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Die Nachkommenden

Hello, Freunde der Nachkommenden,

nach uns die Sintflut. Sie haben die Waffen, wir den Schampus. Also lasset uns besaufen, denn morgen sind wir tot. Untergangsstimmung in orgiastischer Finalität. Im Ton des biblischen Predigers:

„So freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und lass dein Herz guter Dinge sein in deinen jungen Tagen. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird.“

Im griechischen Original, welches „dazu ermuntert, im Kreis von Knaben zu trinken und zu lieben, sich zu salben und zu schmücken, zu genießen, bevor man gestorben sein wird und Deukalion (gemeint ist die griechische Version der Sintflut, die Deukalion (= Noah) und seine Frau Pyrrha als einzige überlebten) die toten Gebeine wegspült.“

„Jetzt mußt du trinken und lieben! Nicht ewig, Demokrates, klingen

froh uns die Becher, nicht stets lacht uns von Knaben ein Kreis.

Komm, wir salben den Leib und drücken ins Haar uns die Kränze,

ehe die andern am Grab Blumen und Düfte uns weihn.

Jetzt noch soll mein Gebein den Strom dieses Weines genießen:

Ist es gestorben und tot, spül es Deukalion weg!“

Bereits Karl Marx hatte seine Epoche als Nach-uns-die-Sintflut-Decadence empfunden. „Après moi le déluge! ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation.“ (Kapital, Bd. 1)

Dass der Kapitalismus seitdem nicht untergegangen ist – obgleich sein Tod von Marxisten oft genug prophezeit wurde –, galt als Widerlegung der Marx‘schen Katastrophentheorie.

Doch Marx war kein Untergangsprophet. Dem Grab der Ausbeuter würden

messianische Proleten entsteigen, die die Welt erneuern werden.

Gleichwohl: nicht der Kapitalismus, sondern der Sozialismus ging unter. Kein Beweis kapitalistischer Unsterblichkeit? Marx als Prophet einer festgelegten Heilsgeschichte war in der Tat zu widerlegen. (Popper spricht von Historizismus). Doch Marx als subjektiv Empfindenden sollte man wahrnehmen und verstehen.

Dass der Kapitalismus bisher noch nicht unterging, ist nicht der geringste Beweis, dass er demnächst nicht doch untergehen könnte. Sein Grundprinzip – wie das der gesamten Moderne – ist das ständig wachsende Risiko, welches eines Tages die maximale Gefahr heraufbeschwört, um alle Auserwählten in den Garten Eden, den schäbigen Rest in den Abgrund fahren zu lassen.

Es ist das Risikospiel mit dem Tod, den man provozieren will, ohne ihn mit Absicht zu provozieren. Denn Selbsttötung ist unter Christenleuten verboten. Das Leben jedes Einzelnen ist Besitz seines Schöpfers und darf vom „irdischen Lehensträger“ nicht eigenmächtig weggeworfen werden. Wir müssen tun, als ob das Spiel mit dem Tod die Essenz eines exquisiten Lebens sei. Das ordinäre Leben kann keinen Spaß machen, wenn es nicht vor dem Kontrast des Abgrundes in gierigen Zügen inhaliert werden kann.

Marxens Prophetengaben sind nicht notwendig, um das Gesetz des grenzenlosen Risikos wahrzunehmen. Man muss nur eins und eins zusammenrechnen, um jedem Zeitgenossen die Frage zu stellen: weißt du nicht, dass alles Irdische und Menschliche begrenzt ist? Wie kommst du auf den Größenwahn, grenzenlos und unsterblich zu sein? Eines Tages muss deine maßlose Hybris mit der Begrenztheit deiner irdischen Existenz zusammenrasseln. Rate, wer verlieren wird! Du als gottähnlicher Pfau oder die gesetzmäßige Stabilität der Natur?

Wie sollen wir unsere apokalypse-schwangere Epoche nennen? Wie wär‘s mit: Epoche der Kinderfeinde oder des schamlosen Kinderbelügens? Kinderfeinde, weil wir die Zukunft der Kinder vernichten. Kinderbelügen, weil wir ihnen nicht mehr die Wahrheit unserer geopolitischen Perversitäten erklären können.

Die Vorgänge von Paris sollen unsere Kinder nicht verstehen. Mit biblischen Mythen und Märchen über das Böse sollen sie eingelullt werden. Selbstredend in der besten Absicht, sie nicht unnötig zu beunruhigen. Der Teufel soll mit dem Beelzebub ausgetrieben werden. Zuerst werden Kinder mit religiösen Mythen um das unbefangene Leben betrogen. Dann mit denselben hinters Licht geführt, wenn das unerklärbare Böse mitten in ihrem Leben detoniert.

Dieselben Lügenschreiber, die allen einfachen Lösungen misstrauen, predigen das Einfachste: die infame Lüge vom Bösen, die alles erklärt, weil sie nichts erklärt. Das Unverständliche und allen Verstand Übersteigende ist der prophylaktische Mord an der Wahrheit.

Nicht alles ist verstehbar, trompeten die Experten im Chor. Es gebe das Böse. Das Unverständlichste wird benutzt, um das Beunruhigende durch Nichtverstehen zu „verstehen“.

Aus demselben Grund wollte der kantige Innenminister seine unreife Bevölkerung nicht über die realen Gefahren im Stadion von Hannover aufklären. Nur ein stahlharter hugenottischer Preuße erträgt es, mit entblößtem Haupt allein vor Gott zu stehen und dem Verhängnis ins gorgonische Auge zu blicken.

Wie Erwachsene von Eliten entmündigt und belogen werden, so Kinder von den Erwachsenen. Dies ist der Fluch der lügnerischen Tat, dass sie fortzeugend Lügen muss gebären. Zuerst werden Demokraten von den Eliten belogen, dann belügen Demokraten ihre Kinder. Die Letzten beißen die Hunde.

Zuerst stirbt die Wahrheit. Dann sterben die Menschen, die ein erfülltes Leben nur in Wahrheit führen können, im Einklang mit der Natur und in Verbundenheit mit den Menschen.

(De Maiziere betrachtet demokratische Massen als potentielle Amokläufer. Es scheint ihm nicht aufgefallen zu sein, dass sich weder in Paris noch in Hannover panische Zustände abspielten. Die Eliten züchten kopflose Massen, um ihr selbstherrliches Tun durch Verweis auf dieselben zu rechtfertigen.)

Das massenhafte Belügen der Kinder wird durch religiöse Atmosphäre in den meisten Kitas und durch wahlloses Indoktrinieren von Lehrstoff in den Schulen zur standardisierten Physiognomie der Heranwachsenden. Eine Erzieherin in einer staatlichen Kita wage es, zu sagen, dass Gott ein Ammenmärchen sei. Es genügte schon die Frage, ob es einen Gott gäbe, um einen Aufstand unter den scheinchristlichen Eltern auszulösen.

„Weltanschauliche“ Fragen sind im Kinderbereich tabu. Herr Bosbach & Co reden unaufhörlich von jüdisch-christlichen Werten, die das Abendland geprägt hätten. Von athenischer Demokratie und griechischer Philosophie, die sich seit 2000 Jahren im Clinch mit dem höheren Geist Gottes befinden, scheint Herr Bosbach noch nie gehört zu haben. Bedenkenloses Lügen mit reinem Gewissen gehört zu den Grundwerten des christlichen Abendlands.

Das Belügen der Kinder ist erst die Vorhölle. Die Klimakatastrophe bedroht das Überleben vieler Millionen von Menschen, besonders von Frauen und Kindern. Die Zukunft unzähliger gezeugter und ungezeugter Kinder ist schon jetzt von Vernichtung bedroht. Das wird kein Genozid, sondern ein Infantozid von unvorstellbaren Ausmaßen.

Die erste Generation nach dem Krieg war vom Wunsch beseelt, ihre Kinder sollten es eines Tages besser haben. Dieser Spruch ist spurlos vom Erdboden verschwunden. Über die Klimakatastrophe mit ihren barbarischen Folgen für die Kinder dieser Erde herrscht planetarische Totenstille.

Historiker rätseln heute, wie es den NS-Machthabern gelingen konnte, das Völkerverbrechen an den Juden zu einem Tabu in der Gesellschaft der Mitläufer werden zu lassen. Von den heutigen Ideologen der Zukunft stellt niemand die Frage, welche Zukunft unsere Kinder wirklich haben, wenn die Menschheit weiter untätig bleibt, jene Eliten zum Teufel zu jagen, die nicht daran denken, ihre dringendsten Aufgaben zu bewältigen.

Die selbsterzeugte Apokalypse ist der besondere Feind der Frauen und Kinder. In den letzten Zeiten wird es heißen: „Weh aber den Schwangeren und Säugerinnen zu der Zeit!“

Sibylle Berg überschlägt sich mit Verhöhnen jener, die das Grauen verstehen wollen, um es aufzulösen. Ob sie mit Kindern so redet, wie sie in ihren suizidal-verliebten Kommentaren schreibt?

„In einem halben Jahr erscheinen garantiert Bücher, die uns die Mordserie von letzter Woche in Paris erklären. Wollen. Denn: je unüberschaubarer die Interaktionen auf der Welt werden, desto größer ist die Sucht irgendetwas zu verstehen.“ (SPIEGEL.de)

Wenn der Mensch noch immer nicht gelernt hat, den Menschen zu verstehen, sollte er seinen letzten Willen für Aliens niederlegen, die eines Tages die Erde betreten und sich fragen werden, welch seltsame Art lebensuntüchtiger Lebewesen hier gelebt haben könnte.

Der Mensch kann den Menschen verstehen, weil er ein – Mensch ist. Sollten wir uns noch immer so fremd sein wie der Neandertaler dem Pygmäen, obgleich wir den ganzen Planeten untertan gemacht haben und die Weltgemeinschaft zu einem Dorf geschrumpft ist, dann sollten wir die letzten Jahre, die uns noch bleiben, für ein weltumspannendes Requiem nutzen und unter Tränen voneinander Abschied nehmen.

Die weltbeherrschenden Erlöser verbieten dem Menschen, sich zu verstehen, um zu einem verantwortlichen Wesen zu werden. Die Gefahr, der verstandene Mensch könnte der solidarische und problemlösende Mensch sein, ist viel zu groß. Wer bräuchte allmächtige Götter und Heilande, wenn er sich selbst verstünde? Nein, der Mensch muss ein unergründliches Fass des Bösen bleiben.

Was ist von der bevorstehenden Klimakonferenz in Paris zu erwarten, wenn im Vorfeld alle Demonstrationen abgesagt wurden, aber alle Lobbyisten Zugang zu den Mächtigen haben werden? Die Giganten der Welt denken nicht daran, die Interessen einer intakten Natur ihren Profitinteressen zu unterstellen. Verglichen mit solchen Verbrechern der Menschheit sind Terroristen mit Handfeuerwaffen weniger als Nichts.

„Bei den Vorbereitungen zur diesjährigen 21. Weltklimakonferenz spielte auch der wachsende Einfluss der Konzerne eine wichtige Rolle. Deren Credo lautet: Die kommerziellen Interessen haben stets Vorrang vor sozial- und umweltpolitischen Bemühungen. Und dieselben Verantwortlichen, die als überzeugte Befürworter eines Klimaabkommens auftreten, verhandeln hinter verschlossenen Türen gleichzeitig am Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP), das „ein offenes, transparentes und berechenbares Geschäftsumfeld in Energieangelegenheiten und einen unbeschränkten und nachhaltigen Zugang zu Rohstoffen sicherstellen“ soll. Die Klimakatastrophe wird sich nur abwenden lassen, wenn der Großteil der verbliebenen fossilen Energiereserven unter der Erde bleibt.“ (TAZ.de)

Denkt ein einziger Industrie-Tycoon, ein einziger Politiker an die Überlebensinteressen der Kinder? Doch langsam, wer sagt‘s denn?

„Der verräterische Satz steht ganz am Anfang im Weltklimaabkommen, das in Paris verabschiedet werden soll. In der Präambel heißt es, dass die Bedürfnisse von „Frauen, Kindern und Personen mit Behinderungen“ berücksichtigt werden müssen, wenn es um den Kampf gegen die Erderwärmung geht. Viele Formulierungen stehen im aktuellen Vertragsentwurf noch in Klammern. Diese nicht. Männer und Frauen sind noch nicht gleichberechtigt, in der Klimapolitik schon gar nicht.“ (TAZ.de)

Durch einen gnadenhaften Satz für Frauen und Kinder ist klar, welche Interessen am wenigsten berücksichtigt werden: es sind die Interessen der Frauen und Kinder. Der Vernichtungskampf der Männer gegen Frauen und ihre überflüssigen Bälger geht in die vorletzte Runde.

Wer Kinder vernichten will, muss zuerst ihre Familien zerstören, in denen sie in Liebe aufwachsen könnten. Liebende Eltern und intakte Familien sind Herren des Geldes und der Maschinen ein Gräuel. Die Familie muss zerstört werden. Macht und Reichtum dulden keine Gegenmacht. Ihr Herr und Heiland hat den Urbefehl zur Zerstörung der Familie gegeben:

„Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist mein nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden. So jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein.“

Die abendländische Geschichte ist die Geschichte einer systematischen Zerstörung der Familie. Familienlose und frauenfeindliche Priester sind die Vorbilder der Gläubigen, die Frau und Kind als Hindernis auf dem Weg ins Himmelreich betrachten.

Es gibt keine christliche Familie, die nicht von himmlischer Eifersucht bedroht wäre. Menschen, die einander anhängen, werden misstrauisch beäugt. Haben sie sich erfolgreich voneinander gelöst, dass sie sich problemlos in alle Windrichtungen zerstäuben, um ihrer Karriere auf Erden und im Himmel zu dienen? Der Mensch muss flexibel und mobil sein, heißt auf deutsch: familiäre Bindungen dürfen ihn beim Klettern nach oben nicht behindern. Puritanische Eltern müssen ihre Kinder wegschicken, um sie nicht sündig zu lieben.

Mit allen Methoden werden Eltern und Kinder attackiert, die nicht daran denken, die Fürsorge füreinander auch nur einen Tag lang auszusetzen. Eltern, die ihre Kinder verwahrlosen lassen, sind den Gazetten keine Zeile wert. Alle andern, die jedes Erdenkliche für ihre Kinder tun, werden von Überfordert- und Ausgebranntsein ständig bedroht.

Fürsorglich sein heißt nicht, sich aufzuopfern, sondern ein Leben zu leben, das allen Freude und Wohlbehagen vermittelt. Was können wir anderen Menschen geben, wenn wir eine depressive Atmosphäre verbreiten?

Wer ernennt Sozialwissenschaftler zu Experten, nur weil sie blutleere Untersuchungen mit dubiosen Zahlen verbinden können? Wenn Journalisten kritische Fragen niederschlagen wollen, holen sie Experten aus der Schublade, die sie selbst zu Experten ernannt haben. Das ist der verhängnisvolle Zirkel der Expertokratie:

„Sie stillen bis ins Kleinkindalter, tragen ihren Nachwuchs, statt ihn im Kinderwagen zu schieben und lassen Kinder mitentscheiden, was für sie gut ist. Beim Attachment Parenting – zu Deutsch etwa bindungsorientierte Elternschaft – gehen Eltern intensiv auf die Bedürfnisse ihrer Babys und Kleinkinder ein und wollen so deren Persönlichkeit stärken.“ (WELT.de

Das Ansehen der Familie ist so ramponiert, dass Karrieresolisten sie zwar sentimental rühmen, sich aber von ihr nur eingeengt fühlen.

„Gesundheit, Freiheit und Erfolg stehen für die Deutschen an der Spitze der Werte-Skala. Die Familie verliert an Strahlkraft. Sie gilt als wertvoll, ist aber nur schwierig umzusetzen.“ (WELT.de)

Der Kapitalismus hat den Kampf des Christentums gegen intakte Familien verschärft. Die letzte Bastion des Widerstands gegen die Reichen und Mächtigen dieser Welt, die keine Götter neben sich dulden, soll im Kern zerstört werden.

Nur intakte Familien können Zellkerne einer solidarischen Gesellschaft sein. Nur in intakten Familien und solidarischen Gesellschaften, die sich um das Wohl des Planeten kümmern, können Kinder eine Zukunft gewinnen. Warum sollen die Familien der Flüchtlinge nicht nachkommen? Nicht aus Gründen der Überforderung. Menschen sind leichter zu handhaben, wenn sie ohne Schutz ihrer Familien sind.

Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihnen ist das Reich der Himmel: mit seligkeitsverlockenden Sätzen wurden Kinder geworben, die keine kritischen Fragen stellen, sondern mit großen Augen glauben sollen. Seit der jesuanischen Erniedrigung der Kinder zu vernunftlosen Anbetern übermächtiger Autoritäten wird das Kind zur Beute von Priestern und Patriarchen, denen sie blindlings zu gehorchen haben. Kindliches Infragestellen der gottgleichen Machos wurde zur Sünde erklärt.

Griechen galten in der Antike als ewige Kinder. Diese Kinder erfanden das autonome Denken und die demokratische Selbstbestimmung. Heute gelten Kinder fast nichts mehr. Sie wurden zu Lästigen und Überflüssigen, denen man zuruft: wehe den Nachkommenden.