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Elit-Populisten

Hello, Freunde der Elit-Populisten,

wie er heißt, so sieht er aus, so macht er Politik: Olaf Scholz. Der Wahlgewinner von Hamburg ist ein Plagiat von Merkel. Man könnte von einer Molz & Scherkel-Politik sprechen, die in Deutschland Furore macht.

Zur Fraktion dieser bieder und seriös scheinenden Kammerdiener der Politik gehören die süddeutschen Grünen Kretschmann, Fritz Kuhn und Boris Palmer, der Linke Ramelow, Malu Dreyer, die SPD-Nachfolgerin des Dampfplauderers Kurt Beck, die herbe Kramp-Karrenbauer, CDU-Chefin vom Saarland und sonstige Demütige vor dem Herrn.

Die Zeit der Windbeutel oder Charismatiker – die Deutschen sprechen gern von Char-íssma (griechenfeindliche Betonung auf der zweiten Silbe) – scheint mit der Selbstentzauberung des Welt-Windbeutels, pardon Weltcharismatikers Obama, fürs erste vorbei. Wie die Amerikaner sungen, so zwitschern die neugermanischen Alten und Jungen. Die Balletteinlagen einer FDP-Frau sind nur die glamouresque Notration, die man sich zum eintönigen Hamburger Fischeintopf gerade noch gönnt.

(Einschub für TV-Pfiffige: weibliche Glittershows, die neue Marktlücke für frauenfeindliche Gender-Liberale, sind die Transformation von Heidi-Klum-Shows in eine asexy auftretende Scholzpolitik. Welches Kandidaten-Model hat die meisten Chancen, das Tanzmariechen der grauen Machtmänner zu werden? Man könnte sich die EMMA-Augen ausheulen. Die ach so emanzipierten Frauen regredieren wieder zu ihrer ältesten Rollenzuschreibung: den hart regierenden Männern einen gliederlösenden Hormonschub zur Erleichterung ihres irdischen Loses zu verschaffen:

„Der Mann soll zum Kriege erzogen werden und das Weib zur Erholung des Kriegers. Ein Spielzeug sei das Weib, rein und fein, dem Edelsteine gleich, bestrahlt von den Tugenden einer Welt, welche noch nicht da ist“, also sprach

der ausgewiesene Weiberkenner Nietzsche.

Im Übrigen haben die Öffentlich-Rechtlichen sich schon längst selbst entleibt. Von Programm kann bei ihnen füglich nicht mehr die Rede sein. Von morgens bis abends Sportterror, Narrendespotie und Kwissjauche. Selbst in Zeiten, da die Welt im Argen liegt, wie Baron Guttenberg zu salbadern pflegt, keine Politgespräche zur öffentlichen Verständigung über die Weltlage. Illner, Presseclub, der Internationale Frühschoppen, Plasberg, Maischberger – alles Fehlanzeige! Ski und Narren dürfen wochenlang den „Bildungsauftrag“ skalpieren. Und Karlsruhe bleibt stumm.

Warum die Deutschen solchen Brot-und-Spiele-Gauklern noch mediale Kirchensteuern zahlen, wissen nur die Götter und die – hüllen sich in Schweigen! Wer hier blasiert meinte, ohnehin schaue er nicht mehr öffentlich-rechtlich, versagt bei der Kontrolle der immer dumpfer und nationalistischer werdenden Medien, die einst angetreten waren, die Welt getreulich abzubilden, um das Selbstdenken der Citoyens anzuregen und zu erleichtern.)

Sind die neuen Biedermänner und -frauen keine PolitikerInnen fürs Volk, sind sie keine Populisten?

Populisten haben einen schlechten Klang. Angeblich versprechen sie viel und halten wenig. Sind Molz & Scherkel, die Maulfaulen unter den Selbstdarstellern, nicht das Gegenteil: sie versprechen wenig, aber halten viel? Fragen wir doch mal das Volk, welche Politik es haben will:

He, Volk, bist du das Volk?

Wer außer mir sollte denn sonst das Volk sein, du Schlaumeier?

Okay, Volk, sei doch nicht immer gleich so eingeschnappt, man könnte glatt auf die Idee kommen, du seist deutsch und selbstmitleidig. Hat Mami dich in deiner Jugend zu wenig geherzt, hatte sie keine mitfühlenden Worte für dich, wenn die Welt wieder mal böse zu dir war?

Schleich dich, du Psychoheini. Glaubst du wirklich, du könntest mich auf die Couch legen? Sag was du willst, ich habe keine Zeit, mit dir herumzuquatschen. Siehst du nicht, dass ich mich rund um die Uhr selbstoptimieren muss, damit wir Exportweltmeister bleiben, die ganze Welt mit Maschinen fluten, alle Völker bei uns verschuldet sind und Mutter Merkel stolz auf uns sein kann? Also??

Gut denn und frei heraus gesagt: welche Politik willst du? Eine, die viel verspricht und wenig hält – oder das pure Gegenteil?

Sonst geht’s dir noch danke? Soll das eine ernst zu nehmende Frage gewesen sein? Hältst du uns für bescheuert?

War das etwa eine Antwort, oh holdes Volk, du pegida-verdächtiges Ding? Du antwortest schon wie Politiker bei Illner – nämlich nicht.

Und du eingebildeter Tropf fragst wie Illner, nämlich nicht. Meinst du etwa, deine kindische Frage war eine Frage? Das war eine Beleidigung unserer Intelligenz. Glaubst du tatsächlich, wir wollten uns von Seifensiedern einseifen lassen? Natürlich wollen wir ernst gemeinte Versprechungen, welche eingehalten werden. Und wenn du nicht sofort Pegida zurücknimmst, hast du uns gesehen. Wir haben nichts gegen Fremde und Flüchtlinge – aber tüchtig müssen sie sein, das Vaterunser und das deutsche Leitbild auswendig kennen. Und bevor du hier weiter herum stänkerst: das sagen nicht nur wir, sondern alle Berliner Politiker und Pastor Peter Hahne. Sind die Oberen Pegida, sind wir‘s auch. Und tu nicht, als ob du nicht zum Volk gehörst. Volk, das sind alle in einer Demokratie, schon gehört?

Oh ja, Volk, du warst schon immer sehr sehr schlau – und bist auf jeden Schlaumeier hereingefallen. Ist dir noch gar nicht aufgefallen, gell? Und auf meine Fragen bist du auch hereingefallen, das waren nämlich Fangfragen. Kann es sein, dass Politiker nicht zu „viel“ oder zu „wenig“ versprechen sollten, sondern die Probleme zu benennen haben, wie sie sind, um zu versuchen, sie so gut wie möglich zu lösen? Kann es sein, dass Politiker schonungslos die Wahrheit sagen und eine angemessene Therapie vorschlagen sollen – über die wir alle in regelmäßigen Wahlen abstimmen?

Volk (beiseite murmelnd): den Klugscheißer sollten wir mal kurz in der Elbe tunken, dass er seinen Überdruck ablässt. (Tumultuarisch weiter sprechend, die Antworten waren kaum noch zu verstehen🙂 Leg nur alles, was wir sagen, auf die Goldwaage, du Oberlehrer. Du weißt ganz genau, dass wir gemeint haben, was du gestelzt auch gesagt hast. Und ausgerechnet du willst uns verstehen! Schaff dich vom Acker, du du … Populist. (Volk verärgert ab.)

Populisten wollen Politik fürs Volk machen. Gut so. Sie wollen Politik fürs Volk machen, indem sie das Volk verstehen. Gut so – aber nicht ausreichend. Denn Volkes Stimme ist nicht Gottes Stimme. Oder doch?

Demokratie ist Herrschaft des Volkes, also müsste der Wille des Volkes die Richtschnur des Wahren sein? Die Richtschnur des durch Mehrheitsentscheidungen lernenden Volkes? Wer lernt, besitzt nicht die Wahrheit, er kann sich ihr aber nähern.

Mehrheitsentscheidungen sind Momentaufnahmen des Volkes, wie es just fühlt und denkt. Jederzeit können sie durch nächste Mehrheitsentscheidungen korrigiert werden – wenn das Volk durch permanente Debatten auf dem Marktplatz klüger geworden ist.

Nur das lernende Volk entscheidet über die momentane Wahrheit seines Denkens und Wollens. Liegt es falsch, wird es die Rückmeldungen und Konsequenzen seines Willens selbst tragen müssen, die zur Revision seiner Entscheidung durch neue Erfahrungen beitragen können.

Ein wesentlicher Vorzug der Demokratie ist die gesetzlich verankerte Möglichkeit des kollektiven Klügerwerdens a) durch abstrakte Grundsatzdebatten und b) durch empirische Überführung ihrer herausgemendelten Theorie in politische Praxis – zur Überprüfung der Theorie.

Bei guten Erfahrungen stellt sich das selbstgewisse Gefühl ein, auf dem rechten Weg zu sein. Bei schlechten besteht die Möglichkeit, den früher gefassten Entschluss erneut unter die Lupe zu nehmen und grundsätzlich neu zu überdenken. Was wissen wir durch neue Erfahrungen besser als wir vor denselben wussten?

Demokratie ist eine übersubjektive Erkenntnismethode, ein edler Wettbewerb um die Wahrheit durch das permanente Streiten und Ringen des Volkes mit sich selbst.

Im Kapitalismus muss jedes Produkt mit jedem in den Verdrängungswettbewerb. Doch um Wahrheit darf nicht gestritten werden, denn diese hat man abgeschafft zugunsten der – Marktpreise, die im Dschungel der für den menschlichen Verstand undurchdringlichen Finsternis das einzige Orientierungsmerkmal bilden – wenn wir Hayek folgen.

Was die Unsichtbare Hand für Adam Smith, sind für Hayek die göttlich illuminierten Marktpreise. Was für Faust gilt, gilt auch für das lumen supernaturale (das übernatürliche Licht) des Marktpreises: der Preis in seinem dunklen Drang ist sich des rechten Weges wohl bewusst. Hast du das beste Produkt erfunden, hilft alles nichts: wenn es nicht vom Markt akzeptiert wird, kannst du es den Hühnern vorwerfen.

Selbst bei Hayek, dem Gegenaufklärer, der nichts von der Vernunft des Menschen hielt, sehen wir einen letzten Rest demokratischer „Wahrheitssuche“ des „gerechten“ Preises, der gefunden ist, wenn ihn der Markt – als Diener der Evolution – durch unbewusste Mehrheitsentscheidung der Käufer und Verkäufer ermittelt hat. Darwins Prinzip des survival of the fittest gilt nicht nur für das Tier- und Pflanzenreich, es bestimmt auch das ganze Marktgeschehen.

Für Griechen, die Erfinder der Volksherrschaft, war Volkes Stimme (fast) so gut wie „Gottes“ Stimme, vorausgesetzt, unter Gott versteht man nichts als die lautere Wahrheit des autonomen Menschen. Göttliche Offenbarungen und ihre klerikale Verkünder gab es nicht. Hesiod: „Nie wird ganz ein Gerücht sich verlieren, das vielerlei Volkes häufig im Munde geführt; denn ein Gott ist auch das Gerücht selbst“. Oder Seneca: „Glaube mir, die Sprache des Volkes ist heilig“.

Als das Christentum die Völker besiegt hatte, verschwand die Heiligkeit des Volkes. Demokratie wurde untergepflügt zugunsten theokratischer und cäsaropapistischer Regimes. Heidnische Völker wurden zum Inbegriff der Verworfenheit. Selbst das Volk Gottes schwankt ständig zwischen heilig und diabolisch. „Dann sprach der Herr zu Mose: ich sehe, dass dieses Volk ein halsstarrig Volk ist. Und nun lass mich, dass mein Zorn wider sie entbrenne und ich sie vertilge.“ „Das Volk, das in Finsternis wandelt, siehet ein großes Licht, die im Lande des Dunkels wohnen, über ihnen strahlt ein Licht auf.“

Das Licht, das die Völker erleuchtet, ist nicht ihre eigene Erkenntnis, nicht ihr selbstbestimmter Wille zur Wahrheit, sondern das von außen kommende Licht Gottes, dem sie sich beugen müssen.

Solange die Nationen theokratisch dominiert waren, solange war das Volk eine sündige Masse, eine massa perditionis. „Auf diejenigen muss man nicht hören, die zu sagen pflegen, „Volkes Stimme, Gottes Stimme“, da die Lärmsucht des Pöbels immer dem Wahnsinn sehr nahe kommt“ – so aus einem Brief Alkuins an Karl den Großen.

Das heilige Volk Gottes – und die zur ewigen Unseligkeit verdammten Heidenvölker: das waren die beiden extremen Volkseinschätzungen, die die Geschichte des Abendlands bestimmten. Versteht sich, dass im Verlauf der zunehmenden Aufklärung die beiden Pole sich bekämpften und zu vermischen begannen.

Einerseits ist das Volk im Grundgesetz als einziges Subjekt der Staatsgewalt ausgezeichnet: Artikel 20, 2: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Andererseits werden Stimmungen des Volkes wie in den Pegida-Demonstrationen, sofern sie den Eliten nicht passen, als dumpfe oder krude Massenerscheinungen abqualifiziert.

Natürlich können Tausende von Dresdnern nicht das deutsche Volk sein, doch ebenso natürlich sind sie ein Teil des Volkes, das man ernst nehmen sollte – sofern man verstehen will, was an der Basis gärt und rumort, gleichgültig, ob man das Verstandene für richtig hält oder nicht. Hält man das Verstandene für richtig, kann man die Demos unterstützen, hält man es für falsch, muss man diesem Teil des Volkes Widerstand leisten. Das ABC demokratischer Rituale ist den meisten Deutschen und der Majorität der Gazetten unbekannt.

Das Volk ist die Gesamtheit einer Nation – Eliten inklusive. Spricht man heute vom Volk, meint man aber vor allem die Unterschicht – im Gegensatz zu den Eliten.

Übernimmt man Alexander Rüstows Definition der Hochkultur als Überlagerung eines friedlichen Agrarvölkchens durch physisch überlegene, von außen einfallende Nomaden, so beginnt die Spaltung eines Gemeinwesens in dominante Oberschicht und unterlegene Unterschicht mit dem Beginn der Hochkultur. Eine kriegerische Elite, die alle körperliche Arbeit als Makel empfindet, zwingt eine pazifistische Unterschicht, die fremden Herren im Schweiße ihres Angesichts zu ernähren.

Diese „Arbeitsteilung“ in gewalttätiges Regieren und ohnmächtiges Arbeiten ist zugleich die Quelle des bis zum heutigen Tage herrschenden Kapitalismus. Nicht nur das Arbeiten ist geteilt, auch die Besitzverhältnisse sind extrem ungleich verteilt. Den Eroberern gehört im Prinzip alles, den Eroberten nichts. Deren Gärten und Äcker sind Lehen der Mächtigen, die bei Ungehorsam nach Belieben enteignet werden können, was dem Todesurteil über die Enteigneten gleich kommt.

Wenn Rüstows Herleitung der ungerechten Wirtschaftsweise von heute richtig ist – sie ist es –, dann kann der Kapitalismus nur durch Demontieren der modernen Hochkulturen beendet werden. Die ungerechte Ur-Teilung von Arbeit und Besitz kann nur durch Auflösen der beiden Volksschichten revidiert werden.

Die Hochkultur begann mit dem Alleinbesitz der Eliten, heute nähern wir uns diesem einstigen Urzustand mit Lichtgeschwindigkeit. Es gibt nur einen einzigen signifikanten Unterschied zwischen den Anfängen der Hochkultur und ihrem heutigen Status: vor 6000 bis 10 000 Jahren wurden alle Unterschichtler benötigt, um Ernährung und Bedienung der Oberschicht zu gewähren. Heute gibt es unzählige Maschinen, die immer mehr Menschen überflüssig machen, sie zur Bedeutungslosigkeit degradieren oder gar zum Verhungern verurteilen.

Hegels Herleitung der modernen Machtverhältnisse durch die Herr-Knecht-Spaltung ist der Rüstow‘schen Überlagerungstheorie vergleichbar. Die Hegel‘sche Hoffnung aber, dass die Knechte ihre Herren à la longue an Scharfsinn und Lebenskraft überwinden werden (woraus Marx die revolutionäre Überlegenheit des Proletariats über die Ausbeuter ableitete), wird durch die Fähigkeit der modernen Eliten, die Kreativität und Intelligenz der Mittel- und Unterschichten restlos abzusaugen und aufzukaufen, immer mehr zunichte.

Seit Entstehen der Hochkultur werden die Unterschichten in die Rolle entmündigter und törichter Kinder gezwungen, die mit Ehrfurcht die Regierungskünste ihrer Herren bewundern, aber sie nie niemals verstehen dürfen. Was man versteht, könnte man im Prinzip verändern.

Also lautet das Grundgesetz der Erlöserreligion: Gott ist unbegreifbar und von keinem menschlichen Verstand erkennbar. Desgleichen seine klerikalen Marionetten. Die Unwissenheit des Volkes ist der beste Schutz für die Oberschichten.

Der unerklärbare und unverstehbare Gott wird gegenwärtig fortgesetzt als überkomplexe Theorie und undurschaubares Herrschaftsverhältnis der heutigen Machteliten. Das Volk soll malochen und den Kopf ausschalten. Die hohen Gedanken der Gelehrten und die schier unlösbaren Probleme der modernen Politik können nur von erwählten Oberschichten durchschaut werden – wenn überhaupt.

Die heutigen Eliten teilen sich auf in gewählte Politiker und ungewählte Wirtschaftsgiganten. Die Macht der Gewählten ist auf die jeweilige Legislaturperiode begrenzt, die Persistenz der Wirtschaftseliten ist schier unaufbrechbar geworden. Zumal die Geldgiganten sich fast ausnahmslos aus ihren eigenen Reihen regenerieren.

Die USA sind inzwischen feudaler und undurchdringlicher geworden als die europäischen Demokratien. Doch die Verhältnisse nähern sich an.

Warum sind Molz & Scherkel nur scheinbar die treuen Haushalter des Volkeswillens? Sie erledigen nur jenen kleinen Problemrest, der ihnen von den Wirtschaftseliten als Spielmaterial oder zur Beschäftigungstherapie überlassen wurde. Die Hauptprobleme der Menschheit werden von den Eliten als unlösbare definiert, was bedeutet, dass sie dem Bewusstsein entzogen werden müssen.

Dem Volk wird eingebläut, dass die Moderne ein überkomplexes Labyrinth geworden sei, von dem es sich in geziemender Ehrfurcht fernhalten soll. Die undurchdringliche Mauer aus Kannitverstan und vernunft-übersteigender Komplexität (Hayek) ist der genialste Schutz der immer absoluter werdenden Macht der Geldeliten vor den blauäugigen Moralvorstellungen und Gerechtigkeitsidealen der unteren Hohlköpfe.

Die politischen Kammerdiener, die nur die Oberfläche der Tagesprobleme angehen dürfen, verwalten, genau genommen, nur die mehrfach gesicherten Pfründe der superreichen „EINPROZENT“ und schützen sie vor dem neidischen Zugriff der Loser und Zukurzgekommenen.

Die Mittelschicht der Bourgeoisie widerlegt nicht die Rüstow‘sche Zweiklassentheorie. Denn sie ist selbst gespalten in den oberen Teil derer, die in die Elitenschicht drängen und den unteren, der ständig vom Absturz ins Nichts bedroht ist.

Die Medien gehören zu denen, die sich instinktiv zur Elite zählen und die Unteren mit patriarchalischer List und Tücke zum Gehorsam anhalten. In diesem Sinne haben die Medien die Mittlerrolle des Klerus übernommen. Sie bestimmen darüber, wer im Aufzug nach oben fährt oder schmählich wieder abwärts fahren muss.

An wirkliche Grundprobleme rühren die heutigen Politiker mit keinem Jota. Sie pfuschen an den Symptomen herum, um die wirklichen Eiterherde der Probleme zu verleugnen.

Wie lange hat Merkel das Ost-West-Problem hochkochen lassen, bis sie als Heiland jener Krankheit einfliegt, die sie selbst mitproduziert hat? Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, also müssen sie gekränkt werden, auf dass das Kommen des Messias unerlässlich wird.

Wie Jesus den Seesturm stillte, den sein Vater im Himmel prophylaktisch erzeugt hatte, so stillen Politiker die sichtbarsten Folgen der sozialen und nationalen Unruhen, die sie seit Jahren unermüdlich selbst erzeugen.

Wie lange schon gärt das „unlösbare Nahostproblem“? Wie lange wird die Ukraine zwischen Ost und West leiden müssen? Wie viele Kinder werden noch verhungern müssen und wie lange wird es dauern, bis EINPROZENT 99% des Weltreichtums kassiert haben wird? Wie lange schon geht der Trend zur Ungleichverteilung und kein einziger Politiker von Rang hat sich an diesem Problem die Hände schmutzig gemacht? Wie lange schon kennen wir die Folgen der Naturverwüstung und mit welch obszöner Dreistigkeit der Nationen werden wirksame ökologische Maßnahmen verhindert?

Was will das Volk? Es will wirksame Maßnahmen zur Problemlösung aller grundsätzlichen menschlichen Probleme dieser Welt. Unterschichten sind wie Kinder, sie spüren das Richtige, doch ihre Autoritäten haben mit einem ausgeklügelten Verdummungsprogramm – welches sie Bildung nennen –, verhindert, dass sie ihre Empfindungen in klare politische Forderungen transformieren. Jeder Demokrat – und es gibt keinen, der nicht selbst zum Volk gehörte –, ist aufgerufen, die unbewusste Stimme seines Unbehagens in politisches Bewusstsein zu verwandeln.

Kann man das Unbewusste des Volkes bewusst machen und übersetzen? Man muss es unermüdlich versuchen. Was nicht bedeutet, dass man die Stimme des Volkes stellvertretend oder gar unfehlbar deuten darf. Man kann dem Volk immer nur die eigenen Deutungen vorlegen: ist es das, was ihr wollt, das wir zusammen wollen können? Das Volk muss selbst entscheiden, was es aus dem Schacht seiner auferzwungenen Dunkelheit ans Licht bringen will.

Zum Schluss ein Beispiel für die Unfähigkeit der europäischen Eliten, sich selbst zu überprüfen und dem gedemütigten Volk der Griechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Die Brüsseler Machtzentrale müsste ihre eisenharten Wirtschaftsgrundsätze dem Kriterium der Gerechtigkeit unterwerfen, um die Not der griechischen Unterschichten zu lindern und die grenzenlose Gier ihrer Eliten zu beschneiden. Ulrike Herrmann in der TAZ.

Merkels Rettungspläne aber sind nur geeignet, die Nöte der Schwachen zu vergrößern und die Säckel der Starken bis zum Platzen zu füllen. Das hält sie für das Gebot eines grenzenlos wachsenden Reichtums – im Dienste der Reichen.

Auch Molz & Scherkel sind Populisten, aber Elit-Populisten. Sie dienen den Eliten, indem sie den Großen Lümmel zur teigigen und reaktionsunfähigen Masse erniedrigen. Gerechtigkeit ist für die Königin Europas zum Fremdwort geworden. Im Gestus frommer Botmäßigkeit und in unerhörter Herzenshärtigkeit verfolgt die Pastorentochter das abendländische Matthäus-Prinzip:

Denn jedem, der hat, dem wird gegeben werden und er wird Überfluss haben. Dem aber, der nichts hat, wird noch das genommen, was er hat. Und die unnützen Griechen stosset hinaus in die Finsternis, die draussen ist. Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.