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Glauben

Hello, Freunde des Glaubens,

zum Glauben gehört die Lizenz, Nichtgläubige mit bestem Gewissen zu vergewaltigen. Der Gott in der Verfassung hat wieder zugeschlagen. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. Nicht aber vor dem Gott in der Verfassung.

Vor diesem ist die Kirche gleicher als gleich. Sie darf tun, was sie will. Sie will, was sie glaubt. Sie glaubt, was sie muss. Sie muss, was ihr von unsichtbaren, ungewählten, allmächtigen Himmelskräften unter Androhung ewiger Strafen befohlen wird.

In der deutschen Demokratie genießt die Kirche Sonderrechte. Das bedeutet, die deutsche Demokratie ist eine partielle Theokratie. Eine Theokratie ist die totalitäre Despotie eines Gottes. Da es keinen Gott gibt, ist sie die totalitäre Despotie selbst ernannter Stellvertreter.

Karlsruhe, das oberste Gericht in Deutschland, ist fest in der Hand Gottes, seiner Stellvertreter und der Stellvertreter der theologischen Stellvertreter: der Juristen, die noch gottseliger sind als die gottseligen Frommen. Sie sorgen dafür, dass die von Heiden erfundene Demokratie ein stählernes, transzendentes Gerüst erhält, das sie mit einem totalitären Zangengriff am Leben erhält und zum rechten Glauben zwingt.

Der Gott in der Verfassung ist der kleine Mann im Ohr gottgläubiger Juristen, der ihnen souffliert, wie sie Gottes Regiment in einer gottfernen, gottverhöhnenden, gottfeindlichen Demokratie unter der sakramentalen Fahne der militia christi aufrecht erhalten.

Glauben ist nicht das subjektive, nur die eigene Person betreffende Fürwahrhalten

seltsamer und skurriler Glaubenssätze, die andere nichts angehen und nur den Zweck haben, das subjektive, nur die eigene Person betreffende Placebo-Heil des Glaubenden selbsterfüllend zu realisieren.

Nein, Glauben ist die selbstausgeschriebene Legitimation selbsternannter Offenbarungsempfänger, anderen Menschen die eigene Glaubensmythologie unter Androhung ewiger und zeitlicher Strafen vorzuschreiben, aufzudrängen und überzustülpen. Glauben, das ist der Wille zur Macht über alle Ungläubigen.

Die zeitliche Strafe für einen Arzt, der in einem katholischen Krankenhaus arbeitete, war seine Entlassung. Er hatte es für richtig gehalten, seine Lebensplanung nicht nach bigotten Glaubenssätzen seiner transzendenten Arbeitgeber auszurichten. Der Arzt war dreist genug, die kirchliche Verfügungsgewalt über sein Leben herauszufordern, indem er – wie schon Millionen anderer Menschen vor ihm – sich scheiden ließ und eine andere Frau zu ehelichen wagte.

Nachdem viele untergeordnete Gerichtsinstanzen schon zu seinen Gunsten entschieden hatten, sprachen die obersten, gottseligen Richter in Karlsruhe nun das letzte Wort über die Klage des Arztes: Karlsruhe locuta, Blasphemie finita.

Die gegen die Kirche gerichtete Empörung im Namen demokratischer Freiheit wurde erfolgreich niedergeschlagen. Lasset die Glocken läuten und das Te Deum in den Kathedralen anstimmen. Wir haben Rechtssicherheit, jubilierte der Kardinal und meinte: wir haben das Grundgesetz der deutschen Demokratie im Namen des Herrn der Heerscharen erneut grandios in den Staub getreten. Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen. Und wenn die Menschen nicht Gott gehorchen wollen, sollst du ihnen Mores beibringen. Gott spricht durch den Mund jener, die ihn gehört haben wollen.

Karlsruhe ist seinem Ruf, das juristische Rom zur Verteidigung des geistlichen Schwerts zu sein, gerecht geworden. Was im Islam die Scharia-Polizei zur Aufrechterhaltung des göttlichen Sittengesetzes ist, trägt in Deutschland Juristenroben und sorgt dafür, dass Kirchenrecht demokratisches Recht aushebelt.

Das deutsche Recht muss nicht mehr nach Canossa, bis zum heutigen Tag liegt es in Canossa auf den Knien vor dem unfehlbaren Recht der Himmlischen. Seit mehr als 1000 Jahren verliert in deutschen Landen der weltliche Kaiser gegen den Papst. In Karlsruhe residieren Papisten als mutierte Juristen.

Wer bestimmt wen? Diese Frage wird hierzulande nicht mal gestellt, sie ist für alle Zeiten im Kirchenrecht niedergelegt, das sich das Grundgesetz gefügig gemacht hat. Wer wen? Die Überwelt – die schnöde Welt, die zum Untergang bestimmt ist. Das hohe Gericht in Karlsruhe spricht im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes:

„Gerichte dürften sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen, «solange dieses nicht in Widerspruch zu grundlegenden verfassungsrechtlichen Gewährleistungen steht»“. (DIE WELT)

Wenn in Demokratien gilt: vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich – so heißt das: alle Sonderrechte im Namen selbsternannter Götter, Erlöser und Heilande sind per se ungesetzlich und ein Anschlag gegen das demokratische Gesetz.

GG Artikel 3:

1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Womit bewiesen: das Sonderrecht der Kirchen, das sich über das Grundgesetz erhebt, bevorzugt Kirchen und benachteiligt Menschen, die ihr Leben in Freiheit bestimmen wollen.

Somit verstößt das Sonderrecht fundamental gegen das Grundgesetz der BRD und muss ersatzlos gestrichen werden. Widrigenfalls müssen alle Verteidiger des grundgesetzwidrigen Sonderrechts dem Verfassungsschutz übergeben werden, dessen Aufgabe es ist, verfassungsfeindliche Umtriebe zu observieren und den Gerichten – wegen putschistischer Umtriebe gegen das Grundgesetz – auszuhändigen.

In der griechischen Polis, der Erfinderin der Urdemokratie, gab es weder Kirchen, noch sonstige heilige Instanzen, die sich über das Gesetz des Volkes hätten erheben dürfen. Athen erfand die Demokratie, weil der mündige Mensch die oberste Instanz der Gesellschaft war.

Unmündigkeit ist die Ursache aller diktatorischen und tyrannischen Regimes. „Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ Zu den anderen gehören: Priester, Kleriker, Gelehrte, Gazettenschreiber, Politiker und – Juristen, die der Meinung sind, Demokratien müssten von göttlichen Sprüchen an die Kette gelegt werden.

Deutschlands erste funktionierende Demokratie hat die Aufklärung verraten, Kant degradiert und das Grundgesetz jenen Mächten ausgeliefert, die nichts im Kopf haben, als leise, still und heimlich die Grundlagen der Demokratie zu untergraben. Schon ist Böckenförde, ein vorbildlicher Katholik und Karlsruher Oberrichter, zum Leitstern der Juristen und Feuilletonisten geworden:

„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“

Matthias Drobinski, Kirchenredakteur der SZ, gehört zur fünften Kohorte aller Verächter der Volksherrschaft, die sie mit transzendenten Sprüchen kurieren wollen:

„Die Politik ist in sich selbst nicht die letzte Instanz“.

Christiane Hoffmann vom SPIEGEL überspringt die Diktatur der Soutanenträger und bevorzugt die politische Diktatur. Täuscht man sich nicht schnell über die Brüchigkeit von Demokratien, die sich gegen Attacken seltsam hilflos zeigen? Da müssen entschlossene Führer kommen, die der Demokratie das eiserne Korsett anlegen, damit sie nicht beim geringsten Stürmlein der Geschichte zusammenbricht.

Die einen flüchten zu Nothelfern des Klerus, die anderen zu weltlichen Diktatoren, die dritten zu denen, die die Zukunft mit Maschinen beherrschen wollen. Wer redet noch von Demokratie?

In Deutschland nimmt kaum jemand dieses Ekelwort in den Mund. Staat klingt besser – und ist so herrlich vieldeutig verwendbar, wie man es heute benötigt, um dem totalitären Fortschritt keinen Stein in den Weg zu legen. Eine Diktatur kann ein wunderbar friedhofsruhiger und funktionstüchtig vor sich hinschnurrender Staat sein.

Ob Kirche, Diktatur oder Silicon Valley: es wird Zeit, dass die Jungfer Demokratie am Ufer des Flusses verscharrt und post-demokratische Heilsstaaten ausgerufen werden.

Es ist nicht nur der Manchester-Liberalismus, der den demokratischen Staat zum Nachwächterstaat erniedrigt. Es ist auch die heilige Koalition aus Glauben und Justiz, die sich dagegen verwahrt, dass der Staat sich anmaßt, den „Glauben und die Lehre der Kirche zu bewerten.“

„Die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates sei Grundlage der modernen, freiheitlichen Gesellschaft, verwehre dem Staat aber auch, Glauben und Lehre einer Kirche zu bewerten.“

Das muss man sich auf der Zunge des Ketzers zergehen lassen. Die Neutralität des Staates soll darin bestehen, die Privilegien einer Jenseitssekte zu begründen und sich jeder Beurteilung ihrer Glaubensgrundsätze zu enthalten?

„Die Geistbegabten beurteilen alles, sie selbst werden von niemandem beurteilt.“

Nicht nur die Frau, auch der Demokrat schweige in der Kirche. Sein hybrider Verstand reicht nicht, um Göttliches zu verstehen:

„Fürwahr, zu gering bin ich; was soll ich dir erwidern? Ich lege meine Hand auf meinen Mund. Ja, ohne Einsicht sprach ich von Dingen, die mir zu hoch und unbekannt, darum zerfließe ich in Tränen und seufze in Asche und Staub.“ (Hiob)

„Vernichten werde ich die Altklugheit der gottlosen Denker, die vorlaute Einsicht der Einsichtigen werde ich verwerfen.“

Heureka, Karlsruhe, die Leuchten unserer Justiz sind auf der Höhe des Hiob und des Paulus angelangt. Die Spitzen unserer Richter hassen das Urteilsvermögen der Gottlosen. Das Sonderrecht der Kirchen ist bei ihnen zum articulus stantis et cadentis ecclesiae geworden, zum Glaubenssatz, mit dem Demokratie steht und fällt.

Neutralität des Staates bedeutet automatische Bevorzugung der Kirche. Ohne Debatte, ohne Für und Wider. Das muss man doch gehört haben. Vermutlich wird die Lehre von der Dominanz der Kirche allen Kindern kirchlicher Kitas, Grundschulen, Gymnasien und Hochschulen mit dem Lineal über den Scheitel gezogen.

Wir lauschen der Einsicht der erleuchteten Richter und vernehmen in aller Demut:

„Das Bundesverfassungsgericht weist darauf hin, dass das Grundgesetz „die korporative Religionsfreiheit vorbehaltlos gewährleistet und insofern dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften besonderes Gewicht zuzumessen ist“.

Im kapitalistisch verseuchten Amerika gelten Industriekomplexe so viel wie Menschen und genießen Menschenrechte. Im religiös verseuchten Deutschland sind Corpora (= Organisationen) so viel wie Menschen und genießen das Recht der Religionsfreiheit, die im Wesentlichen darin besteht, anderen die eigenen Glaubensprinzipien vorzuschreiben. Die Kirchen fühlen sich nicht religionsfrei, wenn sie nicht das Privileg der Zwangsbeglückung besitzen.

Gibt es denn – halten zu Gnaden – irgendwelche Begründungen für die Hegemonie der Heiligen? Ist demokratisches Recht nicht die Stimme der Vernunft aller Wahlberechtigten? Ist die Erhebung der Frommen über die Andersgläubigen vom Volk jemals abgesegnet worden?

Hätte bei der Wiedervereinigung nicht die ganze Verfassung dem vereinten Volk zur Debatte und zur Abstimmung vorgelegt werden müssen? War Kohls Weigerung, diese grundgesetzlich vorgeschriebene Abstimmung durchzuführen, nicht ein verfassungswidriger Akt, der mit lebenslänglichem Kerker und Dunkelhaft hätte bestraft werden müssen? Glauben die Eliten, sie könnten das Volk in allen Dingen hinters Licht führen?

Was hat Gott in der Verfassung zu suchen – und vor allem: welcher Gott? Der Gott der Protestanten, der Katholiken, der Juden, bald auch der Muslime? Es wird doch kein Gott der Natur oder der Vernunft sein?

Antwort: die viel gerühmten Väter und Mütter der Verfassung (Mütter gab es fast nicht) misstrauten dem Pöbel. Also musste er einem Gott unterstellt werden. Rechtsstaat und Freiheit? Natürlich – aber nur für die Gescheiten und Gelehrten. Nicht für den großen Lümmel.

Fast alle deutschen Gelehrten bewunderten Athen – und hassten den Pöbel, dessen anarchisches Wesen die Demokratie der Besten zerrüttet hätte. Stellvertretend für viele Ulrich von Willamowitz-Moellendorff:

„Aber das Unheil lag gerade darin, dass das Volk viel zu sehr alles selbst machen wollte, ganz wider den Geist der Verfassung, und nur zu gern seine Selbständigkeit darin bewies, dass es bald dem, bald jenem Berater folgte. Es ist Athen immer am besten gegangen, wenn ein Mann oder wenigstens eine geschlossene Partei eine Weile das Heft in den Händen hielt.“ (Staat und Gesellschaft der Griechen und Römer)

Der graecomane Altphilologe hält die Demokratie für eine Einrichtung der Besten und Weisesten. Ochlokratie, Pöbelherrschaft, nennen sie die Demokratie der Mehrheit. „Gedacht war zuerst, dass Ehre und Einfluss die stärkere Belastung kompensieren sollten. Das verderbliche Prinzip der Gleichheit der Ungleichen hat das zerstört.“

Diese Sätze könnten auch von Hayek sein. Von klerikaler und von wirtschaftlicher Seite wird die Gleichberechtigung des Volkes attackiert und zu Makulatur erklärt. Die Ungleichheit der neoliberalen Ausbeuterwirtschaft ist auf dem Mist der theologischen Ungleichheit gewachsen. Vor Gott sind alle Menschen ungleich in alle Ewigkeit, die einen kommen ins Töpfchen, die anderen ins Kröpfchen.

Das Vorrecht der Kirchen im Sog eines numinosen Gottes wird wenige Jahre nach der Katastrophe gottestrunkener NS-Eschatologen in die Verfassung geschmuggelt. Wie konnte diese geschichtsblinde Ungeheuerlichkeit geschehen?

Nicht zuletzt auf Druck der Amerikaner, die selbst Gott in ihrer Verfassung haben. Diesen Luxus konnten sie sich leisten, solange ihre überschäumende demokratische Leidenschaft dem totalitären Geist ihres Glaubens Paroli bot.

Inzwischen beginnt – nicht anders als in allen westlichen Demokratien – das Gewicht der Biblizisten den Geist Thomas Paines zu überwuchern. Man sieht‘s an den theokratisch motivierten Beutezügen der Amerikaner in aller Welt.

Obama hält es für richtig, auf einer Verständigungs-Konferenz seinem Widersacher Putin das unheilbar Böse anzudichten. Gegen das Böse, so der amerikanische Grundkonsens, helfen nur geweihte Drohnen und Raketen. Der nächste Krieg muss mit mentalem Schwefelgestank vorbereitet werden. „Denn die Bösen werden ausgerottet werden, aber die auf Jahwe harren, die werden das Land in Besitz nehmen.“

„Für Europäer immer schwer nachvollziehbar, sind die USA ein demokratischer Nährboden für theokratische Vorstellungen. Diese Vorstellungen einer Staatsform, bei der staatliche und religiöse Gewalt vereinigt sind und der Herrscher als Vertreter Gottes betrachtet wird, sterben nicht aus, sondern finden immer wieder politische Unterstützung. … Betrachtet man aber die Wurzeln der US-amerikanischen Politik genauer, findet man in der von Thomas Jefferson verfassten US-Unabhängigkeitserklärung von 1776 gleich viermal die Berufung auf Gott:

Gott der Natur (Nature’s God), Gott als Schöpfer (Creator), Gott als höchster Richter der Welt (Supreme Judge of the world), Gott als höchstes Wesen einer vorausschauenden Fürsorge (Protection of Divine Providence). Im ersten Satz der Unabhängigkeitserklärung heißt es, der Schöpfergott habe uns mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet, darunter mit Leben, Freiheit und Glückssuche.“ (Deutschlandfunk)

Das ist die Schwäche der Amerikaner, dass sie Demokratie als Gnadengeschenk eines Gottes und nicht als gemeinsam erarbeitetes Werk vernünftiger Menschen betrachten. Diese Schwäche, lange Zeit von urdemokratischer Vorbildlichkeit in Schach gehalten, wurde in der Nachkriegszeit von den Deutschen übernommen. Doch leider: bei uns gab‘s von Anfang an kein Korrektiv gegen den theologischen Virus, der geeignet ist, die Demokratie von innen auszuhöhlen.

Während die amerikanische Demokratie heute von religiösen Allmachtsträumen zersetzt wird, wird bei uns die Gleichheit vor dem Gesetz durch privilegierte Sonderrechtsallüren demontiert. Was sie einst im Kampf gegen die demokratische Aufklärung verloren, holen die Kirchen in unermüdlich zäher Wühlarbeit peu à peu wieder zurück.

Die Kirchen – durch unendliche Subventionen des Staates zu den mächtigsten Arbeitgebern der BRD aufgestiegen – haben sich die Macht erschlichen, ihre Abhängigen zu kirchentreuem Verhalten zu zwingen. Die Karlsruher Starjuristen haben kein Problem, diesen Zwang als – Loyalität zu bezeichnen:

„Das Bundesarbeitsgericht bestätigte zwar, dass Kirchen von ihren Beschäftigten ein loyales Verhalten im Sinne des eigenen Selbstverständnisses verlangen könnten.“

Gibt es keine Loyalität der Kirchen gegen das Grundrecht ihrer Arbeitnehmer, ihr Leben in eigener Regie zu leben? Das Grundrecht der Selbstbestimmung nennt unsere Verfassung unantastbare Würde. Das Grundrecht der Würde wird von den Kirchen in den Kot getreten, wenn sie von ihren Mitarbeitern verlangen, was diese partout für falsch halten.

So wird bei 100 000en Kirchenangestellten systematische Duckmäuserei herangezüchtet: eine demokratische Würdelosigkeit, die sich im politischen Raum verheerend auswirkt.

Das Christentum oder die Lehre von der himmlischen Polis ist entstanden als Rivale auf Leben und Tod gegen die griechische Polis. Die Urgemeinde war überzeugt, die Welt wird es nicht mehr lange machen. Überflüssig also, ihr großartig zu widerstehen. Pflichtgemäß ein paar gute Werke tun, um das eigene Konto im Himmel zu verbessern – dann das Ende. Die Schwachen und Leidenden werden den Endkampf gewinnen, denn Gott ist in den Schwachen mächtig.

„Den staatlichen Behörden gegenüber soll jeder seine Pflicht tun, aber man übernimmt keine Verantwortung für das bürgerliche Leben, denn man ist ja Bürger im Himmel. (Phil. 3, 20)“ ( Bultmann: „Das Urchristentum“)

Ausgerechnet der anmaßenden civitas dei, die mit der Welt nichts mehr zu tun haben will – außer sie als finale Beute vorzuführen – haben die Deutschen Privilegien und Sonderrechte eingeräumt.

Selig die Verantwortungslosen, denn sie werden Mensch und Natur in Trümmer legen.