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Veränderung der Welt

Hello, Freunde der Veränderung der Welt,

Natur können wir nicht verändern, sie ist vollkommen. Und doch verändern wir sie – indem wir sie schänden. Das Vollkommene kann nicht geändert werden, ohne dass es ramponiert und beschädigt wird.

Hier hatte Platon Recht, der jede Erneuerung des Vollkommenen als Verschlimmerung betrachtete. Die moderne Neuerungswut behauptet das Gegenteil: alles Alte muss vernichtet werden, auch wenn es sich bewährt hat; das Neue an sich ist das Wahre, Gute und Schöne – bis es als Altes vom Allerneuesten vernichtet wird. Sich ständig neu erfinden, heißt, die Natur vernichten, den homo sapiens auslöschen.

Natur können wir nicht ändern, jedoch die von uns gemachte Welt. Die müssen wir verändern, weil sie Mensch und Natur hasst und vernichtet.

Natur kann sich nur selbst verändern. Seit wenigen Millionen Jahren bietet sie dem homo sapiens eine wunderbare Lebensnische. Der „weise Mensch“ aber erweist sich – seit Machtergreifung der Männer über das Matriarchat, spätestens seit Erfindung der männlichen Erlöserreligion, in der das Alte das Irdische und Teuflische, das Neue das Messianische und Zukünftig-Jenseitige ist – als homo stupidus et brutus, als vollendeter Dummkopf und Brutalinski und hält es für richtig, die Nische der natura mater in eine Abfallhalde zu verwandeln.

Was ist ein Dummkopf? Ein Mensch – vornehmlich ein machtgesteuerter Phallusträger – der nichts weiß und nicht wissen will, dass er nichts weiß. Die sokratische Philosophie war eine Generalattacke auf diese männliche Dummheit, deren

Vertreter sich Sophisten nannten: die Wissenden. Wie apart: die Dummen traten als Wissende auf.

Philo-sophen hingegen waren jene, die wussten, dass sie nichts wussten und gemeinsam in methodischem Streit – zu überlegen und zu lernen begannen. Sie nannten sich Liebhaber der Weisheit, die der Schönen ein Leben lang nachstreben mussten, ohne sie vermutlich je zu erreichen. Nur in standhafter Tugend war die Wahrheit erreichbar.

Lieber Unrecht erleiden als Unrecht tun, war die unbezwingbare Devise des Bezauberndsten unter den hässlichen Satyrn, dessen Lebensmotto von einem späteren Erlöser plagiiert und ins Gegenteil verfälscht wurde. Der Gekreuzigte und Gemarterte entpuppte sich als Herrscher des Universums und grausamer Richter der Menschen, der alle ins Feuer ewiger Rache schickte, die Ihm den Glaubensgehorsam verweigert hatten.

Sokrates war der Sohn einer Hebamme, sein Suchen nach Wahrheit war für ihn ein gegenseitiger Entbindungsakt. In jedem Menschen ist Wahrheit vorhanden – als Embryo. Wer sie zu Gesicht bekommen, wachsen und reifen lassen will, muss sie in einem schmerzlichen Geburtsakt zur Welt bringen.

Wenn jeder Mensch wahrheits- und tugendwürdig ist, sind alle wesentlichen Unterschiede zwischen den Menschen aufgehoben. Auf diesem sokratischen Boden wuchs die Idee der Menschenrechte, die alle Menschen zu gleichwertigen Wesen erklärte. Auch Sklaven und Frauen wurden gleichberechtigte Mitglieder der philosophischen Schulen, Diotima hieß die spöttische Lehrerin des Sokrates.

Jahrhunderte später wurde Hypatia, eine der berühmtesten Denkerinnen der Antike, in Alexandrien vom christlichen Mob in viehischer Weise zerfleischt.

Im Reich der Politik und der Begriffe ist Philosophie eine männliche Erfindung, die der Weisheit der Mütter am nächsten kommt. Demokratie ist nicht nur eine Plattform der Gleichwertigen, um politische Entscheidungen herbeizuführen, sondern ein Forum der methodischen Wahrheitsfindung.

Offenbarungen im Winkel, die der Welt ihre privaten Erleuchtungen mit Furcht-Rhetorik und Zwangsbeglückung auferlegen wollen, kann es in der Polis nicht geben.

In der Volksversammlung entscheiden Mehrheiten über den Kurs des Stadtstaates, auf dem Marktplatz der Streitenden gibt es keine Mehr- oder Minderheiten. In gedanklicher Klarheit und stichhaltigen Begründungen muss Wahrheit sich selbst durchsetzen. In uneingeschränkter Autonomie muss jeder für sich entscheiden, welche Wahrheit er akzeptieren will.

Das quantitative Mehrheitsprinzip wird vom qualitativen Wahrheitsprinzip kritisch beäugt – und umgekehrt: die reine Wahrheit der öffentlichen Debatte wird vom Parlament auf ihre politische Konsens- und pragmatische Kompromissfähigkeit überprüft.

Christen der Gegenwart sprechen der heutigen Demokratie die Wahrheitsfähigkeit ab, um autoritären Prinzipien der klerikalen Offenbarung Verfassungsrang zu erschleichen, womit sie beweisen, dass sie die spannungsreiche demokratische Polarität zwischen Politik und Wahrheit nicht verstanden haben.

Parlamente ohne disputierende Agora sind blinde Blindenleiter; Wahrheiten des Forums ohne parlamentarische Hebelwirkung tragen zur lebendigen Realität des zoon politicon wenig bei.

Wenn Wahrheit und Politik auseinanderbrechen, schlägt die Stunde der jenseitigen Seelenfänger. Die irdische Polis stirbt ab, die Lobbyisten der trügerischen Jenseitspolis wittern ihre Chance. Als der tugendhafte Wahrheitssucher Sokrates vom Volksgericht wegen scharfer Kritik an Traditionen des Demos und skurrilen Göttern Homers zum Tode verurteilt wurde, begann der Untergang der athenischen Polis.

Demokratie ist eine Synthese aus Philosophie und Politik, Theorie und Praxis, Gedanke und Tat.

Postmoderne Philosophie, die jede Wahrheit negiert, untergräbt Demokratie in dem gleichen Maße wie Merkel-Politik, die sich in theoriefeindlicher Heiligkeit durchwurstelt.

Die Medien sind theorielos geworden, ihre Kritik an der Politik bleibt wirkungslos und ohne Substanz. Wirkungslos soll die Scheinkritik auch sein, denn die Medien sind zum Bestandteil der Mächtigen geworden. Wer sich von Tag zu Tag durchhechelt, nur atomistische Gedankenpixel produziert, ist keine Vierte Gewalt, sondern eine Vierte Überflüssigkeit. Ohnehin ist das Volk die Vierte Gewalt, identisch mit der Urmacht, die alle Drei geteilten Gewalten in mehrheitlicher Vollmacht und streitbarer Wahrheitssuche bestimmt.

Bewusste Philosophien bestimmen schon lange nicht mehr die Realität der gegenwärtigen Demokratien. An ihre Stelle sind aggressive Religion und religiöse Ideen in scheinphilosophischem Lügengewand getreten. In Amerika wurde die dominante Rolle der Religion nie in Frage gestellt, Europa lügt sich in die Tasche, wenn es die Moderne als Epoche der Säkularisation bezeichnet.

Amerika und Europa werden nur dann nicht auseinanderbrechen, wenn entweder Amerika die Macht des Glaubens einschränkt oder Europa sich dem Meinungsterror der Religion auch offiziell unterwirft. Die letztere Option hat momentan die beste Chance, den alten Kontinent unter das Zepter des Klerus zu zwingen. Es sei, er besinnt sich und lässt dem massenhaften Kirchenaustritt auch eine fundamentale Religionskritik folgen.

Der Mensch kann nur verändern, was er selber hergestellt hat. Die Natur hat er nie hergestellt und wird sie auch in Zukunft nie herstellen. Auch mit genialsten Maschinen nicht, die ihm das Signum der Gottähnlichkeit verleihen, wenn er eine zweite und bessere Natur erfindet. Die Natur kann er nur so lange verwüsten, bis sie ihm endgültig die rote Karte zeigen wird. Die Natur macht er so lange zum Abfall, bis diese ihn selbst auf den Abfall der Geschichte wirft.

Dass Natur ein Abfallprodukt ist, entstammt der Philosophie des deutschen Idealismus, der sündige Natur in abstrakte Begriffe verwandelt hat. Hegel nennt Natur den Abfall von der Idee. „Mit diesem »Abfall« stimmt ganz überein, was sonst von der Natur gesagt wird: in ihr sei der Begriff seiner Herrlichkeit entkleidet, ohnmächtig, sich selbst untreu geworden und vermöge sich nicht mehr zu behaupten.

Hegels Definition ist auf den Punkt genau die paulinische Definition der Natur im Römerbrief:

„Denn das ängstliche Harren der Kreatur (= Natur) wartet auf die Offenbarung der Kinder Gottes. Sintemal die Kreatur unterworfen ist der Eitelkeit ohne ihren Willen, sondern um deswillen, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung. Denn auch die Kreatur wird frei werden vom Dienst des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, daß alle Kreatur sehnt sich mit uns und ängstet sich noch immerdar.“

Die gesamte Naturpolitik des christlichen Abendlands in Wissenschaft und Technik besteht in der Verwüstung der heidnischen Natur zum Abfall einer geschändeten christlichen Natur. Der Mensch, Ebenbild Gottes, soll Natur durch Zerstören erlösen, durch Töten zum wahren Leben führen. „Die Versöhnung des Geistes mit der Natur ist Befreiung von der Natur und ihrer Notwendigkeit“. „Über diesem Tode der Natur geht eine schönere Natur, der Geist, hervor.“ (Hegel)

Amerikaner, die ihre Bibel ernst nehmen, wissen das alles. Europäer, die sich mit Zeitgeist-Deutungen betrügen, wollen es nicht wissen.

Die deutschen Grünen haben ihre ökologische Kompetenz auf dem Altar ihrer jesuanischen Erbaulichkeit geopfert. Ohne radikale Religionskritik werden sie ihre naturschützende Kompetenz nicht mehr zurückgewinnen. Ohnehin verloren sie ihr Rückgrat, als sie alles, was sie bislang für richtig hielten, dem Publikum zum Fraß vorwarfen. „Sagt, was ihr von uns wollt und wir werden alles tun, was ihr fordert – wenn ihr uns nur wählt.“ Das war Canossa und Füßeküssen der Großen Canaille in einem Akt.

Tiefer als die Grünen sank nur die ESPEDE, die aus einer Proletenpartei zu Genossen der Bosse, Verächter der Armen und zur Partei der Maschmeyer- und Putinfreunderl absank.

Rechte und christliche Parteien können nicht sinken, denn sie wollen Macht um jeden Preis. Ihre antinomische Christenmoral ist ihr Zaubermittel, um in jeder Lage das Passende zur Machterhaltung zu finden und sei es das genaue Gegenteil zu allem Bisherigen. Die prinzipienlose lutherische Pastorentochter beherrscht die jesuitische Beliebigkeitsmoral aufs Beste: der Zweck heiligt die Mittel. Der Herr hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen.

Nur linke Parteien können sinken, wenn sie ihr kritisches Programm verraten, um ihren Weg an die Macht nicht zu gefährden, den sie als Übernehmen von Verantwortung kaschieren.

Auch die deutschen Medien sind unsinkbar geworden, seit sie den genialen Einfall hatten, links und rechts abzuschaffen. Seitdem sind sie nicht mehr links, aber immer noch rechts. Ihre neoliberale Flexibilität ist die beste Methode, um die Schutzkohorten der Eliten zu spielen. Da sie sich nicht als Akteure im politischen Kampf definieren, ziehen sie es vor, prophetische Beobachter des Geschehens zu sein.

Prognosen dürfen mit Prophetien nicht verwechselt werden. Eine Prognose ist eine empirische Vorausschau in eng begrenzter Reichweite. Prophetien gehen von einer festgelegten Heilsgeschichte aus, die man mit irrationalen Erleuchtungen vorhersehen kann.

Die festgelegte Heilsgeschichte kann in theologischer, evolutionärer oder ökonomischer Diktion beschrieben werden. Popper nennt diese Methode Historizismus, nicht zu verwechseln mit Historismus, der Abneigung der Gegenwart, die Vergangenheit mit eigenen Augen zu beurteilen. So dürfen Kreuzzüge nicht aus der „billigen“ moralistischen Perspektive der Gegenwart bewertet werden. Sie dürfen also gar nicht beurteilt, sie sollen nur mit romantischer Empathie nachempfunden – und für gut geheißen werden.

Die wichtigsten Historizisten für Popper waren Hegel und Marx, die beide unisono, nur mit verschiedenem Inhalt, die Heilsgeschichte der Christen übernahmen.

Wenn links autonomes moralisches Handeln bedeutet, gibt es in Deutschland so gut wie keine linke Politik. Da die meisten Linken noch immer gefühlte Marxisten sind, dürfen sie keine autonome Politik entwickeln. Sie müssen ihren Funktionären in Ledermänteln – den allein autorisierten Propheten des Heilswegs – bedingungslos folgen, die ihnen kraft Amtes sagen, was die Glock geschlagen hat – oder nicht. Von selbständiger Moral haben Marx & Engels nichts gehalten. Moralische Sozialisten waren für sie Träumer und bürgerliche Utopisten.

Hören wir Kautsky, den rechtgläubigen Marxisten:

„Wie der Gläubige weiß auch der Revolutionär dank seiner Theorie, dass das Himmelreich nahe herbeigekommen ist, aber nichts über den genauen Zeitpunkt und die Umstände, unter denen das erwartete Ereignis eintreten wird. Seine revolutionäre Arbeit kann die Revolution ebenso wenig herbeiführen wie gute Werke und frommer Lebenswandel den Zeitpunkt und die Umstände für die Ankunft des Herrn zu beeinflussen vermögen; denn – wie es in der Schrift heißt – der Herr wird kommen wie der Dieb in der Nacht. Revolutionäre Arbeit kann daher nur dazu dienen, die Revolutionäre wachsam zu halten, damit es ihnen am Tage der Revolution nicht geht wie den törichten Jungfrauen, die schliefen, als der Herr kam.“

Das ist die exakte Beschreibung der deutschen Linken von heute, die ihre Passivität als Tugend kluger Jungfrauen betrachten, die die Ankunft des Herrn in zwanghafter Wachsamkeit erwarten. Die Linken sind Fatalisten, die sich mit revolutionärem Allotria ihren geschichtlichen Gehorsam verhehlen.

Der im Zweifel linke SPIEGEL-Kommentator hat die Hosen runtergelassen, indem er davor warnt, sich mit Problemen zu beschäftigen, die man nicht lösen könne, Demut zu üben, den Papst anzubeten und freies Handeln als Illusion zu betrachten.

Die linke TAZ hält Vernunft und argumentatives Debattieren für dumme Energieverschwendung und rät den Regierungen (!), den Affen Zucker zu geben, sprich, eine „symbolische Politik“ zu betreiben, indem man nicht der Ratio, sondern dem irrationalen Gefühlsleben der Meute schmeichelt.

Das ist das vollständige Debakel einer kritischen Linken, die sich inzwischen nicht mehr scheut, einer Kanzlerin Beifall zu zollen, die eine Politik des „Haltet den Dieb“ mit der Miene einer unschuldigen Jungfrau exekutiert. Sie verfemt ihre Untertanen für Parolen, die sie in zynischem Maß selbst zu verantworten hat.

„Und sie kann es doch. Angela Merkel hat in ihrer Neujahrsansprache Klartext geredet. Mit einem Aufruf, nicht zu den Pegida-Demonstrationen zu gehen, weil sie von Vorurteilen, Kälte, sogar Hass getragen seien.“ (Martin Reeh in der TAZ)

Wie französische Bürger unter den Revolutionären zu getreuen Untertanen Napoleons, die 68er-Studenten zu etablierten Professoren wurden, so werden heutige Linke zu Lobrednern der Mächtigen, Apologeten der Passivität und Anbetern automatischer Geschichtsprozesse.

Die letzten wirklichen Linken waren die Neukantianer, die dem Marx‘schen Geschichtsgehorsam den kantischen Imperativ entgegensetzen. Eduard Bernstein war kein ordinärer Revisionist, sondern ein Rufer zum autonomen politischen Willen.

Bernstein: „Objektivistisch-deterministisch bedeutet, die gesellschaftlich-historische Entwicklung wird durch objektive Gesetze determiniert, die unabhängig vom subjektiven Willen, den Meinungen und Wünschen der Menschen, unabhängig von ihren Zielen und ihrem politischen Verhalten, die Entwicklung naturnotwendig und unvermeidlich zu den vorausbestimmten historischen Zielen führen. Mit anderen Worten: Der Gang der Geschichte ist durch politisches Denken und Handeln der Menschen nicht zu beeinflussen, nicht in unterschiedliche Richtungen zu lenken. Der Sozialismus kommt also nicht, weil sich die Menschen zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten entschieden haben; er kommt vielmehr garantiert, weil er das festgelegte Ziel der Geschichte ist.“

Bernstein wird heute abgemeiert als einer, der die hohe Lehre des Marx dem kapitalistischen Alltag angepasst habe. Das Gegenteil ist richtig. Hätte sich die kantische Autonomie Bernsteins bei der SPD durchgesetzt, hätte es weder eine Allianz mit Bolschewiken, noch eine karrieresüchtige Schröder-Kumpanei mit Neoliberalen gegeben.

Amor fati – die Liebe zum Schicksal – ist die Liebe der Deutschen zu ihrem himmlischen Vati, der die Geschicke der Menschheit reguliert. Seid untertan der Obrigkeit, gilt auch für Marxisten, die unter Obrigkeit den Verlauf der ökonomischen Heilsgeschichte verstehen. Oder den Verlauf der Evolution, wie bei Hayek. Oder den Verlauf der Naturgesetze bei ökonomischen Darwinisten, bei denen die Schwachen von den Starken gefressen werden müssen.

Die Medien sind zu blasierten Kaffeesatzlesern der Geschichte geworden. Sie wollen nur noch wissen, wie die Zukunft aussieht. Dann erklären sie ihren Lesern im Hochton der Eingeweihten und Auserwählten: ihr habt keine Wahl. Die Unvermeidlichkeit des Zukünftigen formulieren sie mit ihrem Lieblingssatz: „aufhalten lässt sich diese Entwicklung nicht.“ So Rainer Hank in der FAZ.

Alles ist unvermeidlich: „Das erwartet Sie im neuen Jahr.“ „Sind wir für die Herausforderungen der Zukunft präpariert?“ „Der technische Fortschritt ist unaufhaltsam“. „Hat Evolution uns auf die technische Zukunft vorbereitet?“

Wer die Frage stellen sollte: wollen wir überhaupt all das, was die Propheten uns vorhersagen?, der gilt als rückwärtsgewandter Höhlenbewohner, Maschinenstürmer und Fortschrittsfeind. Man hat nichts zu wollen. Man hat sich zu ergeben.

„Ich hab mich ergeben
Mit Herz und mit Hand,
Dir Land voll Lieb’ und Leben
Mein deutsches Vaterland!“

Die Begriffe wechseln, der fromme Quietismus ist geblieben. Die Hektik hat zugenommen, die Beschleunigung rast – und dennoch haben wir es mit denselben alten Deutschen zu tun, mit den Stillen und Untertänigen im Lande, die sich nicht fragen, ob sie etwas wollen, sondern sich unbekannten Geschichtsmächten unterwerfen.

Demokratie kann es nur geben mit einem energischen und freien Willen, der sich nach seiner eigenen moralischen Überzeugung richtet. Wer diesen Willen leugnet, kann kein Demokrat sein, ob er Gehirnforscher oder linker Kommentator ist.

Der autonome Wille Kants ist in seinem Land noch nicht angekommen. Mehr als 200 Jahre nach seinem Tod dominieren hierzulande konservative Fatalisten, neocalvinistische Marxisten, rechte und linke Kaffeesatzleser, politikallergische Quietisten, technische Schicksalsgläubige und messianische Silicon-Valley-Propheten, wirtschaftliche Leberbeschauer, frömmelnde Chiliasten und hoffnungslose Untergangsgläubige.

Natur müssen wir schützen, doch unsere Menschenwelt verändern. Für allzu viele Menschen ist sie nicht menschlich genug.

Verändern können wir nur, wenn wir frei sind, das Richtige und Humane zu tun, das allein von unserer Vernunft und unserem moralischen Willen abhängig ist.

Wie kann man Freiheit beweisen? Durch die Tat.