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Die Schönsten und Besten

Hello, Freunde des schönen Mannes,

ist Markus eigentlich schön? Er ist so schön, dass der Pöbel ihn für dreist halten muss, um seinen Neid auf den schönen Südtiroler notdürftig zu kanalisieren. Haben sie nicht schon lange seinen Schwächen aufgelauert, um wie eine Gewitterfront über ihn herzufallen?

Schöne Frauen sind weniger problematisch als schöne Männer, die bislang nur tüchtig und potent sein mussten. Hässliche Männer scheinen begehrenswerter und charmanter als gesichtslose Schönlinge. Der hässliche Sokrates zog Männer an wie ein Magnet, weil er innerlich schön war und seine verborgene Schönheit entdeckt werden wollte. Man will suchen und finden, um selbst einen Beitrag zur Schönheit zu leisten.

Von schönen Frauen ist dennoch selten die Rede. Sie schauen blendend aus, sind reizvoll und sinnlich anziehend, fähig, ihre Vorzüge nach Belieben einzusetzen. Ist Heidi Klum schön? Gehört zur Schönheit nicht eine bestimmte Reife, die von modernen Frauen vehement abgelehnt wird, weil ruhige Abgeklärtheit nur interesseloses Wohlgefallen erweckt, aber keine brünstige Sehnsucht nach dem Objekt der Begierde? Bei reifer Schönheit will man schon das Überreife sehen, den beginnenden Verfall der Schönheit.

Das Schöne ist unberührbar und genügt sich selbst – für eine Zeit nervöser Dauerenergie ein abstoßend Perfektes, das in sich gesättigt scheint und nur Langeweile auslösen kann. Die Gegenwart will ein unaufhörlicher Prozess sein. Das Vollendete stößt uns ab, an ihm können wir nichts verändern und verbessern. Schönheit entbindet keinen Tatendrang, sie blickt nicht nach vorn, sie kennt

überhaupt keine Zeiten. Sie ruht in sich und hat kein Interesse – an uns.

Wie können wir etwas attraktiv finden, wenn es uns nicht attraktiv findet? Nichts Anziehenderes als ein Gegenüber, das uns zu benötigen scheint, um sich zu vollenden. Die halbierten Hälften des Urmenschen suchen sich, um sich durch Rückkehr in den Ursprung zu komplettieren.

Die Gegenwart kennt nichts Komplettes, das Begehrenswerte liegt nicht im Ursprung, sondern in der Zukunft, die nie Gegenwart werden darf. Wie könnte Geschichte eine Rolle spielen, wenn sie nicht das ewig Unvollkommene verspräche? Nur ein Gott darf das ultimative Schlusswort sprechen.

Was muss das für ein Jahrhundert gewesen sein, aus dem das Wort stammt: Schönheit bändigt allen Zorn?

Markus hat den Zorn erst entfacht. Ganz sicher hält er sich für schön. So selbstverliebt schaut er in die Welt, als müsste er sein bubenhaftes Konterfei ständig in einem unsichtbaren Spiegel betrachten. Narziss war nicht eitel, als er sein Spiegelbild im Wasser sah, sich mit ihm vereinen wollte und dabei ertrank. Er wusste nicht, dass Er es war, den er begehrte. Kann man in Schönheitsdingen objektiver und uneitler sein als der kindliche Narziss?

Kann jemand schön sein, der alle Welt spüren lässt: ihr müsst mir nicht sagen, dass ich schön bin, ich weiß es selbst? Ihr könnt es auch nicht sagen, denn ihr seid neidisch auf mich und wollt es nicht zugeben. Ihr könnt mich nicht entdecken, ich habe mich selbst entdeckt. Markus will von aller Welt geliebt werden, indem er tut, als pfeife er auf den Beifall der Welt.

„Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget …

Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,

Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.“

(Nänie von Schiller)

Die Weimaraner gelten als graecoman, sie sind es nur in Ansätzen. Je länger sie Repräsentanten der nationalen Erhebung gegen das französische Über-Ich spielen mussten, umso mehr fällt bei ihnen der griechische Lack ab und sie regredieren auf die deutsche Vergangenheit – und das ist die griechenfeindliche Religion.

Novalis’ Bewunderung des christlichen Mittelalters könnte sich mühelos auf Schiller und Goethe beziehen. In seinem Gedicht Nänie (Trauergesang) lässt Schiller das Schöne sterben. Denn es ist unvollkommen und muss wie alles Sündige abtreten.

Bei Platon war das Schöne unsterblich, denn es war identisch mit dem Wahren. Das Wahre und Gute aber ist unsterblich.

Schiller flieht vor den Schrecknissen der Französischen Revolution, die er anfänglich glühend bewunderte, ins Reich der Kunst. Wenn Politik derart grausam und unmenschlich sein kann wie beim Köpferollen des Robespierre, dann muss es an der Politik insgesamt liegen, dass Menschen – auch die Revolutionäre von Unten – so grausam und inhuman sind.

Dann hilft nur noch eins: jeder Mensch muss zuerst zu einem guten Menschen werden, bevor er in die politische Arena steigt. Gut werden kann er nur im Reich des Geistes, nein, nicht durch Philosophie, sondern durch Kunst. Kunst ist mehr als abstraktes Denken. Sie verbindet den Menschen zur instinktiven Einheit, in der Denken nicht mehr von Fühlen und Empfinden getrennt ist. Die dürre Logik der Gehirnakrobaten wird erst auf der Bühne zum saftigen Leben.

„Ich sag es dir: ein Kerl, der spekuliert,

Ist wie ein Tier auf dürrer Heide

Von einem bösen Geist im Kreis herumgeführt,

Und ringsherum liegt schöne grüne Weide.“

Weg vom abstrakten Spekulieren und Grübeln und mitten ins pralle Leben gestürzt: das verhieß nur die Kunst. Politik war machiavellistisches Herrschen oder kammerdienerhaftes Moralisieren. Diese Spaltung ist bei den Deutschen bis heute geblieben. Politisches Räsonieren ist für Medien vor allem ein Palavern am Stammtisch, während nur sie auf gleicher Augenhöhe mit den Mächtigen den Durchblick haben.

Wenn das Schöne sterblich ist, muss es täglich neu erfunden werden. Das war das absolute Gegenteil zum immerwahren und immerseienden Schönen der Griechen. Muss das Schöne neu erfunden werden, war es das alleinige Werk der Erfinder, keine ärmliche Nachahmung der Natur. (Poiesis, keine Mimesis)

Im Reich der Kunst waren die Deutschen allmächtige Götter, die sich mit keiner Realität plagen mussten, die sie nicht unter Kontrolle gehabt hätten. In der Politik ist alles Kampf gegen das Vorhandene, das mühsame Bohren harter Bretter. In der Kunst ist der Kreative gottgleich. Alles hängt von ihm ab, alles kann er drehen und wenden, wie es ihm beliebt. In der Kunst waren die Deutschen Götter, erfanden und verwarfen ganze Welten; in der Politik waren sie Stümper und blutige Lehrlinge. Ihre Politik mündete in ein Gesamtkunstwerk, in dem sie glaubten, omnipotent zu sein.

In der Politik muss man sich mit pragmatischen Kompromissen begnügen. Im Gegensatz zur Bühne, wo der rasante Regisseur das theatrum mundi nach Belieben in Szene setzen kann, weshalb Künstler in Deutschland noch immer mehr gelten als die täglichen Durchlavierer. Gegen die Perfektion künstlerischer Allmacht ist alles Politisieren ein jämmerliches Improvisieren.

Was geschieht, wenn zwei schöne Menschen politisch aufeinander treffen? Ist Sarah nicht ebenso schön wie Markus? Kann das gut gehen, wenn Kunst und Schönheit wichtiger sind als das öde politische Tagesgeschäft?

Die Affäre um Markus Lanz zieht weite Kreise und entlarvt Tiefenstrukturen der deutschen Seele. Der Angriff der Netzgemeinde gegen den ZDF-Star ist für die meisten Edelschreiber – mit Ausnahme von Georg Diez in SPON – ein Angriff gegen ihre eigene Macht und Gedankenhoheit, auch wenn sie den Showman selbst in vieler Hinsicht ablehnen mögen. Die Medien sind dabei, eine Wagenburg gegen den Shitstorm des auftrumpfenden Pöbels zu bilden.

Jörg Thadeusz vom RBB, der regelmäßig für die BLZ schreibt, ist ein umgänglicher Kumpel, gibt sich uneitel und frei von Arroganz. Doch höret, wie ein Kumpel, wenn’s ans Eingemachte geht, genau weiß, wo der Hammer hängt. Die Initiatorin der Netz-Petition verweist er in die Schranken wie eine Femen-Aktivistin, die es wagt, in ein heiliges Studio einzudringen.

„Wer in ein Flugzeug steigt, darf selbst dann die Landung nicht mitgestalten, wenn er eine bessere Klasse gebucht hat. Warum glaubt Frau Müller, sie hätte mit 17,98 Euro Rundfunkbeitrag das Recht erworben die Art der Interviewführung auf allen Kanälen zu bestimmen? Manchmal ist es gar nicht schlecht, nachts einfach noch einen Teller Gulaschsuppe zu essen.“ (Jörg Thadeusz in der BLZ)

Wer will gleich die Art der Interviewführung bestimmen, wenn er sie als unsachgemäß kritisiert? Die Medialen fühlen sich im Innersten angegriffen, weil sich im Land etwas tut, was ohne ihr Zutun entstanden ist. Sie ahnen, die Netzgemeinde könnte ihnen ihr Proprium aus der monopolistischen Hand nehmen: die Lizenz zur öffentlichen Scheltrede.

Bestimmt jemand, wie ein Interview geführt werden muss? Werden Methoden der öffentlichen Debatte nicht von der öffentlichen Debatte selbst bestimmt und herausgemendelt? In Demokratien gibt es nicht das geringste Jota, das von einer privilegierten Kaste dogmatisch festgelegt werden dürfte.

Die medialen Vermittler entlarven sich immer mehr als Erben der unfehlbaren klerikalen Vermittler, auf die das Volk zusehends verzichten kann. Das ist die Urangst der Vermittler, dass sie nicht mehr gebraucht, ja als liebedienerisch und nach oben buckelnd empfunden werden. In Deutschland gibt es keine Medien, die wirklich etwas ändern wollen. Die Bevölkerung spürt das immer deutlicher und wird zusehends allergisch.

Der Aufstand gegen Lanz ist beispielhaft und richtet sich gegen die ganze Klasse der Vierten Gewalt, die die rigorose Überprüfung der Mächtigen immer mehr vernachlässigt. Dabei geht es nicht um die klassischen Mächte Montesquieus, sondern um die wahren Giganten der Gegenwart: die Superreichen und Superintelligenten, die Hand in Hand die Weltherrschaft erobern.

Seit Aufkommen des Neoliberalismus haben die westlichen Politeliten vollständig versagt. Sehenden Auges haben sie die Tycoons Krisen herbeiführen lassen, von denen diese selbst am meisten profitieren. Seit Jahrzehnten hätten die gewählten Politiker die Gefahren sehen und abstellen müssen. Stattdessen haben sie die Völker den Reichen ausgeliefert, bei denen sie nach Ende ihrer Karriere selbst angeheuert haben. (Schröder, Fischer, Koch, Pofalla, Klaedens e tutti quanti)

Haben die Medien Alarm geschlagen? Haben sie nicht alle Kritik an den chaotischen Geldmächten mit Spott niedergebügelt? Das klang etwa so: „Wer ist mal wieder an allem schuld? Natürlich der Neoliberalismus. Wie oft müssen wir uns das noch anhören?“

Vom Murren der Schwachen fühlten sich die Medien gelangweilt, als ob das Volk die Pflicht hätte, sie zu delektieren! Wie in einem Boulevardtheater wollten sie mit Neuem unterhalten werden, nicht immer die alte Platte der Kapitalismuskritiker hören. Auch für sie ist Politik Entertainment, ästhetische Beliebigkeit im Reich der Gedanken, die ohnehin zu schwach sind, um die harten Tatschen der Realität zu bewegen. Selbst linke Blätter knickten ein und wollten nicht die einzigen Pinscher sein, die folgenlos herumkläffen.

Man kann nicht sagen, die deutschen Medien strebten nach einer Humanisierung der Gesellschaft. Im Gegenteil, der Spatz in der Hand scheint ihnen allemal besser als die utopische Taube auf dem Dach. Die Schäden, an die sie sich gewöhnt haben, sind ihnen allemal lieber als die Vorteile, die nicht sicher sind.

Lange Zeit ging‘s den Medialen glänzend. Konkurrenzlos dominierten sie Foren und Marktplätze des öffentlichen Streits, der selten ein echter Streit war, sondern nur die Pantomime eines solchen. Mediale Kunst bestand darin, ihren Konsumenten den Schein öffentlicher Auseinandersetzung zu bieten – um eine wirkliche und existentielle Debatte zu verhindern.

Jüngstes Beispiel: die BILD erdreistet sich, die außerparlamentarische Opposition zu sein. Das Volk spielt keine Rolle mehr. Indem die Massen BILD lesen, dürfen sie sich entlastet fühlen: BILD denkt und opponiert für sie. Das Pro-Nobis-Prinzip der Delegitimierung und Entmachtung des Volkes wird nicht gestoppt, wenn das Volk die Entmachtung nicht bemerkt und beendet.

Man höre, wie die neuen Lanz-Kumpane die Initiatoren der Petition bedrohen. Arno Frank warnt jeden arglistigen Kritiker des ZDF-Sensibelchens, er könnte der Nächste auf der Abschussliste sein. Wann hat man je solche Drohreden gegen mündige Bürger gehört?

„Nein, in seiner Haut möchte man derzeit nicht stecken. Auch wenn sie vermutlich sehr, sehr dick ist. Vielleicht kann er deswegen nicht aus ihr heraus. Wer das einem Menschen ernsthaft zum Vorwurf machen möchte, kann gerne unterschreiben. Er wäre der Nächste auf einer Liste, deren schiere Länge mehr über das Wesen der digitalen Öffentlichkeit verrät, als uns allen lieb sein kann.“ (Arno Frank im SPIEGEL)

Andere Kritiker der Kampagne halten das Getöse für überflüssig. Für sie ist Zappen ein demokratisches Mittel, Ärgernisse durch Ignorieren zu beseitigen. Keine Debatte bitte, wortloses Übergehen und Verdrängen als wirksamste Waffe gegen „kritische Fragen“ wird von Christoph Sydow ernsthaft vorgeschlagen:

„Seit wann darf ein Journalist nicht mehr kritisch nachfragen? Und niemand ist gezwungen seine Sendung einzuschalten. Wem sie nicht gefällt, der kann zwischen zig anderen Fernsehkanälen wählen, darunter ein gutes Dutzend gebührenfinanzierter. Auch die öffentlich-rechtlichen Programme unterliegen dem Quotendruck, die Fernbedienung ist in dieser Hinsicht ein demokratisches Instrument. Das mag man kritisieren, darin liegt aber die wahre Chance für die Lanz-Kritiker. Wenn sie genügend Leute davon überzeugen, aus- oder wegzuschalten, ist seine Sendung schnell Geschichte.“ (Christoph Sydow im SPIEGEL)

Just die Leute, die am heftigsten die Quoten-Unfehlbarkeit angreifen, verweisen auf die Quote als Mittel der Medienkritik. Bitte kein argumentativer Aufwand in der Merkel-Republik. Wenn dir was stinkt, nimmt dein Zappgerät und du wirst geräuschlos drüber hinweg kommen. Man hört schon den Vorschlag, die regulären Wahlen aus Kostengründen abzuschaffen und die Herrschenden per Zappen aus dem Amt zu jagen.

Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, ihr Komiker von der Vierten Gewalt? Geht euch langsam der Arsch auf Grundeis, weil das Volk sich von eurer Patronage löst und selbst ins Horn tutet? Was ist die Lieblingsfrage der medialen Interviewer, besonders bei Rebellen und Querdenkern? „Was wollen Sie mit ihrer Kampagne erreichen? Was haben Sie schon erreicht?“

Wie wär‘s, diese Killerfragen ihnen selbst zu stellen? Was, bitte, habt ihr Skribenten in den letzten Jahrzehnten mit euren obrigkeitsstützenden Berichten und Kommentaren erreicht? Was wolltet ihr erreichen? Antwort: Nichts, absolut nichts! Laut euren Vordenkern dürft ihr euch mit nichts gemein machen, nicht mal mit der guten Sache.

Schreibt in euer Stammbuch, wer sich mit der guten Sache nicht gemein macht, der muss sich mit der schlechten gemein machen. Eine dritte gibt es zumeist nicht. Merkt ihr nicht, dass ihr gemein geworden seid, weil ihr euch nicht gemein machen wolltet? Kann man sich mit einer guten Sache gemein machen?

Warum lädt Lanz seine Kritikerin nicht zu einem klassischen Streitgespräch à deux ein, wo Argument und Gegenargument vom Publikum gewogen und beurteilt werden können? Hat er Angst vor der Nahaufnahme seines Drüberschwatzens und Nichtzuhörens? Wenn er seine Nachfragen allzu rustikal gestellt hätte, ließ er verlauten, dann würde er sich bei Sahra Wagenknecht entschuldigen.

Wenn? Hat er oder hat er nicht? Lässt er’s drauf ankommen, wie die Fragen von Wagenknecht empfunden wurden oder hat er selbst eine Meinung?

Nein, die linke Politikerin muss man nicht schützen, wie der SPIEGEL bramarbasiert. Im Gegenteil, auch sie muss angegriffen werden, weil sie die Farce über sich ergehen ließ. Medien und Politeliten korrumpieren sich gegenseitig, wohl wissend, dass sie aufeinander angewiesen sind.

BürgerInnen, die nicht aufs Maul gefallen sind, hasst die Vermittlerelite. Zwar brauchen sie auffällige Ereignisse und Persönlichkeiten, mit denen sie Quote machen können, doch wehe, die Aufmüpfigen nehmen ihre demokratische Rolle ernst und lassen sich nicht mehr in passive Verhaltensmuster zurückjagen. Oder in Ängste, sich zu blamieren, wenn sie es wagen, sich des eigenen Sprechorgans zu bedienen.

Die Presse duldet keine Götter neben sich. Auf alle, die sie berichten müssen, sind sie eifersüchtig und würden sie am liebsten postkoital in den Orkus stoßen. Es herrscht eine grundsätzliche Hassliebe der Berichter zu den Objekten ihrer Berichterstattung. Wer immer sich zu Worte meldet und von den Scharfwächtern des Olymps ins Allerheiligste durchgelassen werden muss, über den giften sie intra muros: schaut den eitlen Pfau, mit seiner guten Tat, seinem Engagement, seiner steilen Rede wollte er nur ins Rampenlicht der Eitelkeit. Ganz im Gegensatz zu ihnen selbst, denen solche Profilierungen völlig fremd sind.

Was hat das Ganze mit Ästhetik zu tun? Es kann kein Zufall sein, dass direkt an der Nahtstelle zwischen Politik und Schönheit die Kampagne wie ein Geysir aus dem Boden schoss. Es ist dieselbe Wunde politischer Feigheit, die bei Bildung der Nation mit Ästhetik übertüncht wurde. Das Fernsehen ist ein Mischmedium aus Ästhetik und Realität. Lang genug haben die Menschen ertragen, dass im Reich des inszenierten Scheins die Politik wie Show, die Show wie eine Haupt- und Staatsangelegenheit behandelt wurde.

Jede Kritik an den Inhalten der Talkshows wurde bislang mit dramaturgischen Amusementsgründen niedergeschlagen. Zwei schöne Menschen traten aufeinander, die der Zuschauer nicht primär mit Politik in Verbindung brachte. Spielen die Beiden sich nur selbst oder vertreten sie tatsächlich eine Sache, wie sie behaupteten? In Deutschland eine berechtigte Frage, wo Politik als ästhetischer Schein auftreten muss, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Merkel ist mehr die Mutter der Nation als eine politische Führungsperson. Daher der Frageton des Markus Lanz, der in völligem Unernst und in koketter Überheblichkeit mit Sahra Wagenknecht flirtete. Im Grunde sagte er nur einen einzigen subkutanen Satz: Komm Baby, du willst es doch auch. Sind wir beiden nicht füreinander geschaffen! Haben wir dieses Sachgeschnatter überhaupt nötig? In deiner tristen Politecke gibt’s doch niemanden, der mir das Wasser reichen könnte. Nur Zwergobst und Scheingiganten! Auch dein Oskar ist viel zu alt für dich.

„Wie ist das eigentlich für Sie, wenn Sie da jetzt im Bundestag sitzen und so nach links und rechts gucken – wobei: Links ist ja nix mehr, da sitzen Sie ja schon. Aber auf die andere Seite. Kriegt man da Minderwertigkeitskomplexe, wenn man diese Riiiiiesenkoalition sieht und dann ist man daneben so klein – und Gregor Gysi nur 1,50 groß?“ (Blog Stefan Niggemeier)

Das Fernsehen ist zur ästhetischen Kirche geworden, in der die Schönsten und Besten vor aller Kritik der Zukurzgekommenen geschützt werden müssen.

Kritik? Natürlich! Aber keine unsachliche und überemotionale!

Wer beurteilt dies? Die Schönsten und die Besten.