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Tagesmail

Donnerstag, 21. Februar 2013 – Post-Habermas

Hello, Freunde Arne Friedrichs,

Arne Friedrich ist ein gläubiger Fußballer, der vor jedem Fußballspiel betet, aber nicht um schnöden Sieg. Friedrich ist ein feinfühliger Mensch und nimmt Rücksicht auf seinen Vater im Himmel. Der „würde ganz schön durcheinander kommen, wenn alle 22 Spieler für einen Sieg beten würden“. Das ist ein beeindruckender, zeitgemäßer Glauben, der seinen Gott nicht strapaziert wie in der Heiligen Schrift, sondern Rücksicht auf dessen Ohnmacht nimmt.

Im Neuen Testament klingt das platt und rücksichtslos: „Bittet, so wird euch gegeben werden; suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan werden! Denn jeder, der bittet, empfängt, und wer sucht, der findet und wer anklopft, dem wird aufgetan werden.“

Der Fußballer ist über diese kindische Unersättlichkeit hinaus, er kann sich in den Höchsten hineindenken und dessen knappe Ressourcen mitbedenken. Gott ist schwächer, als man denkt, der Mensch ist stärker geworden. Das ist gut so. Wenn der Mensch ganz stark geworden ist, kann Gott sich – wie sein Stellvertreter – aufs Altenteil zurückziehen und mit Wohlgefallen auf seine selbstbewussten Geschöpfe herniederblicken. Ein guter Erzieeher macht sich überflüssig.

In den Anfängen des Glaubens – wie roh klang es, wenn die Vorläufer der Fußballer – die Krieger – jedes Match auf Teufel komm raus gewinnen wollten. „… werde ich dich reich segnen. Ich werde dir viele Nachkommen schenken. Sie sollen zahllos sein wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres. Sie werden ihre Feinde besiegen.“ „Beim Aufbruch segneten sie Rebekka mit folgenden Worten: »Unsere Schwester, du sollst die Stammmutter von vielen Tausenden werden! Deine Nachkommen sollen alle ihre Feinde besiegen.»“  

Friedrich ist ein fairer Sportsmann, und fair schätzt er auch

seinen himmlischen Vater ein. Seine Gegner sind nicht seine Feinde; immer besiegen muss er sie nicht. Der Bessere soll gewinnen. Gewinnt der auch? Was, wenn der himmlische Vater den frommen Kicker prüfen wollte, ob er auch dann noch glaubt, wenn das bessere Team verlöre? Wie viele Hiobsdramen haben sich auf deutschen Fußballfeldern abgespielt?

Mit Aberglauben hat sein Glauben, igitt, nichts zu tun. Ein Glaube, der mit einem Aber verbunden ist? Nein, das ist Friedrichs Glaube nicht. Er sagt bedingungslos Ja Ja zu seinem Gott, auch wenn er mit dem Ergebnis des Spieles nicht zufrieden sein kann. Abergläubische hätten ein Ritual, so was habe er nicht nötig. Er bete nur regelmäßig vor jedem Spiel. Beim Fußball ginge es immer um Siegen oder Verlieren. „Das ist bei Gott nicht so. Da steht jedes Leben, also der Mensch an sich, im Mittelpunkt. Die Message ist eine andere.“

Arne nimmt nicht nur Rücksicht auf den schwachen Schöpfer Himmels und der Erden, er macht dessen „Message“ auch besser, als sie ist. Denn tatsächlich spielt auch der HERR Fußball gegen seine Gegner und wenn die verlieren, kommen sie nicht mehr lebendig nach Haus. „Christ, unser Herr, heut triumphiert. All sein Feind er gefangen führt.“

Im Mittelpunkt der „Message“ steht tatsächlich jeder Einzelne. Der eine Einzelne wird siegen über seine Glaubensfeinde, der andere ist Glaubensfeind und wird in Ewigkeit alle Spiele verlieren. Diese grausame Message hat ein gläubiger Fußballer schon lange nicht nötig. (ZEIT-Interview mit Arne Friedrich)

Im DFB wird ständig an Gott gearbeitet. Seine Sturmqualitäten lassen nach, seine Defensive ist jämmerlich. Wartet noch ein Weilchen, dann wird er Mensch geworden sein. Man muss an Gott glauben, dass er trotz himmlischen Handicaps zu guten Taten fähig sein wird. Schon der SOHN hat – wenn auch widerwillig – an den Menschen geglaubt, dass er trotz Böseseins zu guten Werken fähig ist. „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wieviel mehr wird der Vater im Himmel den heiligen Geist denen geben, die ihn bitten!“

Können böse Menschen gute Werke tun? Noch einen kleinen Schritt weiter und der Heiland wäre zum Sokratiker geworden. Ein guter Mensch ist, wer gute Taten tut. Wir müssen noch mehr an die Götter glauben, dass sie trotz unglücklicher Kindheit sich zu humanen Wesen mausern können. Auch sie benötigen eine zweite Chance.

Menschen haben die Götter, die sie verdienen. Ist doch Gott nichts anderes, als das grandiose Selbstbild des Menschen. Schwestern und Brüder, lasst nicht nach in der Erziehungsarbeit der Schöpfer und Erlöser. Ihr tut‘s ja schon lange und niemand dankt euren titanischen Bemühungen. Solltet ihr keine Zeit mehr haben für die anspruchsvolle Pädagogik besonders begabter Götter, weil ihr malochen müsst, könnt ihr sie guten Gewissens in Kitas abgeben. Am besten in katholischen, die kennen sich aus mit schwer erziehbaren Wesen.

Womit wir elegant bei Postmetaphysiker Habermas angekommen wären, einem der eifrigsten Gotteserzieher. Im zweiten Band seines „Nachmetaphysischen Denkens“ kümmert er sich um Religion, damit die Deutschen endlich wissen, was sie glauben sollen.

Rudolf Walther, Chefphilosoph der TAZ, lobt die Produktivität des unverwüstlichen Greises. Auf über 300 Seiten hat unser Aufklärer zehn Aufsätze und Repliken verfasst. Und dies mit 83 Jahren innerhalb der letzten 5 Jahre. Ein kleiner Dreisatz genügt und wir können errechnen, was er mit 73 innerhalb eines Jahres auf 500 Seiten geschafft hätte. Da haben wir‘s schon wieder: das kostbare Wörtchen post, diesmal auf Deutsch.

„«Nachmetaphysisch» nennt man ein philosophisches Denken, das keinen privilegierten Zugang zur Wahrheit beansprucht im Unterschied zur Philosophie von der Antike bis zur Aufklärung. Das Wissen, das Philosophie heute vermittelt, kann keine Position oberhalb weltlichen Wissens oder gar eine Art Schiedsrichterrolle über andere Wissenschaften mehr anbieten. Für nachmetaphysisches Denken gilt, dass es prinzipiell davon ausgeht, dass sich alles Wissen als revisionsbedürftig herausstellen kann.“ (Rudolf Walther in der TAZ)

Liest man Philosophisches der Gegenwart, weiß man nicht, ob man lachen oder bittere Tränen vergießen soll. Das macht die Lektüre so aufregend und spannend, in welch physischem Zustand man das Ende des Artikels erreicht. Zwischen Prä und Post ist alles offen, wir beginnen stets kreativ am Punkte Null. Man könnte auch sagen, wir tun, als ob wir keine Ahnung hätten was uns in jedem postmodernen Tag einfacher fällt , dann können wir ganz neue und überraschende Dinge erleben, die wir erst gestern erlebt haben.

Welches philosophische Denken hat denn einen privilegierten Zugang zur Wahrheit? (Außer Frank Schirrmacher, Peter Sloterdijk und dem ganzen postmodernen Feuilleton natürlich.) Kann es sein, dass Habermas die Philosophie ein wenig verwechselt hat mit der Theologie oder der Gottesgelahrheit? Die hat was die amerikanische Glücksforschung einwandfrei feststellte einen speziellen Zugang zur Wahrheit, den sie Offenbarung nennt. Wähl dir einen Gott, Kategorie 3-Sterne-Offenbarung, und du wirst saumäßig glücklich. Wer‘s nicht glaubt, hier im SPIEGEL steht’s.

Es gibt viele Eingänge zur Wahrheit. Die besten sind die Geheimeingänge, die man kennen muss, damit man ins Allerheiligste kommt. Das ist wie beim Gropiusbau in Berlin. Direkt neben der breiten Eingangspforte fürs Berliner Durchschnittsvolk befindet sich eine kleine schmale Tür, auf der steht in großen Lettern (Geheim)-Eingang. Eine gelungene Symbiose aus Esoterik und Propaganda, was noch niemandem in der Welt gelungen ist außer den immer präsenten Berlinern, auf die Wowi wahrlich stolz sein kann.

Offenbar ist dem Nachmetaphysiker noch nicht aufgefallen, dass die gesamte griechische Philosophie nicht hätte entstehen können ohne Kampf gegen privilegierte Offenbarungen. Nicht nur Wilhelm Nestle spricht von der „philosophischen und sophistischen Aufklärung“. „Wie man nun immer diesen geistigen Prozess nennen mag. Entzauberung oder Entheiligung, Säkularisierung oder Verweltlichung, Rationalisierung oder Aufklärung.“

Die griechische Aufklärung war die Grundlage der gesamten europäischen Aufklärung. Ohne die Vorarbeit der Peripatetiker, Stoiker, Sokratiker, Naturphilosophen, Epikuräer, hätte es keine italienische Renaissance, keinen Humanismus, keine englische, französische und deutsche Aufklärung gegeben.

Philosophie war das Produkt der Polis und des Marktplatzes. Jeder war eingeladen, zu debattieren, seine Meinung zu sagen. Mini-Sekten mit Geheimlehren gab es zwar, aber nur als Importe aus dem Ausland. Mit der Polis hatten sie nichts zu tun.

Jeder Mensch galt als lernfähig. Sokrates entlockt dem Sklaven Menon, der noch nie etwas von Geometrie gehört hatte, allein mit Fragen einen mathematischen Satz. Dieses nicht privilegierte, allen zugängliche Wissen, wurde durch den Einbruch des Christentums fast ausgelöscht. Gottlob gelang der Versuch der kollektiven Ausrottung nicht ganz.

(Dass die Klöster die souveränen Übermittler antiken Wissens gewesen sein sollen, ist ein blutiger Scherz. Die Mönche, in Hass auf die griechische Weisheit, versuchten alle Pergamente der alten Griechen zu zerstören mit Ausnahme der naturwissenschaftlichen Werke des Aristoteles, mit denen sie hofften, ihre Offenbarungen mit weltlicher Weisheit absichern zu können. Die schärfsten Kritiken des christlichen Glaubens wurden fast total vernichtet oder konnten nur zufällig aus anderen Werken rekonstruiert werden. So das Werk von Celsus (gr. Kelsos) „Die wahre Lehre“, das nur aus der Antwort seines Kontrahenten Origenes rekonstruiert werden konnte. Die Schrift „Gegen die Christen“ des Neuplatonikers Porphyrius ist fast völlig vernichtet.)

Der abendländische Sieg der Heiligen über die Heiden beruht nicht zuletzt auf dem Umstand, dass die heidnische Kritik des Evangeliums mit Feuer und Schwert vernichtet wurde.

An der mentalen Vernichtung der griechischen Uraufklärung beteiligt sich nun auch Habermas, der bei Ratzinger die Unentbehrlichkeit des christlichen Glaubens zur Stützung der Demokratie betont hatte. Das säkulare Denken, so Habermas (im Einklang mit Böckenförde), habe keine eigenen verlässlichen Werte, es müsse aufs Ethos der Bergpredigt zurückgreifen. Wer solche Aufklärer hat, braucht für die Dunkelmänner in Soutanen nicht zu sorgen.

Kein rationales Denken kann eine „Position oberhalb weltlichen Wissens“ anbieten. Eine Position oberhalb des weltlichen Wissens ist ihm nicht bekannt. Kurze Erinnerung: Meta-Physik ist ein Begriff ohne Bedeutung. Er sollte bibliothekstechnisch jene Bücher bezeichnen, die hinter den aristotelischen Werken über Physik standen. Aristoteles benutzte den Begriff nie.

Es waren Bücher über Denken, Gott und die Welt, Logik, Politik, Ethik, Rhetorik. Wir würden heute von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften sprechen. Thats all.

Als der nichtssagende Begriff Metaphysik den Christen in die Hände fiel, verfälschten sie wie so vieles das Nach in ein Über. Sodass der Eindruck entstehen musste, Aristoteles hätte den lieben Gott der Christen über der Natur vor-erfunden. Die Katholen nutzten den zweideutigen Begriff, um ihre Theologie als Wissenschaft der Übernatur zu definieren als ob der Heide dem transzendenten Credo schon vorgearbeitet hätte.

Was ihnen ins Konzept passte vor allem Platon und bestimmte Teile aus Aristoteles nannten sie präparatio evangelii, die Vorbereitung der Offenbarung. Seitdem werden die beiden Welt-Philosophen als heidnische Gewährsmänner katholischer Dogmen missbraucht. Übrigens auch der Grund, warum Ratzinger sich befugt fühlte, in Regensburg die Frohe Botschaft als vernunftkompatibel anzupreisen.

Seltsamerweise wurde die erschlichene Vernunftanleihe von jenen besonders begrüßt, die sonst die Vernunft zum Teufel wünschen. Thomas von Aquin, heute noch gültiger Kirchenvater aller Kirchenväter, hat ein simples Rezept entwickelt, um die Vernunft so einzubauen, dass sie dem Glauben nicht gefährlich wird: Vernunft fürs Weltliche, Offenbarung für Glaube, Liebe, Hoffnung. Sollte der weltliche Unterbau dem geistlichen Oberbau widersprechen, gelten die Aussagen des letzteren.

Philosophie könne auch keine Schiedsrichterrolle über andere Wissenschaften anbieten? Gibt’s denn Schiedsrichter außerhalb sportlicher Ereignisse? Noch nie hat Philosophie sofern sie nicht meschugge war Schiedsrichterrollen eingenommen. Sie hat ihre Meinung gesagt, punktum. Schiedsrichtersein klingt nach Vatikan: roma locuta, causa finita. Hat Rom mit der Trillerpfeife gepfiffen, ist die Chose entschieden.

Tatsächlich war Philosophie die Grundwissenschaft, von der sich alle Einzelwissenschaften ableiteten. Heute will jede Einzelwissenschaft ihre eigene Grundwissenschaft sein, ohne sich darum zu kümmern, was in der Vergangenheit gedacht wurde. Die Folge ist ein kollektiver denkerischer Analphabetismus.

Nachmetaphysisches Denken soll revisionsbedürftig sein? Eine unfehlbare Philosophie gibt’s nur in jesuitischen Seminaren, sonst nirgendwo auf der Welt. Alles freie Denken ist überprüfungsfähig und -bedürftig. Das ganze Leben eines Denkers muss ständig kritisch überprüft werden. „Ein unüberprüfbares Leben ist nicht lebenswert“, war der Hauptsatz des Sokrates.

Alle bisherigen Aussagen des Nachmetaphysikers über traditionelle Philosophie sind ein wissenschaftlicher Skandal der Extraklasse. Jetzt könnten wir die Besprechung des Artikels beenden. Schlussfolgerungen aus Unsinn können nur potenzierter Unsinn sein. Doch aus politischen Gründen müssen wir weitermachen.

Immerhin weiß Habermas noch, dass er nichtreligiöses Denken streng von unfehlbarem Offenbarungsglauben unterscheiden müsse. Aber: was tun mit Frommen in einem säkularen Staat? Was ist das für eine hochgemotzte und aufgezwirbelte Frage? Frag den Alten Fritz: jeder soll nach seiner Facon selig werden.

In Demokratien kann jeder tun, denken und glauben, was er für richtig hält sofern er nicht gegen Gesetze verstößt. Alles, was über die private Schwelle dringt, muss von jedem Bürger kommentiert und kritisiert werden wie er lustig ist sofern er sich an die Gesetze hält. Jeder kann für sein Heiligtum Werbung treiben wie Unilever für Persil sofern er sich an die Gesetze hält. Sonst noch Fragen, Kienzle?

Das Volk entscheidet über den Charakter der Republik. Wenn die Deutschen eines Tages sich mehrheitlich für einen christlichen Ajatollastaat entscheiden sollten viel fehlt eh nicht mehr , dann müssten die Gottlosen mit Argumenten auf die Barrikaden gehen. Verlieren sie, haben sie Pech gehabt. Entweder müssen sie auswandern oder rund um Altötting eine Gottlosenrepublik gründen. Hoffentlich mit freundlicher Unterstützung der EU, die nicht ins Mittelalter regredieren möge.

Lächerlich, Grundfragen der Demokratie zu behandeln, als ob der Weiseste aller Weisen mit letzter Kraftaufbietung die subtilsten Geheimnisse des Seins erkunden müsste, um die Demokratie gerade noch am Leben zu erhalten. Wo eigentlich sind die tiefen und unlösbaren Probleme wenn man sie nicht selbst in die eigenen Prämissen hineingeschmuggelt hätte?

Da haben wir sie schon im O-Ton: „Im Zentrum der zehn Aufsätze und Repliken steht deshalb die Frage, wie der liberale Rechts- und Sozialstaat mit Religion und religiösen Menschen umgehen muss, ohne seinen Neutralitätsanspruch zu verraten, aber auch ohne als Diskriminierungsagentur gegen religiöse Minderheiten aufzutreten“.

Hier ist alles grotesk verzerrt. In einer liberalen Demokratie gibt es keinen Staat. Also steht er auch nicht vor der Frage, wie er mit Minderheiten umzugehen hat. Grundsätzlich gilt für alle BürgerInnen, Gremien und Institutionen der Satz: alles ist erlaubt, was nicht verboten ist. Der „Staat“ hat mit allen Menschen nach Recht und Gesetz umzugehen. Sonst nichts.

Da es ihn nicht gibt, kann er weder neutral, objektiv, noch subjektiv sein. Der „Staat“ ist die Summe aller Demokraten und jeder Demokrat kann seine Meinung, Position und Glauben haben wie er’s für richtig hält. Der Staat ist eine Phantasmagorie der Deutschen, die noch immer nicht kapiert haben, dass sie Demokratie von ihren Befreiern zum Geschenk erhielten.

Noch immer quatschen sie wie Luther: jedermann sei untertan der Obrigkeit, es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre. Statt Obrigkeit reden sie von Staat, der Rest bleibt sich gleich.

Das Volk, kein Staat, hat zu entscheiden, wie viele Kitas die Kirchen auf Kosten der Steuerzahler unterhalten können. Das Volk hat zu entscheiden, ob die Kirche mit staatlicher Unterstützung ihre Kirchensteuern einziehen darf. Ob sie Lehrstühle an den Unis mit eigenen Mietlingen besetzen darf. Ob sie Kranke und Vergewaltigte an ihren Weihrauch-Krankenhäusern abweisen darf. Ob sie Erzieherinnen entlassen darf wegen Scheidung oder falschem Glauben. Hier hat keine Bürokratie zu entscheiden, die sich zum Staat aufbläst. Und wenn doch, missachtet sie die Grundregeln der Volksherrschaft.

Habermas will noch immer Staatsdenker sein. Was war in der verhängnisvollen Tradition der Deutschen kein Staat? Das Kaisertum, der Absolutismus, die Monarchie, die Fürstentümer, das Bismarckreich, die Weimarer Republik, das NS-Regime alles unisono Staat? Das ist nicht mehr lächerlich: das ist antidemokratisch.

Kaum ein Satz von Habermas, der einen Jota an Erkenntnis verriete. Er fragt sich, wie kann eine lernbereite Philosophie eine nicht lernbereite ist keine Philosophie vom „sprachlichen Potenzial“ der Religion lernen, ohne die „Religion für säkulare Zwecke zu instrumentalisieren“?

Lernen kann man von allem und jedem. Niemand wird instrumentalisiert, wenn man von ihm lernt. Das nennt man lebendige Demokratie auf der Agora. Warum stellt Habermas nicht dieselbe Frage an die Religion? Kann Religion von der Weltweisheit nichts lernen? Hat sie nicht schon unendlich viel abgekupfert, ohne ihre Anpassungen kenntlich gemacht zu haben?

Habermas spielt ein doppeltes Spiel. Er selbst kokettiert mit religiöser Unmusikalität. Das Volk hingegen kann den gottlosen Zustand nicht ertragen. Ihm fehlt Zucht und Ordnung, wenn Kanzelredner den Großen Lümmel nicht mehr an die Kandare nehmen. So dachten viele Aufklärer, die für sich die Freiheit von kirchlicher Moral verlangten, für das ungewaschene Volk aber weiterhin die Zehn Gebote forderten. Hinz und Kunz sollten nicht vergessen, dass nicht sie die Reichen, die Reichen aber sie beklauen dürfen. So war‘s immer, so soll es bleiben.

Habermas erweckt den Eindruck, die Republik werde von Gottlosen reglementiert und er müsse gerade als Unreligiöser die letzten Gläubigen vor der Flucht in die Katakomben bewahren. Schon hört man im Hintergrund die Stimmen von Meisner und Müller, die letzten Katholiken seien von Pogromen bedroht.

Ratzinger ist zurückgetreten. Zeit, dass sein bester Mann namens Habermas ebenfalls zurücktritt. Die besten Propagandisten der Kirche waren immer diejenigen, die sich unreligiös gaben um die flüchtigen Schafe objektiv und neutral den Hirten in die Ställe zu jagen.

Die subklerikalen Künste Habermas’ haben fertig. Folgt die Epoche Post-Habermas.