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Talker

Hello, Freunde der Talker,

laut Wörterbuch sind Talker: Sprecher, Redner, Schnellsprecher, abgedroschene Schwätzer, Dummschwätzer. Der schreckliche talklose Sommer ist vorüber, die Schnellsprecher und abgedroschenen Schwätzer sind wieder da. Plasberg machte gestern den Anfang.

Die Weltpolitik meint es gut mit den Talkern und sorgt für ausufernden Gesprächsstoff. Es wird ernst in den kommenden Schwätzerrunden. Ernst und heilig war bereits der Anfang. Weiche von mir, Satan, rief die Kreuzzugspostille BILD der terroristischen ISIS entgegen. Erst auf Zuruf entschied sich BILD-Reichelt, den Bestien menschliche Qualitäten zuzuerkennen. Nur Menschen könnten satanische Bestien sein. Nur satanische Bestien kann man mit Stumpf und Stil ausrotten.

Auch Jakob Augstein war anwesend und übte vor den Kameras die wirksamsten abschätzigen und skeptischen Mundwinkelbewegungen ein. Beim Israelthema konnte er keinen einzigen Satz zu Ende formulieren und hielt sich selbst den Mund zu, was dem aufgeräumt wirken wollenden Moderator spöttische Worte entlockte.

Selten konnte man im deutschen TV einen Edelschreiber die innere Schere im Kopf so ästhetisch eindrucksvoll darstellen sehen wie gestern durch den Herausgeber des FREITAG. Seine politische Leitdevise unterzieht der Umtriebige einer tiefgreifenden

Wandlung. Aus „Im Zweifel links“ wird zunehmend: „Im Zweifel Pilatus“.

Pilatus war römischer Erfinder der Postmoderne, der dem angeklagten Heiland die Frage stellte: Was ist Wahrheit? Die Frage hielt er für unbeantwortbar.

Gibt’s keine Wahrheit, ist jede Anstrengung, sie zu finden, überflüssige Energieverschwendung. Augstein: „Das ganze Problem Israel-Palästina sollte man am besten …“ (Mund zugehalten).

Im Dritten Reich spielten die Deutschen den aus Not und Elend auferstandenen Erlöser. Ihren Hass auf den Jesusverräter Judas übertrugen sie auf die Juden. Heute ist Wahrheitsleugner Pilatus ihre Lieblingsfigur. Überall, wo sie sich in intellektueller und moralischer Urteilsfindung überfordert fühlen, ziehen sie die Pilatus-Karte: Sorry, kein Durchblick unter dieser Nummer.

Das israelisch-palästinensische Problem ist für sie undurchschaubar und unlösbar – also können sie es links liegen lassen. Überlasst diese friedlosen Gesellen in Nahost ihrem Schicksal, Gott wird sie schon strafen.

In der Welt gibt es viele Krisenherde. Überallhin dürfen Waffen verkauft werden, nur nicht in Krisengebiete. Waffen braucht man aber nur in Krisengebieten. Wenn sie überhaupt sinnvoll sind, dann, um Unschuldige gegen Gewalt zu schützen.

In jeder Krise gibt’s Unschuldige. Das wollen Deutsche, die kein Teil der Weltprobleme sein wollen, nicht sehen. Sie schweben außerhalb der Welt. Eine deutsche Mutter hält sich nicht lange mit differenzierten Schuldanalysen im Kinderzimmer auf. Genervt sagt sie ihren Streithähnen: beide seid ihr schuld und beide werdet ihr bestraft.

So lernt man Gerechtigkeit in Deutschland, der Schwächere und Unschuldige hat regelmäßig das Nachsehen. Eine Erforschung der Ursachen findet nicht statt, lernen aus dem Streit ist unmöglich. Auch das Motto der Mutter ist: Im Zweifel Pilatus.

Wahrheit und Moral? Unerkennbar. Deutsche kennen nur Wohlstands-, Sach- und Bildungsinteressen. Was recht und unrecht ist auf der Welt, entzieht sich ihrer Pilatus-Psyche. Wer nur Begriffe wie Mindestlohn und Exportweltmeister definieren kann, der kann Wahres von Unwahrem nicht unterscheiden. Der ist von der Frage quid juris – ist es Recht? – überfordert. Der kann nur die Frage nach überprüfbaren Tatsachen – quid facti – beantworten.            

Die Deutschen wollen nicht urteilen. Vor nicht allzu langer Zeit verurteilten sie ganze Völker zum Tode. Urteilen war für sie Verurteilen. Heute urteilen sie nicht mehr, um niemanden zu verurteilen. Wenn aber adäquate Schuld- oder Ursachenanalysen fehlen, werden immer Unschuldige schuldig gesprochen.

Wer nicht richtet, der wird nicht gerichtet werden. Also richten sie nicht – damit sie selbst mit einem blauen Auge davon kommen. Sie haben die Schuldlosigkeit erfunden, die Reinheit der Seele, die sich von der Welt nicht beflecken lässt. Lasst euch nicht mit der Welt ein, befiehlt ihnen der Herr. Wen ich mit der Welt in flagranti erwische, der ist fällig.

Die Deutschen, einst die tiefsten, schärfsten und umfassendsten Denker der Wahrheit, wollen mit dieser Hure der Welt nichts mehr zu tun haben. Sie wappnen sich mit Pilatus und Nietzsche: Wahrheit ist diejenige Lüge, die der Mensch zum Überleben braucht. Wer nicht lügen will, ist nicht überlebensfähig.

Das gilt für alle Probleme, bei deren Lösung man schuldig werden kann. Also bei allen. Sie nennen es Gesinnungsethik. Doch das hat die ehrbare Gesinnung nicht verdient, dass man sie verdächtigt, verantwortungslos zu sein. Was wäre das für eine philosophische Gesinnung, die nicht an die Folgen dächte?

Nein, es ist deutsche Gesinnung, die in blindem Gehorsam die Folgen ihres Tuns von sich abwälzen will. Das nennen sie Verantwortungsethik. Eine Verantwortung, die man an andere delegiert, ist keine. Unverantwortlicher kann eine Ethik nicht sein, als wenn man sie einem Gott überlässt.

Augsteins Mund-zu-Geste war die entlarvendste Geste der deutschen Journaille, was das „unlösbare, ausweglose“ israelisch-palästinensische Problem betrifft. Fehlten nur noch die Gesten: Augen und Ohren zu, dann wäre die Affen-Mimik komplett gewesen.

Man kann es nicht oft genug sagen. Aus der Sicht Theodor Storms werden die Deutschen zu einem Knechtsvolk:

„Der eine fragt: Was kommt danach? Der andere fragt nur: Ist es recht?

Und also unterscheidet sich – Der Freie von dem Knecht “.

Das ist die erwartbare dialektische Kippbewegung aus der Herren- in die Sklavenrasse. Gestern noch auf hohen Rossen, heute durchs Gehirn geschossen, morgen in das kühle Grab.

Augstein und die Deutschen wollen sich nicht mehr die Frage stellen: ist es recht? Warum ist er im Zweifel links? Reiner Zufall? Erbe des Vaters? Beliebig auswechselbares Event-Motto, morgen früh an der Garderobe abzugeben?

Ist links nicht die Suche nach Gerechtigkeit? Ist Gerechtigkeit keine Tugend? Augstein behauptete, er habe linke Freunde in Israel. Das ist schwer vorstellbar, denn linke Israelis drängen die Deutschen geradezu, der Regierung Netanjahu Druck zu machen. Wie könnte er bei linken Freunden seine Pilatus-Haltung rechtfertigen?

Der Literat Schätzing, der sich zu Recherchezwecken eine Zeitlang im heiligen Land aufhielt, wurde von Israelis gefragt: Interessiert ihr Deutsche euch tatsächlich für unsere Probleme? Augstein verschwieg, was seine linken Freunde ihn fragten. Vielleicht dies: wie kannst du tun, als ob du dich für uns interessieren würdest, wenn du doch mit dem ganzen Nahost-Konflikt nichts zu tun haben willst, aus Angst, dir einen Bruch zu heben? Augstein, du bist ein deutscher Heuchler!

Augstein ist kein simpler, er ist ein systematischer Heuchler. Zu Plasberg ließ er sich als Pazifist einladen, doch er ist kein Pazifist. Er ist nur ein mürrischer Pazifistendarsteller. „Wenn es funktioniert, so tut es doch“, schleuderte er seinen Kontrahenten ins Gesicht. Gern beruft er sich auf eine religiöse Pazifistin namens Käßmann, die gar keine irdische Pazifistin ist, sondern alles in die Hände ihres himmlischen Herrn legt, der in einem finalen Vernichtungskrieg all seine Feinde auslöschen wird. Herr, du nimmst Frieden, du gibst Frieden, dein Name sei gelobt.

Ist Augstein etwa fromm, aber zu feige, es vor den Deutschen zu bekennen? Will er indirekt auf die friedensstiftende Religion hinweisen – ohne selbst Zeugnis für Jesus abzulegen? Sein leiblicher Vater Walser ging vor kurzem mit Karl Barth hausieren, den er für den klügsten und weisesten unter den protestantischen Gottesgelehrten hält. Ist Jakob ein heimlicher Barth-Jünger?

Fragen über Fragen. Jakob macht auf Geheimnis. Mitten im Scheinwerferlicht will er der Unbekannte und Rätselhafte bleiben. Nur nicht zu früh festlegen und alles frei flottierend offen lassen, wenn man den SPIEGEL demnächst als Konkursmasse übernehmen will.

BILD-Blome, seinen Sandkasten-Gespielen, hat Augstein bereits zum SPIEGEL gebracht. Gestern lobte er einen anderen BILD-Menschen. Die klugen Ausführungen des Julian Reichelt würde er gerne lesen, bekannte er, wenn in der BILD nur nicht so viel Bellizistisches stünde.

Klug, weil bellizistisch? Klug, obgleich bellizistisch? Augstein liebt kokette Widersprüche, die er in aufreizender Weise stehen lässt. Er will als Pazifist wahrgenommen werden, gleichzeitig wettert er gegen übermäßige Moral in der Politik. Ist seine Position etwa amoralisch? Gegen Waffen hat er im Grunde nichts. Nur: gäbe es nicht schon genug Waffen dort unten in Nahost?

Moment, sind die Waffen denn in den Händen derer, die sie brauchen, um sich gegen Skrupellose zu schützen? Wenn das kein wahrhaft empathischer Friedenswille Augsteins ist, voller Mitgefühl mit den Opfern.

Warum beschäftigt sich Augstein überhaupt mit unlösbaren Problemen? Plädiert er etwa für mehr Interessenpolitik und für weniger Moral? Dann wäre sein Pazifismus nichts anderes als berechnender Egoismus! Ist es nicht überhaupt eine Unverschämtheit von der Welt, die wohlstands- und ruheliebenden Deutschen mit grässlichen Problemen zu belästigen?

Reichelts Kollege Tom Drechsler hat es in BILD schneidig formuliert:

Hat uns das Leben in Frieden und Freiheit eingelullt? In unserer zivilisierten Welt gilt ein Menschenleben als höchster Preis. Aber diesen MÜSSEN wir bereit sein zu zahlen. Zusehen geht nicht mehr.“

Wir sind eingelullt und verzärtelt von Frieden und Wohlstand. Es wird Zeit für einen pädagogischen Waffengang, der uns zu wehrhaften Männern und Flintenweibern erzieht. Krieg ist Gottesdienst, Krieg ist ein Gottesbeweis.

Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd!
Ins Feld, in die Freiheit gezogen.
Im Felde, da ist der Mann noch was wert
Da wird das Herz noch gewogen.

Da tritt kein anderer für ihn ein,
Auf sich selber steht er da ganz allein.

Die Jugend brauset, das Leben schäumt,
Frisch auf ! eh der Geist noch verdüftet!
Und setzet ihr nicht das Leben ein,
Nie wird euch das Leben gewonnen sein.“ (Schiller, Reiterlied)

„Wir gehen in diesen Krieg wie in einen Gottesdienst“. Wie lange dauert es noch, bis BILD den Reichspropagandaminister zitiert?

Es kann kein Zufall sein, dass Religion erstarkt, wenn diverse Kriege anstehen, um Ordnung in die Welt zu bringen. Besonders die ausbeutbare Ordnung der letzten Ressourcen. Das muss in feierlicher präsidentieller Köhler- und Gauckdiktion formuliert werden: Deutschland muss Verantwortung für die Welt übernehmen.

BILD ist nicht nur die antisemitischste Gazette der BRD unter dem irreführenden Vorzeichen des Gegenteils, sie ist auch die kriegerischste, christlichste und vernichtungswilligste. ISIS muss vernichtet werden, schreibt das Schwesterblatt WELT. Die Gesamtstimmung bei SPRINGER wird täglich gnadenloser. „Kein Mitleid mit Verlierern“, begann Bela Anda den Reigen der Nächsetnliebe.

Man muss seinen Feind aus der Taufe heben, den man im Kreuzzug auf dem Altar des biblischen Gottes opfern will. Chefredakteur Reichelt – ein Kriegsberichterstatter comme il faut, der mitten aus dem Kugelhagel vor Verdun zu berichten weiß – hat lange nach dem rechten Wort für die Bösen gesucht. Und ist endlich fündig geworden. Diese Teufel seien gottlose Psychopathen. Sie beriefen sich fälschlich auf einen Gott. Doch da müsse man ihnen mit vorgetragenem Kreuz entgegentreten und ihnen zurufen:

„David entgegnete dem Philister: Du trittst mir entgegen mit Schwert, Speer und Schild; ich aber trete dir entgegen im Namen Jahwes, des Gottes der Schlachtreihen Israels, die du verhöhnt hast.“

Die Terrorbande darf keine gott-trunkene Fundamentalistenbande, nein sie muss eine gottlose Psychopathenhorde sein. Gott ist immer nur ein Gott der Liebe. Alles andere muss ein diabolisches Gerücht sein.

Versteht sich, dass der BILD-Chef keinen Schriftbeweis vorbringen kann. Heilige Schrift? War das nicht jenes dicke Buch, von dem Uneingeweihte und Gottlose die Finger lassen sollen. Luthers Trompetenstoß: das Wort, sie sollen lassen stahn und kein Dank dafür haben, ist von Protestanten und Katholen zur Makulatur erklärt. Wer auf den Buchstaben der unfehlbaren Schrift verweist, ist ein gottloser Buchstabenterrorist. Nehmen wir nur die die Stelle aus 1.Samuel 15,3:

„So ziehe nun hin, schlage Amalek und vollstrecke den Bann an ihm und allem, was er hat; Schone seiner nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel.“

Ist ISIS, verglichen mit solch göttlichen Genozidbefehlen, keine Lämmerhorde? Doch Stopp, ruft ein deutscher Papst. Wir würden uns am Text versündigen, wenn wir seinen folgenden Ratschlag nicht befolgen würden:

„Wer den biblischen Text so behandelt, als ob er vom Heiligen Geist wortwörtlich diktiert worden wäre, sieht nicht, dass das Wort Gottes in einer Sprache und in einem Stil formuliert worden ist, die durch die jeweilige Epoche der Texte bedingt sind.“ (Benedikt)

Nicht Google hat die Brille erfunden, mit der man den Oberflächenschein durchdringt und die innere Wahrheit erschaut. Es ist der Heilige Geist. Ein Buchstabe ist kein Buchstabe, er ist eine verschlüsselte Botschaft des Himmels. Nur die Brille der Erleuchtung – oder die Lehre der Kirche – kann den schnöden Buchstaben durchdringen und der Frohen Botschaft ins Herz schauen.

Der christliche Westen hat das Lesen verlernt. Wer nicht lesen kann, kann nicht denken. Was er sich zusammenreimt, ist wesenlos. Nur, was zwischen den Zeilen in heiligmäßem Sinn zu entziffern ist, ist von Oben genehmigt.

So wird die weltliche Vernunft zuschanden gemacht. Man soll an sich irre werden, wenn man X als X liest, und nicht als ecclesiogenes Y. Selbst die Lutheraner haben Luther verraten und sind zum geistbegabten Projizieren der Papisten übergegangen. Der sensus literalis, das Lesen mit seinem gesunden Menschenverstand, wird von den vereinigten Popen ad absurdum geführt.

Noch immer bestimmen Priester und Schriftgelehrte in Deutschland, wie man zu lesen und zu verstehen hat. Selbst Atheisten befragen Theologen, wie diese oder jede Stelle zu verstehen sei. Die biblia sacra muss unfehlbar bleiben – und dennoch durch Erleuchtete beliebig deutbar, sprich: verfälschbar sein.

Warum wird die westliche Moderne immer dümmer? Weil sie nicht lesen kann. Immer bedeutet der Text etwas anderes, als er in Buchstaben formuliert wird. Hermeneutik, die Deutungskunst der Geistbegabten, ist eine perfekte Fälschungsmethode – im Gewand einer seriösen Geisteswissenschaft.

Je frömmer die Moderne, umso lügenhafter wird sie. Eine Kultur, die sich mit solchen Verdrehungskünsten imprägniert, ist nicht mehr lebensfähig. Die Priester und Erwählten: sie haben bereits ihre Google-Brillen auf der Nase und lesen die geheime Botschaft zwischen den schnöden Buchstaben.

So können sie den Skandal vertuschen, dass ihr Gott ein eifersüchtiger Schlächter ist. Die hoch aufgeklärten deutschen Christen können tun, als seien die intoleranten Muslime nicht Fleisch von ihrem Fleisch. Ein perfektes Fälschungs- und Wahnsystem, dessen Zweck auf der Hand liegt: jene Erlöser, die einem am ähnlichsten sind, sollen diabolisiert werden, damit man die eigene teuflische Glaubensbasis nicht wahrnehmen muss.

Freud spricht vom Narzissmus der geringsten Differenz. Der Begriff Narzissmus ist zu harmlos. Man müsste vom größtmöglichen Hass auf jene sprechen, die uns gleichen wie ein Ei dem anderen. Der Vernichtungswettlauf der drei Erlösungsreligionen kommt in die nächste Runde.

Die mittelalterlichen Christen zogen in die Kreuzzüge, das Bild des leidenden und gekreuzigten Heilands immer vor dem geistigen Auge. Begleitpopen waren unermüdlich damit beschäftigt, ihnen die Qualen ihres Herrn in allen grausamen Einzelheiten ins Herz zu schneiden. Von hierher rührt der Bilderkult der Deutschen.

Geschieht Schreckliches in der Welt, reden sie am dritten Tage nicht mehr über Tatsachen, sondern über die Bilder der Tatsachen. Um das Grauen zu minimieren, stellen sie die Frage: können Bilder objektiv sein?

Was bezwecken Medien, wenn sie bestimmte Bilder benutzen? Plasberg begann seine Kreuzzugspropaganda mit einem Bild enthaupteter Menschen. Er wird doch nicht die Absicht gehabt haben, die Enthaupter als Bestien und Nichtmenschen darzustellen? Ach was, deutsche Moderatoren sind stets cool und objektiv.

Überall ist von religiösen Konflikten die Rede. Dennoch kann Religion in Deutschland niemals die Ursache von Kriegen sein. Religion muss Inbegriff alles Guten sein. Gott und sein irdisches Personal müssen unangetastet bleiben – damit der Gott der Feinde zum Inbegriff des Bösen werden kann. Dabei ist der Gott aller drei Erlöserreligionen derselbe Herr aller himmlischen Heerscharen.

Vergessen wir nicht, längst haben viele Gläubige einen humaneren Gott als den der schrecklichsten Blutrache. Der Geist der Aufklärung hat auch die Welt der Religion durchsäuert. Dennoch durchschauen die Gläubigen nicht den Trick der Priester, die sie nicht in Freiheit entlassen wollen, indem sie den humanisierten Glauben der Mehrheit in die babylonische Gefangenschaft eines heiligen Buches und ihrer erwählten Interpreten zurückführen.

Die Menschen wollen frei und autonom sein – und lassen sich dennoch immer wieder von totalitären Seelenhirten in den Stall von Bethlehem zurücklocken. Die Angst vor der Freiheit besiegt den Wunsch nach Unabhängigkeit. Noch immer brauchen sie den Segen der Väter und Autoritäten. Doch es mehren sich die Zeichen, dass die Despotie der Geistlichen zu Ende geht.

Regelmäßig wirft Augstein der Bundeskanzlerin vor, dass sie keine Politik mehr betreibe. Doch er selbst zieht sich achselzuckend aus den wichtigsten Problemen zurück, mit der Auskunft, bei den meisten Problemen könne man ohnehin nichts tun. Sein Rat bei den meisten Brennpunkten: raushalten. Einmischen ist für ihn identisch mit Waffengang.

Nein, Einmischen ist ein permanentes Gespräch mit der Welt. Die Nationen sprechen nicht mehr miteinander. Die einzige Sprache, die sie noch beherrschen, ist das stumme und gellende Schreien ihrer gequälten Menschen.

Während die Titanic der Völker versinkt, befinden sich die Deutschen in einer luxuriösen Luftblase, von der sie glauben, dass sie nie platzen kann. Merkel steigt um so mehr auf der Beliebtheitsskala marienhafter Anbetungswürdigkeit, je weniger sie ihre Untertanen mit Politik belästigt.

Die Furcht vor dem bevorstehenden Paradigmenwechsel treibt die Kinderlein zunehmend unter den Rock der idolisierten Mutter. Ihre historische Schuld haben sie bewältigt, ihre wirtschaftlichen Hausaufgaben gemacht. Davon sind sie überzeugt. Nun wollen sie von Problemen der Welt nichts mehr hören und die Tore hinter sich schließen.

Täglich beten sie mit dem Psalmisten: „Ich wasche meine Hände in Unschuld und umwandle deinen Altar, oh Herr.“

Der Herr kann durch Angela problemlos ersetzt werden.