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Freitag, 14. Dezember 2012 – Armut und Reichtum

Hello, Freunde der Gerechtigkeit,

Khaled El Masri fuhr vor neun Jahren nach Mazedonien in den Urlaub, wurde dort von mazedonischen Geheimdienstlern verhaftet und der CIA übergeben, die ihn nach Afghanistan brachten, wo er mehrere Monate inhaftiert und gefoltert wurde.

Jetzt wurde Mazedonien vom Gerichtshof für Menschenrechte zur Zahlung von 60.000 Euros Entschädigung verurteilt. Die Entscheidung des Gerichtshofs fiel einstimmig. Heute sitzt El Masri wegen anderer Delikte im Gefängnis. Der schwer traumatisierte Mann fand bislang noch nicht zurück ins „normale Leben“.

 

Nach Fukushima will mehr als die Hälfte der Japaner auf Atomenergie verzichten. Dennoch unterstützt mehr als die Hälfte der Wähler die LPD, die in den letzten Jahrzehnten den Atomstaat aufgebaut hat. Die Angst, wirtschaftlich zurückzufallen, überwiegt den Wunsch nach einem Neuanfang in der Energieversorgung.

 

Die mächtigsten Einrichtungen eines kapitalistischen Staates werden an die Leine gelegt. Wenn sie bank-rottierten, drohte bislang ein internationaler Dominoeffekt mit unvorhersehbaren Folgen. Vom Staat mussten sie mit Hilfe von Steuergeldern gerettet werden. Zu groß, zu einflussreich, um fallen zu dürfen.

Das war früher die Definition von Gott. Wenn Gott tot ist, ist alles nichts. Die Banken waren gottebenbildlich geworden. Vor zehn Jahren war Bankenkontrolle eine irreale Idee von Attac und den Linken. Jetzt ist sie – ein wenig – Wirklichkeit geworden. Robert von Heusinger, BZ, hält den gestrigen Tag für einen guten Tag. Europa 

wird nicht auseinander fallen. „Gehen die Staaten Eurolands auf diesem Weg weiter, tritt ein, was außer Altkanzler Helmut Kohl nur wenige für möglich gehalten haben: Dass die Währungsunion eines Tages in der politische Union mündet. Heute wissen wir: münden muss.“

 

Bundespräsident Gauck besucht in der Adventszeit ein Flüchtlingsheim. Holger Schmale, BZ, hält das für mehr als eine Adventsgeschichte. „Das ist ein politisches Statement.“

Irrtum, das ist patriarchale Gnadeninszenierung, die alles lässt, wie es ist. Mit guten Werken deckt das Christentum staatliche Verhältnisse und hebt sie nicht aus den Angeln. „Die Armen habt ihr allezeit“.

Warum kritisiert der Pastor nicht mit klaren Worten die Asylpolitik der Regierung? Die Residenzpflicht der Asylbewerber? Die Abschottungspolitik Europas? Gauck spritzt das hässliche Gesicht der fremdenfeindlichen Regierungspolitik mit Botox de luxe, auch tätige Nächstenliebe genannt. Botox muss ständig erneuert werden, dafür haben wir christliche Feiertage.

 

Warum hatten im 19. Jahrhundert die Marxisten so viel Erfolg? Weil die Kirchen gar nicht daran dachten, sich um die Armen zu kümmern. Es gab keinen einzigen linken Katholiken, keinen einzigen lutherischen Pastor, der sich systematisch um Arme gekümmert hätte. Erst als die gottlosen Weltveränderer das Proletariat fast vollständig eingemeindet hatten, merkten die Pfaffen, dass ihre Kirchen leer waren.

Auf einmal gab es einen Bischof Keppler, eine Innere Mission mit Hinrich Wichern. Auf einmal wurden Sozialenzykliken geschrieben. Um das Elend der Armen zu bekämpfen? Iwo. Um die Sozialisten zu bekämpfen. Man streute gute Werke wie Bonbons vor der Kirche aus, um die verlorenen Schäfchen wieder in die Herde zurückzulocken. Es war eine Machtfrage. Charity wurde Zurückgewinnungsmethode.

Bitte vervollständigen Sie den Satz: „Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeilte – würde ich sofort selig werden? Wäre der Kapitalismus besiegt (wenn alle dasselbe täten)? Gäbe es im NU keine Armen mehr auf der Welt? Denkste: „Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeilte – und hätte der Liebe nicht, so nützte es mir nichts.

So nützte es mir nichts. Altruismus ist Egoismus mit schein-heiligen Mitteln, stopp, mit heiligen Mitteln. Das Los der Dürftigen auf Erden zu verbessern ist nicht Aufgabe der Jesuaner. Das Lazarett hienieden zu beenden ist nicht Aufgabe der Agapisten (Agape = Nächstenliebe). Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, aber die Kranken. Der Arzt wäre arbeitslos, wenn alle Kranken gesund von ihrem Krankenlager aufstünden.

Die Kirchen des beginnenden 19. Jahrhunderts hatten beileibe nicht versagt, sie haben konsequent ihren untertänigen Glauben gelebt. In der Frohen Botschaft geht‘s nicht um Behebung der Armut, es geht um meine eigene Seelenerrettungspolitik. „Und wenn ich allen Glauben hätte und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.“ So wäre ich ein tönend Erz und eine klingende Schelle. Sätze aus dem höchsten Loblied auf die Liebe, die die Weltliteratur kennt – glauben die Gläubigen.

In Wahrheit ist es ein Lob- und Preislied auf schnöden Seligkeitsegoismus. Professor Hüther würde von Eigenverantwortung sprechen. Professor Hüther ist Theologe in Diensten der Industrie mit ökonomischer Zusatzausbildung.

Taugen gute Werke ohne ein richtiges Motiv nichts? Den Armen in Afrika ist das Motiv der Gabenspender gleichgültig, Hauptsache, sie können ihren Kindern etwas zu essen geben. Weil Staatsfürsorge kalt und lieblos sei, wollen Menschenliebhaber wie Sloterdijk ihre Steuern als Liebesgaben überstellen. Geht ihnen mal die Liebe aus, haben die Liebesobjekte das Nachsehen.

Man könnte fast Mitleid kriegen mit allen Geißlers, Blüms und sonstigen Herz-Jesu-Marxisten – so hatten sie sich früher genannt, als Marx unter Katholiken noch bekannt war, heute müssten sie sich Herz-Jesu-Benediktiner nennen –, wie sie mit Eifer ihre Heiligen Schriften durchwühlen, um ein nettes Zitat zu finden, das man auf der nächsten Tagung der Christlichen Gewerkschaft als neue Streiklosung missbrauchen kann.

Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, denn ein Reicher ins Himmelreich? Soll das ein Witz sein, hier die Preisung der Armut zu erkennen? Hier sind sozial klingende Losungen aus dem kynischen Bereich in den Kontext einer Heilsgeschichte gerutscht. Schon damals waren die Klerikalen nichts aufs Maul gefallen und konnten versiert dem Zeitgeist die Pforten öffnen.

Lässt man ausnahmsweise die Eckdaten der Heilsgeschichte nicht außen vor und sieht den gesamten Kontext – hallo, Journalisten, aufwachen, wer fordert immer, die ach so vielen Informationen müssten eingeordnet werden? Also ordnet mal, ihr mentalen Messies –, dann kommen wir zum Ergebnis: die irdischen Reichen sind die Doofen. Sie haben auf eine falsche und kurzfristige Strategie gesetzt.

Irdische Armut ist die einzige Methode, in Ewigkeit reich zu werden. Dort allein gibt es die unverrottbaren Schätze, die Wohnungen und Paläste aus Edelsteinen im goldenen Jerusalem (siehe Neues Testament > Offenbarung 21,18 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/21/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/offenbarung/21/“>Offbg.Joh. 21,18 ff). „Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo Motte und Rost sie zunichte machen und wo Diebe einbrechen. Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Rost sie zunichte machen und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein!“

Der Bergprediger als Anlageberater. Wo gibt es die bestverzinslichen, die sichersten Papiere mit persönlichen Garantieerklärungen des Weltenschöpfers? Was ist das Ziel des Lebens? Selig zu werden? Richtig. Und Seligkeit bedeutet reich sein in Ewigkeit. Wie Dagobert Duck, die biblizistische Ente, mit einem täglichen Kopfsprung in die unverrottbaren Hedgefonds und überirdischen Himmelsanleihen.

Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein. Nicht umgekehrt, nicht das Herz entscheidet über den Schatz, der Schatz entscheidet über das Herz. Verglichen mit dieser Schatzsuche im überirdischen Silbersee ist das Verhalten irdischer Reicher ein erbärmliches Groschenzusammenkratzen.

Wer hat denn den Wettbewerb um den Lorbeerkranz des Reichsten gewonnen? Der arme Lazarus oder der reiche Mann? Der reiche Mann ist ein kurzsichtig Zusammenraffender, der nicht in finalen Investitionen rechnen kann. Ein kleiner doofer Neureicher, der nicht bemerkt, dass die beste langfristige Investition – ein Leben in irdischer Armut ist.

Man muss mit dem Gegenteil investieren. Das ist die wahre himmlische Dialektik. Nicht homöopathisch, sondern allopathisch kommt man gesichert ans Endziel. Der Herr ist auch nicht in Glanz und Gloria vom Himmel herniedergerauscht, sondern im Gegenteil: in Armut, Ohnmacht und Schwäche, in Schmerz und Verzweiflung – um Tod und Teufel am Schandholz zu besiegen und zum Herrscher des Universums zu werden. Die Letzten werden die Ersten sein. Gott ist in den Schwachen mächtig.

Die Engländer haben ein schwaches, aber nicht falsches Wörtlein für diese allopathische Siegesstrategie: Understatement, Untertreibung. Sich unterschätzen lassen, den Gegner einlullen, um ihm auf der Zielgeraden die Beute vor der Nase wegzuschnappen.

Die deutschen Aufschneider kennen nur Übertreibung. Schließlich waren sie jahrhundertelange Verlierer des Welteroberungsspiels, während die Briten zu Herren der Welt aufstiegen. Nur geborene Sieger, Auserwählte, Lieblinge und Söhne Gottes können sich Understatement leisten.

Götter präsentieren sich gern als anonyme Menschen, um zu sehen, ob sie auch im täuschenden Gewand der Demütigen erkannt werden. Es ist wie bei Reichen, die nicht um ihrer Kröten, sondern um ihrer selber willen geliebt werden wollen. Durch Leid zum Sieg, durch Kreuz zur Krone.

Nur Selbstbewusste können bescheiden und großzügig sein. Dieter Bohlen und Markus Lanz müssen ständig beweisen, was für Mordskerle sie sind. Deshalb hat Gott das Fernsehen erfunden, um seelisch Verkümmerten zum Menschsein zu verhelfen.

Die Reichen dieser Welt setzen auf die falsche Strategie: auf Wertanlagen mit kurzfristig-irdischem Verfallsdatum. Sind ihre Tage auf Erden gezählt, ist der ganze Spuk vorbei – das unendliche Elend beginnt.

Die Armen sind die besten Zocker, um das Himmelreich für sich zu gewinnen. Die Reichen begehen den Fehler, nicht auf Armut als langfristige Profitmaßnahme zu setzen. Sie verstehen nichts vom dialektischen Anlagespiel. Ich muss irdische Armut riskieren, um überirdischen Reichtum zu gewinnen. Durch taktisches Gegenteil zum finalen Sieg.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend, das irdische Leben nicht vor dem Jenseits loben. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Am Ende sind alle habgierigen Teufel betrogene Betrüger. Der kluge Mann setzt auf Niedrigkeit, harrt aus im Stadium des Verkanntwerdens, erträgt Hohn, Verachtung und Spott, um am Ende all seinen Wettbewerbern eine Nase zu drehen.

Nietzsche hat immer von einer Umwertung aller Werte gesprochen, wenn er das Christentum mit dem Griechentum verglich. Streng genommen müsste man von der Umwertung der Strategien sprechen. Nicht der primären Werte.

Die Griechen wollten glücklich werden, die Christen wollen ebenfalls glücklich werden. Das Glück der einen soll auf Erden erlangt werden, das Glück der anderen im Himmel. (Bei Amerikanern liegt der Himmel mehr oder weniger auf Erden. Mehr: im Vergleich mit dem Rest der Welt, weniger: im Vergleich mit den versprochenen Seligkeitswonnen, die selbst in Gottes eigenem Land zu wünschen übrig lassen.)

Immer der Erste zu sein und voranzustreben den andern, das war urgriechisch-agonales Lebensgefühl (Agon = Wettkampf). Das konnte mit verschiedenen Glückskonkretionen und daraus folgenden Glückserwerbsmethoden realisiert werden. Welches Glück am besten und welche Strategien die sinnvollsten sind, darüber stritten sie bis aufs Messer und erfanden dazu konkurrierende Methoden. Lust als Ziel des Glücks? Weisheit? Gelassenheit? Macht? Erkenntnis? Freundschaft? Geselligkeit? Zurückgezogenheit? Armut? Reichtum?

Auch Sokrates war kein Verlierertyp und von falscher Bescheidenheit weit entfernt. Im Agon, im denkerischen Wettstreit um die Wahrheit, wollte er Irrtum und falsches Denken besiegen. Sein mäeutisches Gespräch (= Hebammengespräch) war ein Fingerhakeln Mann gegen Mann. (Gegen seine Lehrerin Diotima machte er keinen Stich).

Der edelste Wettkampf war für ihn der Wettkampf um Erkenntnis. Dieser Wettkampf allerdings hatte eine Besonderheit: er nützte beiden Kontrahenten. Es ging nicht darum, auf Kosten des anderen zu siegen, sondern um Erkenntnisfortschritt aller beiden. Beide Teilnehmer sollten aus dem Gespräch klüger hervorgehen.

Hier erkennt man noch den ursprünglichen Sinn von Konkurrenz, das sich vom lateinischen Wort für zusammenlaufen herleitet und nicht von gegeneinanderlaufen. Aufs Treppchen kommt jeder, der sich beim Streit mit seinem eigenen Kopf beteiligt.

Das ist ein fundamentaler Unterschied zu Paulus, bei dessen Wettkampf um ein knappes Plätzchen im Himmelreich nur einer gewinnen kann. Viele sind berufen, wenige auserwählt. „Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt?“ ( Neues Testament > 1. Korinther 9,24 / http://www.way2god.org/de/bibel/1_korinther/9/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/1_korinther/9/“>1.Kor. 9,24)

Wir stehen am tiefsten Unterschied zwischen universeller Vernunftethik und partikularer Seligkeitsethik. Vernünftig kann jeder werden, der seine eigene Vernunft strapaziert. Selig können nur wenige werden, deren Erfolg nicht von ihnen selbst abhängt, sondern von einer überirdischen Instanz.

In der christlichen Ethik rivalisiert jeden gegen jeden. Das geht quer durch Familien, Clans, Liebespaare, Nationen, Volksgemeinschaften. In der Endzeit werden zwei auf einem Bette liegen, einer wird angenommen, der andere verworfen. Die wenigen Auserwählten gehen den Understatementweg der engen Pforte oder des schmalen Wegs, die Verworfenen machen es sich gütlich auf dem breiten Weg, der in die Verdammnis führt:

„Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der ins Verderben führt, und viele sind es, die da hineingehen. Aber die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind es, die ihn finden!“ ( Neues Testament > Matthäus 7,13 f / http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/7/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/matthaeus/7/“>Matth. 7,13 f)

Während die Vielen auf dem breiten Weg in Reichtum, Macht und Völlerei schlampampen, bevorzugen die wenigen Schlauen den vorläufigen Weg der Entbehrungen, des Verspottetwerdens, um am Ziel rehabilitiert und zum Gesamtsieger ausgerufen zu werden, während die vorlauten Zufrüh-Jubler als Gesamtverlierer für immer in die Röhre gucken.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Wehe, wehe, wenn ich an das Ende sehe. Vor dem Tode preise keinen Mann glücklich. Eine durchaus sinnvolle Strategie – wenn das Ergebnis vom Menschen abhinge. So aber ist alles Show, denn der Mensch denkt, aber Gott lenkt. An Gottes Ratschluss hängt alles Gelingen.

Der christliche Agon ist ein Scheinwettbewerb, denn die Ergebnisse liegen – bei Calvin – schon längst fest und hängen nicht von den Akteuren in der Rennbahn ab, sondern vom Großen Spielleiter. Jeder tut nur, was in seinem göttlichen Drehbuch vorgeschrieben steht.

Während die Griechen darüber stritten, mit welchen Tugenden sie das Ziel des Lebens erringen könnten, geht es im Christentum allein darum, die Gunst des Großen Spielleiters zu erringen, der seinen Günstlingen schon a priori den Platz im Himmelreich reserviert hat und sie persönlich dort abliefern wird. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Weg und Ziel, denn das Ziel ist fremdbestimmt. Man muss nur den Schiedsrichter durch Glauben und Buckeln bestechen, den Rest erledigt er selbst.

Bei den Griechen kommt es auf angemessene Methoden an, um sein selbstbestimmtes Ziel in eigener Regie zu erringen. Bei den Christen gibt es keine Tugenden, sondern nur Günstlingsstrategien. Bei den Griechen gibt’s keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Weg und Ziel. Wer glücklich werden will, muss jeden Tag ein wenig mehr sein Glück durch kluges Verhalten erarbeiten. Richtige Tugend macht in sich glücklich. Sie ist nicht nur raffiniertes Werkzeug zum Ziel.

Kant benutzte den Begriff des Kategorischen im Gegensatz zum Hypothetischen. Das Letztere ist nur Mittel zum Zweck, das Erstere Selbstzweck. Demnach wäre christliche Ethik eine hypothetische und keine kategorische. Seine kategorische Ethik beruht auf einer fundamentalen Kritik an der scheinbaren Tugendhaftigkeit der Christen, die mit all ihrem Tun und Lassen keinen Sinn in ihren Tugenden fanden, sondern nur darin, dass dieselben zu einem total anderen Ziel führten.

Durch Unglück glücklich werden, durch Torheit zur Erkenntnis, durch Leid zur Freude, durch gespielte Demut zum Sieg kommen: all das hätte kein Grieche verstanden.

Man kann nicht zween Herren dienen: Gott oder dem Mammon. Es geht nicht um reich oder arm, es geht um verschiedene Herren, um Dienerschaft, um Servilitäten. Auch der reiche Mann kann selig werden, wenn er sein Herz nicht an den Mammon hängt, sondern ihn als strategische Spielmünzen einsetzt, um die Gunst des allmächtigen Croupiers zu erkaufen. Der wird für das richtige Ergebnis schon sorgen.

In Neues Testament > 2. Korinther 6,4 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/6/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/6/“>2.Kor. Neues Testament > 2. Korinther 6,4 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/6/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/2_korinther/6/“> 6,4 ff ist ein ganzer Katalog solcher Gegensätze aufgelistet: als Irrlehrer und doch wahrhaftig, als Unbekannte und doch erkannt, als Sterbende und siehe, wir leben, als Gezüchtigte und doch nicht getötet, als Betrübte und allezeit fröhlich, als solche, die nichts haben und doch alles besitzen.

Das Ziel des christlichen Lebens ist, am Reichtum Gottes teilhaftig zu werden. Denn dem Schöpfer gehören alle Dinge. Was er selbst erschaffen hat, das ist sein Eigentum: die ganze Welt.

Später wird Locke daraus seine Eigentumstheorie ableiten. Was der Mensch persönlich gesammelt oder hergestellt hat, das gehört ihm.

Eigentumserwerb durch Arbeiten und Produzieren. Ist das kein Widerspruch zum Reichsein jener, die nichts mehr selbst erarbeiten? Oh nein, deswegen hat man dem Geld das Arbeiten beigebracht, das stellvertretend für seinen Herrn für viel Nachwuchs sorgen darf. Geld heckt doch, im Gegensatz zum einfältigen Aristoteles. „Denn ihr kennt die Gnade unsres Herrn Jesus Christus, dass er, obwohl er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“

Präziser lässt sich’s nicht mehr formulieren. Wie Jesus sich zum Knecht machte, um Herr aller Dinge zu werden, sich zum Menschen erniedrigte, um Gott zu werden, am Kreuz starb, um über die Maßen erhöht zu werden, so wurde er auch arm und machtlos, um sich und den Seinen die Macht und den Reichtum der Welt zu erringen: „damit im Namen Jesu sich beuge jedes Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.“ ( Neues Testament > Philipper 2,5 ff / http://www.way2god.org/de/bibel/philipper/2/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/philipper/2/“>Phil. 2,5 ff)

Paulus verfolgt eine absolute Erfolgs- und Siegerstrategie. Alle Mittel sind erlaubt, um das Ziel zu erreichen. Man kann arm sein, man kann auch Überfluss haben, nichts ist verboten, wenn es denn zum Ziel führt:

„Ich weiß in Niedrigkeit zu leben, ich weiß auch Überfluss zu haben, in alles und jedes bin ich eingeweiht, sowohl satt zu sein, als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben, als Mangel zu leiden. Alles vermag ich durch den, der mich stark macht.“ ( Neues Testament > Philipper 4,12 f / http://www.way2god.org/de/bibel/philipper/4/“ href=“http://www.way2god.org/de/bibel/philipper/4/“>Phil. 4,12 f)

Im Gewand der Armut und Ohnmacht erringt der Glaube das Gegenteil. Der Vatikan in seiner Pracht, die Amerikaner in Reichtum und Macht haben das Jenseitsziel bereits vorweggenommen.

Kapitalismus ist Frohe Botschaft in Heller und Pfennig.