmgehässigkeit der größten Hetzpostille der BRD degeneriert.

„Die Griechenland-Krise bindet die politischen Kräfte der EU, die mit dem aggressiven Russland derzeit ein viel größeres, gefährlicheres Problem hat. Gleichzeitig verhindert der Euro jegliches Wachstum in Griechenland.“ (BILD.de)

Man will das lästige Verliererland loswerden – natürlich nur zum Besten der Verlierer. Soviel Nächstenliebe muss sein.

Die Stunde der klammheimlichen Rache ist gekommen. Die Niederlage im Zweiten Weltkrieg muss durch wirtschaftliche Leistung kompensiert werden. Deutschland ist wieder oben angekommen und dressiert die ehemaligen Gegner mit der ökonomischen Peitsche.

Den Deutschen gelang es, den Westen mit westlichen Methoden zu überrumpeln: mit kapitalistischer Überlegenheit. Die früher rassistischen Über- und Herrenmenschen sind heute zu Managern gigantischer Monopole und Oligopole geworden.

Der Wille zur Macht wurde Wille zur geopolitischen Wirtschafts-Hegemonie. Die neu erlernte Moral demokratischer Solidarität wurde zum Lippenbekenntnis, das vom Darwin‘schen Recht der Starken über die Schwachen überlagert wurde.

Europäische Versöhnung? Natürlich. Aber in erbarmungsloser wirtschaftlicher Konkurrenz. Europäischer Gemeinschaftssinn? Natürlich. Aber mit brutalem Hilfsverbot (no bail out). Griechenland muss den elitären Reichenklub verlassen, weil das Land nicht wettbewerbsfähig ist.

Menschen und Völker werden zu profiterzeugenden Organismen geschrumpft, die intelligenten Maschinen immer ähnlicher werden. Wenn Maschinen einst die Herrschaft über den Planeten übernommen haben werden, wird es niemandem mehr auffallen, dass Menschen schon lange abhanden gekommen waren.

Marx hatte das Greisenalter Deutschlands auf den Kopf gestellt und hinter einer falschen Versöhnung radikale Konflikte an Land gezogen. Doch er war überzeugt, durch Entdeckung historischer Heilsprozesse die Probleme der Menschheit zu lösen. In der Ferne hörte er bereits das Schmettern des gallischen Hahns als Symbol des beginnenden Reichs der Freiheit.

„Dem Bild Hegels von der Philosophie als der „Eule der Minerva“, die „erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug“ beginnt, setzt Marx am Ende seiner Einleitung das „Schmettern des gallischen Hahns“ entgegen, durch welches, „wenn alle innern Bedingungen erfüllt sind“, der „deutsche Auferstehungstag“ verkündet werde.“

Für Merkel & Gauck ist der deutsche Auferstehungstag Wirklichkeit geworden. Deutschland hat sich mit sich versöhnt, es hat die Spitze der europäischen Politik erklommen. Das Schmettern des gallischen Hahns wurde verhindert zugunsten eines lächerlichen Kikerikis des protestantischen Gockels auf der Spitze des Dorfkirchenturms.

Erneut ist Deutschland in die Falle des Absoluten Geistes getappt, der in Berlin nieder gekommen sein soll. Wer sich der Versöhnung widersetzt, wird unversöhnlich an die Luft gesetzt. Deutschland ist wieder mit sich versöhnt – und wenn die ganze Welt unterginge.