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Frankreich

Hello, Freunde Frankreichs,

je pense, donc je suis – Charlie Hebdo. Ich denke, zweifle, spotte, also bin ich – ein Held. Ein französischer Held.

Was ist der Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland? Deutsche BILD-Ajatollas schreiben vom Preis der Freiheit, Franzosen bezahlen ihn. Deutsche Edelschreiber beobachten, klügeln und ducken sich, die Pariser Spötter packten die Feinde der Demokratie – an den Eiern. Deutsche begnügen sich mit innerer Freiheit, Franzosen wollen Freiheit. Deutsche leben länger – und verzehren ihre Pension in ihrem südfranzösischen Landhäuschen.

„Lieber rot als tot“; „Helden? – nein danke!“ schreiben deutsche Edelfedern – und schmücken sich mit den Federn ihrer heldenhaften französischen Kollegen. Ihrer auf dem Feld bedrohter Freiheit durchsiebten Kollegen. Deutsche Schreiber beschimpfen Fremdenfeinde, die den Tod der Franzosen auf ihre PR-Mühlen leiten – und leiten das Massaker auf ihre eigenen PR-Mühlen.

Wohin nämlich zielte der terroristische Anschlag? Mitten ins Herz der Demokratie. Was sitzt im Herzen der Demokratie? Die freie deutsche Presse, die Vierte Gewalt, die den drei anderen Gewalten noch nie Leides antat; die Wächter der Freiheit der Starken, die Beschützer der Ungleichheiten und Erwählten, die Hüter der unbrüderlichen Konkurrenz bis aufs Messer.

Vorbei die Krise der deutschen Presse. Vergessen der Niedergang der Vermittler zwischen Oben und Unten, der säkularen Popen der Moderne. Der Opfertod der Satiriker hat sie gerettet.

Was ist das Herz der Demokratie? Nicht aufrechte Demokraten aus allen Bevölkerungsschichten. Sondern überaus kühne

Schlüssellochgucker, verwegene Mauerschauer und tollkühne Freunderl der Mächtigen, die bislang noch jeden wirtschaftlichen Raubzug der Eliten wohlwollend begleiteten, jede Entdemokratisierung unserer Republik mit launischen Bemerkungen durchwinkten, jede Entwürdigung der Schwachen und Abgehängten mit links absegneten. Hast du mal ne Edelfeder auf der Demo gesehen?

Von ihren blasierten Sesseln aus fragen die Schröders und ihre getreuen Bela Andas: wo bleiben die Anständigen, die sich den Unanständigen widersetzen? Hast du mal einen Kleber im ZDF zu seiner Kanzlerin sagen hören: Schluss mit den Worthülsen, Angie, ich breche das verdammte Interview ab?

Der Tod der Franzosen hat die deutsche Presse gerettet. Sie schwimmt wieder obenauf. Nicht mal Merci wird sie über den Rhein rufen.

In BILD schreibt Herr Wagner an einen französischen Helden und beklagt, dass Helden in der Demokratie nötig seien. „Journalisten berichten eigentlich nur. Journalisten sollen keine Helden werden.“

Wenn Journalisten keine Helden sein sollen, dann sollen sie sich wohl ganz ruhig unter den Schreibtisch verkriechen, wenns draußen auf den Straßen gegen Demokratie stürmt oder schneit. Das Motto des französischen Chefredakteurs wäre nichts für einen tapferen deutschen Raushalter und Antihelden aus jenem Blatt, das sich erkühnt, die APO des Volkes zu sein:

„Ich habe keine Kinder, keine Frau, kein Auto, keine Schulden. Es klingt jetzt sicherlich ein bisschen schwülstig, aber ich sterbe lieber aufrecht, als auf Knien zu gehen.“ (Zitat aus BILD)

Die deutsche Nation, die immer zu spät kam. Noch immer sitzt sie hinterm Ofen, rackert und malocht, und wartet, bis der französische Hahn vorwitzig zu schmettern beginnt. Dann zeigt sie sich echo-ergriffen und distanz-begeistert – und rackert und malocht weiter, als ob nichts geschehen wäre.

Die verspätete Nation muss ihr Image des Zuspätkommens vor aller Welt pflegen und verteidigen. Schließlich wollen sie erst sehen, was aus der französischen Sause wird. Schiller verteidigte das Zuspätkommen seiner hinterwäldlerischen Landsleute als List, um mit längerem Anlauf weiter zu springen als die hitzigen Franzen: reculer, pour mieux sauter.

Warum wohl übernehmen so viele deutsche Gazetten die solidarische Parole: Je suis Charlie Hebdo? „Je suis kann man leicht mit „Jesus“ verwechseln. Gottlose Franzosen müssen mit deutscher Frommen-Tücke überlistet werden.

Nun tun sie, als ob sie die großen Verteidiger der spöttischen Meinungsfreiheit wären. Als vor Jahren der dänische Karikaturist Kurt Westergaard wegen einer Mohammed-Karikatur unter Polizeischutz gestellt werden musste, zog man in deutschen Redaktionen säuerliche Mienen. Kaum eine Postille, die die Zeichnung des mutigen Dänen veröffentlicht hätte. Im Gegenteil: die wortgewaltigsten Kommentatoren sprachen gequält von Blasphemie – zudem tauge die Karikatur ästhetisch nichts.

Wurde in einem Bühnenstück das Allerheiligste durch den Kakao gezogen, meldeten sich Bischöfe zu Wort, die – aus rein dramaturgischen Gründen natürlich – ein Verbot der Aufführung forderten.

Die Presse hat ein Spatzengedächtnis und ein biblisches Verleugnungsgebot: gedenket nicht des Vergangenen. Was gestern war: aus den Augen, aus dem Sinn. Sie haben das reinste Gewissen der Welt, denn das ihrige besteht aus einer tabula rasa. Schaut man genauer hin, muss man sogar von einem Fortschritt sprechen, (wenngleich einem aus Frankreich importierten), wenn die Medien heute nicht nach dem § 166 rufen, den Markus Becker in einem ausgezeichneten SPIEGEL-Kommentar in Erinnerung ruft:

„Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Diesen Scharia-Paragrafen gibt’s noch immer. Kein franzosenbegeisterter Kommentar von heute, der die Forderung erhöbe, die schändliche Strangulierung zu beseitigen.

Stattdessen eine widerwärtige Gegenoffensive der drei unfehlbaren Religionen unter der Regie des unfehlbaren Ajatolla Diekmann in BILD. Man traut seinen Augen nicht, wie in der Mitte der bürgerlichen Verlogenheitsgesellschaft die vereinigten Erlöser eine himmlische Heuchelei-Kumpanei mit Pauken und Trompeten starten dürfen:

„Die Morde sind ein Angriff auf die Freiheit des Denkens, des Glaubens und unserer gemeinsamen Werte von Toleranz und Nächstenliebe, den wir zutiefst verabscheuen. Im Namen Gottes darf nicht getötet werden! Bibel, Thora und Koran sind Bücher der Liebe, nicht des Hasses.“ (BILD)

In Wirklichkeit gehören alle drei Heilige Schriften zu den hasserfülltesten Büchern der Welt. Nicht nur, dass die jeweilig unfehlbaren Götter immer wieder zu Heiligen Schlächtereien aufrufen: der Ausgang der Heilsgeschichte mit Trennung der Menschen in Erwählte, die in den Himmel kommen und in Verworfene, die auf ewige Zeiten im Feuer schmoren, ist das Ungeheuerste, das menschliche Rachegehirne je ausgebrütet haben.

Aus Liebe, der schönsten Tugend der Menschen, darf man in diesen Religionen Ungläubige foltern und quälen, immer dem inquisitorischen Motto gemäß: besser tot in den Himmel, als lebend in die Hölle.

Die drei Religionen haben Liebe zur verwerflichsten Untugend gemacht, die man auf der Welt ausüben kann. Nehmt Reißaus vor Erlösern, die euch lieben wollen.

Was in Deutschland völlig unter den Teppich gekehrt wird: Charlie Hebdo hat mehr anti-christliche als anti-islamische Karikaturen veröffentlicht. In einer Schärfe, die nicht mal die TAZ publizieren würde, wie gestern Abend Ines Pohl im lammfrommen Phönix-Kanal beichtete. Kunststück, ist doch die TAZ selbst ein „linkes“ Herz-Jesu-Blatt, das die Kirche im Dorf lässt.

Ajatolla Diekmann leitet höchst selbst die Kampagne der drei Illusionserlöser. In einem Kommentar hatte er festgestellt, dass die Terroristen auf keinen Fall im Namen einer Religion gehandelt hätten. Nicht Gläubige stünden hinter der Schandtat, sondern – Gottlose.

Nun beginnt, was die Deutschen bislang mit mittelalterlicher Verbohrtheit leugneten. Kein Kampf der Kulturen, wie ein amerikanischer Historikerchrist verschwiemelt von sich gab, sondern ein Kampf der Religionen. Sie sprechen von Kulturen und meinen ihre unvergleichlichen Religionen, die sich – aus schlitzohriger Pragmatik – jetzt zusammenrotten, um den gottlosen Feind von der Tenne zu fegen. Hätte jede von ihnen ein Machtmonopol, würden sie ihre Rivalen mit Wonne ausradieren.

„Die verabscheuungswürdigen Terroristen hassen diese Freiheit aus nur einem einzigen Grund: Sie steht ihrer pseudo-religiösen, aber eigentlich gottlosen Ideologie im Wege. Freiheit ist ein Fest der Vielfalt. Die Terroristen wollen einen globalen Gottesstaat, in dem radikal-islamistische Gesetze den Alltag regeln und einschnüren.“ (Kai Diekmann in BILD)

Herr Diekmann muss mit dem Bart wohl auch seine Intelligenz abrasiert haben, anders kann man sich nicht erklären, wie Gottlose einen globalen Gottesstaat wollen könnten. Wie bei allen Fundamentalisten: Logik mangelhaft.

Je ungenügender das Sapere aude, umso höher die Eintrittschancen ins Himmelreich. Was sagen sie, um ihren Wirrkopf zu erklären? Gott unterwirft sich nicht irdischen Natur- und Denkgesetzen – auch wenn er sie selbst geschaffen hat. Gott und Kohl unisono: was interessiert Uns Unser Geschwätz von gestern? Christen müssen täglich das Neue erfinden, auch wenn das Neue sie vom Globus worfelt. Pardon: damit das Neue sie vom Globus worfelt.

Erlöser sind kollektiv-suizidal oder apokalypse-paranoid. Das politische Geschäft auf Erden darf man ihnen nie mehr überlassen. Was an gegenwärtiger Weltpolitik inszeniert wird, ist der letzte Waffengang zwischen den drei Konkurrenz-Erlösern.

Können unfehlbar-ausschließende Heilsmonopolisten kompatibel sein? Sie belauern und beäugen sich unentwegt, um sich zu schwächen und auszurotten. Ihr Ziel steht in klaren Lettern in ihren Schriften: den Weizen in die Scheuer, die Spreu ins Feuer. Dreimal darfst du raten, wer Spreu und wer Weizen ist.

Nein, die Majorität der Juden, Muslime und Christen sind keine terroristischen Monstren, sie sind „anständige“ und gutmeinende Demokraten. Wär‘s anders, wären die westlichen Staaten bereits von Leichen übersät, die Flüsse quöllen über von Blut. Das Problem aber, das die Gläubigen partout nicht wahrhaben wollen, sind die Schriften, auf die sie sich kindisch berufen.

Wenn in ihrem Offenbarungsbuch nicht stehen würde: du sollst nicht töten und nicht stehlen, würden sie ihrem Nachbarn doch glatt die Kehle durchschneiden und seinen Flachbild-Fernseher klauen. Da kennen sie nichts, die Unmündigen.

In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich, dass wir das Einmaleins der Moral – das jedes Neugeborene mit dem ersten Atemzug krähen kann – mit göttlichem Brimborium aufpeppen müssen, damit wir es in unseren erbsündigen Schädel kriegen? Habt ihr noch alle Tassen im Schrank, ihr Popen und Stellvertreter aller unfehlbaren Götter?

Die Humanen unter den Gläubigen haben längst das katastrophale Niveau ihrer Schriften überwunden, dürfen aber, aus furchtgesteuerten Demutsgründen, ihre Überlegenheit nicht wahrhaben. Also müssen sie den „Schriftbeweis“, der ihnen zeigen würde, was sie für richtig halten – obgleich die meisten gar nicht wissen, was in ihren unfehlbaren Büchern steht – fürchten wie die Pest.

Die neueste Wendung: sie können es nicht mehr hören, wenn man ihnen den ungeschminkten Wortlaut ihrer Schriften rezitiert. Natürlich nicht, der schlichte Wortlaut schlägt ihrer humanen Sensibilität mitten ins Gesicht. Doch gottlob wissen sie, dass der Buchstabe tötet, ihr eigener Deutungsgeist aber macht lebendig. Und dieser Geist schwebt über den Wassern, kennt den sensus litteralis, anagogicus, allegoricus und tropologicus aus dem Effeff.

Wie bitte? Alles Methoden vom Feinsten, um jedem Hornochsen ein X für ein U vorzumachen. Dies nur zum Zwecke, die braven JüngerInnen nicht von der Kette zu lassen. Womöglich kämen sie auf die Idee, ihre Moral aus dem eigenen Kopf zu beziehen. Von diesem Kopf halten sie nicht viel, dürfen sie nichts halten. Also stehen sie Schlange bei den Oberdeutern, die ihnen ihre jüngsten Erleuchtungen beim Lesen eines interessanten Zeitgeistphilosophen als neueste göttliche Offenbarung unter die Weste jubeln.

Was ist die Motivation der muslimischen Terroristen? Sie hassen die Dominanz des heuchelnden Westens und rächen sich für unzählige Demütigungen ihrer Völker. Doch die eisenharte Legitimation beziehen sie – völlig korrekt – aus ihren Heiligen Schriften. Da beißt kein Diekmann, Huber oder Papst den Faden ab.

Was ist der Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum? Das letztere musste sich – unfreiwillig – seit mindestens 5 Jahrhunderten den humanen Prinzipien der Aufklärung beugen. Alles, womit sie heute hausieren gehen, als hätten sie es persönlich vom Heiligen Geist – als da sind Menschenrechte und Demokratie –, haben sie in langen Kämpfen von den Freunden der Vernunft akzeptieren müssen. Denselben Kampf hat es im monolithischen Islam nicht gegeben.

Inzwischen holen die Muslime alles nach. Man betrachte nur die Reaktionen der muslimischen Verbände in Frankreich und Deutschland – ja sogar in arabischen Ländern –, die noch vor 10 Jahren in dieser Eindeutigkeit nicht denkbar gewesen wären. Es ist ermutigend: das Licht der Vernunft schreitet voran. Und lässt sich durch Drohungen und pfäffische Listen nicht einschüchtern.

Es geht nicht um den Kampf zwischen Glauben und Unglauben, sondern um den Kampf: inhumaner Glaube gegen humanen Glauben. Jeder Glaube ist human, der von seiner humanen Vernunft kontrolliert wird.

Für seinen menschlichen Glauben ist jeder selbst zuständig. Glaube, was du willst, nur glaube an die Humanität des Menschengeschlechts. Der Rest ist belanglose Privatmythologie.

Den humanen Gläubigen, die sich von ihren dogmatischen Schriften nicht lösen wollen, muss man leider ins Stammbuch schreiben: ihr gebt euch unmündiger, als ihr seid. Ihr benutzt euren Kopf, aber es darf nicht euer Kopf sein – sondern das Salbadern irgendeines Popen, der seine Deutungsmacht über euch ausübt.

Die nächste Welle der menschlichen Emanzipation steht vor der Tür: eine aufgeklärte und humane Menschheit braucht keine Offenbarer, Deuter und Meinungsführer, die ihr sagen müssen, was sie zu denken hat. Wie oft soll man es noch sagen: Mensch, du affenähnliches Ding, du nicht festgestelltes Tier: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Ohne autoritäre Hilfe angemaßter Mundstücke des Himmels. Du kannst es, also sollst du es.

Gewiss doch, in deinen tollen Schriften stehen auch humane Worte, wer weiß das nicht? Doch du weißt nicht, dass humane Worte von inhumanen, die daneben stehen, ins Gegenteil verkehrt werden. So wird aus Lieben: Töten – aus Liebe.

Die Moralen der Erlöserreligionen sind Mischmoralen. Die Bibel beruht nicht nur auf fundamentalistischen Quellen. Sie befand sich auch im Einflussbereich griechischen Denkens und hat mehr Heidnisches integriert, als heutige Popen wahrhaben wollen. Die entstandene Mixtur aus Rationalem und Irrationalem aber wurde von Fundamentalisten überwältigt und zu einer irrationalen Maische verfälscht. Wie die Mathematiker sagen: Plus mal Minus = Minus.

Das Ergebnis wäre humaner ausgefallen, wenn eisenharte Theokraten nicht die Oberherrschaft über die Laien mit ihrem gesunden Menschenverstand errungen hätten. Seit Jahrtausenden rotten sich geistliche und weltliche Eliten zusammen, um dem ungebärdigen Volk mit Hilfe der Schriften den Gehorsam gegen Obrigkeiten und Pfaffen einzubläuen.

Wären nicht unzählige Reformationswellen vom Volk und volksnahen Rebellen gekommen, würden die weltlichen & geistlichen Despoten noch heute den Populus, den Demos, blutig an der Nase herumführen. Soviel zum beliebtesten Diffamierungswort der heutigen Eliten: dem Populismus.

Alles, was der Aufklärung des Volkes dient, wird heute von Elitisten als populistischer Schweinekram verfemt. Immer, wenn Elitisten das Schifflein auf den Grund setzen, zeigen sie mit dem Finger auf die böse Masse des Populus.

Nein, das Volk ist nicht nur unschuldig. Es ist, wie die Autoritäten der Elite es gezogen und gedrillt haben. Und doch ist es besser, fühlt und erkennt allmählich die Absurditäten der elitären Phrasen.

Zieht euch warm an, ihr eitlen Elitisten. Nicht mehr lange und das Volk wird durchschaut haben, wie ihr es an der Nase herumgeführt habt: Geht es den Nationen gut, ist es stets das Verdienst der Mächtigen. Geht es ihnen schlecht, ist es die Schuld der Ohnmächtigen. Dasselbe Muster wie in der Religion. Für alles Gute in der Welt ist der Schöpfer zuständig, für alles Schlechte der desolate Mensch.

Wie lange schon geht dieses doofe Spiel im allerchristlichsten Abendland? Wie kaputt muss man in seinem pastoralen Gehirn sein, ununterbrochen christliche Werte des Abendlands zu propagieren, wenn aber nichtchristliche Fremdlinge von eigenen Untertanen als Untermenschen abgelehnt werden, zeigen dieselben christlichen Eliten mit dem Finger auf ihre christlichen Untertanen – die sie selbst indoktriniert haben? Geht’s noch, Frau Merkel?

Was ist der größte Feind der Demokratie? Der menschenfeindliche Kern der dogmatischen Erlöser, der vom Heiland der Christen so formuliert wird: wer da glaubet und getauft wird, wird gerettet werden, wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.

Dieser infernalische Selektions- und Vernichtungsgeist ist das Gegenteil aller universalen Menschenrechte, aller Menschenwürde und aller moralischen Humanität. Gegen diesen religiösen Kern aller Demokratiefeinde kämpfte Charlie Hebdo unermüdlich mit Spott und Witz – und wird weiter kämpfen.

Welchen Gegner fürchten Rechtgläubige am meisten? Den Spott, die Vergackeierung des Heiligen. Sie selbst sind witz- und humorlos zum Erbrechen.

„Gott lässt seiner nicht spotten. Was der Mensch sät, wird er auch ernten. Wohl dem Manne, der nicht sitzt im Kreise der Spötter. Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet trauern und weinen. Trauert und weint! Euer Lachen verkehre sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit, demütiget euch vor dem Herrn, dann wird er euch erhöhen.“

Verstehet ihr auch, meine Geschwister, was ihr leset?

Vorsicht vor der Falle des Buchstabens. Gehet hin zu euren Buchstabenverdrehern und lasst euch den wahren Sinn der heiligen Worte verklickern. Er bedeutet allegorisch, anagogisch und volkspädagogisch:

Verspottet eure lächerlichen Hirten und Bischöfe. Verlacht eure aufgeblasenen Deutungsartisten. Beweint die trostlose Heuchelei eurer Seelenführer ins Himmelreich. Denn Vernunft und Humanität werden alles pfäffische Unwesen besiegen. So wahr uns Gott helfe.