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Die ERDE und wir. XXX

Tagesmail vom 15.11.2024

Die ERDE und wir. XXX,

Trump zeigt es den Deutschen. Alles, was er tut, ist Nachahmung seiner Vorfahren.

Die deutsche Romantik war nicht sentimental, naturliebend und menschenfreundlich. Sie war das Gegenteil.

Die Frucht der Aufklärungshasser trieb ihr nationales Unwesen zuerst im Dritten Reich, jetzt wuchert das kollektive Gift im neuen Kontinent – um die Vorbildlichkeit der amerikanischen Demokratie an der Wurzel auszureißen.

Gordon Craig, der britische Historiker, hat ein vorzügliches Buch über die Deutschen geschrieben.

Dort lese man das überaus erhellende Kapitel über die Romantik. Wer dann immer noch nicht weiß, woher die Übel der Neuzeit über die Welt gekommen sind, wird es niemals wissen.

„Unter der Kombination von Anarchismus und Schwärmerei … schlummerten Kräfte des Schreckens, der Gewalttätigkeit und des Todes. Mit der Zeit lernten die Franzosen die Romantik als le malaise allemand (die deutsche Krankheit) zu sehen und zu erkennen, welchen Einfluss sie auf den Aufstieg Adolf Hitlers ausgeübt hat. Wir müssen jedoch nicht bei Hitler stehenbleiben, denn die Romantik hat im gegenwärtigen Deutschland erkennbare und beunruhigende Formen angenommen.“ (Craig)

Nicht nur in Deutschland, wo sich noch alles unter dem Schein des wachsenden Wohlstands versteckt. Der deutsche Ungeist ist dabei, in verschiedenen, harmlos scheinenden Formen, die Welt zu erobern.

Schaut her, wie Romantik klingt:

„Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume –
Was will dieses Grau´n bedeuten?

Hast ein Reh du lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.

Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.

Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neu geboren
Manches bleibt in Nacht verloren –
Hüte dich, bleib’ wach und munter!“

Das ist Trumps Abendgebet, der besonders den deutschen und europäischen Freunden gegenüber mehr als misstrauisch ist.

Was ist das Wesen der Romantik?

„Der Schrecken, der unter der Oberfläche lauerte, war ein wesentlicher Bestandteil der romantischen Welt und vielleicht der wichtigste. Es war zweifellos etwas Krankes an der Beschäftigung der Romantiker mit einer Welt jenseits der Grenzen unserer irdischen Welt, in der gute und böse Geister waren. Es offenbarte die Ablehnung einer Verantwortung für die Probleme des wirklichen Lebens. Noch beunruhigender war die Todesfaszination, die in der ersten Romantikergeneration so deutlich zum Vorschein kam. Als elementarste aller Mächte und letztlicher Löser aller Probleme war der Tod stets gegenwärtig. Er schritt die Landstraßen entlang und flüsterte den Wanderern zu:

Wanderer, du müder, du bist zu Haus,
Die Treu ist hier, sollst liegen bei mir,
Bis das Meer will trinken die Bächlein.“

Dass das Meer die Bächlein trinkt, erlebt gerade Spanien. Auch die Natur ist rundum bedroht, wenn man sich dem apokalyptischen Geist des Endes ergibt.

Ist Trump nicht der geile Machthaber über schöne Frauen, die er überall bedroht:

„Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!
Bin Freund und komme nicht zu strafen.
Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bis du nicht willig, so brauch ich Gewalt.“

„Ein Social-Media-Post des rechtsextremen Politikers Nick Fuentes ging mit dem Spruch »Your body, my choice. Forever« (übersetzt: »Dein Körper, meine Entscheidung. Für immer«) viral und löste viele Reaktionen aus. Einige Nutzer äußerten ihre Sorge, dass viele andere seiner Meinung sein könnten. Nach der Präsidentschaftswahl berichteten Frauen von einem Anstieg von Sexismus und Missbrauch im Internet.“ (SPIEGEL.de)

Goethe hatte Ahnungen, als er schrieb, die Klassik sei gesund, die Romantik krank. So gesund aber war er auch nicht; doch das untergründige Verhängnis schritt voran und wurde zum musikalischen Ereignis bei Wagner in Bayreuth, dem Wallfahrtsort Angela Merkels, worüber sie – wie bei allen wichtigen Themen – nie ein Wort verlor: alles Ideologie, raunzte sie verächtlich. In Deutschland spricht man nur über schnelle Schlitten und Finanzprobleme, der Rest ist Schall und Rauch.

Wagner: „Wir müssen sterben lernen, und zwar sterben im vollständigen Sinn des Wortes.“

Diese verkommene Welt erledigen: das ist der Traum der Trumpisten.

„Mit dieser Todesbesessenheit verbunden waren ein apokalyptischer Zug und eine Idealisierung der Gewalt. In Schillers Räuber waren die Hauptpersonen Männer, die mit Leidenschaft und Gewalt gegen die Normen und Gesetze der Gesellschaft rebellierten.

Die logische Folgerung ihres Glaubens an das Wunderbare war die Ansicht, dass ein Wandel am besten durch Gewalt herbeizuführen sei. Tieck schrieb vieldeutig:

„Die Menschen müssen sich selbst untereinander töten, das ist edler, als durchs Schicksal fallen. Sie suchen den Tod. Ehre, Ruhm usw. ist des Krieges Lust und Leben. Im Tode und als Schatten lebt der Krieger. Todeslust ist Kriegergeist, romantisches Leben des Kriegers. Auf Erden ist der Krieg zu Hause, Krieg muss auf Erden sein.“

Aus Eichendorffs Ahnung und Gegenwart:

„Kometen und wunderbare Himmelszeichen (siehe Musk) zeigen sich wieder, alles weist wie mit blutigen Fingern warnend auf ein großes, unvermeidliches Unglück hin. Unsere Jugend erfreut kein sorglos leichtes Spiel, keine fröhliche Ruhe wie unsere Väter, uns hat frühe der Ernst des Lebens gefasst. Im Kampfe sind wir geboren, und im Kampf werden wir, überwunden oder triumphierend, untergehn. Denn aus dem Zauberrauch unserer Bildung wird sich ein Kriegsgespenst gestalten. Geharnischt, mit bleichem Totengesicht und blutigen Haaren.“

Für das romantische Gemüt … war die Vision einer Weltkatastrophe häufig eine tröstliche Aussicht, eine Verklärung, eine Verheißung von Entrinnen und Rechtfertigung.“ (Craig)

Das war die romantische Beschreibung der christlichen Endzeit: Wer steht vor der Tür? Der Christ und der Antichrist, das Paradies und die Hölle.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts saugte sich die Romantik voll mit Kapitalismus, Technik und politischer Macht. Nietzsche, der Prophet des Übermenschen, beschrieb jene schwirrende Atmosphäre anhand von Wagner:

„Eine schwerfällige Gewandung, etwas Willkürlich-Barbarisches, etwas Deutsches im besten und schlimmsten Sinne des Wortes, etwas auf deutsche Art Vielfaches, Unförmliches und Unausschöpfliches, eine gewisse deutsche Mächtigkeit und Überfülle der Seele, die zugleich jung und veraltet, übermürbe und überreich noch an Zukunft ist. Diese Musik drückt am besten aus, was ich von den Deutschen halte: sie sind vorgestern und übermorgen – sie haben noch kein Heute.“ (ebenda)

Damals war das deutsche Katastrophengemüt noch übersättigt mit kulturellen und gebildeten Assoziationen und Gedanken. Heute ist alles längst der Ökonomie und dem Fortschritt gewichen, mit denen die Deutschen sich den Amerikanern gewachsen fühlen wollten – vergeblich.

Die Deutschen sind kulturell ausgelaugt, technisch und ökonomisch erschöpft, alles lassen sie schleifen. Auf Corona schieben sie ihre Energielosigkeit und Schlamperei.

Paul de Lagarde war der Beschreiber des deutschen Nationalismus, der mit Bismarck seine staatliche Formation angenommen hatte. Lagarde war der Ansicht, dass das Aufblühen von Wissenschaft und Industrie ein Unglück für sein Land darstellte, durch das es seine moralischen und kulturellen Haltetaue verloren hatte. So dass es jetzt auf einem Meer des Relativismus und Materialismus umhertrieb.

Das Heldentum war zentrales Thema bei de Lagarde. Die gegenwärtige Krise könne nur mit Mitteln der Gewalt überwunden werden. Er verurteilte den – klassischen – Liberalismus wegen seiner Prinzipienlosigkeit, seinem Kosmopolitismus und der vielen gefährlichen Juden. Wiederholt deutete er an, ein Krieg könnte das einzige Mittel sein, um das Land von diesem Alpdruck zu befreien.“ (ebenda)

Niedergang des aufgeklärten Liberalismus, die bösen Juden, die miserable Stimmung: sind das nicht dieselben Symptome wie heute?

Der heutige Neoliberalismus hat mit Freiheit nichts zu tun, sondern wird von unbekannten historischen Mächten gelenkt. Wer sich diesen Mächten beugt, wird triumphieren, wer sich gegen sie wehrt, wird ausgeschieden. Gott ist mit den Reichen, der Plebs soll zum Teufel gehen.

Aber wohin mit dem ganzen Theater? Zur Wiedervereinigung aller Klassen:

„Das wiedervereinte Volk würde einen Führer haben, einen „heimlichen Kaiser“, der der wahre Einiger und die Verkörperung der Kultur war, und unter seiner Führung würde Deutschland seine rechtmäßige Stellung als führende Weltmacht einnehmen.

Langbehn schrieb: „ … deshalb seien die Deutschen zur Weltherrschaft berufen.“ Was der deutsche Kaiser unter den Fürsten ist, das geborene Haupt, sollte Deutschland unter den übrigen Ländern der Erde sein.“

Heute hat Amerika Deutschland abgelöst. Der Kaiser der Welt heißt Trump, seine militanten Horden versammelt er gerade um sich.

Insgeheim warten die deutschen Schluffis diesen erschlichenen Höhenflug ab, überzeugt, dass nur sie das auserwählte Volk Fichtes sein können, welches die Welt ins 1000-jährige Reich führen kann.

In der Weimarer Zeit erwuchs die Romantik aufs Neue, sie wurde zum Rausch einer erwählten Nation. Ernst Jünger gebrauchte den Begriff, um den Zustand der Erhebung zu beschreiben, der den Krieger im Kampf erfasste. Martin Heidegger erklärte die Hinwendung Deutschland zu Hitler als einen „Schicksalsrausch“.

Jünger: „Der wahre Wille zum Kampf jedoch, der wirkliche Hass hat Lust an allem, was den Gegner zerstören kann. Zerstörung ist das Mittel, das dem Nationalismus allein angemessen erscheint. Wer das erkannt hat, wird alles begrüßen, was zerstören kann.“

Moeller van den Bruck, der den Begriff Das Dritte Reich geprägt hatte, darf unter den Propagandisten des Dritten Reichs nicht fehlen:

„Der deutsche Nationalismus ist Streiter für das Endreich. Es ist das Vollkommene, das nur im Unvollkommenen erreicht wird.“

Heute wollen Neunmalkluge nachweisen, dass die Deutschen mit der Ideologie des Dritten Reichs nichts zu tun hatten. Hitler, Goebbels und ihre raffinierte Gefolgschaft hätte nur mit grober Propaganda das Volk in ihren Bann gezogen. Der Rausch sei von oben verabreicht worden. Ähnliches dachte man auch bei Trump, dem man auf keinen Fall einen Sieg zugetraut hatte. Und dann war der komplette Sieg da. Jetzt liegen die Sieger im Rausch, die Verlierer wissen nicht, was ihnen geschieht.

„Alle totalitären Bewegungen der Moderne – Faschismus, Nationalsozialismus und Kommunismus – bekämpfen mit apokalyptischem Eifer wesentliche Errungenschaften moderner Gesellschaften und stilisieren gesellschaftliche Probleme zu einem apokalyptischen Endkampf zwischen den Söhnen des Lichts und der Finsternis.“ (Ley, Apokalypse und Moderne)

Was für ein Zufall, dass Netanjahu seinen religiösen Krieg just so beschrieb:

„Wir sind Söhne des Lichts, unsere Feinde die Söhne der Finsternis.“

Trumps neuer Verteidigungsminister ist tätowiert mit mittelalterlichen Symbolen der Kreuzzüge:

„Wessen Geistes Kind er ist, hat er sich zudem plakativ auf den Körper tätowieren lassen: Armeesymbole, ein Maschinengewehr vor der Nationalflagge und christliche Parolen in lateinischer Sprache und deutscher Fraktur trägt er auf seiner Haut. Vor allem aber eines: das Jerusalemkreuz.“ (SPIEGEL.de)

Deus lo volt. Gott will es. Jahrhundertelang wollte Gott es mitten in Europa, heute will er dasselbe in Amerika.

Amerika, Israel und – mit Abstand – Deutschland, sind die drei auserwählten Völker des Lichts, die den Goldenen Tempel in Jerusalem erobern und die Siegerpeitsche über die Welt schwingen werden. Wetten dass?

Fortsetzung folgt.