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Google-Hupf

Hello, Freunde amerikanischer Platoniker,

man könnte auch von Google oder von Silicon Valley sprechen. Platon hat die amerikanischen Zukunftsherrscher vorausgesehen:

„Wenn nicht in den Staaten entweder Googlianer Könige werden oder die, welche man jetzt Könige und Herrscher nennt, echte und gründliche Googlianer werden, und wenn nicht diese beiden, die politische Macht und das Zukunftswissen, in eines zusammenfallen und all die vielen Naturen, die heute ausschließlich nach dem einen oder dem anderen streben, zwingend ausgeschlossen werden, dann, mein lieber Glaukon, gibt es kein Ende der Übel für die Staaten und, wie ich meine, auch nicht für die Menschheit.

Die Menschheit wird durch Weise gerettet, die die absolute Macht über die Menschheit erobert haben. Platons Traum wird in Amerika zur Wirklichkeit.

Der Vatikan war die erste perfekte Weisenherrschaft des Abendlands, in der alle Weisen zu Priestern und Megaphonen Gottes wurden. Die Weisen Gottes wurden in Amerika zu Genies der Technik, die ihre Religion in Form von digitalen Denkmaschinen ausüben.

In Platons perfektem Staat sind es Krieger aus Fleisch und Blut, die die Weisungen der Weisen in die Tat umsetzen. In Googles perfektem Zukunftsreich sind es Roboter mit künstlicher Intelligenz, die den Willen ihrer Erfinder exekutieren.

Religion wurde Technik. Das Wort ward Maschine, wohnt nun unter uns und

wir schauen seine Herrlichkeit. Am Anfang war der Algorithmus bei Gott und der Algorithmus war Gott. In ihm war das ewige Leben und das Leben war das Licht für alle Menschen. Nicht nur für Amerikaner.

Sind die Menschen willig und ordnen sich unter, kommt der Neue Staat ohne Gewalt. Sind sie widerspenstig und uneinsichtig, werden sie zu ihrem Glück und Heil gezwungen.

Zwangsbeglückung ist der Kern des Faschismus, den Platon als erster in philosophische Form goss und den das Christentum zur universellen Theokratie ausweitete. Für die Kirchenväter war Platon der gewichtigste Vorläufer der christlichen Heilsbotschaft, vom dem die Schriftsteller des Neuen Testaments vieles übernahmen und ins Transzendente und Unendliche erweiterten.

Das Christentum hat zwei Väter, das Judentum und den griechischen Platonismus. Gleichzeitig ist die nicht-platonische Philosophie der Griechen der teuflische Feind des Christentums: jene heidnische Torheit und Verblendung, die von der Weisheit Gottes weggefegt werden wird.

Was will der Faschismus, der in der Neuzeit aus mussolinischen Römerimitationen zum deutschen Nationalsozialismus anwuchs?

Als Ernst Nolte noch Wissenschaftler war, beschrieb er in seinem Buch „Der Faschismus in seiner Epoche“ die drei Grundtendenzen des Faschismus mit den Worten:

a) nationale Restitution – völkische Wiederherstellung,

b) Raumeroberung und

c) Weltheilung.

Mit diesen drei programmatischen Punkten kann man das amerikanische Technik- und Wissenschaftsprogramm mühelos umschreiben.

Warum wird der Faschismus dieser Zukunftstechnologie nicht erkannt, obgleich die Ziele dieselben sind? Weil er sich anderer Methoden bedient. Bei Hitler Gewalt, Gewalt, Gewalt. Bei Silicon Valley unsichtbare und sichtbare Maschinen, die dem Glück aller Menschen zu dienen scheinen.

Amerika verspricht – auf den ersten Blick – allen Menschen ein leichteres und längeres Leben, der Faschismus hingegen versprach das Neue Reich nur auserwählten Gruppen. Den Ariern, Italienern, Weißen oder Christen. Dem Rest der Menschheit drohte Untergang und Tod.

Auf den zweiten Blick jedoch werden auch die Segnungen aus Silicon Valley nur Reichen, Mächtigen und technisch Versierten zuteil werden. Der Rest der Menschheit wird seinem Schicksal überlassen.

Nicht nur Technik und Wissenschaft, auch die globale Wirtschaft zersprengt die Menschheit in Sieger und Verlierer. (Richard Rother in der TAZ)

Wie John F. Kennedy die – durch die sowjetischen Weltraumerfolge – verunsicherte amerikanische Nation durch das neue Mondlandeprogramm rehabilitieren wollte, will Silicon Valley durch einen neuen Mondschuss (Moonshot) die lädierte amerikanische Nation an die Weltspitze zurückbringen: nationale Restitution.

Die Weltmeister der Denkmaschinen wollen die ganze Erde unter ihre digitale Kontrolle kriegen: Raumeroberung.

Und sie wollen das Los der Menschheit verbessern: Weltheilung.

Larry Page, Google-Chef, will nicht nur die digitale Lufthoheit über die kleine Erde, der Konzern der Superlative will den Mars erobern: „Während eines Abendessens wurde er gefragt, welches dringende Problem die Regierung unbedingt in Angriff nehmen müsse. Seine Antwort: „Den Mars kolonisieren.“ (Siehe SPIEGEL Nr. 10, „Larry und die Mondfahrer“leider nicht auf online.)

Seitdem die irdische Frontier der Amerikaner am Pazifik endete, wollte die expansive Nation die geographische Grenze nicht akzeptieren und sie ins Universum überschreiten. Als Gläubige einer Unendlichkeitsreligion müssen Amerikaner alle irdischen Grenzen sprengen und im Unendlichen ihre Bestimmung erfahren.

Zur Erinnerung: Kant wollte der Menschheit die unüberschreitbare Grenze sichtbar machen, die dem Erkenntniswillen des Menschen gesetzt ist. Die Natur – „das Ding an sich“ – blieb auf ewig unerkennbar, nur die vom Menschen geprägte Natur war ihm einsichtig. „Die Vernunft kann nur das einsehen, was sie nach ihrem eigenen Entwurf hervorgebracht hat“.

Mit anderen Worten: der Mensch begreift nur, was er selbst produziert und worüber er Macht hat. Was sich unabhängig von seiner Macht entwickelt, bleibt auf ewig unerkennbar.

Kants Nachfolger sprengten die deutsche Frontier-Version des Aufklärers. Hegel hatte keine Mühe, Gottes Gedanken als menschliche und menschliche als göttliche Gedanken zu denken. Fichtes Ich wurde vollends zum Creator ex nihilo, der beliebig alles „setzen“ und alles vernichten konnte.

Die technische Unendlichkeit von Gods own Country wuchs philosophisch in den Köpfen deutscher Dichter und Denker. Im faustischen Unendlichkeitsstreben – „zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält“ – ist Silicon Valley eine Filiale des deutschen Idealismus.

Sprechen wir vom amerikanischen Faschismus durch Technik, reden wir eo ipso vom platonisch-christlichen Faschismus deutscher Denker, die ihren Kindheitsglauben in eine philosophische Sprache übersetzten.

Der SPIEGEL fragt: „Was ist das für ein Konzern, dessen Ziel es ist, die Welt zu verändern? Will er sie beherrschen, auf die eine oder andere Art? Muss uns das Angst machen? Das unnachgiebige Datensammeln, das oft trampelige, arrogante Auftreten des Unternehmens in der Vergangenheit lässt zumindest misstrauisch werden. Andererseits: Ist es nicht begrüßenswert, dass ein Unternehmen etwas wagt, was andere sich längst nicht mehr trauen: die Zukunft zu erfinden?“

„Zukunft erfinden“ nannte man einst Utopie. Politische Utopien sind im Westen verboten, seit Platons Utopie durch Popper als Faschismus enttarnt wurde. Allerdings machte Popper den Fehler, die durch Gewalt herbeigeführten Utopien jenen gleichzusetzen, die mit gewaltfreier Vernunft und durch demokratische Spielregeln zustande kommen.

Popper-Schüler Helmut Schmidt übernahm die Utopie-Allergie seines Vorbildes und verwies jeden „Visionär“ zum Doktor, damit er geheilt auf den Boden der Tatsachen zurückkehren kann.

Das Ergebnis der politischen Utopieverweigerung sehen wir heute an der alternativlosen Dominanz der technischen Utopie aus Amerika. Wer die Menschheit ziellos dahin treiben lässt – wie nicht nur Merkels Durchlavieren –, der liefert sie der technischen Utopie der Rechner und Roboter aus.

Kein Zufall, dass Merkel ohnmächtig bleibt gegen die Arroganz Obamas, der nicht daran denkt, einen Vertrag gegen das globale Ausspähen zu unterschreiben. Sie hat sich ergeben mit Herz und mit Hand. Neigt die Köpfe. Wer auf der falschen Seite der Heilsgeschichte steht, hadere mit Gott, so viel er will: er muss sich in die Überlegenheit Amerikas schicken.

Die Zukunft der Menschheit wird nicht von der Menschheit debattiert und bestimmt, sondern von Spezialisten für technische Golems, die man früher als Fachidioten bezeichnet hätte. Heute sind mathematisch Begabte die Zielsetzer und Zukunftsbestimmer der ganzen Menschheit.

Können wir uns die unausgesprochene Diktatur dieser Digitalisten erlauben?

„Was“, fragt der SPIEGEL, „wenn ein Großteil der Visionen aufgeht? Wenn Google noch einflussreicher, noch mächtiger wird? Zweifellos besteht die Gefahr, dass Google noch rücksichtsloser Daten hortet, taub gegenüber Einwänden, noch arroganter auf den Rest der Welt herabblickt“.

Sascha Lobo beklagt die ignorante Taubheit und Blindheit der Deutschen in Sachen Spähpolitik:

„Laut Snowden änderte die Bundesregierung 2009 auf Druck der NSA das Gesetz zur Beschränkung von Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Grundgesetzliche Rechte aller Bürger wurden dadurch beschnitten. Die Nachricht ging unter. Obwohl dieser Vorgang essentiell für das Spähdrama ist, weil wirklich kritische Fragen über die damalige Regierung Merkel aufgeworfen werden.“

Ein ungeheurer Vorgang, der im Wettbewerb mit Event-Schlagzeilen untergegangen ist, obgleich er einem Staatsverrat unserer Regierung gleichkommt. Spätestens an diesem Punkt müsste eine wache Bevölkerung einen Generalstreik veranstalten oder sonstwie von jenem Widerstandsrecht Gebrauch machen, den das Grundgesetz vorsieht:

„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Es gibt keine Zweifel mehr: die politischen Eliten verhökern das Grundgesetz für windige Wirtschaftsrekorde. Merkel bricht ihren Amtseid, ohne mit der Wimper zu zucken:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

Ihr Gott scheint sie verlassen zu haben oder ER deckt selbst den Wortbruch seiner frommen Magd. Es gibt kein Vertun mehr: diese Regierung verletzt alles, was in einer intakten Demokratie unantastbar sein muss. Es ist an der Zeit, die Regierung samt dem Parlament, das alles absegnet, in die Wüste zu jagen.

Deutschland hat keine verlässliche Regierung mehr. Den gewählten und ungewählten Mächtigen im Land muss das Grundvertrauen entzogen werden.

Wenn Zeitungsartikel mit der Schlagzeile erscheinen: „Zivilisation ist dem Untergang geweiht“ – und kein Politiker fühlt sich bemüßigt, Stellung zu beziehen, was er zu tun gedenkt, um den Untergang zu verhindern, dann müssen alle bodenlosen Verantwortungsträger das Feld räumen:

„Dem mathematischen Modell zufolge führt die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und die ungleiche Verteilung des Reichtums zum totalen Kollaps der Zivilisation.“ (Torsten Harmsen in der BLZ)

Wenn schon nicht Wirtschaft und Politik die Überlebensprobleme der Menschheit bearbeiten, tun es wenigstens die Rechengenies aus der Zunft der Zukunftserfinder?

Mit keinem einzigen Wörtchen. Die Marsianer behandeln die Probleme der Menschheit, als ob sie bereits auf den Mars geflohen wäre. Die ökologischen Probleme der Gegenwart werden im ganzen Artikel nicht mal erwähnt.

Die „kreativsten Erfinder und klügsten Denker der Welt“ – so ihre schlichte Selbstbezeichnung – sind paranoide Realitätsverweigerer und Fata-Morgana-Neurotiker, die Probleme lösen, die es nicht gibt und die, die es gibt, nicht zur Kenntnis nehmen.

Um mit dem deutschen Märchen zu formulieren: wir haben es hier mit der überaus bedrohlichen Gattung des Robert-guck-in-die-Luft zu tun. Die Deutschen kennen diese Art der phantastischen Selbstbelüger, sie haben sie selbst erfunden. Es sind die magischen Idealisten, bekannt unter dem Namen Romantiker.

Was ist magischer Idealismus, wie ihn beispielhaft Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg – oder Novalis – in seinen Werken in poetischer Sprache formulierte? „Magischer Idealismus ist ganz allgemein der philosophisch gegründete Glaube an die Wunder- und Zauberkraft des Geistes.“ (H. A. Korff)

Nicht nur die deutschen Idealisten, auch die deutschen Romantiker sind in Amerika als Techniker wieder auferstanden. Justament unter dem Diktat von Zahlen und Figuren, die Novalis für die Pest der Moderne hielt. Der Glaube an ihre eigene Zauberkraft muss bei Google und in Silicon Valley so groß sein, dass nicht einmal die Probleme bei Namen genannt werden, die sie mit ihrem algorithmischen Abrakadabra lösen wollen.

Es herrscht ein vollständiger Realitätsverlust in den Werkhallen der Späher und Programmierer. Wenn das Realitätsprinzip verleugnet wird, bleibt nicht etwa das Lustprinzip. Sondern die Scharlatanerie der 10-x-Hyperphantasten: „Alles, was der Konzern angeht, muss zehnmal größer, besser, schneller sein als alles, was es bisher gab. Es gehe darum, die „Welt zu verändern“, so wiederholt Page immer wieder, ebenso beharrlich wie emotionslos.“

Wer sich beharrlich, aber emotionslos repetiert, ist selbst zur Maschine geworden und hat verdrängt, dass er einst ein Mensch war. Nicht irgendeine Maschine, sondern ein sich ewig wiederholendes Grammophon. Eine Plappermaschine, die in der Tat nachweisen kann, dass sie sich ständig neu erfindet, indem sie sich ständig imitiert.

Auf diese trifft zu, was Lazlo Bock, einer ihrer Menschheitsleuchten, verabscheut: „Wer seine ganze Karriere lang das Gleiche gemacht hat, löst Probleme so wie immer statt mit einem neuen Ansatz“.

Es kann kein Lustprinzip sein, das den realitätsvergessenen Google-Konzern psychisch flutet. Es muss die blanke Angst vor dem Versagen sein, das sich in ihren Einstellungsritualen entlarvt. Die Kandidaten sollen keine Angst vor dem Scheitern haben, also werden sie in Initiationsriten mönchischer Demut zum Scheitern gezwungen:

„Wer große Würfe will, darf kein Angst vor großen Fehlschlägen haben. Google arbeitet systematisch daran, „dem Scheitern das Stigma“ zu nehmen, sagt Bock. „Wir geben Mitarbeitern unlösbare Probleme, und dann schwitzen diese superklugen Leute darüber, werden wahnsinnig und wütend – und scheitern. Aber danach wissen sie: Ich habe versagt, und es war nicht das Ende der Welt.“

Das ist die verzweifelte Selbsttherapie eines Möchtegern-Giganten, der genau spürt, dass er keinen Boden mehr unter den Füßen hat und sich prophylaktisch auf das totale Scheitern einstellt.

Es können keine superklugen, sondern müssen superdämliche Mitarbeiter sein, wenn sie nicht wissen, dass man sie mit unlösbaren Aufgaben in die Irre führen will.

Auch das Scheitern – in Amerika jene Sünde, die noch eine zweite Chance erhält – ist in deutschen Schriftstellerkreisen das Signum des Auserwählten, der durch Scheitern so siegt, wie ihr Erlöser durch Kreuzigung sich die Krone verdient. Welch ein Selbsthass, wenn Superkluge andere Superkluge stellvertretend zum Scheitern verurteilen.

Wie schon frühere Hymnen auf Silicon Valley ist auch die Pilgerreise des SPIEGEL durch den Google-Tempel ein Gang durch das Allerheiligste, in dem geheimnisvolle Priester mit numinosen Qualitäten schweigend durch die heiligen Hallen wandeln. Alle Oberpriester sind sagenhaft klug, niemand weiß nichts über sie, sie reden nicht mit Krethi und Plethi und sind in einer anderen und höheren Welt zuhause.

Oh Isis und Osiris, schenket der Weisheit Geist

den deutschen Bewunderern:

Laßt sie der Prüfung Früchte sehen,
doch sollten sie zu Grabe gehen,
so lohnt der Tugend kühnen Lauf,
nehmt sie in euren Wohnsitz auf!

Wissenschaft ist zum tätigen Glauben geworden, dessen Oberpriester dem Gott am nächsten sind. Sie meiden die Berührung mit Ordinären, um sich nicht mit dem Abschaum der Gottlosigkeit zu beflecken.

Wie beantwortet SPIEGEL-Schreiber Thomas Schulz, ein grenzenloser Bewunderer Googles, seine schein-kritischen Fragen? Muss man Google misstrauen oder kommt die gloriose Zukunft des homo sapiens aus Übersee?

„Es ist jedoch keine Arroganz, die aus Bösartigkeit rührt, oder aus Geldgier, wie im Fall der Investmentbanker, die sich selbst zu den „Masters of the Universe“ gemacht hatten. Google ist tatsächlich, wie so viele Firmen in Silicon Valley, besessen von der Idee, die Welt durch Fortschritt besser zu machen. Die Arroganz des Konzerns ist die, allein bestimmen zu wollen, was Fortschritt heißt, was besser ist und welche Nebenwirkungen dafür in Kauf genommen werden müssen. Die Überheblichkeit rührt aus der Überzeugung, dass im Googleplex viele der klügsten Menschen der Welt auf einem Haufen sitzen und dass, wenn sie alle hart und lang genug nachdächten, zwangsläufig die richtigen Lösungen zum Wohle der Menschheit entstünden. Auch, wenn die halbe Menschheit das gar nicht so will.“

Die Naturwissenschaft denkt nicht, sagte Heidegger, der nicht in allen Dingen irrte. Die Technik denkt noch weniger als die Wissenschaft. Hart arbeiten ist keine Gewähr für Problemlösen.

Das ist Faschismus wie aus dem Lehrbuch: die Menschheit muss zu ihrem Glück gezwungen werden, ob sie will oder nicht. Bösartige Absichten? Die gibt’s nur in heiligen Büchern. Jeder Faschist will das Heil der Menschheit. Und ist die Menschheit nicht willig, so greifen Priester und Heilande zur Gewalt.

Der europäische Faschismus ist nach Übersee ausgewandert und in die Gehirne neocalvinistischer Weltenheilande und Weltenherrscher eingedrungen. In Europa weiß niemand mehr, was Faschismus ist, so gründlich hat man hier die Vergangenheit ausgerottet.

In Amerika kennt man weder Problem noch Begriff des Problems. Amerikanische Naivität und Gutgläubigkeit haben ein Gebräu zusammengerührt, dessen Gifte bereits den ganzen Planeten attackieren. Die NSA ist nur die schnellste Giftwolke, die die Erde umrundet und die Völker kontaminiert.

Die Deutschen könnten wissen, was aus der Romantik geworden ist, die mit magischen Übermensch-Attitüden die Menschheit erlösen wollte. Nach dem Heilandsmotto: „Was ich will, das kann ich. Bei den Menschen ist kein Ding unmöglich.“

Trotz Hitler wissen sie es nicht. Die Nachfahren deutscher Dichter und Denker sitzen heute vor ihren Rechnern im goldenen Amerika und verabreichen der Welt ihre überzuckerten Wunderpillen mit bitterem Nachgeschmack. Es ist ihnen völlig gleichgültig, ob die Welt dies will oder nicht.

Genau genommen haben die technischen Magier die Welt bereits aufgegeben. Sonst würden sie nicht sagen: nach uns die Sintflut. Wir sind dann mal weg – auf dem Mars.

Dort werden sie bereits von Adam, Eva und der Schlange erwartet. Da capo al fine.