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Natur brüllt! XCIV

Tagesmail vom 05.07.2024

Natur brüllt! XCIV,

Altersweisheit ist das nicht, wenn man sich beim Abrutschen in den Abgrund für unabkömmlich hält.

Es ist Vernarrtsein in den selbstgemachten Untergang. Man wird es doch nicht dem Schicksal überlassen, von der Erde Abschied zu nehmen; Kleinigkeiten erledigt man selbst.

Amerika ist auf dem Rückzug in den Wilden Westen. Wer die größte Kanone besitzt und am schnellsten zieht, wird das Spiel gewinnen.

Das ist wahrlich kein Rückzug zu gesitteten Königen und Kaisern, das ist eine Liebeserklärung an John Wayne: „Dreckiges Gold, Mit Dynamit und frommen Sprüchen, Geier kennen kein Erbarmen“.

Fortschritt gibt es nicht in der Moral, sondern nur in superintelligenten, superdummen Maschinen. Musk ist die perfekte Wiedergeburt jenes – wie hieß er nochmal? – lassoschwingenden Höllenreiters. Verglichen mit dem war selbst „Mein Großer Freund Shane“ eine Augenweide.

Der nächste Höhepunkt des american way of death: sowas können nur hochintelligente Trumpisten erfinden:

„Der Supreme Court hat lokale Regelungen bestätigt, die Obdachlosen das Campieren im Freien verbieten. Damit gab das Gericht einer Stadtverwaltung im US-Bundesstaat Oregon recht, die Maßnahmen gegen Obdachlosencamps in öffentlichen Parks eingeführt hatte. Es ist eine Mammutaufgabe, die Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Bis dahin stellt das Urteil des Supreme Court Obdachlose vor eine unmögliche Wahl, wie es Richterin Sotomayor sagt: »Wach bleiben, oder verhaftet werden«.“ (SPIEGEL.de)

Das ist kein Verfall der nichtexistenten Sozialmoral, sondern eine wirksame Erinnerung an den Herrn:

„Sehet zu, wachet. Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. 34 Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug die Vollmacht seinen Knechten, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. 36 Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!  Wenn ihr von Kriegen hört und von Kriegsgerüchten, lasst euch nicht erschrecken! Das muss geschehen. Es ist aber noch nicht das Ende. 8 Denn Volk wird sich gegen Volk und Reich gegen Reich erheben. Und an vielen Orten wird es Erdbeben und Hungersnöte geben. Doch das ist erst der Anfang der Wehen. 9 Ihr aber, gebt Acht auf euch selbst: Man wird euch um meinetwillen an die Gerichte ausliefern, in den Synagogen misshandeln und vor Statthalter und Könige stellen – ihnen zum Zeugnis. Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder und die Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie in den Tod schicken. 13 Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden; wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet werden.“

Hört auf, euch den Kopf zu zerbrechen über das, was ihr sagen sollt. Das wäre heidnische Eitelkeit. Verruchte Menschen können sich nicht verständigen. Nennt mir ein einziges Beispiel, wo Menschen mitten in der Vernichtungsschlacht inne gehalten und sich verständigt haben. Na?

Das wird noch ganz andere Dimensionen annehmen, als nur den Auswurf der Straßen in die Gefängnisse zu werfen.

Was sind das für Kreaturen, die sich hier breit machen und auf Kosten der Tüchtigen ein schönes Leben führen wollen?

Wenn Trump in zwei Jahren die Welt mit der Rute in Ordnung gebracht hat, werden alle obdachlosen Parasiten mit KI-Maschinen eingesammelt, zermörsert und in alle Winde geblasen werden.

Verdammt: wie nennt man dieses bewährte System noch mal?

Ah, ich hab’s; Neoliberalismus, Trumps Geheimwaffe, mit der er schon seit Jahren Amerika unterpflügen lässt – aber Amerika hat noch nichts gemerkt.

„Nach Angaben des Umfrageinstituts Gallup teilte sich die amerikanische Bevölkerung im Mai 2024 in ziemlich genau jeweils ein Drittel Konservative, Gemäßigte und Liberale. Gerade deswegen ist es ein Rätsel, dass sich die Wählerschaft der USA auf einen Präsidentschaftskandidaten wie Donald Trump einlässt, der gar keinen Hehl daraus macht, dass er Staat und Gesellschaft in seiner zweiten Amtszeit von Grund auf verändern will. Vermutlich haben nur wenige die fast eintausend Seiten des Grundsatzpapiers des „Project 2025“ gelesen, eines Masterplans der Heritage Foundation für die nächste Amtsperiode im Weißen Haus. Was da in dreißig Kapiteln beschrieben wird, ist ein Totalumbau des Staates mit einer Konzentration der Macht in der Figur des Präsidenten. Reagans Politik des Neoliberalismus wirkt bis heute. Mit der Titelzeile „Wie Trumpismus Trump überdauern wird“ prophezeite ihm das Magazin mit einer Grafik gestaffelter Wahlplakate, dass seine Politik das Land mindestens bis 2044 prägen werde. In der Animation geht das weiter. Da überdauert der Trumpismus seinen Namensgeber nicht nur um 40, sondern um drei-, vier-, fünftausend Jahre, bis da „für immer“ steht. Bis in alle Ewigkeit ist kein politischer Anspruch, sondern ein religiöses Credo.“ (Sueddeutsche.de)

Du weißt wieder nicht, was Neoliberalismus ist? Das ist die Lehre jenes katholischen Österreichers, der, aus Abscheu vor totalitären Systemen, selbst ein solches erfand – aber nicht mit brutalen Waffen, sondern allein mit Zinseszins, Hedgefonds und kalkulierten Wirtschaftszusammenbrüchen.

In anständigen Verhältnissen muss man ordentlich miteinander umgehen.

Vor allem muss sich der Mensch vor „verhängnisvollen Anmaßungen“ hüten. Das sind die Vorstellungen jener Geld-Desperados, die glauben, ihre Lebensqualitäten selbst unter Kontrolle zu kriegen. Gerade die müssten mal genau hinhören, wenn der HERR persönlich spricht:

„Und ich wandte mich um und sah unter der Sonne, daß nicht die Schnellen den Wettlauf gewinnen, noch die Starken die Schlacht, daß nicht die Weisen das Brot erlangen, auch nicht die Verständigen den Reichtum, noch die Erfahrenen Gunst, denn sie sind alle von Zeit und Umständen abhängig. 12 Denn auch der Mensch kennt seine Zeit nicht, so wenig wie die Fische, die mit dem tödlichen Netz gefangen werden, und wie die Vögel, die man mit der Schlinge fängt; gleich diesen werden auch die Menschenkinder gefangen zur Zeit des Unheils, wenn es plötzlich über sie kommt.“

Zeit und Zufall sind die Werkzeuge Gottes, mit denen er die Welt regiert. Das blanke Gegenteil zu autonomen Heiden, die alles selbst bestimmen wollen. Im Neoliberalismus folgt man den Gesetzen des Himmels. Sonst nichts.

Das war eine unmissverständliche Absage an heidnisches Klugheitsgeschwätz. Glaubten die Hellenen doch tatsächlich, sie könnten die Geschichte mit selbst erfundener Moral beherrschen – und könnten dennoch morgens auf der faulen Haut liegen bleiben?

„9 Wie lange liegst du, Fauler! Wann willst du aufstehen von deinem Schlaf? 10 Ja, schlafe noch ein wenig, schlummre ein wenig, schlage die Hände ineinander ein wenig, dass du schläfst, 11 so wird dich die Armut übereilen wie ein Räuber und der Mangel wie ein gewappneter Mann. 12 Ein heilloser Mensch, ein nichtswürdiger Mann, wer einhergeht mit trügerischem Munde, 13 wer winkt mit den Augen, gibt Zeichen mit den Füßen, zeigt mit den Fingern, 14 trachtet nach Bösem und Verkehrtem in seinem Herzen und richtet allezeit Streit an. 15 Darum wird plötzlich sein Verderben über ihn kommen, und er wird schnell zerschmettert werden, und keine Hilfe ist da.“

Die Arbeitsscheuen sind nicht mal die Schlimmsten. Viel schlimmer sind die Lüstlinge, die des Nachts ans Werk gehen: “Komm, wir wollen uns an Liebe berauschen bis zum Morgen, uns an Liebkosungen erfreuen! 19 Denn der Mann ist nicht zu Hause, er ist auf eine weite Reise gegangen; 20 er hat den Geldbeutel mitgenommen und kommt erst am Tag des Vollmonds wieder heim!« 21 Durch ihr eifriges Zureden verleitete sie ihn und riß ihn fort mit ihren glatten Worten, 22 so daß er ihr plötzlich nachlief, wie ein Ochse zur Schlachtbank geht, und wie ein Gefesselter zur Bestrafung der Toren, 23 bis ihm der Pfeil die Leber spaltet; wie ein Vogel hastig ins Netz hineinfliegt und nicht weiß, daß es ihn sein Leben kostet! 24 So hört nun auf mich, ihr Söhne, und achtet auf die Worte meines Mundes! 25 Dein Herz neige sich nicht ihren Wegen zu, und verirre sich nicht auf ihre Pfade; 26 denn sie hat viele verwundet und zu Fall gebracht, und gewaltig ist die Zahl derer, die sie getötet hat.“

Das ist das wahre Gesicht des tugendhaften Weibs. Heutzutage jammert sie, wie ihr strenger Herr sie täglich herumkujoniert. Doch sie will nicht wissen, was sie sich wirklich verdient hat.

Jetzt hör mal auf mit diesem frommen Geschwätz. Was willst du uns wirklich sagen?

Das hast du noch immer nicht verstanden? Warum stecken wir alle in der Krise? Pardon, nicht wir alle, sondern nur wir vom christlich-jüdischen Westen?

Typisch, die nichtchristlichen Staaten verbinden sich, um es den frommen Heuchlern zu zeigen. Die haben Wichtigeres zu tun als diesen ungläubigen Neidhammeln zuzuhören.

Sie reden Himmlisches und tun Höllisches, dann wundern sie sich, wenn sie langsam, aber sicher im Abgrund verschwinden.

Das ist die Grundmelodie des ehrbaren Westens: in hohen Worten parlieren, in schrecklichen Taten realisieren. Und sich dann wundern, wenn die nichtchristliche Welt sich empört. Ja, macht denn das nicht jeder so?

Das ewige Dilemma des Westens: er will vorbildlich sein – und tut das Gegenteil. Wenn seine Politiker mit vorbildlichen Absichten auftrumpfen, aber das Gegenteil vollbringen, werden sie zu Hause an den Pranger gestellt. Ihre schreibende Begleitgarde hingegen weiß genau, wie man sich in der Welt zu benehmen hat.

Doch wehe, bereits die Ankündigungen sind säuisch und die folgenden Taten entsprechend: dann zischt es im Gebälk.

Sie versprechen Gutes und tun Hässliches: wieder einmal werden wir hinters Licht geführt.

Können Vertreter des Volkes etwas versprechen, was sie nie einhalten können? Sie könnten nur versprechen, wenn sie die Macht hätten, das Versprochene in die Tat umzusetzen. Haben sie aber nicht.

Sie können nur verkünden, was sie wollen. Doch das ist ihnen zu wenig, also versprechen sie, obwohl sie genau wissen, dass sie fremden Mächten hilflos ausgesetzt sind.

Im Westen weiß niemand, was Neoliberalismus bedeutet. Die Gewinner der Weltökonomie wissen nicht einmal, was Demokratie ist. Sollte diese verrottete Welt tatsächlich untergehen, werden sich die Aliens, die eines Tages das tödliche Weltspektakel untersuchen, gegenseitig zurufen: was muss das für ein interessanter Planet gewesen sein. Was sie sagten, taten sie nicht, was sie taten, konnten sie nicht in Worte fassen: das muss eine eine wahrhaft philosophische Weltbevölkerung gewesen sein.

Amerika, der einst neue Kontinent, im Zweiten Weltkrieg ein vorbildlicher Befreier Deutschlands von den Schlächtern, danach aber im stetigen Verfall, ist besonders betroffen vor dem Zusammenprall der Politik mit dem Glauben.

Warum scheint Trump zu gewinnen? Weil er sich fundamentalistisch gebärdet – nicht anders, als Netanjahu sich den Ultras unterwirft –, aber gemäß der Vieldeutigkeit der Jahwe-Offenbarung tut, was ihm just gefällt.

Das macht die Attraktivität dieser Religion aus: so streng sie wirkt, so neoliberal ist sie. Wenn die Gläubigen den Eindruck haben, sie realisierten ein göttliches Projekt, können sie machen, was sie wollen.

Das ist der Grund, warum sie sich nie als Heuchler empfinden müssen. Glaube – und tu, was du willst. Am Glauben soll’s nicht hapern: rüstet die Atomwaffen, Putin dreht durch.

Alles dürfen und sich nichts verbieten: das nennt man gewöhnlich Faschismus. Weshalb ein Beobachter schreiben kann:

„Gelegentlich wird sogar die Sorge vor einem religiös begründeten Faschismus … in die Debatte gebracht. Eine „Entzauberung der Welt“ (Max Weber) scheint ausgerechnet in der führenden Nation des Westens nicht stattgefunden zu haben. Um das Jahr 2000 bekannten 50% der Amerikaner, die Bibel sei nicht nur Heilige Schrift, also Offenbarung Gottes, sondern sei von Gott wortwörtlich inspiriert und müsse entsprechend wörtlich ausgelegt werden. 30 % nannten sich reborn Christians.“ (Hochgeschwender, Amerikanische Religion …)

Kann das irgendjemand verstehen? Das Verstehen wird hierzulande nicht verstanden. Wer Putin versteht, ist sein Parteigänger.

Ministerin Faeser forderte Verständnis für den Polizistenmörder in Mannheim, worauf Kühnert erwidert:

„Faeser: „Ein Jugendlicher! Der gar nichts anderes kennt! Und ich glaube, dass wir über diese nicht gelungene Form der sozialen Integration viel mehr reden müssen!“ Kühnert: Zu dieser Form von Täter-Opfer-Gleichsetzung ging Kühnert auf Distanz: „Man kann ganz viele Umstände vor Ort in Unterbringungssituationen und so finden, wo wirklich aus ärmlichen Wohnverhältnissen auch ärmliche Seelen erwachsen“, erklärte der SPD-General, „aber das hat alles erst mal gar nichts damit zu tun, dass hier ein Mensch umgebracht wurde.“ WELT-Vize Robin Alexander (49) störte „der Konnex (Zusammenhang d.Red.), wenn wir nicht für jemanden Wohnung finden, dann wird er vielleicht ein schlimmer Gewalttäter.“ Denn, so der Journalist: „Wenn das so wäre, wäre es ein ziemlich harte Nachricht, weil wir für ganz viele Menschen keine Wohnung finden!“ (BILD.de)

Verstehen heißt nicht Absegnen und Gutheißen, sondern etwas nachempfinden. Verstehen gehört zur „Geisteswissenschaft“ und ist kein Akt strenger Berechnung. Ein emotionaler Akt kann einmal so und einmal anders sein. Das unterliegt keiner 100%igen Determinierung, die mathematisch errechnet werden kann, sondern einer nur statistisch erfassbaren Wahrscheinlichkeit.

Obwohl deutsche Gelehrte sich um die Geisteswissenschaften besonders verdient gemacht haben (Dilthey, Gadamer), wissen ihre Landsleute nichts von deren Untersuchungen. Ganz anders in Amerika: dort wird seit Skinner versucht, das Verstehen des Menschen als strenges, naturwissenschaftliches Geschehen zu entschlüsseln.

Wer Menschen nicht versteht, kann auch ihre politischen Taten nicht verstehen. Menschen sind keine KI-Roboter, sondern emotionale und intuitive Wesen.

Doch Wahrscheinlichkeiten sind keine festen Determiniertheiten. Das hängt zusammen mit der merkwürdigen Verbindung aus Natur und Geist. Gesetze der Natur sind immer festgelegt.

100%ige Gesetze des Geistes gibt es nicht. Für Gesetze des Körpers sind Mediziner zuständig, für Pseudogesetze des Geistes die Psychologen.

Kriminelle Täter sind von keinem Richter zu beurteilen, wenn man ihre seelischen Befindlichkeiten nicht nachvollziehen kann. War der norwegische Massenmörder Breivik ein Mensch, dessen schreckliche Tat man verstehen kann – oder war er ein Inbegriff des höllisch Bösen?

Wer das Böse als theologisch-metaphysische Eigenschaft definiert, verurteilt den Menschen zum göttlich-teuflischen Wesen.

Der Rechtsruck des Westens beruht auf dem Unvermögen, den Menschen zu verstehen, wie er ist. Solange die Menschen unfähig sind, ihre Mitmenschen intuitiv – und doch verbunden mit Erfahrungen – zu verstehen, solange werden sie Feinde und Gegner bleiben.

Die Welt kann nur gerettet werden, wenn die Menschen ihre seelische Verbundenheit wieder finden werden.

Fortsetzung folgt.