Kategorien
Tagesmail

Montag, 27. Februar 2012 – Kairos

Hello, Freunde der Frauen,

im SPIEGEL gibt es so gut wie keine Frauen in den Leitungsgremien, obgleich bereits Aust einen Arbeitskreis zur Erhöhung der Quote gegründet hatte. Selbstverständlich sind die heutigen Chefs voll auf der Seite der Feministinnen, was bedeutet: für Frauen kein Durchkommen.

Nun fordern prominente Frauen eine Quote von 30% in Führungspositionen. Soll das ein Witz sein? Bei etwa 50% Frauenanteil in der Bevölkerung? Wie ist die normale Antwort auf die Frage, warum Frauen zu wenig Karriere machen? Sie würden zu wenig fordern und zu sehr darauf vertrauen, dass sich ihre Fähigkeiten langsam, aber sicher herumsprechen werden. Bei Männern, die nicht zuhören können?

Täglich werden 100.000 Emails und Datenverbindungen vom Geheimdienst gerastert und gespeichert. Heribert Prantl wird zunehmend grantiger mit der Dritten Macht, die verantwortlich dafür sei, dass Telekommunikation keinen Schutz mehr genieße.

Von Anfang an habe das Bundesverfassungsgericht sich von Beteuerungen der Profi-Staubsauger einlullen lassen, dass sie sich in ihrem Informationshunger mäßigen würden. Das Gegenteil ist geschehen. Der frühere Verfassungsrichter Kühling habe vor dieser Entwicklung vergeblich gewarnt. Das Fernmeldegeheimnis könne man als Totalverlust abschreiben. Da redet man davon,

den Linksextremismus eindämmen zu müssen, Gysi und Ramelow zu überwachen, weil sie Feinde unserer Verfassung wären.

Das Grundgesetz wird von denen zerstört, die es schützen sollten. Von Extremisten der Mitte oben ganz rechts. Revolutionen in Deutschland kamen meistens von oben.

Höchste Zeit, Herrn Wagner von BILD nachhaltig zu ächten. Wie er einen SZ-Kommentator, der Gauck als Apostel kritisiert hatte, verbal zu eliminieren versucht, grenzt an anschwellende Pogromstimmung. Noch einen Schritt weiter und es fliegen die Fetzen.

BILD bestimmt, dass Wulff geht, BILD bestimmt, dass Gauck, der Pastor, kommt. „Noch mehr Geld für Pleite-Griechen? BILD sagt NEIN“. Auch diese Peanuts werden von BILD bestimmt. Für BILD sind die leisesten Argumente gegen Religion BILD-Lästerungen. Schlagt ihn tot, er ist nur ein ungläubiger Kritikaster.

Indessen geht ein Ossipastor auf österliche Huldigungsreise. Sein geistlicher Chef war mit dem Esel in Jerusalem eingeritten. Der Jünger fährt mit gepanzerter Limousine, Chauffeur, Bodyguards und vielen Journalisten ein. Die Zeiten, die sind nu mal anders.

Hält eine Rede, wie immer frei – er hat schon so viel gepredigt in seinem Leben, da wird er doch das Gröbste behalten haben –, die CDU ist begeistert. Der Funke des Heiligen Geistes ist übergesprungen.

Gab es kritische Fragen, Herr Gauck? „Hab ich keine gehört.“ Das gehört sich auch nicht, einen geladenen Hirten mit kritischen Fragen zu behelligen. Wie war sein letzter Satz: „Ich habe noch viel zu sagen.“

Und wie geht es weiter im Märchenbuch? (Der Kandidat komme sich vor „wie im Märchen“, sagte er. Einem seiner Enkelkinder soll die Mutter gesagt haben: Opa wird König von Deutschland. Kinder muss man Demokratie in Märchensprache beibringen, die verstehen nix von Wahl und Volk, stimmts?) Wir kennen die Antwort, sie steht in Gaucks Agenda-Buch: „Es gibt aber noch viel andres, was Gauck getan und geredet hat: und wenn eins nach dem anderen aufgeschrieben würde, glaube ich, sogar die Welt könnte die Bücher nicht fassen, die geschrieben würden.“ (nach Joh. 21,25) Keine Angst, Herr Apostel, heute haben wir BILD. Die wird schon alle Helden- und Königstaten aufschreiben, sogar die, die sie selbst erfinden wird.

Der Kandidat redet gern, oft zu gern, schreibt sogar die FAZ, bislang als neuheidnische Gegnerin der Kanzelredner noch nicht aufgefallen. Gauck glaube an die Kraft seiner Worte. Er wolle nicht nur schön reden, sondern auch menschenverändernd: „Es ist mir immer (!!) gelungen, Menschen zu etwas zu bringen, was sie sonst nicht getan hätten.“

Käme dieser Satz vom nordkoreanischen Diktator, wir würden von Gehirnwäsche sprechen. Die FAZ spricht von einem quasitheologischen Anspruch. Das harmlose Wörtchen quasi muss dafür herhalten, dass die alleinherrschende Theologie sich hinter einer Als-ob-Verweltlichung verstecken und Deutschland sich der trügerischen Meinung hingeben darf, ein säkulares Land zu sein.

Gauck sage den Leuten, „wozu sie da sind“. Und wozu? Dass die Leute „gegen ihre Ängste leben und dieses Land lieben“. Gegen die Ängste der Menschen muss langsam etwas getan werden. Da konnte ein Schnäppchen-Wulff mit Hannoveranerstimme nicht mithalten. Da braucht es einen modulierungsfähigen Rostocker Bariton, der glaubwürdig versichern kann: in der Welt habt ihr Angst, seid getrost, ich habe die Welt quasi überwunden. (Joh. 16,33)

Den Krieg in Afghanistan findet er toll, denn er sei gar kein Krieg, sondern eine Missionsfahrt mit offenen Herzen und Haubitzen: “Ich wünsche mir, andere deutsche Armeen wären auch mit so tollen Motivationen ausgezogen.“ Da zogen sie aus mit Heissa und Tschindarassabum.

Die rechte, gläubige Motivation, mit Liebe angerichtet, macht alles neu, rein und obrigkeitsfest. Liebe und tu, was du willst, sündige tapfer, nur glaube.

Heinemann liebte seine Frau, nicht das Land. Liebt Gauck seine Frau denn gar nicht mehr, dass er das Land so platt lieben muss? Vor allem, liebt das Land auch verfassungsgemäß zurück?

Welcher Wüstling hat gegiftet: Gauck sagte bisher gar nichts, dies aber sehr schön? Wenn er noch viel von demselben zu bieten hat, hat er noch sehr viel nichts zu sagen.

Früher wollte er nicht bloßer „Sonderbeauftragter der Bundesregierung“ sein, sondern „Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung“, das klinge wichtiger. Als er die Grünen becircte, sprach er von der Magie der Begegnung – wer war wohl da der Magier?

Gelegentlich ist er so gerührt über die Magie seiner eigenen Worte, dass er authentische Tränen vergießen kann. Die fürsorgliche FAZ gibt ihm den väterlichen Rat, mit Tränen sparsamer umzugehen. Indeed, wenn ganz Europa sparen muss, haben wir’s mit Tränen auch nicht mehr so dicke.

Aylin Selcuk leitet die „DeuKische Generation“, die TAZ hat sie nach Gauck befragt. Warum klingt hier alles ganz anders als bei CDU und den Grünen?

Gauck würde spalten und ausgrenzen, statt zu vereinen und zu versöhnen. Im Zusammenhang mit Muslimen habe er gar von Überfremdung und Feindschaft gesprochen. Das Zitat sei nicht verfälscht. Mit Wulff sei man weit weniger behutsam umgegangen.

Die Presse berichte einseitig, als sei es ungehörig, Gauck zu kritisieren. Gauck hatte ursprünglich die Feier für die Neonaziopfer abgelehnt. Mit welchen Argumenten eigentlich? Wär das nicht schon Grund genug, ihn nach Rostock auszugliedern?

Nun hat er dennoch teilgenommen. Ob das kein Zeichen seiner Lernfähigkeit sei, fragt suggestiv die TAZ. Und wie der Mann lernfähig ist. Sofort hat er kapiert, dass er seine Kandidatur in den Schornstein hätte schreiben können, wenn er kein pastoral geübtes Gesicht neben seiner geliebten Kanzlerin präsentiert hätte.

Auf den Apostel der Freiheit schreibt die ZEIT geradezu Hymnisches, er überzeuge sogar Atheisten. Dann dürften Wetten fällig sein, ob der Bund der Gottlosen die Amtsperiode des „Stellvertreters auf Erden“ überleben wird.

Gauck brauche kein hohes Podest, er habe bewiesen, dass er auch in der „Wüste predigen“ könne. Tatsächlich, predigen steht da, auch Wüste. „Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste“, sprach Johannes der Täufer. Womit Gauck sein eigener Herold als Johannes ist, der seine eigene Ankunft als Erlöser prophezeit. Eine Doppelfunktion, die nicht mal Jesus schaffte.

Dass die Bundesrepublik, das Land, das wir so innig lieben sollen, nebenbei als Wüste vorgestellt wird, ist systemnotwendig. Ein blühendes Gemeinwesen bräuchte ja niemanden, über den gesagt werden muss: „Machet den Weg des Herrn gerade.“ (Joh, 1,23)

Kinder, lasst uns erst mal was singen“, pflegt er seine Schäfchen anzusprechen. Womit er der gute Vater der Kinder, der Hirte mit dem Lämmlein auf der Schulter, sein muss.

Als er in Halle in die für ihn hergerichtete Halle einzieht, wird er von Wüstenbewohnern nicht erkannt. So anonym, unbekannt und unscheinbar lebt er noch, bevor die Welt seine wahre Qualität erkennen wird.

Experten reden von einem apokryphen Messias. „Ihr aber, für wen haltet ihr mich“, fragt der Herr seine Jünger. Er weiß es selbst noch nicht, dass er der Berufene ist. Die Zweifel an seiner Berufung müssen seine Jünger und Gläubigen beseitigen. Die spontane Akklamation der unbedarften Herzen bereitet ihm den Weg und macht seine Steige gerade.

„Wir suchen jetzt Züge des Andersseins“, sagt Katholik Thierse, wohl wissend, dass „das ganz Andere“ ein Synonym für das Göttliche ist. Der Vorgänger habe das Amt derart ver-wüstet, dass die Not groß sei. Aus tiefer Not schreien wir zu Dir, oh, Gauck erhör unser Flehn.

Entscheidend sei nicht die Gabe des schönen Redens, sondern das christliche Reservoir, aus dem der Redner schöpfe. Auf die dümmliche Frage, ob es keinen Widerspruch gebe zwischen Demokratie und Credo, ist Thierse ganz verwundert. Im Gegenteil, Widersprüche seien von vorgestern:

„Inzwischen sind christliche Grundüberzeugungen Inhalt einer gemeinsamen säkularen Zivilreligion geworden, die unsere Demokratie grundiert.“ Da müsste man doch nebenbei fragen, wieso es überhaupt zu Differenzen kommen konnte, wenn die Christen die Demokratie erfunden haben wollen? Haben sie das früher ein bisschen übersehen? Oder sind inzwischen auch demokratische Neuübersetzungen der Schrift auf den Markt gekommen?

Gauck sei der geniale Übersetzer – wie Luther der Übersetzer der Bibel? – christlicher Traditionen in die profane zivilreligiöse Debatte. Profan heißt nichtheilig, religiös heißt heilig: also in die nichtheilige heilige Debatte? Weg mit solcher Kleingläubigkeit.

Unsere heutige Vorstellung von Menschenwürde fuße auf der Idee der Geschöpflichkeit und Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Die Gleichheit aller vor Gott passe zur Würde des Menschen. Da wäre das Grundgesetz nichts anderes als eine Fußnotiz zur Bibel?

Vor Gott sind alle Menschen gleich, soll in Wenn der Mensch gottebenbildlich ist, müsste er Ihm wie aus dem Gesicht geschnitten sein. Wie ist Er denn, dass man von Ihm auf seine Kopie schließen darf? Nehmen wir nur ein harmlos Wörtchen heraus. „Denn der Herr, dein Gott, ist ein verzehrend Feuer, ein eifersüchtiger Gott.“ (Dass der moderne Mensch sich wie Gott gibt, ist auch den Theologen schon aufgefallen. Das halten sie seltsamerweise für die Frucht des Unglaubens und der Gottlosigkeit. Dabei ist es nur die Erfüllung der Verheißung, dass der abendländische Mensch sich gottgleich die Erde untertan machen sollte, was er pflichtgemäß getan hat.

Wahrhaft gottgleich ist er auch in der Disziplin des Zerstörens der Schöpfung. Als Ebenbild des Schöpfers kann er nach Belieben eine neue Natur aus dem Ärmel ziehen, wenn ihn die alte nervt. Das nennen theologiegleiche Ökonomen wie Schumpeter fruchtbare Zerstörung.

Wir hätten zwar, so Thierse, die Trennung von Kirche und Staat, aber keine Trennung von Religion und Politik. Gut zu hören, dass der Staat unpolitisch ist, damit man die wahre Macht in evangelischer Harmonie mit dem Glauben vereinigen kann. Damit haben wir endgültig amerikanische Verhältnisse, die Kirche hat nichts mit Washington zu tun, sie bestimmt nur alles in Amerika.

Irgendwoher müssen die vielen klerikalen Kandidaten ja kommen, von Gauck über Käßmann bis Huber und Göring-Eckardt. Nach dem neoliberalen Kladderaddatsch rettet uns die Woge der Geistbegabten.

Da gucken katholische Bischöfe ganz neidisch, dürfen sie doch nicht nach Bellevue, sonst kämen sie in Loyalitätskonflikte mit ihrem Chef in Rom. Schon mosern die ersten stolzen Papstuntertanen wie Linkskatholik Geißler, die Lutheraner würden in Berlin dominant werden.

Die Politikerklasse, fährt Thierse fort, bräuchte einen Präsidenten, der „nicht so gemein ist, wie wir voneinander denken. Wir wollen auf ihn schauen, ohne an die eigene Gewöhnlichkeit denken zu müssen.“ Die Bürger sehnten sich nach Politikern, an die sie „glauben könnten“. Aller Augen sind auf dich gerichtet, oh Gauck, sei uns das Vorbild, das wir dringend in unserer säkularen Verkommenheit benötigen, auf dass wir an dich glauben können.

Ein Rostocker Theologieprofessor weiß die Hymne noch ekstatischer zu singen. Gauck sei geistesgegenwärtig. Geistesgegenwart sei die Kernkompetenz des Predigers, „die Zeichen der Zeit zu lesen und daraufhin das Richtige zur richtigen Zeit zu tun“. Theologen würden von Kairos sprechen.

Für Giorgo Agamben ist Kairos die messianische Erfüllung oder die Außerkraftsetzung des Gesetzes. Mit anderen Worten, wer die Fähigkeit besitzt, die rechte Zeit zu bestimmen, bestimmt auch, in welcher Epoche der Heilsgeschichte wir stehen und welche Moral gerade angesagt ist.

Solche Kairosexperten hatten wir bei den Nazis: Welch Glück, dass Ich euch gefunden habe, wie ihr mich gefunden habt, sagte ein Führer im Einigungsrausch mit seinem auserwählten Volk.

Im Marxismus und Leninismus nannte man die Künder der Zeit Parteifunktionäre in Ledermänteln, die Herren über Tscheka und den Gulag.

Der Gegensatz zum Kairos war Chronos, die normale Zeit, das irdische Abbild – wenn wir Platon folgen – einer zeitlos wandellosen Wahrheit.

In der Zeit des Kairos gibt es immer was Anderes und Neues als jeweilige Durchsage des Gottes. Das Alte ist vergangen, es ist alles neu geworden. Die Lehre vom Kairos ist der Kern der Postmoderne, in der kein Stein auf dem andern bleiben darf, und sei er noch so gut, wahr und schön.

Jeder kennt die Preisung auf den Kairos im Buch des Doch diese Ereignisse stehen noch unter der ewigen Wiederholung des Gleichen. Nichts für eine rastlos fortschreitende Heilsgeschichte, in der der Gott der Zeit ständig neue Zeitgeistparolen für seine Untertanen ausgibt. „So habe denn auch ich ihnen Satzungen gegeben, die nicht gut waren und Gebote, durch die sich nicht am Leben bleiben konnten“, bereut Jahwe frühere Moralverirrungen. (Öfter mal was Neues beim unfehlbaren Herrn, der sich auch mal irren kann und sich von Zeit zu Zeit was Neues ausdenken muss. Womit klar ist, woher die ewige Neuerungssucht und der Relativismus der Moderne kommen.

Dass schon beim Prediger nicht nur das Natürliche in seiner rhythmischen Wiederholung zu erkennen war, zeigen die Verse: „Töten hat seine Zeit, Steine werfen hat seine Zeit, Hassen hat sein Zeit und der Krieg hat seine Zeit“. (Pred. 3, 1 ff) Da freuen sich alle Rechtgläubigen dieser Welt, die gerne mal Unzüchtige und Ketzer steinigen, hassen dürfen. Wer hat das letzte Wort beim prophetischen Kairos? Der Krieg.

Gaucks Predigt, so der Theologe, sei immer säkulare Rede, weil sie sich im Säkulum am Aeternum orientiere. Der Pastor betrachte die Gegenwart vor dem Horizont der Ewigkeit.

Die Wortverdrehkünste der Gottesgelehrten sind unermesslich und dreist. Säkular ist, was nicht säkular ist, sondern im Horizont des Ewigen „erschaut“ wird. Da der Spruch der Ewigkeit über das sündige Erdenleben längst festliegt – alles ins Feuer, um dem Neuen Platz zu schaffen –, dürfen wir uns auf die kairotischen Fähigkeiten des Kandidaten freuen, wenn er meldet, dass es an der Zeit wäre, all diejenigen, die ihm nicht glauben, ein wenig zu steinigen, zu hassen oder einen kleinen tollen Krieg in einem muslimischen Staat zu führen. Ob nicht ein kleines Scharmützel gegen den Iran längst an der Zeit wäre? Aufregende Zeiten stehen uns ins Haus mit dem neuen Propheten der Geistesgegenwart!

Ein anderer Theologe spricht von der „gelebten Freiheitserfahrung“ des Ex-Rostockers. Die Leute spürten, dass hier Wort und Tat übereinstimmten. Im Übrigen hielte er keine frommen Predigten, sondern das Religiöse bleibe in seinen Reden implizit. Verantwortung für andere Menschen übernehmen sei die zentrale Essenz christlicher Ethik.

Der Tausendsassa kann den Menschen christliche Botschaften unter die Weste jubeln, ohne dass diese es bemerken. Ist das nicht ordinäre Zauberei und Betrug im Namen des Höchsten? Mit scheinweltlicher Rede will er das neuheidnische Publikum zurück in die Kirche locken?

Genau das sei die rechte Gegensprache gegen die entleerten Formeln der Politikerkaste, auf keinen Fall eine Gefahr christlicher Überfremdung. Pastorale Rede sei keine Besserwisserei, sondern „Ermutigung zur Mündigkeit“.

Da können wir beruhigt aufatmen, dass gerade ein Zeitfenster offen steht, wo wir ein bisschen mündig sein dürfen. Liebe Deutsche, nutzen wir schnell das gnadenreiche Geschenk der Freiheit, um voll Lobens und Rühmens die Hymne auf den nächsten Bundespräsidenten anzustimmen, der es schaffen wird, Thron und Altar in eine nicht unbekannte Synthese zu bringen.

Wovor Popper gewarnt hat, ist eingetreten: wir haben wieder Richter und Propheten. Demokratie ist von ihrer uralten Gegnerin, der Theokratie, sachte ihres Weges geführt worden.

Es war, als hätt der Himmel, die Erde still geküsst, dass sie von ihm nur träumen müsst. Deutschland ist wieder einmal erwacht und hat seinen himmlischen Traum zur irdischen Realität gemacht.