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Historischer Vergleich

Hello, Freunde des historischen Vergleichs,

jeder Vergleich hinkt, dennoch muss verglichen werden. Identische Ereignisse gibt es nicht, dennoch steht der Mensch unter Wiederholungszwang.

Eine masochistische Frau, die sich von ihrem sadistischen Mann trennt, wird – sofern sie ihren Masochismus nicht bearbeitet – nicht den identisch-alten Mann wiedernehmen (auch das kommt vor), sondern einen neuen, dem alten überaus ähnlichen, Brutalinski. Je stärker der Wiederholungszwang, umso ähnlicher die wiederholten Vorgänge.

Gibt es den Wiederholungszwang, wäre moderner Fortschrittsglaube eine Illusion. Zukunft wäre nichts als Wiederholung des Vergangenen. Der Wiederholungszwang könnte nur ausgehebelt werden durch Erhellen und Verstehen des Alten. Sich täglich neu erfinden wäre eine Phantasmagorie, Kreation des Neuen eine Fata Morgana.

Alles spricht für den Wiederholungszwang, nichts spricht gegen ihn. Silicon Valley, Wallfahrtsort des Allerneuesten, ist die Wiederholung uralter Unsterblichkeitsvorstellungen, des vollständigen Besiegens der Natur durch den gottähnlichen Mann.

Die mächtigsten Staaten des Westens vollstrecken eine Politik uralter Erwählungsideologien. Die Weltgeschichte strebt dem Doppelziel eines uralten Erlösungsglaubens entgegen: dem Garten Eden für Wenige, dem Reich des Schreckens für die Masse der Verlorenen. Fortschritt wäre nur das Gaukelwerk, um sich die Wiederholung des Alten zu verbergen.

Der Begriff Moderne – eine neue Zeit, die sich von der alten absetzt – wäre ein

kollektiver Selbstbetrug. Vermeiden wir den Konjunktiv: der Begriff Moderne ist ein westlicher Selbstbetrug.

Wiederholungszwänge können nur durchbrochen werden durch Selbstbesinnung und Selbsterkenntnis. Dies erforderte eine ausreichende Erkenntnis- und Mußezeit, die von allen wirtschaftlichen Zwängen frei und unabhängig wäre. Eine solche Zeit wäre für alle Wettbewerbs- und Wachstumsimperative pures Gift, das durch Tempobeschleunigung des Erfindens, Produzierens und Besitzerwerbens unschädlich gemacht wird. Unschädlich gemacht werden soll. Der Mensch soll nicht zur Ruhe und Besinnung kommen.

Ergo wird das Tempo der nächsten Maschinenrevolution noch höher, die Mobilität der Beschäftigten rasanter, die Verfügungsgewalt über die Abhängigen gewaltiger. Die Epoche der Gegenwart wäre nicht die freieste aller bisherigen, sondern die untertänigste und sklavischste aller Epochen. Sie hätte die geringste Fähigkeit und Muße, sich auf sich selbst zu besinnen und der Frage zu stellen: ist das Leben, das wir führen müssen, das Leben, das wir führen wollen?

Elitäre Planer der Zukunft denken nicht daran, die Menschheit zu befragen, ob sie mit ihren Phantastereien einverstanden ist. Wollen die Menschen ständig neue Maschinen? Sind sie denn mit den vertrauten unzufrieden? Wollen sie eine endlos wachsende Wirtschaft, die die Natur immer mehr beschädigt?

„Was auf uns zukommt, was uns erwartet“, sind die fatalistischen Formeln der Futurodiktatoren, die sich als Übermenschen gebärden, in Wirklichkeit aber sich dem Schicksal unterworfen haben. Der moderne Wille zur Macht schlägt um in „Liebe zum Schicksal“. Nietzsche spricht von amor fati:

„Ich will immer mehr lernen, das Notwendige an den Dingen als das Schöne sehen: – so werde ich einer von diesen sein, welche die Dinge schön machen. Amor fati: Das sei von nun an meine Liebe!“ Der Titanismus faustischer Welteroberer entlarvt sich als Inschallah: wenn Gott es will. Oder in der Formel des Jakobus:

„Und doch wißt ihr nicht, was morgen sein wird! Denn was ist euer Leben? Es ist doch nur ein Dunst, der eine kleine Zeit sichtbar ist; danach aber verschwindet er. Statt dessen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will und wir leben, wollen wir dies oder das tun.“

Noch nie in der Geschichte haben Eliten dank technischer und naturwissenschaftlicher Fähigkeiten eine derart unwiderstehliche Macht über die Ungebildeten erworben. Es ist die Macht des Wissens, die jede Macht der Faust um Welten übertrifft.

Die Moderne ist eine Zeit des Futuro-Totalitarismus. Fliehe, wohin du willst – im letzten unberührten Winkel des Urwaldes werden dich die Drohnen Obamas zur Strecke bringen.

Vergesst Liberalismus und Individualismus. Noch nie waren wir so gleichgeschaltet und unfrei wie unter der heutigen Allmacht der Ökonomie und Technik. Die Reichen fühlen sich am wenigsten platt gewalzt. Doch ihre Uniformität ist quantitativ am größten. Ihre Geducktheit unter das Tandaradei des Habens kann von niemandem übertroffen werden. Würden Bill Gates, Warren Buffett, die Gebrüder Koch und Sheldon Adelson, „der Besitzer der Republikaner“ (Uri Avnery), sich über Nacht in ein armes Eremitenleben zurückziehen, käme das einer Kriegserklärung gegen den american way of life gleich.

In einem BILD-Gespräch streitet der IG-Metall-Chef Detlef Wetzel mit dem Industriepräsident Ulrich Grillo über die Zukunft.

Grillo: „Wenn ich mir die demografische Entwicklung allein anschaue, werden wir tendenziell mehr und vor allem länger arbeiten. Wer fit ist, wird in Zukunft auch im Alter noch auf dem Arbeitsmarkt gebraucht. Die Arbeitsplätze werden anspruchsvoller und technischer werden. Es wird höhere Anforderungen an die Ausbildung, auch an die Weiterbildung, geben. Der Arbeitsort und die Arbeitszeit werden flexibler. Wir werden künftig mehr Vertrauensarbeitszeit haben. Das heißt, dass die Arbeitgeber darauf vertrauen, dass die Beschäftigten, wenn sie das wollen, auch zu Hause Arbeit erledigen. Und das wird dann auch vergütet.“ (BILD.de)

Maschinen sollten einst dem Menschen dienen. Heute muss der Mensch den Maschinen dienen. Die Maschinen bestimmen das Arbeitsleben der Abhängigen, die immer mehr deren Omnipräsenz unterstellt werden. Je effizienter die Maschinen, umso mehr müssen Menschen ihnen zur Verfügung stehen.

Maschinen sollten einst die Arbeitszeit verkürzen. Davon reden heute nicht einmal Vertreter der Gewerkschaft, die außer Alibisprüchen den Herren der Maschinen nichts mehr entgegenzusetzen haben. Die Gewerkschaften haben ihre Seelen längst der Industrie verkauft. Hauptsache: Arbeit für ihre Klientel. Ob diese die Natur beschädigt oder die Arbeitslosen im Stich lässt, ist ihnen Jacke wie Hose.

Grillo, Erbe eines Familienunternehmens in fünfter Generation (also ein Industrie-„Adliger“ des Ruhrgebiets) hat keine Hemmung, den „Menschen“ als Mittelpunkt seiner futuristischen Alpträume zu bezeichnen: „Der Mensch bleibt Dreh- und Angelpunkt in unseren Industriebetrieben.“

Ja, er wagt es, von Vertrauen zu sprechen. Vertrauensarbeitszeit wird der Kern seiner totalitären Zukunft sein. Vertrauen wird bezahlt. Das ist die letzte und unüberbietbare Perversion des Lebens. Wie Ludwig von Mises forderte, macht sich heute die Allgewalt des Geldes anheischig, das Unbezahlbare des freien und unverfügbaren Lebens in schnöden Mammon zu verwandeln.

Den Huren werfen sie vor, ihren Leib zu verkaufen. Sie verkaufen Leib und Seele, um den allmächtigen Gott des Lohns und der Strafe anzubeten. Lohn ist Vergütung für Gehorsam, Strafe ist Verelendung für mangelnden Arbeitswillen, Inkompetenz oder Rebellion.

Grillo, der den Menschen in den Mittelpunkt seiner Maschinen stellt, lässt keinen Zweifel daran, wer in seiner 4.0-Welt Koch und Kellner sein wird:

„Ich halte Ihre Reihenfolge für falsch. Nur wenn es den Unternehmen gut geht, geht es auch den Beschäftigten gut.“

So deutlich hörte man die Umwertung aller humanen Werte bislang nur in Gottes eigenem Land. Dort besitzen Industriebetriebe mehr Grundrechte als überflüssige Schnorrer. Zuerst die Unternehmer, dann lang, lang nichts. Dann wieder die Unternehmer. Geht es den Starken und Mächtigen gut, geht es den Schwachen automatisch gut. Oder auch nicht.

Die Meldungen, Tycoons würden immer schneller reicher, brausen wie weißes Rauschen im monatlichen Takt an unseren tauben Ohren vorüber. In Krisenzeiten erhöht sich die Bereicherungsgeschwindigkeit der Giganten um ein Mehrfaches. Die Herren des Universums brauchen Krisen, um ihren Reichtum exponentiell in den Himmel schießen zu sehen. Krisenlose Zeiten sind langweilig und bringen zu wenig. Also werden Krisen hergestellt.

Merkel und Schäuble sind nur untergeordnete Gulaschköche des leckeren Festmahles, an dem die Verlierer lustvoll tranchiert werden. Während der Griechenkrise lachten sich die Herren des Fatums ins erwartungsvolle Fäustchen. Nun fallen sie über das Tafelsilber des bankrotten Staates her.

BILD, im Ton des höchstens Entzückens: „Was alles unter den Hammer fällt.“ Warren Buffett, russische, chinesische oder deutsche Milliardäre eilen in sabbernder Vorfreude an die Gestade des Mittelmeers: meine Herren, es ist angerichtet. Minotaurus hat Hellas zum Verzehr frei gegeben.

Wie können die Herren des Fatums gleichzeitig die Knechte desselben sein? Wie Christen die Natur durch Gehorsam besiegen. Bacon stanzte die Formel: Natur wird durch Gehorsam besiegt. Hegels Knecht besiegt den Herrn durch gewitzte Folgsamkeit. Im Gehorsam bis in den Tod besiegt der Gottessohn Tod und Teufel.

„Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave: Sein Leben war das eines Menschen, er erniedrigte sich und ward gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht.“

Das ist der heilige Imperativ der christlichen Moderne. Sie muss die Heilsgeschichte bis zum apokalyptischen Tod vollenden. Dann erst wird der Lohn des Gehorsams ausgezahlt. In der Währung: Herrschaft über alle Ungläubigen. Das ist der Grund, warum die Jetztzeit so hektisch-aktivistisch und gleichzeitig so passiv-fatalistisch ist: im hündischen Gehorsam legt sie die ganze Welt flach. Der Wiederholungszwang der Moderne steht unter dem Gebot der Heiligkeit, die die Erde zum Untergang verurteilt. Doch solange ihr nicht das Himmelreich inwendig in euch besiegt, oh heilige Abendländer, werdet ihr das Reich der Freuden auf Erden nie erlangen. Sela.

Demokratie dient der christlichen Moderne nur als Kulisse. Die wahre Herrin des Fatums ist die Ökonomie der Erwählten. Ökonomie ist zum unfehlbaren Selektionsmittel geworden, die Spreu vom Weizen zu trennen.

„Und er hat seine Wurfschaufel in der Hand: er wird seine Tenne fegen und den Weizen in seine Scheune sammeln; aber die Spreu wird er verbrennen mit ewigem Feuer.“

Die drei mächtigsten Nationen des Westens definieren sich allesamt als erwählte. Amerikas manifest destiny ist sein Sonderweg, die Heilsgeschichte des Herrn auf Erden zu vollenden. Israels Sonderweg ist – trotz atheistisch-zionistischer Anfänge – dem amerikanischen parallel.

Uri Avnery zitiert ein munteres israelisches Volkslied, um den Exzeptionalismus des jüdischen Volkes zu kennzeichnen. Wenn der Vertrag mit dem Iran von führenden Mächten unterzeichnet wird, „wird Israel wieder mit der ganzen politischen Welt im Clinch liegen. Der Wiener Vertrag wird nicht nur von den USA unterzeichnet, sondern auch von allen führenden Weltmächten. Dies scheint eine Situation zu schaffen, die ein munteres israelisches Volkslied so ausdrückt: „Die ganze Welt ist gegen uns, uns aber ist es scheißegal …“ (Uri Avnery)

Deutschland nähert sich im Stechschritt seinem Sonderweg der Vorkriegsgeschichte. Seine militärischen Waffen wurden durch wirtschaftliche ersetzt. Die Meinung der Welt, die sich entsetzt zeigt über die Reanimation eines Vierten Reiches, prallt an der deutschen Autisten-Befindlichkeit ab. Nicht anders als Israel oder der hässliche Amerikaner zeigen sie der Welt den Mittelfinger: Scheißegal. So Jürgen Kaube, Nachfolger des exzeptionellen FAZ-Propheten Schirrmacher:

„Die Welt sieht in uns, was sie will. Leider will sie nie dasselbe. So wird das Deutsche wahlweise bewundert oder verachtet. Und wir? Schämen uns im Urlaub, als Deutsche erkannt zu werden.“ Zur Bekräftigung zitiert Kaube seinen Ex-Kollegen Schümer, der bereits in der Welt ausgeführt hatte: „Wenn man es ohnehin keinem recht machen kann, dann entschuldigt man sich nicht, und man beschwert sich auch nicht. Man buhlt nicht um Zuwendung und ignoriert die Häme.“ (FAZ.NET)

Deutschland wird zur beliebigen Projektionsfläche der Welt. An uns können sie abladen, was immer sie abzuladen haben, ob es mit uns zu tun hat oder nicht. Wie in der mentalen Aufrüstungszeit zum Ersten Weltkrieg wird Deutschland zum „Einkreisungsopfer“ der bösen Welt.

Der Begriff Einkreisung, von Reichskanzler Bernhard von Bülow zum ersten Mal erwähnt, „verbreitete sich rasch und wurde zum Gemeingut nicht nur in nationalistischen Kreisen, sondern auch in den Teilen der Presse, die dem System des Kaiserreiches kritisch gegenüberstanden, wie z.B. im Simplicissimus. Selbst im Bereich der Sozialdemokratie gab es viele Befürworter dieser Vorstellung. Auch liberale Systemkritiker wie Max Weber und Theodor Wolff übernahmen diesen Begriff.“ (Wiki)

Nicht nur der Lyriker Richard Dehmel besang die deutsche „Opferfreudigkeit“. Ernst Barlach empfand die allgemeine Opferstimmung „wie eine Erlösung“. Wie heißt der am meisten in Schulbänke geritzte Spruch deutscher Pennäler? „Hier verkümmerte ein verkanntes Genie.“

Die Welt ist weder willens noch fähig, das Genie der deutschen Exportwirtschaft zu würdigen. Also muss die verkannte deutsche Genialität unter dem projektiven Shitstorm der Welt leiden. Da sie als Siegernation nicht leiden darf, muss sie sich abriegeln. Machet die Schotten dicht, die Neidhämmel der Welt werfen mit Unrat. Noch wiegeln wir ab. Der frühe Thomas Mann hätte uns Feigheit vorgeworfen.

„Bei Thomas Mann spielte der Reinigungscharakter eine große Rolle. In seinen Augen führte Deutschland einen Feldzug gegen die moralische Verkommenheit der modernen Welt. Er hob auf den deutschen „Militarismus“ als Ausdruck seines besonderen deutschen „Moralismus“ ab. Und war darum dem Krieg ganz außerordentlich dankbar, denn der hatte die angeblich so morsche „Welt von gestern“ in den Abgrund gestoßen.“ (WELT.de)

Deutschland hat seine büßerhafte Lazarettphase durchschritten. Nun heißt es wieder Flagge zeigen gegen die neidische Welt, die mit deutscher Tüchtigkeit nicht mithalten kann. Was bei Mann Militarismus, ist bei uns zum neoliberalen Ökonomismus geworden. In beidem zeigt sich der weltüberlegene Moralismus der Nation, die für ihre Exzellenz einen Preis zahlen muss.

Will Schäuble ein Europa der zwei Geschwindigkeiten mit Frankreich & Deutschland als Kern der Starken? Iwo. Frankreich ist selbst schwach und schert bereits aus. Deutschland will sich reinigen: von allen Losern der EU, die zu wenig malochen, zu viel konsumieren und viel zu viel Geld ausgeben, das ihnen nicht gehört.

Wer Schulden hat, ist schuldig – vor Gott und Berlin. Und die Söhne der Loser werden in die Finsternis gestoßen, die draußen ist. Dort wird sein Heulen und Zähneklappen.

Am Ende des europäischen Läuterungsprozesses wird Deutschland einsam und allein dastehen. Der Sonderweg hat uns wieder.

Wenn drei Westmächte bevorzugte Nationen Gottes sein wollen, muss es zu Rivalitäten kommen. Liebling des Himmels kann nur einer sein. Was kommt so sicher wie das Amen im Gebet? Die Auseinandersetzung um die Frage: wer ist dein wahrer Liebling, oh VATER im Himmel? Hatten wir das nicht gerade in einem 1000-jährigen Reich?

Im aufkommenden Dritten Reich war der „Stürmer“ das Zentralorgan des deutschen Hasses gegen den Juden. BILD hat die besten Chancen, zum STÜRMER gegen den Griechen zu werden. Der Hass ist derselbe, das Objekt vorläufig ein anderes. Noch tarnt sich BILD mit hündischer Kritiklosigkeit am Netanjahu-Regime. Seinen religiösen Fanatismus nennt es groteskerweise Philosemitismus.

Wo heute der Grieche steht, wird morgen – wenn Deutschland BILD nicht zum Teufel jagt, seriöse Gazetten BILD nicht auf allen Ebenen boykottieren – der Jude stehen. Noch ist es nicht so weit. Doch am Horizont zeichnet sich bereits der hämische Ungeist der Pogromnacht ab. Wie BILD sich die Hände reibt, dass Hellas vor aller Welt geplündert und ausgeraubt wird – korrekt und legal natürlich! Merkel lo volt.

Wenn die Flut kommt, steigen alle Boote. Eine geniale Lügen-Formel der erwählten Arche Noah-Bewohner. Die Weltwirtschaft hat nicht den Zweck, den Armen zu helfen. Sie hat den Zweck, Reiche immer reicher zu machen. Wer unter die Räder kommt, war zu schwach, um eine Lebensberechtigung nachzuweisen. So Hayek, Vater des Neoliberalismus, der sich an Nietzsche hält: wer fällt, den soll man auch noch stoßen.

Wie Bill Gates Almosen in der Welt verstreut, um seine Gaben mit Zins und Zinseszins zurückzuerhalten, so geben die reichen Länder Entwicklungshilfe – um ihre milden Gaben mit Zins und Zinseszins zurückzuerhalten. „Denn jedem, der hat, dem wird gegeben und er wird Überfluss haben. Dem aber, der nicht hat, wird auch noch das genommen, was er hat.“

Die Matthäusformel ist in der Entwicklungshilfe zur makabren Realität geworden:

„Die „Entwicklungshilfe“, über die unter anderem auf der UN-Konferenz in Addis Abeba gestritten wurde, steht auf dem Kopf: Weltweit fließt etwa doppelt so viel Geld aus den Entwicklungsländern in die Industrienationen wie die armen Staaten aus der klassischen „Nord-Süd-Entwicklungshilfe“ bekommen. Seit der Finanzkrise 2008 „verlieren die Entwicklungsländer mehr als zwei Dollar für jeden Dollar, den sie bekommen“, ist das Fazit einer Studie der Entwicklungsorganisation „European Network on Debt and Development“ (Eurodad), die offizielle Quellen ausgewertet hat.“ So Bernhard Pötter in der TAZ.

Fast eine Billion Dollar verlieren die Süd-Länder, weil sie Zinsen für Schulden zahlen. Nicht mit Produzieren wird heute am meisten Kohle gemacht, sondern mit dem Trick, andere durch scheinbare Großzügigkeit in Schulden zu stürzen. Nichts lukrativer als der ewig sprudelnde Born der Schuldentilgung.

Die Gelder der Entwicklungshilfe versickern allesamt bei den Despoten der Regierungen. „Bei den Ärmsten kommt dieser Fortschritt kaum an. In allen Kategorien der Entwicklungsländer nimmt auch die Verschuldung wieder zu. Die Verantwortung dafür treffe auch die Industrieländer, heißt es im Bericht, denn die armen Staaten „hätten sich nicht so viel Geld leihen müssen, wenn die reichen Länder ihre versprochene Hilfe geliefert hätten.“

Der Krake dieser menschheitsfeindlichen Weltwirtschaft müssen wir den Hals umdrehen, meine Geschwister. Kein Jota weniger. Eine Herkulesarbeit? Hat Herkules denn versagt?

Womit wir – Gott sei uns gnädig – beim deutschen Betreuungsgeld angekommen wären, einem der absurdesten Geplänkel der Republik. Betreuungsgeld – oder Kita? Wer so fragt, könnte ebenso fragen: soll ich dir das rechte oder das linke Auge ausstechen? Soll das eine seriöse Alternative sein?

Wer wirklich Betreuungsgeld bräuchte, um sein Kind zu erziehen, der wäre bei der lächerlichen Summe verraten und verkauft. Wer es nicht braucht, geht ohnehin seinen elitären Weg – über exzeptionelle Kitas, in denen Chinesisch und Ballett die lieben Kleinen früh genug belehren, wie man sich den Weg nach oben bahnt.

Soll es um „veraltete und überholte Rollenspiele“ gehen, wenn das doofe „Heimchen am Herd“ der selbstbewussten berufstätigen Frau gegenübergestellt wird, die dem „Arbeitsmarkt zugeführt werden soll“?

Errötend folgt sie seinen Spuren in die Abhängigkeit. Das ist keine neue Rolle, das ist die uralte Unterordnung der „Männin“ Eva unter den gottähnlichen Adam. Da lachen sich alle Kapitalisten ins Fäustchen ob ihrer erfolgreichen Verführung, die Frau der Familie zu entfremden und die Familie – letzte intakte Zelle gegen den Wirtschaftsmoloch – endgültig zu zerschlagen. First of all und trotz Helmut Kohls „Famillje“: die Familie ist keine christliche Erfindung. Siehe Matthäus 19,27 ff und Matthäus 10,34 ff.

Die Familie ist das letzte erhaltene Relikt der matriarchalen Ursippe, die von Patriarchen der Hochkultur in das Gefängnis des Pater-familias eingesperrt wurde. (Pater familias = der römische Vater, der sich zum Herrn über Leben und Tod seiner „Lieben“ erniedrigte.)

Es zeigt den Verfall des blutleeren Feminismus der Gegenwart, dass solche Zusammenhänge nicht gesehen werden. Wenn es in der Gesellschaft nur fremdbestimmte Maloche und monadenhafte Heimchen am Herd gibt – wo bleibt da der politische Marktplatz, die Agora selbstbewusster Citoyens?

Keine Frau will unwürdig arbeiten. Sie wird dazu gezwungen – weil ihr Mann durch Arglist so unterbezahlt wird, dass auch sie sich – zu einem Hungerlohn – den Profitmachern unterordnen muss. Schon mal Bebels oder Engels Frauenbuch gelesen? Das soll die neue Rolle der Frau sein, wenn sie den ausgebeuteten Mann imitieren und sich der Peitsche der Abhängigkeit unterordnen muss? Geht’s noch?

Wohl gemerkt, es geht nicht um die Mutter allein, auch der Vater, der sich um sein Kind kümmert, hat ein Recht auf Selbstbestimmung außerhalb der Grillo-Käfige. Ob Mutter oder Vater: Eltern haben das Recht, sich selbst um die Erziehung ihrer Kinder zu kümmern.

Nichts gegen Kitas, wenn sie menschlich sind. Doch die letzte Verantwortung über die Erziehung ihrer Kinder tragen keine bezahlten Mietlinge.

Jedes Kind braucht ein Dorf, um erwachsen zu werden. Von Rückzug auf einen Herd kann gar keine Rede sein. Ist eine dumpfe Kita besser als das bunte Leben, das die Kinder an der Hand ihrer Eltern kennen lernen? Wo soll in dieser Gesellschaft Demokratie gelernt werden, wenn nicht außerhalb des Kapitalismus und des isolierten Herdes. Bestimmt nicht in Schulen. Schon gar nicht in Unis. Und partout nicht unter missgelaunten Mammonisten. Es gibt ein Drittes.

Beide Eltern haben die Pflicht, den Weg ihres Kindes in die Gesellschaft in politischer Wachsamkeit und in Solidarität mit anderen Eltern zu begleiten. Alle Eltern haben das Recht, sich von ihren Kindern – erziehen zu lassen und ihren eigenen Werdegang im Licht des Kindes zu überprüfen.

Minderwertige Erziehung – oder hochwertige Arbeit? Ist das die Possibility? Wundert sich hier noch jemand über die Kinderfeindlichkeit unserer Gesellschaft, wenn Kinder und Kindererziehung einen derart miserablen Klang haben, dass die schwerste Arbeit – die Arbeit mit kleinen und großen Menschen – keine Arbeit sein soll?

Dem erziehenden Elternteil müsste ein ganzes Gehalt bezahlt werden, damit er seine Arbeit zu Hause, in der Kita, in selbstgewählten Kinder-Eltern-Gruppen mit Stolz erfüllen könnte. Kann es sein, dass Kinder selbst die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten treffen?

Was auch immer sie tun, die Eltern müssen ein waches Auge drüber haben. Kindererziehung kann sich nicht auf ein genervtes Insbettschicken am Abend beschränken. Es muss erlaubt sein, die Qualitäten einer Kita zu überprüfen. Dieses Thema ist ein Tabu. Schnell hat man die dubiosen Sex-Vorgänge in einer katholischen Kita in Mainz unter den Teppich gekehrt. Dann haben wir noch kein Wörtchen über die klerikalen Himmel- und Höllebotschaften eines rachsüchtigen und despotischen Gottes in den meisten kirchlichen Kindergärten gesprochen.

Hat die Kirche das Sonderrecht, unsere Kinder frühzeitig mit Gift abzufüllen? Bis vor kurzem wurden ungetaufte Kinder, wenn sie starben, ins Fegefeuer geschickt. Diese Gräuelmärchen sollen erlaubt sein? Warum haben wir heute keine überzeugten Demokraten? Warum ist die Jugend – und nicht nur sie – so lethargisch und politikverdrossen geworden? Weil sie nirgendwo demokratischen Geist erlernen konnte. Himmelherrgottsakramentkruzifixdonnerwetter. Wo leben wir eigentlich? Im Mittelalter?

Die Geschichte wiederholt sich – wenn unsere Kinder keine Gelegenheit erhalten, ihre Stimme zu erheben, mitzureden und mitzubestimmen. Stattdessen abgerichtet werden zu gefügigen Mitläufern menschen- und naturhassender Mächte. Das Leben ist kein Lazarett für Erdenhasser. Sondern ein Ort der Geborgenheit für Staunen und Erkennen, autonomes Tun und verträgliches Zusammenleben.

Nur im Klima der Freude können Konflikte human ausgetragen werden. Nur in menschlicher Umgebung hat der Wiederholungszwang unserer unvermeidlichen Defekte keine Chance.