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Die ERDE und wir. XXII

Tagesmail vom 18.10.2024

Die ERDE und wir. XXII,

Wie lange noch und unser Motto wird heißen: die ERDE gegen uns?

Wie lange noch hat Mutter Erde Geduld mit uns?

Frauen und Mütter sind nicht mehr gefragt. In Kulturen mit väterlichen Göttern kommen sie über dienende Funktionen nicht hinaus. Sie haben das Böse erfunden, dafür büßen sie bis zum Ende der Tage.

Muskuläre Männer bestimmen das Geschehen. Trump wird keine verkrüppelten Fehlgeburten mehr dulden. Wer nicht seinen Vorstellungen entspricht, wird um sein Überleben kämpfen müssen.

Nein, wir brauchen keine humanen Menschen, wir brauchen vor Gesundheit strotzende Kämpfer- und Schlächterfiguren wie bei den Urgermanen, bei den römischen Gladiatorenkämpfen.

„Der Kampf um das tägliche Brot lässt alles Schwache und Kränkliche, weniger Entschlossene unterliegen … Immer aber ist der Kampf ein Mittel zur Förderung der Gesundheit und Widerstandskraft der Art und mithin eine Ursache zur Höherentwicklung derselben. Alles, was wir heute auf der Erde bewundern – Wissenschaft und Kunst, Technik und Erfindungen – ist nur das schöpferische Produkt weniger Völker und vielleicht ursprünglich einer Rasse. Von ihnen hängt auch der Bestand dieser ganzen Kultur ab. Gehen sie zugrunde, so sinkt mit ihnen die Schönheit dieser Erde ins Grab. Diese Erhaltung aber ist gebunden an das eherne Gesetz der Notwendigkeit und des Rechtes des Sieges des Besten und Stärkeren. Wer leben will, kämpfe also, und wer nicht streiten will in dieser Welt des ewigen Ringens, verdient das Leben nicht.“ (Mein Kampf)

Trump ist kein Populist, sondern ein Rückwärtsläufer zu Brutalität und Gewalt, zu den Helden mit Fäusten und Schwertern, die alles Demokratische, Freie und Gleiche hassen wie die Pest.

Auch im römischen Amphitheater geschah Ähnliches:

„Selbst die Aufregung blutiger Gefechte und die märchenhafte Pracht der Szenerie reichte zuletzt nicht mehr hin, die abgestumpften Nerven des vornehmen und niederen Pöbels zu reizen; das Seltsamste musste erdacht, das Unsinnigste und Widernatürlichste hervorgesucht werden, um dem kannibalischen Schauspiel neue Würze zu geben. Domitian gab Tierhetzen und Gladiatorenspiele bei Nacht und die Schwerter blitzten beim Schein von Lampen und Kandelabern. So waren im Lauf der Jahrhunderte die Gladiatorenspiele aus kleinen Anfängen ins Ungeheure gewachsen.“ (Friedländer, Sittengeschichte Roms)

Nicht der technische und materielle Hochstand unserer heutigen Kultur ist in Gefahr – allerdings auch der –, sondern vor allem der menschliche Grundsatz: alle Menschen sind gleich. Jeder Mensch ist so viel wert wie der andere. Humanität ist die Vervollkommnung der menschlichen Geschichte. Es gibt nur einen nennenswerten Fortschritt: den Fortschritt der Anerkennung jedes Menschen als gleichberechtigtes Wesen.

Es gibt zwei Fortschritte. Der technische Fortschritt spöttelt über den Fortschritt des Menschlichen. Seine künstliche Intelligenz sei der Intelligenz des Menschen so himmelweit überlegen, dass wir uns keine Mühe mehr geben müssten, das Humane weiterzuentwickeln.

Intelligenz ist das Allerweltswort (Hayek würde von „Wieselwort“ sprechen), um die Gräben zwischen Maschine und Mensch, Technik und menschlichem Bewusstsein einzuebnen.

Während die deutsche Nation nichts Besseres kennt, als ihre „Intelligenz“ per endlosem Quiz- und Lexikonwissen mechanisch abzufragen, bleibt die Erkenntnis des Guten per Denken und Nachsinnen in der Abstellkammer. Wir wollen keine Menschen mehr werden, sondern allwissende technische Überwacher der Menschheit oder Bürger des Mars.

Das beste Gut des Irdischen steht auf dem Spiel. Das Schlimmste verpuppt sich als KI und beginnt seine unsichtbare Herrschaft über die Menschheit zu etablieren. Immer mit dem Versprechen: es gibt noch so viel Interessantes und Ungeheures, dass wir den algorithmischen Fortschritt niemals einstellen können.

Ganz anders der Kampf um die Menschlichkeit mit menschlichen Mitteln. Lassen wir die Erlösungskulturen hinter uns und schauen wir etwa nach Indien, wo es vornehmlich der gottlose Mensch war, der das Menschliche realisierte.

Der höchste Punkt unserer humanen Kultur war die Erfindung universeller Gesetze. Menschliche Gesetze zeichnen sich durch universelle Geltung aus.

Die folgenden Gesetze waren der Höhepunkt der menschlichen Entwicklung. Darauf könnte die Menschheit wahrhaft stolz sein. Hier müssten planetarische Feste gefeiert werden, an denen alle Wesen mit menschlichem Antlitz teilnehmen könnten. Hier gäbe es keinen Unterschied mehr zwischen der falschen Würde der Feierlichkeit und der emotionalen Hochstimmung der Feiernden.

„Alle Menschen verfügen von Geburt an über die gleichen, unveräußerlichen Rechte und Grundfreiheiten.
Die Vereinten Nationen bekennen sich zur Gewährleistung und zum Schutz der Menschenrechte jedes einzelnen. Dieses Bekenntnis erwächst aus der Charta der Vereinten Nationen, die den Glauben der Völker an die Grundrechte des Menschen und an die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit bekräftigt.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben die Vereinten Nationen in klaren und einfachen Worten jene Grundrechte verkündet, auf die jedermann gleichermaßen Anspruch hat.
Auch Sie haben Anspruch auf diese Grundrechte. Es sind auch ihre Rechte.
Machen Sie sich mit ihnen vertraut. Helfen Sie mit, diese Grundrechte für sich selbst und für Ihren Nächsten zu fördern und zu verteidigen.“
(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte)

Diese Grundwerte des Menschen als gleichberechtigter Mensch werden in unseren Schulen kaum erwähnt. Alle „Bildung“ soll nämlich nur dem technischen Fortschritt dienen. Alles andere ist belanglos.

Vergleichende Intelligenztests haben nur den Zweck, das Einmaleins des technischen Funktionierens mit obrigkeitlicher Allwissenheit und Unduldsamkeit zu überprüfen.

Humanität kann man nur testen an der allgemeinen Atmosphäre der Gesellschaft, an der Politik, die sie betreibt, an der sozialen Empathie, mit der sie miteinander umgeht.

Mit den universellen Gesetzen der Menschheit haben wir den Höhepunkt unserer Entwicklung erreicht. Doch wer weiß das?

Vorsicht, es gibt einen trügerischen Universalismus und einen wahren. Die Menschheit soll nach Möglichkeit in die Irre geführt werden. Was gerade jetzt in den kriegerischen Krisen der Gegenwart geschieht, wo christliche und jüdische Staaten ihre unvergleichliche Erwähltheit als wahren Universalismus feiern: unsere – von Gott empfangenen Gesetze – sind die wahren Gesetze.

Alles von Menschen Erdachte und Bestimmte ist nichts als trügerische Nachahmung des Wahren und Göttlichen – und geht uns nichts an.

Schauen wir ergo nach Indien:

„Falscher Universalismus führt zu Krieg und Gewalt, während Universalismus, der auf unserer gemeinsamen Menschlichkeit, unserer Einheit und unserer Verbundenheit gründet, die Voraussetzungen liefert für Frieden, Zusammenarbeit und Koexistenz. Vielfalt und Autonomie werden im falschen Universalismus des Imperialismus, in der Wirtschaftsglobalisierung, in den Kreuzzügen und Dschihads als Problem und Krankheit behandelt. Im Universalismus hingegen, der Frieden schafft, sind sie ein Ausdruck von Freiheit.“ (Vandana Shiva, Erd-Demokratie)

Woran kann man falschen Universalismus leicht erkennen?

„Der Imperialismus hat immer vorgegeben, andere Kulturen zu zivilisieren, während er in Wirklichkeit andere Kulturen zerstört und die Menschen ihrer Menschlichkeit, Vielfalt und Identität beraubt hat. Lebendige Kulturen beruhen auf kultureller Vielfalt und respektieren unsere universale und gemeinsame Menschlichkeit. Tödliche Kulturen basieren auf dem imperialistischen Universalismus – einer gewaltsamen Durchsetzung der kulturellen Prioritäten der Imperialmacht. Die universale Ordnung der Globalisierung und des Imperialismus gründet nicht auf einer universalen Verantwortlichkeit, auf Mitgefühl und Solidarität, sondern auf Eroberung und Kolonialisierung der Ressourcen, der Geschichte, der Vergangenheit und der Zukunft. (ebenda)

Das wichtigste Beispiel einer Macht, die sich ihrer gottgegebenen Einzigartigkeit rühmt und sich weigert, universell gleich zu sein:

„Der rechtskonservative Thinktank PNAC: „Eine amerikanische Führung ist gut für Amerika und gut für die Welt; und eine solche Führung braucht militärische Stärke, diplomatische Energie und bindende moralische Prinzipien.“

Dasselbe theokratische Prinzip der eigenen nationalen Überlegenheit über alle Feinde liefert Israel, dessen Politik darin besteht, seine unbezwingbare Überlegenheit über alle bösen Feinde durch gnadenlosen Hass zu beweisen.

Von Anfang an deklarierte Netanjahu seine Vergeltung gegen Hamas als totale Zerstörung seiner Feinde, denn diese seien Söhne des Bösen, während sie selbst Söhne des Lichts sind.

Licht gegen Dunkelheit, absolutes Gutes gegen absolutes Böses: das kann nur ein gnadenloser Vernichtungskrieg sein.

Die theofaschistische Bezeichnung des Krieges hätte jeden Menschen auf dem Globus klar machen müssen, dass es hier nicht um einen Kampf auf dem Boden des echten Universalismus geht, sondern um eine erbarmungslose Eliminierung böser Feinde. Die TAZ hat es wunderbar erfasst:

„Deutschland hat die Bewegung bekommen, die es verdient: Die einen schreien, weil die anderen schweigen. Am Freitag wird ein ansehnliches Bündnis zivilgesellschaftlicher, humanitärer und humanistischer Kräfte vor dem Kanzleramt Forderungen vertreten, die so selbstverständlich wie unerhört sind: „Menschenleben dürfen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Palästinensisches Leben ist genauso kostbar wie israelisches Leben.“ Und deshalb bitte keine doppelten Standards bei den Menschenrechten und im Völkerrecht. Warum hat es fast ein Jahr gedauert, bis solche schlichten Grundsätze universellen Zusammenlebens mit Selbstbewusstsein auf einen zentralen Platz der Republik getragen werden? Weil wir ein trauriges, feiges, verlogenes Land geworden sind. Weil in diesem Jahr viele Hoffnungen zertreten wurden, nicht zuletzt die Hoffnung auf eine gelingende Einwanderungsgesellschaft. Weil wir eine defekte Demokratie sind, von oben wie von unten. Die humanistische Substanz der offiziellen Erinnerungskultur hat sich als erschreckend dünn erwiesen. Und eine repressiv auftretende Staatsräson, der aus Mangel an Zivilcourage nur wenige widersprechen mögen, hat noch eine weitere Annahme erschüttert: nämlich den Glauben, das Gedenken an die NS-Verbrechen werde helfen, künftigem Faschismus und Autoritarismus vorzubeugen. „Das Gedenken an den Holocaust wird seine erzieherische Kraft verlieren.“ Zahlreiche Menschen, die weltweit in der Holocaust-Education arbeiten, treibt eine ähnliche Sorge um, auch wenn sie zurückhaltender formulieren als Traverso. Warum wird diese Krise in Deutschland so wenig gespürt? Weil das Denksystem der Staatsräson nicht nur autoritär ist, sondern auch überaus komfortabel, eine Art nationales Sofa der gebildeten Schichten. Es erlaubt eine Trägheit der Herzen und des Verstandes, es erlaubt, sich moralisch überlegen zu fühlen, während man brennenden Fragen von Menschlichkeit aus dem Weg geht. So ist eine Mentalität vorsätzlicher Ignoranz entstanden: Als gebe es ein spezielles deutsches Recht, nicht zu wissen – nicht zu wissen, was genau in Israel, Gaza oder im Westjordanland vor sich geht oder wie gefährlich Israels radikale Rechte tatsächlich ist. Weil sich Deutsche in Watte packen, sich schützen müssen vor diesem Wissen. Sich bloß nicht berühren lassen, nicht herausfordern lassen, weder emotional oder intellektuell. Zu zweifeln wäre nicht mehr komfortabel. Ein Staat, der so außer Rand und Band gegen eine Minderheit vorgeht, die keinerlei Lobby im öffentlichen Raum hat, ist potenziell gefährlich für alle.“ (TAZ.de)

Auch der SPIEGEL hat es trefflich formuliert. Fast scheint es, als würde das verschlafene Deutschland aufwachen:

„Der Krieg im Gazastreifen produziert immer größere Not – und folgt schon lange nicht mehr einem sinnvollen Ziel. Nun drohen selbst die USA mit der Kürzung ihrer Waffenhilfe. Auch Deutschland sollte die Unterstützung Israels infrage stellen. Es ist höchste Zeit, dass deutsche Politikerinnen und Politiker diese Tatsachen auch öffentlich benennen und eine ehrliche Diskussion über Militärhilfen führen. Die deutsche Staatsräson darf kein Blankoscheck für Israel sein. Es braucht ein klares Signal an die Netanyahu-Regierung, dass Deutschland den Krieg in dieser Form nicht weiter unterstützt. Das Hinsiechen von mehr als zwei Millionen Menschen in einem nahezu völlig zerstörten Gebiet: ein Hintergrundrauschen des Konflikts.“ (SPIEGEL.de)

Es ist eine Sünde, einen völkerrechtswidrigen Krieg im Namen des Holocaust zu führen. Wer das behauptet, beschmutzt den moralischen Anspruch eines Moses Mendelssohn oder der gesamten jüdischen Aufklärung.

Ganz anders klingt der Anspruch der Erd-Demokratie einer Vandana Shiva:

„Erd-Demokratie bietet eine neue Art des Sehens, eine Perspektive, in der nicht alles mit allem im Krieg ist, sondern in der wir zusammenarbeiten können, um Frieden, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zu schaffen in unserer gewalttätigen und unbeständigen Zeit. Jedes einzelne Lebewesen muss deshalb lernen, sich wohl zu fühlen, indem es in enger Verbindung mit anderen Spezies Teil des Systems wird. Lasst es nicht zu, dass irgendeine Spezies auf die Rechte anderer übergreift.“ (ebenda)

Schwestern und Brüder: lasst uns den wahren und humanen universellen Menschheitsgesetzen folgen. Folgen wir dem Beispiel jenes Mädchens mit Down-Syndrom, „das mitten im 50-Meter-Lauf stehen blieb, weil ein anders Kind sich weh getan hatte.“ (SPIEGEL.de)

Mutter Erde verliert langsam die Geduld. Nein, nicht mehr langsam.

Fortsetzung folgt.