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Die ERDE und wir. LXXIX

Tagesmail vom 26.05.2025

Die ERDE und wir. LXXIX,

„Nehmt Abschied, Brüder,
ungewiss ist alle Wiederkehr,
die Zukunft liegt in Finsternis
und macht das Herz uns schwer.
Der Himmel wölbt sich übers Land.
Ade, auf Wiederseh’n!

So ist in jedem Anbeginn
das Ende nicht mehr weit,
wir kommen her und gehen hin,
und mit uns geht die Zeit.

Nehmt Abschied, Brüder, schließt den Kreis!
Das Leben ist ein Spiel;
und wer es recht zu spielen weiß,
gelangt ans große Ziel.

Der Himmel wölbt sich übers Land …
Ade, auf Wiederseh’n!
Pardon, die letzte Zeile übersehen:
Wir ruhen all in Gottes Hand.“

Im Spiel Trump gegen Putin steht es gerade 4 zu 3 für Putin. Jetzt warten wir gespannt auf die Schlussoffensive von Trump, von dem wir wissen, dass er nicht verlieren kann.

Amerika ist Sieger der Weltgeschichte – und das muss so bleiben: das ist Trumps Endziel. Was aber, wenn Putin diesen Slogan nicht mehr hören kann und deshalb den Krieg gegen die Ukraine begann, um dem aufgeblasenen Westen das Ruder aus der Hand zu reißen?

Was, wenn beide Gegner nur so tun, als ob sie ein verwegenes Kriegsspiel spielen würden? Wenn die Wirklichkeit für sie nur ein Spiel der Mächtigen wäre – und die Völker müssten die unverschuldeten Konsequenzen auf sich nehmen?

Was, wenn die ganze Menschheit die Schnauze voll hätte? Wenn die Realität kein Spiel für sie wäre, sondern blutiger Ernst?

Ob die zwei Gewaltigen den deutschen Dichter Schiller kennen?

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Gilt dieses Wort auch für die Gegenwart – oder galt es nur in früheren Zeiten, als es noch keine KI und keine Atombomben gab?

Interessant, was der Experte dazu sagt:

„Zusammenfassend kann man vom 19. Jahrhundert behaupten, dass in fast allen Manifestationen der Kultur der Spielfaktor stark in den Hintergrund tritt. Die Ideale von Arbeit, Erziehung und Demokratie ließen kaum Raum für das ewige Prinzip des Spiels.“ (Huizinga, Homo Ludens, Vom Ursprung der Kultur im Spiel)

Nur Kinder spielen. Im Spiel machen sie sich, ohne Schaden zu nehmen, vertraut mit den Gesetzen der Realität. Die Schule weiß nicht, ob sie Spiel oder Ernst sein soll, weshalb sie in trostlosen Dauerprüfungsernst verfällt.

Die grimmigen Gegner des schulischen Spielcharakters fürchten, die Kinder könnten unfähig sein, den Ernst der Erwachsenenwelt zu bestehen, wenn sie nur ungeprüft vor sich hin tändeln würden.

In der Romantik verliert der christliche Westen den homo ludens-Charakter, der von der Aufklärung unter großer Mühe den Popen und Gelehrten abgerungen worden war.

Vor der Aufklärung gab es nur den griechischen Agon, der im christlichen Mittelalter apokalyptisch verdüstert wurde.

Denis Schecks Auslese neuer Bücher, bei der er die schlechten nach links in die Hölle und die guten nach rechts in den Himmel wirft, ist eine gelungene Mischung aus spielerischer Leichtigkeit und biblischer Unerbittlichkeit. Für ihn vermutlich nur ein Spiel, für die verworfenen Bücher aber ein gnadenloser Ernst.

„Vergeblich wird man in der Bibel nach agonalem Kampfe suchen.“ (ebenda)

In anderen Kulturen hat die ganze Weltgeschichte den Charakter des Spiels: „In dem altindischen Wort dyutam gehen die Bedeutungen Streit und Würfelspiel ineinander über. Sogar die Welt denkt man sich als ein Würfelspiel, das SIVA mit seiner Gemahlin spielt.“

Kaum vorstellbar, dass eine so harmlos spielende Welt in einem höllischen Gericht untergehen kann.

In der Antike hatte Agon den Charakter eines sportlichen Spiels zur Ertüchtigung des Leibs, zum spielerischen Erkunden der Besten, weshalb sie die olympischen Spiele erfanden – aber auch zur Vorbereitung zum Krieg gegen die Nachbarn.

Agon aber gab es nicht nur für den Leib. Selbst die Philosophie wurde im Agon gezeugt. Wer hat die besten Argumente? Die sokratische Mäeutik war ein Wettstreit in der Suche nach der Wahrheit. Hier maßen sich die Kontrahenten mit ihren besten Ideen und logischen Beweisen. War der Verlierer der Disputation in Gefahr, seinen Ruf zu verlieren? Und wer stellte fest, wer den Streit gewonnen oder verloren hatte?

Talkshows hatten einst die Aufgabe , die politischen Besserwisser vor dem Publikum per scharfem Wortwechsel zu entlarven. Nichts davon wurde realisiert. Einem endlosen Wortschwall gelingt es heute mühelos, jeden Teilnehmer zum Sieger zu erklären. Ergebnis: sie wissen alles, über alles können sie in Blitzeseile drüber rattern.

Nicht wenige Gegner des Sokrates – bis in die postmoderne Gegenwart – die den Mäeutiker in die Hölle schicken wollen, weil er seine Gegner als Dummköpfe entblößte. In der Gegenwart hat der ätzende Hass gegen ihn dazu geführt, das moralische Gefasel dem schärfsten Spott auszusetzen.

Seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts ist der Sport zur wichtigsten Spielbetätigung, zuerst des Westens, dann der ganzen Welt geworden. Sieger spielen gern, um auch im Frieden ihre Überlegenheit zu zeigen.

Doch ab jetzt ändert sich der Charakter des Spielens. „Die Haltung des Berufsspielers ist nicht mehr die richtige Spielhaltung, das Spontane und Sorglose gibt es nicht mehr bei ihm. Das Spiel ist allzu ernst geworden, die Spielstimmung ist mehr oder weniger aus ihm gewichen.“

Das erkennt man heute am TV-Programm. Selbst am heiligen Samstag-Abend werden die wichtigsten Sportspiele übertragen, der festliche Jubel der Sieger kennt keine Grenzen. Selbst der Bundespräsident sitzt im Stadion, um das unvergessliche Ereignis ins Buch der Geschichte einzutragen.

Was jedoch völlig unter den Tisch fällt: „Um wirklich zu spielen, muss der Mensch, solange er spielt, wieder Kind sein.“

Zwar werden wir immer infantiler, doch was Kind sein bedeutet, wissen wir nicht mehr.

In den klassischen Spielen wird immer ernster und erbitterter gekämpft, im täglichen Leben hingegen versteckt sich der Spielcharakter der renommierten Tätigkeiten immer genialer. Was hat Ökonomie mit Spielen zu tun?

Die gesamte Moderne ist ein einziges Betätigungsfeld im Übertreffen der Konkurrenten. Und Konkurrenten sind im Prinzip alle Nationen der Welt. Welches Volk kennt heute nicht die geheimen Fähigkeiten, seine Feinde per Algorithmen auszukundschaften? Putins Kriegsführung wird immer digitaler. Trump will den gesamten Weltraum mit Satelliten ausstatten, um die winzige Erde in den Griff zu kriegen.

„Der Handelswetteifer gehört nicht zu den ursprünglichen, harten und heiligen Spielen. Er kommt erst auf, als der Handel beginnt, Betätigungsfelder zu schaffen, in denen einer suchen muss, den anderen zu übertreffen. Erst durch den modernen Verkehr, die kaufmännische Propaganda und die Statistik wird er intensiv. Immer mehr ziehen siegen wollende Spielelemente in die Wirtschaft, um als Reichste und Erfolgreichste das Wirtschaftswachstum zu fördern. Dadurch werden sie diejenigen im Staat, die das gesamte Sozialleben bestimmen. Wieviel BGE, wieviel Obdachlose, wie viele Mütter, die malochen und ihre Kinder zu Hause oder in der Kita lassen müssen, um die überteuere Wohnung zu bezahlen? Frag nach im Industrieverband. Da kommen selbst die Gewerkschaften nicht mit, um diesen „Spiel-Löwen“ Paroli zu bieten.

Das Spiel- Element ist vollständig in das wirtschaftliche und technische Leben eingezogen und beherrscht alle Einzelheiten des individuellen Lebens, vor allem der wirtschaftlich Schwachen.

Wer sind die besten Spieler einer Gesellschaft? Die reichsten, welche sich der Mechanismen der Gesellschaft am lukrativsten bedienen können. Die Reichsten hausen in abgelegenen Luxusgegenden, sind gegen alle Gefahren am wirksamsten geschützt und bestimmen fast ungestört die Atmosphäre der Industrienationen. In Silicon Valley beginnen sie sich allmählich von der Erde zu lösen, um im Weltraum ein tod-sicheres Domizil zu finden.

Von daher wird klar: nicht Arbeit erzeugt den Reichtum, sondern Zufalls- und Börsenspiele mit den hart erarbeiteten Geldern der Berufstätigen. („Zeit und Zufall“, das Motto Hayeks). Börsenspiele sind Pokerspiele. Wer die Gesetze des Zufalls am besten kennt und die meiste Geduld aufbringt, um zur besten Zeit seinen Einsatz einzubringen, der hat die meisten Chancen, zu Bezos aufzurücken.

Warren Buffet ist einer der wenigen Superreichen, der 99% seines ungeheuren Reichtums an Andere abgibt, um die Welt ein wenig gerechter zu machen. Dieses rigorose Abgeben seines Reichtums wird in einer gerechten Zukunftsutopie zur unbedingten Pflicht der Zufallsreichen gehören.

Nicht die Braven und Fleißigen sind die Hauptgewinner in Wettspielen des Kapitalismus, sondern diejenigen, die am trefflichsten pokern können. Der Umgang mit dem Zufall ist die wichtigste Fähigkeit, mit der man sich an die Spitze der Bevölkerung setzen kann.

Solidität und Redlichkeit zählen nicht mehr, die Gewinner der Zukunft sind Börsenhaie mit guten Nerven beim Pokern.

Huizingas Fazit ist schwer erträglich, wenn man an eine gerechte Wirtschaft glauben will:

„Mehr und mehr drängt sich der Schluss auf, dass das spielhafte Element der Kultur immer mehr seine Bedeutung verloren hat. Die moderne Kultur wird kaum noch „gespielt“ und wo sie zu spielen scheint, ist das Spiel falsch.“

Je mehr das kämpferische Spiel sich in der Gesellschaft verbreitet, umso mehr nähert es sich dem Krieg. Die jetzige Weltkrise mit Krieg und Kriegsgefahr ist ein degeneriertes Spiel mit vielen Unberechenbarkeiten. Was ist der nächste Schachzug Putins, die nächste Unverschämtheit Trumps, die gelähmte Unfähigkeit Europas, sich angemessen zu wehren?

Europa, ein halbes Jahrhundert unter der Obhut der Amerikaner, unfähig, seine Patrone zu kritisieren, ist dabei, sich schnell aufzurüsten, um erwachsen zu werden. Doch sein mangelndes Selbstbewusstseins lähmt Europa, Putins Motivationen zu erkennen, um ihn wirksam zu neutralisieren. Putin wird für uns zum leibhaftigen Teufel, der nichts anderes im Kopf hat, als die Welt in Schutt und Asche zu legen.

Von Trump hatten die deutschen Medien keine Ahnung, bis er nach seiner Wahl die Maske lüftete. Jetzt gilt es, mit allen Kräften das große Vorbild Amerika zu dekonstruieren, seine verhängnisvolle Beziehung zu Israel offenzulegen und die christlich-jüdische Apokalypse-Erwartungen in ihrer selbsterfüllenden Prophezeiungswirkung zu zerschlagen.

Spiel in seiner menschlichen Wirkung kann nur eine Sache des Friedens sein.

„Nicht der Krieg ist der Ernstfall, sondern der Friede. Erst in der Überwindung jenes jämmerlichen Freund-Feind-Verhältnisses gewinnt die Menschheit Anspruch auf volle Anerkennung ihrer Würde. Wahre Kultur fordert immer und in jeder Hinsicht fair play. Der Spielverderber zerstört die Kultur selbst. Wer den objektiven Wert des Rechts und der sittlichen Normen leugnet, wird nie die Grenze zwischen Spiel und Ernst finden.“ (Homo Ludens)

Fortsetzung folgt.