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nichtsdesto-TROTZ LXXXV

Tagesmail vom 20.10.2021

nichtsdesto-TROTZ LXXXV,

„Das Volk muss sich selbst als die Hauptursache seines Elends betrachten.“ ( Malthus)

Spricht hier ein Zyniker? Indem er seine Wahrheit sagte, wollte der Pastor ein unbequemer, aber trefflicher, ökonomischer Erzieher des Volkes sein.

Heute würde man sagen, er wollte kein Helikopter-Pädagoge sein, der das Volk verzärtelt und seinem selbstfabrizierten Elend überlässt. Redlich wollte er das Volk aufrütteln, damit es nicht länger der verderblichen Almosenhilfe der Wohlhabenden vertraut – und unrettbar in Armut versinkt.

Im Misstrauen gegen die gängige Vorstellung christlicher Ethik waren Pastor Malthus und der Stoiker Adam Smith einer Meinung. Die Ethik des Erlösers wollten sie auf den rationalen Kern zurückführen: wahre Nächstenliebe ist rationaler Egoismus.

„Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, daß sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen- sondern an ihre Eigenliebe und wir erwähnen nicht die eignen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil. Niemand möchte weitgehend vom Wohlwollen seiner Mitmenschen abhängen, außer einem Bettler, und selbst der verlässt sich nicht allein darauf.“ (Der Wohlstand der Nationen)

Kapitalismus entsteht in Abwendung von einer überschwänglich uneigennützigen Moral. Diese nützt nichts, schadet nur und muss überwunden werden.

Hier gründet die heutige Aversion gegen jedwede Moral. An die Stelle einer selbstschädigenden Nächstenliebe tritt der Glaube an die Naturgesetze der Wirtschaft, deren oberste Tugend der Egoismus ist. Nicht jeder Egoismus, sondern nur der wohlverstandene.

Es genügt nicht, seinen eigenen Vorteil an die erste Stelle zu setzen, man muss auch wissen, worin dieser besteht. Blinde Eigenliebe könnte dem Egoisten sogar schädlich werden. Wer andern helfen will, muss sich zuvor selber zu helfen wissen: das ist die Geburtsstunde der modernen Wirtschaft.

Ist das wirklich eine Absage an die Agape, die selbst ihre Feinde lieben soll?

Die bekannte Formel der Nächstenliebe ist keine Absage an den Egoismus, sondern die Balance zwischen Egoismus und Altruismus, als Goldene Regel in fast allen Kulturen der Menschheit bekannt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Mit dieser Formel wären die Begründer des Kapitalismus einverstanden gewesen – sofern man weiß, wie man sie für sich nützen kann, um Anderen zu nützen.

Nicht einverstanden wären die Väter des Kapitalismus gewesen mit jener Vollkommenheitsformel, wonach der Christ selbst seine Feinde lieben soll.

„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden? Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“

Hieße das nicht, selbst jenen nützlich zu sein, die einem schaden wollen, also die Anderen mehr zu lieben als sich selbst: Altruismus geht vor Egoismus? Mit dieser „Vollkommenheitsformel“ wären die Kapitalismusgründer nie einverstanden gewesen. Sie bedeutete, sich lieber selbst aufzuopfern, um dem Anderen zu nützen, als seinem eigenen Interesse zu folgen.

Die Vollkommenheitsformel wäre das strikte Gegenteil zur Regierungskunst des Fürsten Machiavellis:

„So muss ein Herrscher milde, treu, menschlich, aufrichtig und fromm scheinen und er soll es auch gleichzeitig sein; aber er muss auch die Seelenstärke besitzen, im Falle der Not alles ins Gegenteil wenden zu können. Darum muss er die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks und dem Wechsel der Verhältnisse zu richten und vom Guten solange nicht abzugehen, als es möglich ist, aber im Notfall auch verstehen, Böses zu tun.“ (Der Fürst)

Womit klar wäre, welcher politischen Moral die scheidende Kanzlerin folgte. Sie war eine perfekte Machiavellistin, mit dem kleinen Unterschied, dass der Verfasser des „Il Principe“ zwischen Gut und Böse noch ehrlich unterscheiden konnte.

Merkel tut wenig Gutes, aber viel Böses. Ihre Gesamtbilanz jedoch hält sie für einwandfrei gut – mit verzeihlichen Schwächen, damit sie nicht furchterregend perfekt erscheine.

Wenn wir die bekannte Agapeformel beiseite lassen, die kein Deut besser ist als die Moral der Heiden, müssen wir konstatieren, dass die Pastorentochter der Vollkommenheitsformel nicht gerecht wird.

Der Grund liegt auf der Hand: würde sie die Fremden mehr lieben als die Deutschen, müsste sie das Wohl ihres Volkes bedenkenlos opfern. Mit der Vollkommenheitsformel ist niemand überlebensfähig, denn die eigenen Interessen müsste er den Feinden oder Gegnern unterordnen.

In einer Welt rabiater Egoisten können selbstlose Altruisten nicht überleben – höchstens als rechtlose Sklaven der Starken.

Solange das Naturrecht der Starken die Welt regiert, sind selbstlose Schwache den Starken ausgeliefert. In Worten des Menon (dem Platon einen Dialog gewidmet hatte): „Auch er trachte nach Ehre und Herrschaft, noch mehr aber nach Geld, zur Befriedigung seiner Begierden. In der Wahl seiner Mittel war er absolut skrupellos: Geradheit und Wahrhaftigkeit war ihm gleichbedeutend mit Torheit. Lüge, Täuschung und Meineid dagegen galten ihm als der kürzeste Weg zur Erreichung seiner Zwecke; wer an der herkömmlichen Moral festhielt, war in seinen Augen ein Schwächling und ein ungebildeter Mensch. Menon huldigt einem Immoralismus, der alle sittlichen Schranken niederreißt. Moral sei eine Verherrlichung der demokratischen Gleichmacherei.“

Das Naturrecht der Starken hatte das Verdienst, das Wesen der internationalen Politik (die bis heute gilt) ihrer Scheinheiligkeit entkleidet zu haben.

„In der Neuzeit hat der „Principe“ Machiavellis und Nietzsches „Willen zur Macht“ mit seiner Preisung des Herrenmenschentums bewusst an diese sophistische Tradition angeknüpft.“ (Nestle)

Das Naturrecht der Schwachen, begründet von sokratischen Schulen, realisiert in der demokratischen Praxis, widersetzte sich dem feudalen Naturrecht der Starken. Von damals bis heute herrschte ein ständiger Kampf zwischen den beiden Naturrechten. In Zeiten der Aufklärung kam das Naturrecht der Schwachen an die Macht, doch die Starken lauerten auf ihre Chancen, um ihr Naturrecht zurückzuerobern.

In Zeiten der Demokratie verlegten sie ihren Drang nach Vorherrschaft in die Sphäre des Kapitalismus, unter ständiger Abwehr des „Staates“, der sich in ihre Belange nicht einmischen dürfe.

Dabei unterschlagen sie, dass dieser Staat eine Volksherrschaft ist. Indem sie den „Staat“ auf ein Mindestmaß reduzieren, negieren sie die legitime Macht des Volkes, mit seinem Willen das Schicksal der Nation zu bestimmen. Kapitalismus ist die Spielwiese der Starken, von der aus sie sich erkühnen, den Willen des Volkes zu verhöhnen und an die Kette zu legen.

Im Wettstreit zwischen den beiden Naturrechten hat das demokratische Recht der Schwachen nominell gewonnen, in Wirklichkeit aber hat das Recht der Starken die Polis zu ihrer Dienstmagd degradiert. Nicht nur der Reichtum, auch die Macht der Welt liegt in den Händen der Mogule und Monopole.

Welche Rolle spielte das Neue Testament? Ähnlich dem griechischen Naturrecht der Schwachen bekämpfte es energisch das Regiment der irdischen Starken. Doch die scheinbare Absage an die Macht verwandelte sich in die Flucht zum Himmel, in dem der allmächtige Vater residiert. Damit entlarvt sich die irdische Absage an die Macht als Anbetung der wirklichen Macht im Jenseits. Auch jede selbstlos scheinende Feindesliebe wird zum egoistischen Mittel, die eigene Seligkeit zu gewinnen. Nirgendwo uneigennützige Liebe zu entdecken. Nur die Methoden sollen altruistisch scheinen, die Ziele des Handelns sind in seligkeitssüchtigem Egoismus nicht zu übertreffen.

Der Kampf gegen die Starken der Welt mit Mitteln scheinbarer Schwäche mündete in die Herrschaft der Überstarken des Himmels, der die Starken der Welt am Ende der Geschichte zunichtemachen würde. Nur in den Mitteln der Bekämpfung kam es zur Umwertung aller Werte, am Ende aber wird das angeblich Schwache obsiegen, welches identisch wird mit dem Superstarken oder Allmächtigen.

Somit ist klar, dass Machiavelli kein Gegensatz zur christlichen Ethik sein kann, sondern die Antinomie der Religion nur in politisches Vokabular übersetzte: Gutes, solange es den Regenten dient, Böses, wenn eigene Interessen gefährdet erscheinen.

An der Machtchoreographie der antiken Naturrechte änderte das Christentum – nichts. Wenn dieses an der Macht war – was es penetrant versuchte –, wurde scheinbar Gutes zelebriert, um das Charisma des egoistisch Guten – oder das Heilige – zu retten. Doch weltliche Macht wurde bedenkenlos eingesetzt, wenn seine Herrschaft gefährdet schien.

Kapitalismus, der die Demokratie innerlich aushöhlt, leugnet bis heute seinen Willen zur Macht und begründet seine globale Herrschaft mit dem Argument, die Dominanz der ökonomischen Naturgesetze habe nur das Ziel der Beglückung der Menschheit in Wohlstand und Naturbeherrschung.

Sollten die Klimaforscher Recht haben mit ihrer Prognose der Gefährdung der Gattung – gottlob haben sie sich durchgesetzt –, wird sich das Ziel des Wohlstands ins absolute Gegenteil verkehren.

Der Kapitalismus ist die rücksichtsloseste Version des Naturrechts der Starken, mit der trügerischen Verheißung eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums und einer grenzenlosen Macht über Natur und Mensch.

Noch immer gibt es in der WELT Kommentare, die man nur noch als bewusstseinslose Aufforderungen zum kollektiven Suizid verstehen kann:

„Der Michel meint, er könne die Welt vor dem „Klimatod“ retten, indem er die deutsche Wirtschaft umbaut. Dabei übersieht er die immensen damit verbundenen Kosten und ist sich seiner Machtlosigkeit nicht bewusst. Mit einem Anteil Deutschlands von weniger als zwei Prozent am Kohlendioxidausstoß der Welt wirkt alles, was er tut, wie ein Tropfen auf den heißen Stein.“ (WELT.de)

Lieber in Reichtum ersticken als die Gier nach Macht und Naturzerstörung soweit zu reduzieren, dass die Menschheit überleben kann. Der Vergiftungsanteil der Deutschen an der planetarischen Gesamtsumme wird so verharmlost, dass Deutschland die Rolle des ach so freien, nach Belieben herumwütenden, sich keiner Verantwortung bewussten Lümmels spielen darf.

Merkels Anteil an der toxischen Vernebelung des deutschen Versagens in der Klimafrage wird im folgenden Artikel beschrieben:

„Unter Angela Merkel ist Real- zur Fantasiepolitik verkommen. Mit Reförmchen lässt sich die Klimakrise nicht mehr bekämpfen. Wie wäre es, der neuen Bundesregierung die Entscheidung zu entziehen. »Politik ist das, was möglich ist«, sagte Merkel, »und die Möglichkeiten haben wir ausgelotet.« Es ist der Satz einer klimapolitischen Insolvenzerklärung. Ein Satz, der Merkels Verständnis von Realpolitik als permanenten Kompromiss zusammenfasst. Ein Satz, der 16 Jahre Klimapolitik beschreibt, in denen man um die wissenschaftlich belegte Dringlichkeit wusste und zu wenig tat. Bald zeigte sich ihr lähmender Dualismus aus Anspruch im Wort und Verweigerung in der Tat: Während sie auf interna­tionalen Gipfeln Transformation beschwor, weihte sie Kohlekraftwerke ein, stützte die Autoindustrie und wagte sich bis zum Ende ihrer Regierungszeit nicht an Dieselmotor, Billigflüge und umweltschädliche Subventionen heran.“ (SPIEGEL.de)

Das Aussterben der Arten, die für das Überleben der Menschheit schlechthin relevant sind, wird in den Untergangszenarien zumeist unterschlagen:

„Die Fehler, die schon beim Klimawandel gemacht wurden – hoffen, dass es vielleicht doch nicht so schlimm kommt, und erst reagieren, wenn die Konsequenzen am eigenen Leib spürbar sind –, dürfen sich beim Artensterben auf keinen Fall wiederholen. Wenn nämlich der Punkt erreicht ist, an dem sich der Schwund von Tieren und Pflanzen derart drastisch bemerkbar macht wie der Klimawandel vor wenigen Monaten durch die Hochwasserkatastrophe in Deutschland, ist es definitiv zu spät.“ (Sueddeutsche.de)

In einer begrenzten Natur will der Mensch ein unbegrenztes Wachstum in Reichtum und technischer Macht realisieren. Wie ist dieser brandgefährliche Wahn zu erklären?

In seinem legendären Buch „Small is beautiful“ (das heute niemand mehr zur Kenntnis nimmt) hat E. F. Schumacher den Grund genannt:

„Der moderne Mensch erfährt sich selbst nicht als Teil der Natur, sondern als eine von außen kommende Kraft, die dazu bestimmt ist, die Natur zu beherrschen und zu überwinden. Er spricht sogar von einem Kampf gegen die Natur und vergisst dabei, dass er auf der Seite der Verlierer wäre, wenn er den Kampf gewönne. Von der Wirklichkeit haben wir uns soweit entfremdet, dass wir alles als wertlos ansehen, was wir nicht selbst erzeugt haben. Sogar der große Dr. Marx verfiel diesem Irrtum, als er die sogenannte Arbeitswerttheorie formulierte. Dabei ist das von der Natur und nicht vom Menschen zur Verfügung gestellte Kapital weit größer – dennoch erkennen wir es nicht einmal als das, was es ist.“

Auch Marx, Bewunderer kapitalistischer Genietaten, war ein Befürworter der Naturschändung. Ein Hauptgrund, warum „die Linke“ zu spät und zu lasch zur Ökologie fand. Hätten sie Marx kritisch aufgearbeitet, wären auch jene bei ihnen gelandet, die weder die lauen Grünen, schon gar nicht die neoliberalen Freidemokraten wählen konnten. Eine rot-rot-grüne Koalition wäre realistisch geworden.

Keine Koalition ohne Kompromisse. Dennoch, die vorliegenden Kompromisse sind so restringiert, dass ein energisches Umdenken fast unmöglich scheint. Die Grünen haben Macht gerochen. Jetzt wollen sie beweisen, dass ihre lange Vorbereitungszeit sie für die Regierung präpariert hat. Doch sie werden sich wundern, wie schnell sie unter die Räder des Immerweiterso kommen werden.

Was fehlt dem Neuanfang? Das aufrüttelnde Bewusstsein der Krise, die ohne Grundlagendebatten in der ganzen Gesellschaft nicht zu bewältigen sein wird.

Vor etwa einem halben Jahrhundert, als die ersten augenöffnenden Ökobücher erschienen (zu dem auch Schumacher gehörte), gab es nur Ansätze zu einer tabulosen Debatte über die Machenschaften des Menschen in der Natur.

Danach wurde ein neoliberaler Tsunami auf die Menschheit losgelassen, der ihr einbläute: Wirtschaft ist alles, ohne Wirtschaftswachstum ist nichts. Was sich nicht auf Heller und Pfennig berechnen lässt, ist Klamauk.

Wirtschaftlicher Erfolg, gepaart mit technischer Unersättlichkeit, wurde zur Essenz des Lebens, zur quantitativen Definition von Erfolg und Glück. Dabei war es das unaufhörlich auf uns zukommende, schreckliche Gegenteil. Surrealer und brandgefährlicher kann der Selbsttäuschungswahn der Menschheit nicht sein.

In all diesen Fragen keine einzige, erhellende Meinungsäußerung der Kanzlerin. Sie schwebt über der Welt des Bösen, die sie unbeeindruckt den Weg in die Apokalypse gehen lassen muss. Im Finale wird der Schöpfer die Welt dorthin zurückschicken, wo er sie kreiert hat: ins Nichts.

Die verderbte Welt nicht verändern oder humanisieren, heißt in heiliger Diktion: Gott lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Auch das Unkraut darf nicht zu früh gejätet werden, die Ungerechten dürfen so lange weitermachen, bis die Schlussglocke von Oben ertönt. Das ist die augustinische Bewahrung der bösen Welt bis ans bittere Ende. Erst dort wird der Herr einschreiten.

Das Management der Heilsgeschichte obliegt jenen, die sich nicht anmaßen, aus eigener Kraft die Schöpfung zu erneuern. Das wäre hybrides Hineinpfuschen des Menschen in göttliche Angelegenheiten, die ihn nichts angehen.

Gottes Schlüsselgewalt über den Verlauf der Heilsgeschichte lullt die Menschen ein, anstatt sie aufzuschrecken. Es ist dem Menschen nicht gegeben, das Ringen der beiden Naturrechte durch Humanisierung der Verhältnisse zu entscheiden.

Der Einbruch der christlichen Erlöserreligion konnte den antiken Kampf der beiden Naturrechte nicht entscheiden. Sie beließ alles beim Weiterso, vertröstete und peinigte die Schäfchen mit Verweis aufs baldige Ende. Eine neue und bessere Ethik hatten die Erlöser nicht auf die Erde gebracht. Gott war ein ewiges Rätsel in seinem Widerspruch, sein Wort strotzte vor Antagonismen, die jedes Ereignis auf Erden rechtfertigen konnten.

Dennoch hatte sich eine neue Weltstimmung ergeben. Die Menschen merkten: nicht von ihnen hing der Lauf der Welt ab, ihr Schicksal wurde von Oben entschieden.

Das wurde zur Grundstimmung der Deutschen bis heute. Sie stürzten sich in Arbeit, den Lohn ihrer Mühen aber überließen sie dem Himmel. Wenn das Geschick auch noch so gefährlich schien: die Kirche blieb im Dorf. In allen Widrigkeiten fühlen sie sich geborgen von himmlischen Mächten:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.    (Bonhoeffer)

Nur in dieser kaum spürbaren und dennoch vorhandenen Geborgenheit ist die Frage beantwortbar: Wie kann es sein, dass ein Volk sich in allen Dingen zertrümmert und zerlegt – und die Hauptverantwortliche für diese Selbstschredderung kann mit triumphierender Miene die sinkende Titanic verlassen?

Antwort: Deus lo volt. Fast unberührt schaut ein Volk zu, wie die Kanzlerin ihre Pflichten vernachlässigen und ihre Untertanen ins Verderben rennen lassen kann.

Das Volk – jahrhundertelang betäubt durch ein Narkotikum sacrum – wurde zur Hauptursache seines Elends, weil es seine Mächtigen zu absoluten Versagern werden ließ. Merkels Totalversagen kann aber nicht wahrgenommen werden, wenn die Untertanen selbst in Merkel‘scher Seinsstimmung taub, blind und gelähmt sind.

Angela – die bleiche Mutter Deutschlands. Niemand lässt seine Mutter im Regen stehen.

Fortsetzung folgt.