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Die ERDE und wir. LXVIII

Tagesmail vom 11.04.2025

Die ERDE und wir. LXVIII,

Wissen wir, was mit uns geschieht?

Alles, was Geld macht – glauben wir – ist überaus sinnvoll: es bringt Erfolg und Macht.

Was kein Geld, keine Macht oder keinen Erfolg bringt, gleicht einem Hexentanz.

Kann es sein, dass die Reichen und Mächtigen nicht wissen, was sie tun? Sie halten sich für rational, sind aber die irrationalsten Hexen- und Satanstänzer der Welt.

Was aber ist ratio, die Vernunft? Sie ist die Struktur der Welt, das Nervensystem der Natur. Indem der Mensch die Natur erkennt, eignet er sich ihre Vernunft an. Naturwissenschaftliches Erkennen verwandelt den irrationalen Menschen in einen vernünftigen Teil der Natur.

Nicht der jetzige Mensch ist Ziel der Evolution, sondern der zukünftige Meister der wissenschaftlichen Erkenntnis – den es bislang nicht gab.

Einen gibt es heute bestimmt, vielleicht sogar zwei. Der eine heißt Ray Kurzweil und ist Gehirnprogrammierer, der andere heißt möglicherweise Donald Trump.

Kann es sein, dass Trump in Silicon Valley von Kurzweil gehört hat und sich nun dran macht, seine futurischen Erkenntnisse in Weltpolitik umzusetzen?

Was bedeuten würde: die bisherige Menschheit hat ausgespielt. Wer nicht das Zeug hat, den phänomenalen Erkenntnissen Kurzweils zu folgen, wird mit der jetzigen Ausschussware des Menschen aussterben.

Trump hat begonnen, die Nummer Eins der futurischen Menschheitsentwicklung mit Macht zu demonstrieren. Geld ist für ihn nur Mittel zum Zweck. Sein wirklicher Zweck ist es, die Lebensunfähigkeit des alten homo sapiens geschehen zu lassen und die Überlegenheit des homo novus in die Tat umzusetzen.

Kurzweil beschreibt den Vorgang:

„Unsere biologischen Gehirne sind bis heute das Ergebnis der zufälligen biologischen Evolution, die willkürlich gute und schlechte Resultate liefert. Die digitalen Gehirne, die wir zukünftig produzieren, werden das Produkt eines Designprozesses sein. Sie werden nicht das zufällige Resultat der biologischen Evolution, sondern auf unserer technischen Revolution beruhende intelligente Schöpfungen darstellen.“ (in Ray Kurzweil, Das Geheimnis des menschlichen Denkens)

Trump will nicht nur der kraftstrotzendste Despot der Welt sein, sondern auch der brillanteste und intelligenteste aller Lebewesen. Angeblich war er nicht der schlaueste in der Schule, weshalb sein Vater ihn auf eine Militärschule schickte.

Dort erlebte er das Überlegenheitsgefühl derer, die andere herumkommandieren können. Aus dem Militär entlassen, wandte er sich dem Mammonismus zu, um seine militärische Macht mit Geld zu erweitern.

Das genügte ihm nicht, weshalb er in die Politik ging, in der er es bis heute zum mächtigsten Mann der Welt schaffte.

Dadurch ist er für das KI-Genie Kurzweil interessant geworden, weshalb jener Elon Musk, ein anderes Geld- und KI-Genie, an seine Seite holte, um seine intellektuelle Schwäche auszugleichen.

Beide zusammen sind Wiederbelebungen der Goethe-Gestalten Faust und Mephisto. Trump hasst seine deutsche Vergangenheit, aber er bewundert sie auch.

Der Faust-Monolog kennzeichnet auch ihn:

Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei and Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –
Dafür ist mir auch alle Freud‘ entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab‘ ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr‘ und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab‘ ich mich der Magie ergeben,“

Jetzt sind wir an der Stelle angekommen, wo Kurzweil ihn erwartet:

„Der einzige Weg, die Grenzen des Möglichen zu finden, ist ein klein wenig über diese hinaus in das Unmögliche vorzustoßen. Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden. Kurzum: was heute noch Zauberei zu sein scheint, wird vielleicht schon bald Realität geworden sein.“

Max Weber beschreibt die abendländische Wissenschaft als Entzauberung der Welt. Offenbar gab es in Amerika genug Wissenschaftler, die sich nicht als Entzauberer verstanden, sondern im Gegenteil: sie wollten den Prozess der Entzauberung wieder umdrehen und den Fortschritt zum futurischen Zauber vorantreiben.

Mit den Worten Kurzweils:

„Ziel des Projektes ist es, die Funktionsweise des menschlichen Gehirns genauer zu verstehen und die auf diese Weise aufgedeckten Arbeitsweisen zu einem besseren Verständnis unserer selbst zu nutzen. Also etwa dazu, bei Bedarf das Gehirn wieder in Ordnung zu bringen und – immer intelligentere Maschinen herzustellen.“ Laut Ray werden wir mit unserer Technologie weiter fusionieren und eine sich fortlaufend entwickelnde Mensch-Maschine-Zivilisation bilden.“

Was also wäre das Ziel der Kurzweil’schen KI? Die Kluft zwischen Mensch und Natur, durch wissenschaftliche Erkenntnis hervorgebracht, wieder zu überbrücken.

Der Mensch braucht Selbsterkenntnis, durch welche er die längst verlorene Einheit mit der Natur wieder herstellen könnte. Mensch und Maschine sollen wieder so symbiotisch werden, wie sie es in Urzeiten einmal waren.

Was Trump zurzeit mit seinen Zöllen anrichtet, kann hirnrissiger nicht sein. Dieses scheint er zu spüren, weshalb er einen absurden Hexentanz veranstaltet. Dennoch scheint er zu merken, dass er die nächste Stufe der menschlichen Intelligenz anpeilen muss. Und das wäre die Stufe der ausgebildeten KI-Intelligenz, die eine perfekte Mensch-Maschine-Zivilisation zustande bringt.

Für die frühen Denker der europäischen Aufklärung wurde die Welt durch wissenschaftliche Erkenntnis gespalten. Bei Descartes bestand sie aus Materie und Bewegung, „Der Geist, in der Gestalt Gottes, schwebt außerhalb dieses Universums, das wie eine Billardkugel ist – und spielt keine direkte Rolle in ihm.“ (Morris Berman, Wiederverzauberung der Welt)

Für Descartes waren Geist und Körper, Subjekt und Objekt unvereinbare Gebilde. „Das Denken, so scheint es, trennt mich von der Welt, der ich gegenüberstehe.“

Die Spaltung der Welt durch Denken oder wissenschaftliches Erkennen, wäre demnach die Ursache des menschlichen Leids auf der Welt. Die jetzige Weltkrise wäre unmöglich ohne die krankhafte Spaltung in Mensch und Natur.

Wir müssen zurück in die symbiotische Einheit des Urmenschen mit der Natur. Berman spricht von der „Wiederverzauberung der Welt“.

Wie soll diese aussehen?

„Es wird möglich sein, alle unsere Kenntnisse. Erinnerungen, Erfahrungen. Liebschaften und sogar Gefühle auf Rechner und oder Computer upzuloaden, deren Speicherkapazität ausbaubar und dem aktuellen menschlichen Gedächtnis weit überlegen ist. Das Universum zu erwecken und – indem wir es mit unserer menschlichen Intelligenz in ihrer nichtbiologischen Form durchdringen – über sein Schicksal zu entscheiden, das ist unsere Bestimmung.“

Die Überwindung des pathologischen Zwiespalts wäre zugleich die Überwindung der christlichen Schöpfung. Der KI- Mensch kann Gott überwinden.

„Intelligenz – das wichtigste Phänomen im Universum – kann natürliche Grenzen überwinden und die Welt nach ihrem Bilde umgestalten. In der Hand des Menschen, als menschliche Intelligenz, hat sie uns in die Lage versetzt, die Beschränkungen unseres biologischen Erbes zu überwinden und uns in diesem Prozess zu verändern. Wir sind die einzige Spezies, die dies tut.“ (Kurzweil)

Faust kennt die Qualen des Erkennens:

Vor mir verschließt sich die Natur
Des Denkens Faden ist zerrissen
Mir ekelt lange vor allem Wissen.
Laß in den Tiefen der Sinnlichkeit
Uns glühende Leidenschaften stillen!
In undurchdrungnen Zauberhüllen
Sei jedes Wunder gleich bereit!
Stürzen wir uns in das Rauschen der Zeit,
Ins Rollen der Begebenheit!
Da mag denn Schmerz und Genuß,
Gelingen und Verdruß
Miteinander wechseln, wie es kann;
Nur rastlos betätigt sich der Mann.

Kurzweil sieht keine Probleme, diese Urkonflikte durch eine digitale Mensch-Maschine-Einheit zu beheben:

„Das Universum zu erwecken und – indem wir es mit unserer menschlichen Intelligenz in ihrer nichtbiologischen Form durchdringen – über sein Schicksal zu entscheiden, das ist unsere Bestimmung. Die letzte Erfindung, die die biologische Evolution machen musste – der Neokortex – führt unweigerlich zu der letzten Erfindung, die die Menschheit machen muss: zur wahrhaft intelligenten Maschine. Kosmologen streiten noch, ob die Welt in einem Feuer oder im Eis untergehen wird. Aber diese Szenarien unterschlagen die Macht der Intelligenz – als ob ihr Auftauchen nichts weiter sei als ein unterhaltsamer Nebeneffekt der großen himmlischen Mechanik, die unser Universum beherrscht.“

Was hat das alles mit der deutschen Politik zu tun, die sich gerade anschickt, eine neue Epoche zu beginnen? Äußerlich nichts. Denn die Deutschen haben so wenig Ahnung über ihre unbewussten Motive wie der amerikanische Präsident über seine.

Nur wenn sie begönnen, miteinander ein vertieftes Gespräch über ihre verdrängten Impulse zu beginnen, hätten sie eine Chance, sich zu verständigen.

Das Geplapper über die Qualität der deutschen Kompromisse wäre nur sinnvoll, wenn ihre Gesamtpolitik ein klares Ziel hätte. Ziele aber hat sie sich ebenso verboten wie Visionen.

Die Deutschen wollen brav in den Spuren ihrer amerikanischen Vorbilder marschieren Das ist die Imitationswut, die sie äußerlich immer amerikanischer werden lässt. Sie wollen nicht erwachsen werden und mit ihren Vorbildern auf gleicher Ebene debattieren.

Amerika brütet an seinen religiösen Weltherrschaftsphantasien, Deutschland an seinen dämonischen Täterpsychosen.

Den suizidale Kapitalismus haben sie gemeinsam: der wird sie vollends ruinieren.

Wie wir unseren täglichen Alltag erleben, ist nicht Inbegriff der wirklichen Motive, die uns dem Abgrund näher bringen.

Momentan scheint Amerika ein wenig zu erwachen; Deutschland hingegen erstickt in Wirtschaftszahlen.

Ein mäeutisches Gespräch zwischen der alten und neuen Welt wäre die einzige Methode, die getrennten Welten zu erforschen, um sie einander näher zu bringen.

Bei Descartes sollte der Mensch durch seine ratio Herrscher und Besitzer der Natur werden. Das waren die Ursünden des wissenschaftlichen Erkennens, die wir bis heute nicht zur Kenntnis genommen haben.

Wir aber sollten lernen, uns durch liebendes Erkennen zu versöhnen.

Fortsetzung folgt.