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Kruzifix

Hello, Freunde des Kruzifix‘,

gestern noch war SPD-Schulz für das Abhängen der Kruzifixe im öffentlichen Raum, über Nacht will er alles lassen, wie es ist. Die Lernfähigkeit des Kandidaten ist schneller als die Lichtgeschwindigkeit im gekrümmten Raum. Er lernte ganz schnell, dass in der deutschen Theo-Demokratie kein Blumentopf gegen Kirchen und das liebe Jesulein zu gewinnen ist.

Nicht gegen das liebe, sanfte, schmachtende Jesulein, sondern gegen den gekreuzigten, gemarterten, aus allen Wunden blutenden, leidenden, seufzenden und sich ängstigenden Herrn, den Christus triumphans im Dienst der CSU und des christlichen Abendlands, des jesuanischen Westens, der eschatologischen Moderne und des apokalyptischen Fortschritts.

Die romanische Epoche zu Beginn des Abendlands präferierte den siegenden Heiland im Triumphkreuz, die Gotik – schon tief gebeugt unter dem Joch des Klerus – ging zum Gemarterten über. Heute wird der Leidende bevorzugt, um den Siegenden zu verdecken. Man propagiert Demut, um den evangelikalen Willen zur Macht zu kaschieren. Fühlt sich die Kirche benachteiligt, stilisiert sie sich als ecclesia patiens, ist sie wieder obenauf, verwandelt sie das Marterl in einen Vorschlaghammer.

„Das christliche Symbol will Schulz, der Präsident der Europäischen Kommission werden will, wie alle religiösen Symbole aus dem öffentlichen Raum verbannen. Vor einigen Tagen hatte er in einer TV-Debatte gesagt, dass zwar jeder die Möglichkeit haben solle, seinen Glauben persönlich zu zeigen. Der öffentliche Ort müsse jedoch „neutral“ sein, darauf müsse er bestehen. Schulz sieht

in Europa „das Risiko einer sehr konservativen Bewegung zurück“. Dies müsse bekämpft werden.“ (Thomas Sebastian Vitzthum in der WELT)

Ein einziger Artikel in der WELT genügte als Schuss vor den Bug und schon ruderte Schulz zurück. Alles Missverständnis, erklärte er nach Art der SPD-Karrieristen: „Kreuze sind ein Teil unseres Erbes, über das ich mich bei jedem Spaziergang freue“, sagte Schulz nach einer Wahlveranstaltung in München. (DIE WELT) Unter einer sehr konservativen Bewegung meint er wohl eine sehr christliche, doch das Reizwort zu nennen ist verboten.

Sind Christen konservativ? Sie, die einem Glauben anhängen, der Natur zerstören, die Welt verfluchen und die Masse der Menschen verdammen muss? Hieß konservare nicht: bewahren? Was wird bewahrt, wenn der Herr kommt und die Welt in Trümmer legt?

„Es werden Tage kommen, wo kein Stein auf dem andern bleiben wird, der nicht zerstört würde.“ „Oh Jerusalem“, prophezeit der göttliche Menschenliebhaber der heiligen Stadt, „es werden Tage über dich kommen, wo deine Feinde deine Kinder zu Boden schmettern und keinen Stein auf dem andern lassen werden, weil du die Zeit deiner gnadenvollen Heimsuchung nicht erkannt hast.“

Schröder begann als Atheist und endete unter dem Altar Hubers, Steinbrück begann als Gottloser und war nach einem längeren Gespräch mit Huber-Käßmann-Schneider schnell mit sich und seinem Gott im Reinen. Das ist der Charme der SPD, die einstmals als gottlose Rotte begann und nach dem Kriege die meisten Pastoren als Abgeordnete in ihren Reihen hatte. SPD-Aufsteiger übernehmen aus Dankbarkeit gern die Ideologie jener, die sie auf der Elitenplattform in Empfang nehmen. Helmut Schmidt ist der einzige unter den Paläoproleten, die ihren persönlichen Gott noch nicht gefunden haben.

Die Ursünde liegt bei Marx, der die Kritik der Religion als Voraussetzung aller Kritik bezeichnete, seine eigene Geschichtstheorie aber als Imitation der christlichen Eschatologie entwarf, seine Proleten als Auserwählte und die Ausbeuter als Höllenbrut beschrieb. Dann können wir auch gleich zum Original zurückkehren, sagten sich seine GenossInnen und begannen „Ein feste Burg ist unser Gott“ zu schmettern.

Vor nicht allzu langer Zeit gab es SPD-Demos, die von evangelischen Seelenhirten im Luther-Ornat angeführt wurden. Keine Legislaturperiode, die nicht mit einem ökumenischen Gottesdienst begönne, wo die GroKo auf kurzem spirituellem Amtsweg in die Wege geleitet wurde. Über dem Berliner Regierungsviertel wabern keine CO2-Emissionen, sondern der Heilige Geist erleuchtet die Herzen und Sinne zum Wohle des kirchenfernen, aber nibelungentreuen christlichen Volkes.

Das glückliche Volk der Bayern kann man nur bedingungslos lieben. Wer aber die außerhalb aller Realität entstandenen Paranoia-Sprüche der Krachledernen verstehen will, darf nicht vergessen, dass die Aufklärung in Preußen begann, und die Bayern noch nie die besten Freunde der Preußen waren.

Schlechterdings das Gegenteil aller historischen Wahrheit verkündet ein CSU-Weber und bestimmt kein einziger Landsmann wird ihn fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat:

„Weber meint, dass der Staat durch den Verzicht auf religiöse Symbole immer noch parteiisch wäre. „Würden wir die religiösen Symbole aus dem öffentlichen Raum verbannen, würden wir denjenigen ein Monopol einräumen, die keinen Glauben haben“, sagte er der „Welt“.“

Der CSU-Generalsekretär Scheuer muss seinen Kollegen Weber noch überbieten:

„Nicht nur, dass Schulz öffentliche Räume zu kruzifixfreien Zonen machen will: Er sieht ein ,Risiko einer sehr konservativen Bewegung zurück‘, und die müsse ,bekämpft‘ werden.“ Darin liegt laut Scheuer der größere Skandal: „dass Schulz das Christentum und christliche Symbole zu einer Gefahr für die religiöse Toleranz erklärt! Schulz stigmatisiert damit christliche Symbole. Schulz ist eine Gefahr für die religiöse Toleranz in Europa.“

In Bayern scheinen die Uhren anders zu gehen. Dort müssen die Hexenprozesse von zwei Atheisten angeregt und vom Vatikan gestoppt worden sein. Die Inquisition war eine Erfindung Voltaires und die Kreuzzüge eine Schnapsidee von Agnostikern. Lessing hat sich seinen Nathan den Weisen aus den Fingern gesogen und alle Religionskriege, Ketzerverbrennungen, vatikanischen Hassäußerungen gegen Menschenrechte – bis in die Hälfte des letzten Jahrhunderts – sind üble Erfindungen gottloser Historiker. Papst Pius war kein Bewunderer des Führers und Hitler kein Katholik, der in seiner Jugend Priester werden wollte.

Bayern braucht kein aufwendiges Wahrheitsministerium wie Orwells 1984, dort genügt der normale Religionsunterricht, um Kinder zu belügen, dass sich die Balken biegen. Mit welcher Toleranz Christen Ungläubige traktieren, zeigen Scheuers weitere Erläuterungen aus dem Wörterbuch gottbesoffener Almjodler:

«Schulz zeigt mit seinen Äußerungen sein wahres Denken eines Europas ohne Wurzeln und ohne Koordinaten, ein Europa der geistigen Beliebigkeit und des bürokratischen Einmischens.» Das Christentum sei zudem nie eine konservative, sondern immer eine fortschrittliche Bewegung gewesen, sagte Scheuers CDU-Kollege, Peter Tauber, der „Welt“.

Merke, Christen sind immer alles: konservativ und fortschrittlich, sie lieben alle Menschen, doch d’Leut mögen sie nicht, sie sind tolerant, doch wehe, du bist ein Gottloser.

Doch noch immer sind wir nicht an der Spitze christlichen Selbstbeweihräucherung angelangt. Die wird von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt geliefert:

„Wer in Europa christliche Symbole aus dem öffentlichen Raum verbannen will, verleugnet die Identität Europas. Europa ist und bleibt ein Kontinent mit christlich-jüdischen Wurzeln. Das prägt maßgeblich die Identität Europas.“

Damit sind wir endgültig im Bereich der Orwell‘schen Geschichtsfälschung angekommen. Dass die Wiege Europas in Altgriechenland stand, dass dort der Logos, die Aufklärung, das Denken, die Demokratie, die autonome Moral, die Freiheit und die universellen Menschenrechte, das Naturrecht der Schwachen, die Wissenschaft, Kunst, die Philosophie in allen Variationen – die das spätere christliche Europa nur plagiierte, verwässerte und verfälschte –, das Drama, die Geschichtsschreibung, die Medizin, Mathematik, Astronomie, die Völkerkunde, Geographie, die Naturpoesie und die Liebe zum Kosmos, die Selbsterkenntnis, der mäeutische Dialog, das disziplinierte Streitgespräch, die Rhetorik, der Sport, der liebende Wettbewerb im Suchen der Wahrheit, die Gleichheit aller Menschen, die Skepsis, der philosophische Eros, die Pädagogik, die Tragödie und Komödie, die Reisebeschreibung, die Neugier auf andere Kulturen, Toleranz und weitere Kleinigkeiten dieser Art das Licht der Welt erblickten: all dies hat Europa geprägt. All dies hat Europa vergessen.

Nicht zu glauben, sie hatten auch Fehler und Defekte, erfanden den Faschismus, den demokratischen Imperialismus, das Naturrecht der Starken, verurteilten den Sokrates zum Tode – den ein gewisser Jesus von Nazareth vergeblich zu imitieren trachtete –, waren leidenschaftliche Sykophanten und Denunzianten, liebten den Krieg, schmähten und höhnten mit Leidenschaft: nichts Menschliches war ihnen fremd.

Was hätte aus den griechischen Anfängen werden können, wenn nicht eine Liebesbotschaft vom Himmel diese stolzen Humanitäten in Grund und Boden verdammt, die meisten der griechischen Bücher zerstört und die Erinnerung an Epikur, Demokrit und Euripides fast vernichtet hätte.

Es war ein Kulturschock und ein kollektives Massaker an Gedanken, Ideen, Lebensfreude und Humanität, wie kaum ähnliche Ereignisse in der ganzen Geschichte der Menschheit – mit Ausnahme der brutalen Ausrottung aller Eingeborenen-Kulturen durch christliche Missionare rund um den Planeten.

Es dauerte mehr als 1000 Jahre, bis in Italien die erste Leidenschaft fürs Griechische sich wieder regen durfte, ohne dass liebende Priester Andersdenkende und Ungläubige ins Feuer schicken konnten.

Von Italien zog die Aufklärung über Frankreich nach England und nach Frankreich zurück. Erst unter Friedrich dem Großen wurde ein Hauch von Aufklärung in brandenburgische Sumpfgebiete transplantiert. Ein gewisser Kant durfte im fernen Königsberg der Religion die Grenzen aufweisen.

In Holland wurde von orthodoxen Rabbinern ein scharfdenkender jüdischer Religionskritiker namens Spinoza gebrandmarkt, in vielen Ländern waren Andersdenkende Opfer einer gnadenlosen Klero- und Aristokratie.

Wie viele Sklaven wurden aus Afrika unter schrecklichen Bedingungen in den christlichen Westen transportiert? Begleitet von Gebeten der Priester und Frommen, selbst die Kirche hatte bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Spanien Sklaven unter ihrer Knute.

Gab es mal einen Popen, der Gefühle zeigte ob der unüberbietbaren Brutalitäten seiner Glaubensgenossen an Eingeborenen in Kuba, Südamerika, wie der Dominikaner Bartolome de las Casas, wird er heute gleich als Erfinder der Menschenrechte und als Apostel der Indianer aufs Treppchen gestellt.

Schaut man genauer hin, kritisierte er zwar die Misshandlung der physisch schwachen Indios in Südamerika, um als Ausgleich aber die Versklavung robuster Afrikaner zu empfehlen. Das wird noch heute mit dem Argument verteidigt, de las Casas sei nicht der Erfinder der schwarzafrikanischen Sklaverei gewesen.

Genügt es vielleicht, dass er diesen ungeheuren Völkermord und diese Rassendemütigung – von anglikanischen Neucalvinisten bis in die Regierungsjahre Lyndon B. Johnsons in protestantischer Selbstgerechtigkeit verteidigt – kraft seines seines berühmten Namens für Jahrhunderte absegnete?

Bayern, tretet vor. Ich höre gar nichts mehr von euch. Hat‘s euch die Sprache verschlagen? Alles Schnee von gestern? Das wäre ja ungeheuerlich, wenn das noch Schnee von heute sein könnte. Oh ja, heute seid ihr weit entfernt von solchen Gräueln. Wisst ihr nicht den Grund? Es ist die Aufklärung, die euch halbwegs zu Menschen gemacht hat.

Soll ich euch was sagen? Ihr seid gar keine Christen, Gott sei gelobt und gepriesen. Ihr seid, wenn ihr euch nicht gerade mit Weißbier und Hoeneß zudröhnt, normale Demokraten, nicht besser und schlechter als Sachsen und Hinterpfälzer.

Das seid ihr nur deshalb, weil ihr eine riesige Fälschung begangen habt. Eure humane Moral verdankt ihr der Aufklärung, die ihr derselben bei Nacht und Nebel abgeluchst habt, um sie als Früchte eurer Marterl-Idolisierung auszugeben. Das nennt man Etikettenschwindel allergrößten Ausmaßes. Damit unterstützt ihr eine inhumane, ja faschistische Religion, der man in demokratischen Zeiten die Krallen gestutzt hat und die nun samtpfötig im Geist der Zeit daherschleicht.

Doch wehe, die Kirche wird wieder triumphierende Kirche, dann wird sie alle Schreckensinstrumente, die sie momentan unter dem Altar versteckt hält, wieder ausgraben und euch zeigen, woher ein Inquisitor seine heiligen Texte bezieht.

Euer Christus ist ein Muster an Toleranz? Von wem sind dann die Worte:

„Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, der kann nicht in das Reich Gottes kommen?“ „Wer glaubt, wird gerettet werden, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich.“ „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet, wer nicht glaubt, ist schon gerichtet.“ Und so weiter und sofort durch alle Verdammungen und Verfluchungen des Alten und Neuen Testaments. Vom Sündenfall bis zum Jüngsten Gericht. Wozu die Einrichtung der postmortalen Hölle, ihr liebwerten Bayern? Zum Feiern des Oktoberfests?

Eure Dreistigkeit im Fälschen ist umgekehrt proportional zu euren Bibelkenntnissen. Schon mal den Namen Deschner gehört? Schon mal einen einzigen Band seiner „Kriminalgeschichte des Christentums“ durchgeblättert? Ihr seid keine Christen, habt von Christentum so viel Ahnung wie Google von Demokratie – und verteidigt just die Religion, die ihr als Katze im Sack anbetet.

Euch möchte ich hören, wenn euch ein Ignorant übers Bierbrauen belehren wollte. Doch ihr bramarbasiert über Christentum und Abendland wie Volltrunkene über den Satz des Pythagoras. Euer ganzes christliches Credo ist zu einem Schnadelhüpferl zusammengeschnurrt: Mia san mia. Mit diesem krachledernen Gestammel wollt ihr die ganze Welt erklären?

Technologisch und wirtschaftlich steht ihr an der Spitze der BRD. Was aber die Benutzung des eigenen Kopfes betrifft, befindet ihr euch im alpenländischen Paläolithikum. Wenn ihr in Prozessionen durch eure wunderbaren Wiesen zieht, fühlt ihr euch durch einen gefolterten Menschen auferbaut? Der stellvertretend für eure Dummheiten leiden und sterben musste?

Seid ihr zwanghaft und neurotisch in den Tod verliebt? Seid ihr unfähig, für euer Leben selbst Verantwortung zu tragen? Braucht ihr immer andere, die für euch die Kohlen aus dem Feuer holen? Wollt ihr euer ganzes Leben als unmündige Sünderlein verbringen, die ihre Idiotien und Brutalitäten auf andere werfen? Seid ihr unfähig euch selbst zu helfen, ihr, die ihr die größte Schnauze der BRD habt? Ihr Großschwätzer lebt auf Kosten eines Unschuldigen? Und warum? Nur, weil eure Popen euch dies seit Kindesbeinen eingetrichtert haben?

Was ihr tun könnt? Nein, den Schulz könnt ihr nicht mehr wählen. Wer so schnell vor euch kapituliert, der ist unwählbar geworden.

Geht erst mal hin und befreit den Gekreuzigten von euren barbarischen Marterln. Lasst den harmlosen Irren am Leben und nehmt ihn mit zum Trachtentanz, dass er die Liebe zum Leben lerne. Dann sehen wir weiter.