Kategorien
Tagesmail

Die ERDE und wir. LI

Tagesmail vom 10.02.2025

Die ERDE und wir. LI,

Wahlen sind die Dionysien der Neutralen und Objektiven, welche sich im normalen Leben langweilen.

Jetzt wird präsentiert, was die Übertragungstechnik aus der ganzen Welt zu bieten hat. Ihre besten Leute drängeln sich vor Kameras und Mikrofonen – überall dieselben Fragen, dieselben Eindrücke und Beurteilungen der nationalen Lage.

Die internationale Lage spielt im Land des Caspar David Friedrich über den Nebeln der versickernden Gewässer und versumpften Wiesen und Feldern keine Rolle mehr.

Ein amerikanischer Irrwisch hat die Welt auf den Kopf gestellt. Regeln des universellen Humanismus wurden enthauptet, friedensstiftende Organisationen zerbrochen, weltweit agierende Hilfsmechanismen außer Kraft gesetzt.

Hungernde Kinder werden in Afrika ihrem Elend überlassen, was keinen Milliardär interessiert, keinen Sam Altman, keinen gefühllosen Donald I.. Das Klima wird immer menschenfeindlicher, immer uninteressanter für Mars- und Mond-Spezialisten.

„Die Nasa arbeitet zwar an Plänen für eine bemannte Marsmission. Aber die Frage ist doch, was wollen wir überhaupt da? Selbst wenn wir den Mars so verändern könnten, dass er in irgendeiner Weise anfinge, erdähnlich zu sein, das sogenannte Terraforming also, kann ich Musk nur zurufen: Statt Terraforming des Mars zu betreiben, nimm dein Geld und löse die Probleme auf der Erde! Nehmen wir an, wir hätten zig Flüge am Tag, von Raketen, die Menschen nur in die Erdumlaufbahn bringen würden: das wäre eine Katastrophe für die Atmosphäre! Gerade SpaceX benutzt Methan als Antriebsstoff, und Methan ist ein deutlich stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Wir können nicht wollen, dass immer mehr dieser Verbrennungsmaschinen benutzt werden, die mit ihren Abgasstoffen die Atmosphäre so undurchsichtig machen, dass dieser Planet sich immer weiter aufheizt. Wenn es zu heiß wird, sind wir schlichtweg nicht mehr in der Lage, zu leben.“ (Sueddeutsche.de)

Womit Musks Höhenflug ein Ausflug ins Nichts werden wird.

Doch Trump & Co können nicht lernen. Außer technischen Träumen und geldglitzernden Tellerwäscher-Phantasien haben sie noch nie etwas verinnerlicht.

Nur ein Ziel kennen sie: sie wollen Despoten der Erde werden, um sie zu ruinieren und an ihrem schrecklichen Finale die Offenbarung des Johannes zu platzieren.

Sind sie stolz, ja überheblich, auf ihre Rolle der Erwählten?

Da müssten sie genauer lesen:

„Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern –, 8 sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat.“

Sie wurden nicht auserwählt, weil sie so toll, sondern obgleich sie so jämmerlich und verdorben waren.

Nein, sie haben keine Verdienste an der schönen Kultur der Erdenbewohner:

„Wenn dich nun der HERR, dein Gott, in das Land bringen wird, von dem er deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, es dir zu geben – große und schöne Städte, die du nicht gebaut hast, 11 und Häuser voller Güter, die du nicht gefüllt hast, und ausgehauene Brunnen, die du nicht ausgehauen hast, und Weinberge und Ölbäume, die du nicht gepflanzt hast.“

Wohltaten der Erde sind Geschenke des Herrn, die Auserwählten haben keinen Anteil an ihrer Erfindung oder Herstellung.

Weil sie nichts zustande bringen, träumen sie vom Goldenen Jerusalem, das im Schein seines Reichtums funkelt:

„Komm, ich will dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes. 10 Und er führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott, 11 die hatte die Herrlichkeit Gottes; ihr Leuchten war gleich dem alleredelsten Stein, einem Jaspis, klar wie Kristall; 12 sie hatte eine große und hohe Mauer und hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen darauf geschrieben, nämlich die Namen der zwölf Stämme der Israeliten: 13 von Osten drei Tore, von Norden drei Tore, von Süden drei Tore, von Westen drei Tore. 14 Und die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundsteine und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes.“

Die Braut oder die Frau des Lammes ist das Ziel jener, die nichts zustande bringen, aber die Goldene Stadt auf dem Berge als Erfüllung ihrer endlosen Fortschrittsträume betrachten.

Von diesem Ziel können sie öffentlich nicht sprechen, sie würden sich sonst blamieren. Die Endstation ihres Fortschritts soll jenseits der Natur liegen?

Politik ist die Beantwortung der Frage: welches Leben wollen wir auf Erden führen? Wie soll die irdische Natur gestaltet werden, damit wir uns von ihr nähren und uns an ihr erfreuen können? Ist der Mensch dem Menschen ein Wolf – oder ein empathisches Wesen des Vertrauens?

„Nun sind sicher beide Sätze wahr: Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht. Dort nähert man sich durch Gerechtigkeit, Liebe und alle Tugenden des Friedens der Ähnlichkeit mit Gott; hier müssen selbst die Guten bei der Verdorbenheit der Schlechten ihres Schutzes wegen die kriegerischen Tugenden, die Gewalt und die List, d. h. die Raubsucht der wilden Tiere, zu Hilfe nehmen.“ (Hobbes)

Welche Regeln sollen im Verkehr der Menschen gelten, welche Werte unverletzlich sein?

War irgendeine dieser Fragen Gegenstand des deutschen Wahlkampfs? Beteiligen wir uns am Aufbau einer würdigen Heimat auf Erden – oder wüten wir am schreckenerregenden Fortschritt irdischer Horden?

Künstliche Intelligenz soll das Schicksal der Menschen erleichtern – doch was, wenn die Erleichterung ins Gegenteil kippt? Wissen die Genies – die Imitationen des Herrn –, was sie tun oder haben sie ihre Capes über die Ohren gezogen, um nicht nach rechts und links zu schauen?

Ist eine Wahl ein automatischer Lernfortschritt des Volkes ins Menschlichere – oder wissen die Denker selbst nicht, wohin die Reise gehen soll?

Wie war es in Athen?

„Der Hauptvorzug der Demokratie ist die politische Gleichberechtigung der Bürger ohne Rücksicht auf Abstammung und Besitz. Dazu kommt die Verantwortlichkeit der Ämter gegenüber der Gesamtheit und als leitender Gesichtspunkt für alle Beschlüsse das allgemeine Wohl. Freilich hat das auch seine Kehrseite. Es besteht die Gefahr der Pöbelherrschaft. Die Masse des Volkes ist ungebildet, verständnislos, leidenschaftlich, einem Wildbach vergleichbar und daher geneigt, überstürzte und verhängnisvolle Beschlüsse zu fassen. Daher kann der Rückschlag nicht ausbleiben. Da die Menge leicht zum Spielball in den Händen ihrer Führer wird, ist es leicht möglich, dass die entartete Demokratie wieder zur Tyrannis zurückführt.“ (Nestle. Vom Mythos zum Logos)

Welche dieser existentiellen Fragen wurde im deutschen Wahlkampf debattiert? Welche der genannten Gefahren stehen uns auch heute noch bevor?

In Deutschland suchst du vergeblich grundsätzliche Fragen. Die haben wir längst mit den Windeln der Adenauerzeit abgelegt. Heute werden Flüchtlingsfragen debattiert, deren rechtliche Grundlagen von einem alten Historiker in der Luft zerrissen wurden:

„Eine Geschichtslegende behauptet sich in Deutschland: die Legende vom subjektiven individuellen Grundrecht auf politisches Asyl, das der Parlamentarische Rat 1948/49 in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen habe, um eine Konsequenz aus der Terrorherrschaft des Nationalsozialismus zu ziehen. Tatsächlich war die Entstehungsgeschichte des Artikels eine andere. Die These vom subjektiven individuellen Asylrecht widerspricht den Absichten der Verfassungsschöpfer.“ (SPIEGEL.de)

Wie kann man über Konflikte streiten, deren rechtliche Grundlagen man nicht mal kennt? Ist das lebendige Demokratie?

Ist Demokratie eine matriarchale Einrichtung, in der jeder Mensch vertraulich mit seinem Mitmenschen verbunden ist – wie eine humane Ökonomie behauptet? Oder ist sie eine Sintflut des Irrsinns, in der jedes Individuum auf Kosten seines Nachbarn lebt – wie ein gehirnloser Neoliberalismus in die Welt trompetet?

Individuum heißt unteilbar und soll den Menschen quantitativ in Galileis Gesetze einsperren. Doch lebendige Organismen sind nicht mathematisch teilbar und deshalb keine Gegenstände des Rechnens.

Die Ökonomie der Reichen interessiert das nicht, sie wollen mit der Rechenmaschine – herrschen. Emotionen der Ausgebeuteten bedeuten ihnen nichts.

Die Rechenkünste der Reichen wollen die Wissenschaft des Ausbeutens den Geisteswissenschaften entreißen. Der politische Grundsatz: never explain, never complain, (weder erklären noch rechtfertigen), ist auch Berliner Politikern nicht unbekannt – auch wenn sie ihre Emotionslosigkeit mit penetranter Freundlichkeit überdecken.

Welche Wirtschaftsformen gibt es denn überhaupt? Ist es sinnvoll, nur mit Zahlen um sich zu werfen oder müssten wir uns um generelle Theorien bemühen?

Scholz und Merz kennen nur quantitative Fragmente, aber keine Ableitung des Lebens aus grundlegenden Thesen des Denkens. Alles, was mit Räsonieren zusammenhängt, muss Ideologie sein und Ideologisches hassen die VW-Weltmeister.

Selbst Komödianten und Kabarettisten sind so frei, die demokratischen Grundlagen unseres Lebens lächerlich zu machen:

Gemeinsinn ist für Florian Schröder keine soziale Tugend, sondern „ein Wort aus dem Giftschrank. Es klingt nach Gutmeinenden, den Schlimmsten, die es gibt. Es klingt nach Kirchentag, nach unangenehmer Schwülstigkeit. Nach dem üblichen „Wir sind alle so egoistisch geworden“ und „Alle denken nur noch an sich.“ Worte, bei denen irgendwas mit neoliberal geradezu zwangsläufig auf dem Fuße folgen muss. Gemeinsinn – da steckt Gemeinheit drin und das genau scheint das Entscheidende. Die Forderung nach Gemeinsinn hat etwas Gemeines, weil sie ein-fordert. Es soll eine Art Verpflichtung sein, sich um die Gemeinschaft zu kümmern.“ (TAZ.de)

Aristophanes, Komödiant in Athen, war kein Freund des Sokrates. Heißt das, Spaßmacher müssen allesamt eiskalte Individualisten sein?

Der Blick in ein Lexikon hätte Schröder belehren können: Gemein kommt von Gemeinschaft, Gemeinschaft ist das Zentrum der Demokratie. Ist er also noch Demokrat, wenn er Gemeinsamkeit, Gemeinschaft, Gemeinschaftsprinzip hämisch aufspießt?

Heribert Prantl wütet als einziger Kommentator gegen die Gedankenlosigkeit des Wahlkampfs:

„Zukunft ist nichts Feststehendes, nichts Festgefügtes. Zukunft kommt nicht einfach; es gibt nur eine Zukunft, die sich jeden Augenblick formt: je nachdem, welchen Weg eine Gesellschaft wählt, welche Entscheidungen die Menschen treffen, welche Richtung sie einschlagen, welche Forderungen sie unterstützen und welche sie ablehnen. Die Zukunft ist nicht geformt, sie wird geformt. Die Frage ist nicht, welche Zukunft man hat oder erduldet, die Frage ist, welche Zukunft man haben will und wie man darauf hinlebt und hinarbeitet. Demonstrationen gehören zu dieser Arbeit. Und in keinem Wahlbrief, in keiner Wahlsendung werden die zum Teil trostlosen, miserablen und desaströsen Verhältnisse in der Pflege alter Menschen thematisiert. Im Jahr nach dem großen Grundgesetzjubiläum wäre es vielleicht angebracht, Grundrechte für eine alternde Gesellschaft zu entwickeln, kleine große Grundrechte, die den pflegebedürftigen alten Menschen zur Seite stehen.“ (Sueddeutsche.de)

Den Olymp der Demokratie-feindlichkeit aber hat uns ein KI-Großmeister aus Amerika beschert: Sam Altman, der in Berlin die deutschen Kritiker seiner KI in Grund und Boden stauchte:

„Wie er denn Alarm schlagen wolle, sollte sich seine künstliche Intelligenz (KI) zu einer Superintelligenz auswachsen, fragt ihn die Informatikprofessorin Fatma Deniz auf der Bühne. Wenn die KI das Bedürfnis entwickle, sich selbst immer weiter zu verbessern und dann den Menschen gefährlich werde? Altman antwortet nur: „Wir haben eine Verantwortung. Wir werden es euch dann schon sagen.“ Gefragt, wie er denn mit der vergleichsweise strengen Regulierung von KI in der EU umgehe, antwortet er betont monoton: „Wir werden die Gesetze befolgen und die Wünsche der europäischen Bevölkerung respektieren. Die Regeln von Joe Biden, die KI davon abhalten sollten, Menschen gefährlich zu werden, Trump hat sie abgeschafft. Mit einem viel besseren Computer werden wir viel bessere Modelle trainieren. Die Welt will nicht, dass wir bei GPT-6 aufhören.“ „Wir können zehn Jahre Wissenschaft in einem Jahr machen, und irgendwann 100 Jahre Wissenschaft in einem Jahr.“ (Sueddeutsche.de)

Hier spricht Gott persönlich vom Sinai herab: Menschen, fragt nicht so viel. Wir wissen sehr wohl, was wir tun, wir tragen Verantwortung. Eines Tages werden wir euch schon mitteilen, was auf euch zukommen wird. Wir Erfinder der KI sind die Herrscher der Zeit – und der Endzeit. Das war’s. Kniet nieder und betet uns an.

Und Donald jubilierte, wusste er doch plötzlich, wie er die Feinde seines Gottes nach Guantanamo verfrachten konnte. Es genügt ein Knopfdruck auf eine überintelligente Maschine.

Fortsetzung folgt.