Kategorien
Tagesmail

Obama und Putin

Hello, Freunde des Heilsamen Stuhls,

was hat Schröders nachträgliche Geburtstagsfeier mit Putin in St. Petersburg mit einem gefrorenen und wiederaufgetauten Stuhl zu tun? Durch Fäkalienspende will der pumperlgsunde Ex-Kanzler den zaristisch angekränkelten Russen auf den Weg zur lupenreinen Demokratie zurückbringen. „Ziel der Therapie ist, die Politflora durch gesunde Bakterien wieder zu beruhigen“, wie der SPIEGEL in sonorem Ton aufklärt (SPIEGEL Online).

Unklar blieb, ob die Spende des heilsamen Stuhls – nicht mit dem Heiligen Stuhl zu verwechseln – „rektal durch Koloskopie“ oder mittels Nasensonde übermittelt wurde.

Bekanntlich sind Deutsche durchweg anale Charaktere, weshalb sie ihre Stühlchenproduktion vor dem lieblosen Wegspülen ins Meer des Unflats sorgsam unter die Lupe nehmen müssen, um ihren Gesundheitszustand zu überprüfen. Fortschrittliche Amerikaner überprüfen heute längst nicht mehr rektal, sondern digital, eine deodorierte Fortentwicklung des Fäkalen. Angelsächsische Langnasen, die deutsche Klos benutzen, befinden naserümpfend: in deutschen Abtritten riecht’s.

Charakterstrukturen, die auf Verdrängung beruhen und ihre genitale Reife nicht erreicht haben, sind unfähig, ihre Neurosen in schlichter Umgangssprache zu formulieren, weshalb der anonyme SPIEGEL-Schreiber irb den normalen Darminhalt mit dem leicht gespreizten Begriff Stuhl wiedergeben muss.

An ordinäres Ficken haben wir uns im Verlauf unserer postporno-Pädagogik mittlerweilen gewöhnt. An die zur Gewohnheit gewordene und

zum Himmel stinkende Politkacke noch nicht.

Statt militärischem Zündeln an der russisch-ukrainischen Grenze wäre eine ganz neue und gefahrenlose Spendenpraxis zu empfehlen: Shit happens. Würden alle westlichen Russlandfahrer ihre darmgeschützte und politisch korrekte Konterbande regelmäßig in den Osten transportieren, um kränkelnde Eingeborene mit gesunden Westbakterien zu therapieren: in weniger als 10 Jahren wäre der marode Osten wieder rekonvaleszent. Motto: „Kreml-Milliardäre, fresst Scheiße, Millionen Westler können nicht irren“.

Zwischen Schiss & Piss wird der Mensch geboren: im Geiste dieses frauenfreundlichen Kirchenvaters sollten Ost und West wieder klaglos zusammenfinden.

Ist Obama – im Gegensatz zu Putin – ein echter Friedensfreund? Welche weltpolitische Strategie verfolgt er? Hat er sich in splendid isolation zurückgezogen, seine Boys in aller Welt zurückgerufen, um sein Haus in Ordnung zu bringen?

Während der eurasische Block sich mit Kriegsspielen bedroht, fliegt der amerikanische Präsident in den pazifischen Raum. Hat er sein Hauptaugenmerk von Europa abgezogen und wendet sich nun dorthin, wo es „dynamischer“ zugeht als im betulichen Alteuropa?

Müsste er nicht Wert darauf legen, seine alten Verbündeten in Europa zu stärken, um den Wert der Demokratie in aller Welt zu betonen? Oder geht es ihm in erster Linie um kapitalistische Knete, um boomende Wirtschaft und den Ausbau der amerikanischen Weltmacht? Das wäre unklug, würde es doch zeigen, dass er Demokratie weniger wichtig findet als Machtzuwachs durch Mammon.

Der SPIEGEL schreibt: „Für Obama geht es im Konflikt mit Putin um weit mehr als die Krise in der Ukraine. Es geht um die grundsätzliche Ausrichtung seiner Außenpolitik: Globale Kooperation im Rahmen einer liberalen Weltordnung statt kühl kalkulierende Geopolitik. Mit Russland und China hat Obama in seiner schönen neuen Welt gleich zwei mächtige Gegenspieler.“ (SPIEGEL Online)

Der Artikel bleibt im Vagen. Wie geht Amerika mit seinen Gegenspielern um? Wie sind sie entstanden? Die bisherige Grundlinie der amerikanischen Außenpolitik beruht auf dem ehernen Prinzip des Dualismus: Gottes eigenes Land braucht Länder des Bösen, um sich als Weltführer der Guten zu stilisieren. Hat es keine Feinde zur Hand, muss es sich solche Feinde schaffen.

Putin war anfänglich ein guter Freund des Westens, begierig, im Klub der ehemaligen Gegner gleichberechtigt mitzuspielen. Die meisten Analytiker sind sich einig, dass Putin vom Westen so lange degradiert und vor den Kopf gestoßen wurde, bis er die Rolle des braven und überaus korrekten Musterschülers satt hatte und in die alte Rolle des Rivalen zurückfiel.

Das neocalvinistische Amerika braucht Feinde, um den guten Kampf des Glaubens gegen dieselben zu kämpfen. „Denn unser Kampf geht wider die Gewalten, wider die Mächte, wider die Beherrscher dieser Welt der Finsternis. Darum ergreifet die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr am bösen Tage Widerstand leisten und standhalten könnt.“

Böser Tag ist immer, solange der Messias nicht nahe herbeigekommen ist. Advent ist immer, denn jeden Augenblick kann Er zur Türe hereinkommen. Wehe dann den Schlafenden. Also muss man wachen und – kämpfen. Gibt es keine bösen Feinde, muss man sie ausfindig machen oder durch Demütigungen, Provokationen und Hochmut gänzlich neu erfinden.

Sich täglich neu erfinden, heißt, seinen Feind täglich neu erfinden und frisch und munter am Leben halten. Bis zum Ende der Tage wird den Frommen der Feind nicht abhanden kommen, das ist das Versprechen Gottes. Wer die tägliche Erfindung des Bösen vergisst, sich zufrieden gibt mit Frieden, Freuden, Eierkuchen, der ist den Versuchungen des Bösen schon erlegen und hat sein Heil verwirkt.

„Wenn das Leben durch eine Hierarchie der Werte reguliert werden soll, muss das Gefühl für das Böse wachgehalten werden. Das bedeutet, dass sein Vorhandensein voller und lebhafter erfasst werden muss als erste Bedingung, um von ihm geheilt zu werden. Denn das Böse wird nicht immer erkannt. Der Mensch mag das Böse von morgen vergessen, um sich des Angenehmen, das ihm heute winkt, ungetrübter freuen zu können. Der Puritanismus wird mit Recht mit der Aufdeckung einer weiteren Form des Bösen in Zusammenhang gebracht, nämlich mit der Entdeckung des im scheinbar Guten gelegentlich wahrhaft Schlechten. Die viel heimtückischere Gefahr ist die, dass Menschen mit den niedrigeren Gütern, die sie besitzen, vollauf zufrieden sein und dadurch die größeren Übel vernachlässigen können, denen sie ohne es zu ahnen ausgesetzt sind. Die Schrecken der Hölle, die Legende vom Satan, der die Welt mit Teufeln bevölkert: beide Legenden haben ihre sittliche Wurzel in der Notwendigkeit alarmierenden Aufrüttelns.“ (Ralph Barton Perry: „Amerikanische Ideale“)

Woran erkennt der Wiedergeborene den inkarnierten Bösen? Nicht an dessen äußerem Tun. Das kann Gleisnerei und Täuschung sein. „Selbst das Pflügen eines Bösen ist Sünde“, erklärt Thomas Goodwin (= der durch das Gute gewinnt). Das ist lebendiger Augustin: Die Tugenden der Heiden sind goldene Laster“. Die Untugenden der Frommen sind Werke des Glaubens. Selbst der tugendhafte Sokrates wird in die Hölle wandern, in seinem heidnischen Herz war kein Glaube an den rechten Gott.

Das Böse ist inwendig im Herzen. Die Gesinnung des getauften, wiedergeborenen Herzens entscheidet über alle Taten. Der Gläubige ist unfähig zum Sündigen, der Ungläubige unfähig zum Nichtsündigen. Der Glaube macht‘s, nicht die Taten. Deshalb dürfen Fromme das Böse tun. Denn wenn sie es tun, ist es kein Böses. Das ist amerikanische Selbstgerechtigkeit und Fremdverdammung.

Die Feinde der selbsternannten Guten sind immer die Bösen. Und sind sie es nicht, werden sie von den Guten dazu ernannt. Die Guten haben das unfehlbare Patent der Kreation des Bösen aus dem Nichts. Je harmloser und friedlicher die Feind-Kandidaten sich geben, umso satanischer und hinterlistiger sind sie.

Am schlimmsten sind die eigenen Familienangehörigen, die sich ins Herz ihrer Lieben einschleichen, nur, um sie vom rechten Weg des Hasses auf die Feinde abzubringen. Perry:

«So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder und Schwestern, der kann nicht mein Jünger sein». Dieses offenbar sehr harte Gebot kann mit dem fundamentalsten christlichen Lehren nur in Einklang gebracht werden, wenn es so aufgefasst wird, dass niedrigere Liebesgefühle gerade in ihrer Liebesfülle geeignet sind, das Gemüt zu belasten und einzuengen.“

Keine größeren teuflischen Versuchungen, als seine Lieben zu lieben. Von weit entfernten Russen gar nicht zu reden, die den Kalten Krieg beendet haben nur in der tückischen Absicht, sich ins Herz der Guten einzuschleichen und sie durch Gutmütigkeit einzulullen und zu verderben.

Auch die Deutschen gehören, laut interner NSA-Liste, zu den minderwertigen Verbündeten der amerikanischen Auserwählten, denen man ständig auf die Finger schauen muss. Die NSA ist die absolut notwendige permanente Herzenskontrolle aller, vor allem so genannter Freunde und Verbündeten. Diese sind in ihrer Anschleimkunst am gefährlichsten.

Die allwissende Spähkunst der Amerikaner hat das verborgende Herz bis auf den Grund zu durchleuchten. Die Taten, die jeder vor Augen sieht, sind gefährliche Täuschungsmasse. Der Teufel ist ein Tausendkünstiger, nur algorithmische Wesens-Durchleuchtung kann die Schafe von den Böcken scheiden. Es gibt nur ein Entweder–Oder. Entweder verdammt – oder auserwählt. Ein Drittes in der Mitte gibt es nicht. Die Lauen wird der Herr aus dem Munde spucken:

„Die Auserwählten und die Verdammten waren streng geschieden: jeder Mensch gehörte zu einer oder der anderen Gruppe – keiner konnte beiden angehören. Wenn man erlöst war, war man gänzlich erlöst und wenn man verdammt war, war man gänzlich verdammt.“ (Perry)

Das jenseitige Glück musste mit allen Mitteln erworben und erkämpft werden. Aus dem Tagebuch des großen puritanischen Meisters Jonathan Edwards:

„Entschlossen, niemals einen Moment Zeit zu verlieren. Entschlossen, mich redlich zu bemühen, dass ich mir so viel Glück in der anderen Welt erwerbe, wie ich nur kann, mit aller Macht, Gewalt, Stärke und Vehemenz, ja Gewalttätigkeit, deren ich fähig bin oder zu deren Erlangung ich mich mit allen nur erdenklichen Mitteln bringen kann.“

Zu diesen Mittel gehört auch das Reichwerden, mit dem ich meine Auserwähltheit vor aller Welt unter Beweis stellen kann. „Nach dieser Denkweise hat es der Mensch sich selbst zu danken, wenn er reich ist; ist er arm, muss er sich selbst dafür tadeln. Der reiche Mann ist Gegenstand empfehlenden Lobs, nicht nur des Neides; ein armer Teufel zu sein ist kein Unglück, sondern eine Schande.“

Das ist der harte puritanische Kern des heutigen Neoliberalismus. Herrn Schröder, Ex-Kanzler und Emissär des harten Stuhls, gebührt das Verdienst, diese puritanische Hardcore-Ideologie in Deutschland eingeführt zu haben und seiner eigenen traditionellen Klientel – den Schwachen und Armen – das Siegel neocalvinistischer Verachtung und Nichtswürdigkeit verpasst zu haben.

Laut Medien soll der Ex-Kanzler Atheist sein. Deutsche Atheisten – wozu Habermas gehört – sind die eifrigsten Lobbyisten der monotheistischen Popen.

Im Kalten Krieg fühlten sich die Amerikaner pudelwohl. Die Welt war für sie in Ordnung, das Reich des Bösen benennbar und auf der Landkarte problemlos zu finden. (Tipp für die Langstreckenbomber)

Als Gorbi den höllischen Trick anwandte, den Guten, Schönen und Frommen den gottgesandten Feind zu nehmen, indem er das Handtuch warf, die Mauer einriss und seine Untertanen frei ließ, war Old Amerika eine Zeitlang wie erstarrt und desorientiert. Die Geographie des Weißen und Schwarzen, der Guten und Bösen, war über Nacht abhanden gekommen.

Ein leichtsinniger Tropf namens Francis Fukuyama faselte sofort vom Ende der Geschichte, womit er den Ausbruch des Weltfriedens in Glück, Freuden und Demokratie meinte. Konnte Gott seine bipolaren Erwählten so im Stiche lassen und alle Teufel von der Bühne der Weltgeschichte verbannen?

Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Schon kamen die neokonservativen Experten für das verborgene Böse, nahmen Witterung auf – und schon hatten sie einen neuen bösen Feind im Visier: den Islam, der sich in zunehmendem Maß der westlichen Zivilisation widersetzte.

Verbohrt und borniert, wie solche Hinterwäldler sind, sorgten sie sogleich für eine Symbolfigur des Bösen, die sich Osama bin Laden nannte – und spielten damit den neoliberalen Spürhunden des Bösen direkt in die Hände. Bis dahin kannte sie niemand in der Welt. Doch Washington sorgte dafür, dass ihr Image binnen Monaten ins Globale wuchs. Denn die Bösen-Scouts im Weißen Haus hatten den deutschen Philosophen Nietzsche gelesen: in deinem Feind sollst du dich selbst erkennen.

Vorbei war die Zeit des kurzen Glücks auf Erden. „Der Amerikanismus ist die schleichende Furcht, dass irgendwer irgendwo glücklich sein könnte“, wie ein bedeutender Puritaner von sich gab. Weil die Amerikaner der Menschheit das Glück auf Erden verbieten – das nur sie im Himmel erleben werden –, verbietet es auch der Neoliberalismus, der auf Erden nur Rivalität und kompromisslose Konkurrenz dekretiert. Die Reichen sind zwar äußerlich im Glück, doch innerlich müssen sie ihren verrottbaren irdischen Schätzen misstrauen.

Schnell war das Zeitfenster eines potentiellen Weltfriedens geschlossen. Schnell kehrten in Amerika die vertrauten Freund-Feind-Verhältnisse zurück. Dank eines bärtigen Bora-Bora-Höhlenbewohners, der es fertig brachte, seine Flugzeuge aus der Höhle heraus in die Hochhäuser von New York zu lenken. Das alte Weltbild hatte sich dank der Güte des amerikanischen Gottes wieder eingestellt.

Russland bemühte sich noch einige Jahre, um im Klub der Erwählten aufgenommen zu werden. Vergebens. Man wollte die Nachfahren der Kommunisten nicht. Putin hatte nicht den richtigen Stallgeruch. Irgendwann riss ihm die Hutschnur und er tat, worauf das fromme Washington schon lange gewartet hatte: er buhlte nicht länger um die Gunst des Westens und machte sich daran, die Glorie der untergegangenen Sowjetunion wieder herzustellen. Seitdem kracht‘s im Karton.

Ist Obama friedlicher als Putin? Seine Späher betrachten die ganze Welt als feindliches Terrain. Seine Drohnen schickt er in ferne Länder, um Menschen nach Belieben töten zu lassen. Darunter immer mehr Frauen und Kinder. Seine Asienfahrt sollte die Frontstaaten an der Grenze zu China stärken, um den eigentlichen Weltgegner, das Reich der Mitte, zu isolieren und zu schwächen.

Putin ist ein kleiner Tropf, der Böses tut und dazu ein finsteres Gesicht aufsetzt, sodass alle Welt vor ihm zittern möge. Obama ist unbeschränkter Weltenherrscher, der seine eigenen Freunde traktiert, als seien sie Feinde.

Die Sowjetunion hat ihr Imperium kampflos aufgelöst und ihre unterdrückten Völker in die Selbständigkeit entlassen. Amerika, das Land der Erwählten, wird seiner göttlichen Devise niemals entsagen, sich unter dem Namen der Frohen Botschaft die Erde unter den Nagel zu reißen.

Was immer Lichtgestalt Obama tut, er vollbringt das Richtige und Gottwohlgefällige. Selbst wenn es das Ruchlose und Verwerfliche ist.