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Die ERDE und wir. XLIII

Tagesmail vom 13.01.2025

Die ERDE und wir. XLIII,

Was ist rechts? Demokratiefeindlich.

Ausländerfeindlich.

Moralfeindlich.

Machtgierig und gerechtigkeitsfeindlich.

Naturfeindlich und klimaschädlich.

Denkfeindlich und argumentationsunfähig.

Gleichheitsfeindlich und raffgierig.

Erdenfeindlich und marssüchtig.

Herrschsüchtig, futuristisch und fortschrittsbesessen – etc.

Was ist in Deutschland rechts? Alles, was nicht Mitte ist. Die Mitte aber gibt es nicht, sie ist ein stinkender Kompromiss-Müllhaufen von gestern. Die Mitte von morgen muss neu erstunken und erlogen werden.

Rechts ist alles, was nicht links ist. Links ist in den Tiefen des Marxismus verschwunden.

Was ist halbrechts, ultrarechts?

Lass mich in Ruhe mit deinen Besserwissereien, die mir auf die Nerven gehen.

Es genügt, wenn ich in der Mitte der Reichen und Halbreichen schwimme – gerade auf dem Weg nach Los Angeles mit der wunderbaren Aussicht auf viele zerstörte Superhäuser der Reichen und Berühmten, die es verdient haben, dass sie von vorne beginnen müssen.

Vielleicht wissen sie dann, wie es jenen ergeht, die sich weder links noch rechts, geschweige in der Mitte aufplustern können, sondern gottgleich über allen schweben.

Die Deutschen haben keine Begriffe mehr, sie nehmen den Kompass und fragen: nach rechts, nach links, nach oben ins Weltall oder nach unten ins Höllische?

Was nicht nachprüfbar ist mit Lineal und Zahlen, das gibt es nicht, das darf es nicht geben. Wir leben in nach-galileischen Zeiten.

Einer der ersten Ökologen hieß John Seymour, der Verfasser des Büchleins: „Und dachten, sie wären die Herren. Der Mensch und die Einheit der Natur.“

Solche Bücher können heute nicht mehr geschrieben werden – weil die Menschheit nach rechts gerutscht, nein, abgestürzt ist.

Seymour stellt die – heute unverständliche – Frage: was entspricht den Zielen der Lebenskraft? Und antwortet von links bis rechts, von oben nach unten:

„1. (Keine) nuklearen Waffen herstellen.

2. (Nicht) versuchen, Menschen auf den Mars zu schicken.

3. Unsere Städte größer / kleiner zu machen.

4. Die menschliche Bevölkerung (nicht) auf Kosten andrer Tiere und Pflanzen anwachsen lassen.

5. (Nicht) mehr Kernkraftwerke bauen.

6. Die Ausrottung von Walen erlauben / verbieten.

7. Die bemannte Erforschung des äußeren Weltraums im Hinblick auf seine Besiedlung beginnen / unterlassen.

8. Zulassen / verbieten, dass die Menschen alle großen Säugetiere in Afrika ausrotten.

9. Die Landwirtschaft nicht weiter mechanisieren und nicht (weiter) mit Chemie vollpumpen.

10. Nachdem man die oberste Sprosse der Lebensleiter auf diesem Planeten erreicht hat, (nicht) wegstoßen.“

Obwohl das Büchlein bereits 1984 geschrieben wurde, entdecken wir schon eine Warnung an den Trump-Berater Musk:

„Wenn wir freilich in den Weltraum vordringen, würde das im Endeffekt bedeuten, dass wir diese Erde verwüsten. Es würde tatsächlich bedeuten, die Leiter alles anderen Lebens unter uns wegzustoßen. Sollten wir das tun?“

Sollen wir jetzt rechts, links, mittig – oder mit Vernunft antworten? Wo aber steht die Vernunft? Die Vernunft ist im deutschen Parteienspektrum verschütt gegangen.

Gibt es irgendeine Partei in Deutschland, die im bevorstehenden Wahlkampf die Frechheit hätte, den Kanzlerkandidaten diese Fragen zu stellen? Verbunden mit dem Sioux-Gebet:

„Hört mich, ihr vier Himmelsrichtungen – ein Verwandter bin ich. Gebt mir die Kraft, auf der weichen Erde zu wandeln, verwandt mit allem.“

Auf der weichen Erde zu wandeln – ist das rechts oder links? In einer hochkulturierten und perfekt asphaltierten Großstadt gibt’s keine weiche Erde. Also ab in die Spree, ihr Barfußindianer. WIR sind stolz auf den Fortschritt der Natur in Hochhäuser und S-Bahnen. Und IHR?

WIR haben Plinius zu bieten:

„Die Erde aber ist gütig, mild, nachsichtig, den Bedürfnissen stets dienstbar … Was spendet sie freiwillig, welche Genüsse für Geruch und Gaumen, Geschmack, Gefühl und Farbempfindung! Mit welcher Treue erstattet sie Anvertrautes mit Zins zurück?“

Verschont uns mit eurem Rückwärtsrausch. Wir wollen nach vorne.

„Denn der durch Kopernikus und Galilei eingeleitete große Sprung nach vorne öffnete den Weg – na ja, unter anderem zur Wasserstoffbombe.“

Vorne? Ist vorne die Synthese aus links und rechts? Ja schau mal nach vorne: was sich am Horizont zeigt! Seht ihr nicht die drohenden Umrisse von Musk und Trump?

Müssten wir nicht längst rebellieren?

„Der Stolz der Mächtigen ist unerträglich geworden und unsere Situation elend. Sie genießen im Überfluss; sie baden in der Fülle der Dinge … Und wir, die die Arbeit fast umbringt und die alles mit ansehen müssen, führen ein Leben, in dem es nichts gibt als Schweiß, Hunger und Durst.“

Mal langsam, du Rückschrittsprophet. Hast du vergessen, wie Descartes die Vernunft definiert hat?

Vernunft ist die Fähigkeit des Menschen, sich „zu Herren und Eigentümern der Natur zu machen.“

Auch Bertrand Russell, ein genialer englischer Logiker, bewunderte die menschliche Erfindung der Naturwissenschaften seit Galilei und Newton.

„Dass sich die Auffassung von der Stellung des Menschen im Universum stark veränderte, ist auf die Naturwissenschaft zurückzuführen. Die Triumphe der Wissenschaft gaben ihm neuen Auftrieb. Die alte Welt war besessen gewesen vom Bewusstsein ihrer Sündhaftigkeit und hatte dieses bedrückende Gefühl dem Mittelalter hinterlassen. Demut vor Gott war richtig und klug, denn Gott pflegte den Hochmütigen zu bestrafen. Aber jetzt, nach der Erfindung der perfekten Naturwissenschaft, wurde es unmöglich, demütig zu bleiben.“

„Die Westeuropäer wurden zusehends reicher und standen im Begriff, sich zu Herren der ganzen Welt zu machen: sie hatten Nord- und Südamerika erobert, herrschten in Afrika und Indien, waren in China angesehen und in Japan gefürchtet. Als sich die Triumphe der Naturwissenschaften in der Welt verbreiteten, war es kein Wunder mehr, dass sich die Menschen des 17. Jahrhunderts für tüchtige Burschen hielten und nicht für elende Sünder, die sonntäglich in der Kirche beichten mussten.“

Wissen wurde Macht, die Menschheit errang die Herrschaft über die Naturgewalten. Das waren die Vorfahren der Superreichen. Welche Politik verfolgen sie?

Die Politik der Weltherrschaft – wenn sein muss mit Gewalt, ansonsten mit Geld und immer mehr Geld. Thorsten Polleit schrieb ein Buch zu dieser Geldgier:

„Mit Geld zur Weltherrschaft. Wie wir mit besserem Geld eine bessere Welt schaffen können.“

Eine bessere Welt. Die alte Schöpfung erwies sich als miserabel. Ohne Erfindung des Bösen kam sie nicht aus. Eine Frau namens Eva war die Erdinderin des Bösen. Zu Recht muss sie bis heute degradiert und geschändet werden, um ihr teuflisches Genie zu ahnden.

Eine bessere Welt ist eine ohne das Böse. Das geht nur durch die Allmacht eines gut angewendeten Geldes. Und das kann auf keinen Fall das verlotterte Geld eines „gerechten Sozialismus“ sein. Der Mensch muss in Demut die Herrschaft eines freien Geldes akzeptieren. Und dieses System führt zur Dominanz wahrer Freiheit.

Alles andere ist Despotie des Geldes, um die Menschheit mit Macht zu beglücken. Zwangsbeglückung aber ist keine wahre Beglückung, sondern platonischer Faschismus.

„Ein Weltstaat, aufgebaut auf den Prinzipien des demokratischen Sozialismus, ist eine Dystopie (Gegenteil einer Utopie). Sie würde politische Tyrannei und wirtschaftliche Verelendung bedeuten, für unzählige Menschen auf der Welt vermutlich sogar den Hungertod.“

Soziale Parteien geben sich heute menschenfreundlich, doch genau genommen, sind sie Verräter des möglichen menschlichen Glücks, das sich nur einstellt, wenn die Menschen erkennen, wozu sie fähig sind und wozu nicht.

Sie müssen sich bescheiden, ermahnt Hayek, und mit ihrem begrenzten Verstand nicht eigenmächtig ein Reich des Glücks bauen wollen. Das können sie nicht, also sollen sie es lassen.

Auf keinen Fall will er in einem Land leben, in dem die Menschen ihr Schicksal verdient hätten, denn dieses Schicksal wäre ein einziges Elend – dann hätten sie ihr Elend wahrhaft verdient.

„Es ist doch gewiss oft traurig zu sehen, wie die Verteilung der Güter dieser Welt durch bloßes Glück, wenn nicht durch Schlimmeres bestimmt wird und nur so selten im Verhältnis zu erkennbarem Verdienst oder Bedarf steht. Aber wie viel schlimmer wäre es doch, wenn wir alle überzeugt wären, dass jeder das verdient, was er hat – oder nicht hat – und der, dem es schlecht geht, wüßte, dass alle anderen meinen, er verdiene es eben nicht besser. Ich möchte jedenfalls nicht in einer solchen Welt leben, die heute so viele Menschen machen möchten, wenn sie nur könnten. Wie schon Friedrich Hölderlin gesagt hat: „Immer hat das den Staat zur Hölle gemacht, dass ihn der Mensch zu seinem Himmel machen wollte.“ (Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit, in: „Schicksal, Grenzen der Machbarkeit“)

Unschwer zu erkennen: die Beglückung der Menschheit mit einer egoistischen Gelderwerbungsmaschinerie ist das Gegenteil der Aufklärung, die mit Vernunft die Menschheit glücklich machen will.

Diese Vernunft kann der Mensch lernen, sie ist nichts Jenseitiges und Unfassbares. Der autonome Mensch der Vernunft ist in der Lage, sein Schicksal auf Erden selbst zu bestimmen. Der fremdbestimmte Mensch der Neoliberalen muss sich den unfassbaren Gesetzen des Geldes unterwerfen, um das Optimum dessen zu erreichen, was ihm das Schicksal gewährt. Hier kann niemand zu niemandem sagen: was, dir geht’s schlecht? Das hast du dir verdient, hättest du dich nicht übernommen, dein Lebensgeschick selbst zu bestimmen.

Wir sehen, dass wir im Christentum gelandet sind:

„Alle aber miteinander bekleidet euch mit Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“

Hinter der Maske der überaus selbstbewussten Geldmacher und genialen Erfinder offenbaren sich bei näherem Hinsehen – demütige Gnadenempfänger. Wo sind wir gelandet? Mitten in Luthers Gnadenlehre: die katholischen Neoliberalen aus Österreich finden Zuflucht beim deutschen Luther:

„So halten wir nun dafür, dass der Mensch durch den Glauben gerechtgesprochen werde ohne Werke des Gesetzes.“ Gewiss, malochen müssen sie allemal, diese Lutheraner, doch ohne Gnade geht nichts.

Russell, der die Klimakatastrophe noch nicht wahrgenommen hatte, war erfüllt vom demutslosen Stolz des modernen Naturwissenschaftlers, der die ungeheure Macht des technischen Fortschrittes als Frucht seines Genies lobte.

Dass der tolle Fortschritt aber zugleich in der Lage war, die Lebensbedingungen auf Erden zu zerstören, das wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.

Nicht nur die demütige Machtökonomie, auch die superstolze Naturwissenschaft müsste endlich von kritischen Demokraten unter die Lupe genommen werden.

Fortsetzung folgt.