Tagesmail vom 31.01.2025
Die ERDE und wir. XLVIII,
Die Deutschen haben keine ernsthaften politischen Probleme: auf dem Spielplatz bewerfen sie sich mit dem Abfall der zerstückelten Kultur.
Die Europäer kaum anders.
Nur Trump entwirft eine neue Welt: Amerika wächst ins Ungeheure mit Kanada, Grönland, Panamakanal – schließlich muss das ganze Universum dran glauben.
Eine neue Welt mit Welt-Despoten, die eine klare Leitlinie haben: Macht, Macht, Macht, Money, Money, Money, Erfolg, Erfolg, Erfolg.
Wer dem Welt-Schöpfer ins Handwerk pfuscht, kriegt eine aufs Haupt. Seine Geschichte ist vorbei.
Was hören wir von allen Seiten? Alles beginne von vorne: Zeiten- und Epochenwechsel. Wer aber bestimmt den Wechsel?
Die Ist-Schreiber natürlich, im Verein mit ihren Ist-Experten aus Geschichte, Soziologie, Psychologie und anderen Draufguckern: nein, mit schnöder Politik haben sie nichts zu tun.
Geht mir weg mit euren schiefen Tagesparolen und euren scheppen Wahlen. Ihr veranstaltet nur einen Riesenrummel, dann jedoch geht’s weiter – mit demselben Lärm, demselben Gestank, denselben Luftverschmutzern.
Sind wir etwa schon tot, weil etwas Neues kommt? Na klar. Der alte Mensch muss verschwinden, damit Neues entstehen kann. Non cogito, ergo non sum, ich denke nicht, also bin ich nicht.
Ich weiß, dass ich nichts weiß, war die Devise des hässlichen Allesprüfers – am Anfang unserer Kultur.
Ich weiß nichts, also bin ich unfähig, mich wahrzunehmen Das ist die Devise der smarten, parfümierten, schönheitsoperierten Reichen und Unguten – am finalen Ende unserer Kultur.
„Deutschland ist Hamlet! Ernst und stumm
In seinen Toren jede Nacht
Geht die begrabne Freiheit um,
und winkt den Männern auf der Wacht.“ (Ferdinand Freiligrath 1844)
Was will uns der Dichter damit sagen?
„Der Dichter ermahnte sein Volk, einen kritischen Blick auf seine eignen Versäumnisse zu werfen, sich einzugestehen, dass es zu oft seine Entschlusskraft durch die Blässe des Gedankens hatte lähmen lassen.
ER spann zuviel gelehrten Werg,
sein bestes Tun ist eben Denken;
er stak zu lang in Wittenberg,
im Hörsaal oder in den Schenken.
Drum fehlt ihm die Entschlossenheit.
Für die Sache der Freiheit konnte er sich nicht aufraffen, ehe es zu spät war. Heute heißt Freiheit die Möglichkeit, alles zu tun, ohne dass Revoluzzer und Beamte sich einmischen.
Sie reden noch immer von Freiheit, meinen aber die unbegrenzte Macht eines Weltdespoten oder Welttheokraten. Ja, sie sind frei wie Götter, die keine echten Feinde kennen.
Haha: Wittenberg. Hatten wir nicht eine Kanzlerin, die dem Wittenberger Reformator verpflichtet war? Jeder Deutsche hätte das wissen müssen, aber über das Thema Luther & Marx hat sie mit ihren Untertanen nie gesprochen.
Platon oder Aristoteles, Fichte oder Hegel, Goethe oder Schiller? Das muss alles bearbeitet sein, bevor die Geprüften in die Welt dürfen. Doch die Themen der Abituraufsätze hatten mit der schnöden Welt nichts zu tun.
Ein kluger Engländer erläutert den Deutschen ihre schreckliche Geschichte:
„Die dunkelsten Kapitel der Geschichte sind oft die aufschlussreichsten. Die kurze Geschichte der geeinten deutschen Nation währte nur 75 Jahre und hauchte im Trümmerschutt von Berlin ihr Leben aus. (Craig, Deutsche Geschichte)
Jetzt sind wir – fast – an derselben Stelle, nicht, weil wir geschossen hätten, sondern weil wir zu viele Ausländer über die Grenzen ließen, die uns die Luft wegschnappen, die Brötchen klauen, die kriminellen Taten für uns tun, damit wir uns als Edelleute vorkommen können. Moral hassen wir, aber amoralische Taten können wir nicht leiden.
Das erste Deutschland endete im Morden:
Schwarz, weiß und rot! um ein Panier
Vereinigt stehen Süd und Norden;
Du bist im ruhmgekrönten Morden
Das erste Land der Welt geworden:
Germania, mir graut vor dir! (Georg Herwegh, 1871)
Nein, das Morden hat mit uns nichts mehr zu tun. Wir morden nicht, wir lassen morden und verhungern: all over the world. Wieviele Kinder und Mütter in Afrika sind in den letzten Jahrzehnten verkommen? Geht uns nichts an, waren wir etwa die Kolonisatoren?
Ja, ein Volk musste dran glauben, weil wir uns als die beste Rasse der Welt beweisen mussten. Dafür müssen wir jetzt endlos büßen. Unser erster Denker schrieb über unseren Führermörder:
„Hitler war der Führer, der von der Vorsehung auserwählt und von allen Wesenskräften der deutschen Seele in seiner Mission bestätigt worden sei; in der Erfüllung derselben würden Führer und Geführte zu einem Fleisch zusammenwachsen, »geführt von der Unerbittlichkeit jenes geistigen Auftrags, der das Schicksal des deutschen Volkes in das Gepräge seiner Geschichte zwingt.«“ (ebenda)
In Deutschland wird nie gefragt:, woher das Unheil kam. Es genügt den Feiernden, mit betonierter Stimme vom Unaussprechlichen zu sprechen.
Das Unheil ist unaussprechlich? Dann ist es auch nicht bewusstseinsfähig. Aus dem deutschen ES kann nie das deutsche Ich werden. Das Böse ist immer das Unbewusste und Vergrabene unserer verstockten Seele, die nur unter Anwendung der Gewalt ans Licht kommt.
Noch ein Intellektueller, den man heute nicht mehr kennt: Gottfried Benn.
„Mit noch größerer Begeisterung als Heidegger forderte Benn die deutsche Intelligenz auf, diesen „geschichtlich logischen Sieg der nationalen Idee“ zu begrüßen und darin mehr zu sehen als bloß einen Regierungswechsel: eine „neue Vision von der Geburt des Menschen.“ Überwältigt von einem „Schicksalsrausch“ – wie er es nannte – glaubte er in dem neuen Staat eine „Verkörperung der völligen Identität von Macht und Geist, Individualität und Kollektivität, Freiheit und Notwendigkeit“ zu entdecken. Der Führer war das Schöpferische, in ihm sammeln sich die Verantwortung, die Gefahr und die Entscheidung, des erst durch ihn sichtbar werdenden geschichtlichen Willens, ferner die ungeheure Bedrohung, ohne die er nicht zu denken ist, denn er kommt ja nicht als Muster, sondern als Ausnahme, er beruft sich selbst, man kann natürlich auch sagen, er wird berufen, es ist die Stimme aus dem feurigen Busch, der er folgt.“
„Es erscheint mir nun nicht zweifelhaft“ fügt er hinzu, „dass aus dieser Verwandlung noch einmal ein neuer Mensch in Europa hervorgehen wird, halb aus Mutation und halb aus Züchtung: der deutsche Mensch.“ (ebenda)
Ist das nicht die Schwelle unserer Zeit, der Tod des alten und die Geburt des neuen Menschen? Bitte keine Assoziationen mit dem von Gott geretteten Trump, der für sein Volk das Goldene Reich errichten wird. Oder doch? Wenigstens ein bisschen?
Die Ist-Schreiber waren ganz erschrocken über die garstige Drohne aus dem Geld-Untergrund, als sie sich dran machte, die USA zu erobern. Wie immer hatten sie keinen blassen Dunst von der Vergangenheit des mächtigsten Staates der Welt.
Oh, die Amerikaner waren vorbildliche Mentoren der Deutschen bei ihrem Ausgang aus der Hölle hinüber in die Welt der Normalität. Bis heute danken ihnen die Deutschen mit absoluter Kritiklosigkeit. Wer die großen Freunde angreift, ist ein Anti-Amerikaner und kein Freund Amerikas.
Ein Hauptgrund, warum sich in Deutschland nichts tut. Sie verstehen nämlich die Welt nicht, weil sie Amerika nicht verstehen.
Amerika ist tief gespalten: gut sind sie zu ihren einst bösen Erziehungskindern, furchtbar zum bösen Rest der Welt, der ihnen nicht die Herrschaft über die Welt gönnt.
„Dabei ließe sich eher sagen, dass sich Amerika „zu einem neuen Rom entwickle, zum grössten Koloss in der Geschichte, der sich nicht länger an das Völkerrecht, an die Bedenken Verbündeter oder an irgendwelche Beschränkungen gebunden fühlt, wenn es um den Einsatz von Gewalt geht.“ Dabei hatten die meisten Nicht-Amerikaner längst gewusst und im Verlauf des letzten halben Jahrhunderts zu spüren bekommen: dass nämlich die Vereinigten Staaten anders waren, als sie sich selbst darstellten, dass sie in Wahrheit eine verheerende Militärmacht waren, die auf die Weltherrschaft aus war.“ (In Oliver Stone, Amerikas ungeschriebene Geschichte)
Amerikas neue Weltmacht beschränkt sich nicht auf die Erde.
„Das Pentagon hofft, bereits bis 2020 … den gesamten Globus lückenlos mit ununterbrochen patroullierenden Drohnen kontrollierbar und mit wendigen Drohnen bestückt zu haben. So verwandelt sich eine Nation, welche die Welt durch Technik beherrscht, in eine Tyrannei, die sich den Hass ihrer Untertanen zuzieht. Unter diesen Umständen gibt es keine Moral – ausser der amerikanischen. Madeleine Albright drückte es so aus:
„Wenn wir Gewalt einsetzen müssen, dann deshalb, weil wir Amerika sind. Wir sind die unverzichtbare Nation. Weil wir die Menschheit mit der Atombombe bedrohen können, werden uns unsere Fehler vergeben und unsere Grausamkeiten werden als aus gutem Willen begangene Fehltritte gerechtfertigt.“ (ebenda)
Weil die Deutschen Angst haben vor diesen Seiten ihrer Retternation, klammern sie sich verbissen an den Mythos von Amerikas Einzigartigkeit, seinem Wohlwollen und seiner Großherzigkeit.
Vor lauter Dankbarkeit gegenüber Eisenhower und seinen guten Boys verbieten sich die Deutschen noch heute jedes autonome Selbstbewusstsein. Amerika ist gut – selbst wenn ein grässlicher Trump die Bühne erobert – alles andere ist Bosheit der Welt.
Nun zur letzten Frage, die wir hier stellen müssen: woher stammt der Verfall des modernen Westens – obgleich er durch und durch religiös ist?
Woher also dieser verderbliche Geist?
„Daher kommt es, weil die Natur bei uns aus der Menschheit verschwunden ist. Unser Gefühl für Natur gleicht der Empfindung des Kranken für die Gesundheit.“ (Schiller)
Mit einfachen Worten: mit uns geht’s bergab, weil wir keine Beziehung zur Natur haben. Wir setzen nur noch auf Maschinen und künstliche Intelligenz. Das artet aus zum kollektiven Menschheits-Suizid.
Fortsetzung folgt.